ArbeitZzeit in den Braunkohlengebieten 10 Stunden und in den Erzbergwerken gar 11 und 12 Stunden.(Hört, hört!) Die Hoffnung zur� Besserung kommt auch hier nicht von Preußen, sondern von Süddeutschland . In Bayern hat die 2. Kammer den gesetzlichen Achtstundentag beschlossen, so daß nach der Ver- abschiedung im Reichsrat wenigstens für einen deutschen Staat der Achtstundentag im Bergbau besteht. Am schlimmsten sieht es in Lothriygen aus, dort, wo die reichsten Grubenbarone ihre Be. sitzungen haben. Der Landesausschuß wagt nicht, gegen die Unter- nehmer aufzutreten. Es gibt in Lothringen Bergarbeiter, die eine Schichtzeit von 11 bis 12 stunden haben und dennoch vier- zehn Schichten machen.(Lebh. hört, hört!) Es ist kein Wunder, wenn diese Bergarbeiter mit 3S bis 40 Jahren dahinsiechen. Sie bekommen dann, ein Hohn auf die vielgepriesene deutsche Ver- sicherungsgesetzgebung, eine Pension von 72 M. im Jahr.(Lebh. hört, hört!) Wir bitten deshalb die Bergarbeiter aller Länder, uns in unserem Kampfe zu unterstützen.(Lebh. Beifall.) Nachdem Zwanziger- Oesterreich sich gleichfalls für die vorliegenden Anträge ausgesprochen hatte, wurden sie unter leb- haftem Beifall einstimmig angenommen. Am Freitag erreicht der Kongreß sein Ende._ Criter Deutscher Istindentag zu Dresden . Als Gegenwartsforderungen der Blinden stellte Bartsch(Breslau ) auf dem Dresdener Kongreß folgende 16 Thesen. Dieselben wurden einer Kommission zur weiteren Be- ratung überwiesen: 1. Schul- und Bildungszwang für alle schul- Pflichtigen und bildungsfähigen Blinden; 2. die Errichtung der er- forderlichen Bildungsstätten für Blinde ist gesetzlich festzulegen; 3. im Privatbesitz sich befindende Blinden -, Erziehungs- und Unterrichtsinstitute sind zu staatlichen umzugestalten oder in ihren Leistungen und Einrichtungen den staatlichen Instituten mindc- stenS gleichzustellen; im Internat sollen nur schwachsinnige, körper- lich sehr zurückgebliebene oder solche, die infolge ihrer sonstigen Ge- brechen eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Pflege be- nötigen, untergebracht werden; 4. alle körperlich und geistig nor- malen Blinden sind außerhalb der Anstalt bei Privatpersonen mit gutem Ruf in Pension zu geben und verweilen in der Anstalt nur während der Zeit, während welcher sie Unterricht oder Ausbildung erhalten; 5. der Unterricht in den Blindenanstalten muß minde- stenS dem in den staatlichen Volksschulen für sehende Kinder gleich- kommen und den Anforderungen moderner Älindenbildung Rech- nung tragen; 6. der Fortbildungsschulunterricht mutz in den Blin- denanstalten gesetzlich eingeführt und geregelt und so ausgebaut werden, daß jedem Blinden Gelegenheit gegeben ist, vorausgesetzt, daß seine Fähigkeiten dazu hinreichen, durch den Besuch einer solchen Fortbildungsschule sich das zur gesetzlichen Gesellen- und Meisterprüfung erforderliche Wissen zu erwerben; 7. die Aus- bildung muß eine möglichst individuelle sein und jedem die denkbar freieste Entfaltung seiner Anlagen und Fähigkeiten gestatten; 8. diejenigen Personen, die berufliche Ausbildung Blinder besorgen und zu überwachen haben, müssen ihre Befähigung hierzu durch eine staatliche Prüfung nachweisen; ö. die Handwerker sind anzu- halten, ihre Erzeugnisse selbständig verkaufsfertig zu machen, für besonders schwierige Verrichtung hierbei müssen Hilfswerkzeuge und Apparate konstruiert werden und den Blinden bei ihrem Austritt auS der Anstalt, d. h. nach vollendeter Ausbildung mitgegeben werden; 10. die Handwerksmeister dürfen die Erzeugnisse ihrer blinden Lehrlinge verkaufSfcrtig machen oder an denselben Ver- änderungen vornehmen, deren Ausführung für Blinde unmöglich scheint oder ist, wie polieren, anstreichen usw., aber von der Anstalt keine Vergütung außer ihrem Gehalt beziehen; 11. eine gesetzliche Regelung der Blindenfürsorge ist anzustreben; 13. in größeren Städten oder Ortschaften und dort, wo es angebracht ist, sind für blinde Handwerker offene Werkstätten einzurichten, deren Lebens- fähigkeit gesichert sein muß; 13. die Vorteile der sozialen Gesetz- gebung sollen möglichst auch den Blinden in unbeschränktem Maße zugute kommen, insbesondere muß jedem Blinden gesetzlich gewähr- leistet werden, einer Krankenkasse beizutreten, auch wenn er nicht gewerblicher Arbeiter ist und sich für den Krankheitsfall sichern will; 16. Heime sollen nur Zufluchtshäuser für Altersschwache, Kranke, Arbeitsunfähige, Sieche, Unbildungsfähige und solche Blinde sein, die nicht befähigt sind, sich«ine Existenz zu erringen. Zu dem Thema:„Wie verbessern wir blinden Klavierstimmer unsere Lage?" fand /eine Resolution Annahme, in der die Not- wendigkeit einer besseren Ausbildung der blinden Stimmer ge- fordert und betont wird, daß sie über die Lohnverhältnisse im Ge- werbe unterrichtet und auf dem Laufenden erhalten werden müssen. Diese Resolution soll sämtlichen Leitern von Blindenanstalten und Erziehungsinstituten für Blinde zugestellt werden. Es folgte ein Referat von R i tz(Mainz ) über die Organisation der Blindenvereine zu Verbänden und zu einem Bunde. Redner empfiehlt den Zusammenschluß aller Vereine erwerbtreibender Blinden zu einem großen Verband. Der Vorstand eines solchen Verbandes kann Fühlung mit den Blindenanstalten, den Regie- rungen und mit allen Freunden der Blinden gewinnen und da- durch weit wirksamer die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Wirt- schaftliche Notlage der Blinden lenken, als es bisher geschehen ist, und die Mittel zu. ihrer Abhilfe an die Hand geben. In der Diskussion findet diese Anregung allgemeine Zustim- mung. Es wird beschlossen, eine Kommission von 6 Mitgliedern zu wählen, die mit den Blindenvereinen Deutschlands in Verbin- dung treten soll, um einen Bund der Blinden Deutschlands zu gründen. Heute(Freitag) werden die Verhandlungen zu Ende geführt. Bundestag der tecliniicIHnduftriellen Beamten. Während der Pfingstfeiertage fand in Berlin der dritte ordentliche Bundestag dar tcchnisch-industriellen Beamten statt. Von dieser Tagung werden besonoerS die Arbeitgeber nicht sehr erbaut sein, weil der Verband trotz der letzten schweren Konflikte mit den Scharfmachern in seiner EntWickelung vorwärts geschritten ist. Der Jahresbericht gibt davon ein sehr instruktives Bild. Der Mitgliederbestand stieg von 7980 im Jahre 1906 auf 10760 im Jahre 1907, das Jahr 1908 schließt mit rund 13 000 ab. Natur- gemäß mußte die Krise auch im technischen Beruf ihre Wirkungen zeigen, die durch gesteigerte Inanspruchnahme der Stellenlosen- Unterstützung zum Ausdruck gekommen ist. Stand die letzte Tagung des Bundes unter dem Zeichen des Tischendörferskandals, so bildeten in diesem Jahre den wesentlichen Inhalt der Beratungen interne Organisationsfragen. Es galt, dem Verband eine konsequente gewerkschaftliche Verfassung zu geben. Außerdem wurde eine ganze Reihe sozialpolitischer Anträge Nach entsprechenden Referaten angenommen. Besonders bemerkens- wert ist die Stellung des Bundes zur politischen Neutralität. Nach den angenommenen Leitsätzen will der Bund weder für noch gegen eine bestimmte politische Partei Stellung nehmen, fondern reine Standespolitik, d. h. Angestelltenpolitik treiben. Dem Bund ist zu prophezeien, daß mit diesem Beschlutz noch nicht das letzte Wort über diese Frage gesprochen ist, wir haben schon wiederholt darauf hingewiesen, daß die Zukunft der Angestelltenbewegung nur in der Arbeiterbewegung liegt. Sicher werden uns die nächsten Zeiten schwere Kämpfe zwischen Arbeitern und Unternehmern bringen und in diese Konflikte wird immer mehr auch der Angestellte mit hineingezogen. Dafür sorgt !chon die Entwickclung zum kapitalistischen Großbetrieb, die den ozialen Unterschied zwischen Handarbeiter und Kopfarbeiter immer mehr verwischt. Diese Kämpfe werden den Prüfstein geben für alle diejenigen bürgerlichen Politiker, die sich jetzt so betriebsam den Angestellten gegenüber als Mittelstandsfreunde gebärden. ES wird sich dann zeigen, daß nur die Arbeiterpartei eine konsequente Angestelltenpolitik treiben kann. Bemerkenswert sind die Wand- lungen, die sich schon jetzt in dieser jungen Jngenieurgewerkschast vollzogen haben. Vor zwei Jahren nahm Naumann als Ehren- gast an den Beratungen des Bundes teil und hielt in seiner üblichen Weise eine Ansprache, die begeisterte Zustimmung fand. Vom da- maligen Verhandlungsleiter wurde Naumann mit Lberschtveng- lichen Worten gefeiert. Heute hat sich das Blatt schon etwas geändert. Selbst hier hat Naumann jede Fühlung verloren. Es wäre falsch, die Schuld daran der eigenartigen Rolle zuzu- schreiben, die sein Intimus Tischendörfer in der Angestellten- hewegung jetzt spielt. Gewiß mögen diese Dinge auch eine er- zieherische Wirkung ausüben, aber viel eindringlicher haben den Angestellten die Zusammenstöße mit den Arbeitgebern gezeigt, wohin die Reise geht. Mit glatten schönen Worten vom Persönlichkeits- recht im Großbetrieb ist hei unseren Jndustriemagnaten nichts erreicht, wenn dem Gedanken nicht die Tat, der Kampf, folgt. Auch die Angestellten werden sich noch intensiv mit politischen Fragen auseinandersetzen müssen, dafür wird schon die Zukunft sorgen, immer neue Uthmanns werden auftauchen, um auch am geistigen Arbeiter in der Großindustrie diejenige Erziehungsarbeit zu leisten, durch die er zum Verständnis seiner Klassenlage kommt. ö. Stlltrlllvtchmmlung der Kildhaner. Magdeburg , 2. Juni. (Dritter Berhandlungstag.) Die Generaldebatte über die Berschmelzungsfrage und Kafsensanlerung wird fortgesetzt. Die Debatte bewegt sich in demselben Rahmen, wie die gestrige. Kritisiert wird von verschiedenen Rednern, daß der Hauptvorstand und Ausschuß in der Verschmelzungsfrage keine klare Stellung einnehmen, man wisse nicht, ob diese höchsten Instanzen für oder gegen einen Uebertritt sind. Mit der Erhebung eines Extrabeitrages, wie er vom Hauptvorstand vorgeschlagen wurde, sind mehrere Redner nicht einverstanden. Dadurch gingen noch mehr Mitglieder verloren als bei einem Anschluß an den Holzarbeiterverband. Der Vorsitzende des Ausschusses, Lüttich (Leipzig ), betont, der Vorstand habe deshalb eine geringe Zurückhaltung geübt, um Vorwürfen, er würde Beeinflussung üben, zu entgehen. Von einem„Schweigegebot", wie Hofer(München ) gesagt habe. könne nicht geredet werden. Die Situation liege so, und das sei auch vom Vorstandsmitglied Welker erklärt worden, es m u ß eine Sanierung der Kasse in der Richtung der Vorstandsvorschläge vor- genommen oder der Anschluß vollzogen werden. Der Vorstand hat also die Wege, die gegangen werden können, gezeigt. Ausgabe der Generalversammlung ist es, den richtigen zu finden. Nach weiteren Ausführungen wird die Generaldiskussion ge- schlössen und in die Spezialdebatte über die Anträge in bezug auf die Kassensanierung eingetreten.— Ueber die Ver- schmelzungsfrage soll erst nach Erledigung der Kassensanierungs- frage Beschluß gefaßt werden.— Zunächst wird die eventuelle Einführung von Staffelbeiträgen, die fünf Anträge ver- langen, erörtert. M enzer(Dresden ) begründet folgenden Antrag: Staffelbeitrag: bei einem Verdienst biS 18 M. 50 Pf., von 18 bis 25 M. 75 Pf., von 25 bis 35 M. 1 M.. über 3b M. 1,25 M. König st edt(Magdeburg ) tritt ebenfalls für Staffelbeiträge ein. Bohl(Nürnberg ) spricht in demselben Sinne. BöhrS(Hannover ) plädiert für Einheitsbeiträge. Dorn(Leipzig ) befürwortet einen Antrag Leipzig , den Ein- heitSbeitrag von 75 Pf. auf 30 Pf. zu erhöhen. M i s b a ch(Berlin ) schlägt vor, den Einheitsbeitrag auf 86 Pf. (Vorschlag des Zentralvorstandes) festzusetzen. Odenthal (Hamburg ) ist im Prinzip für Stafselbeiträge, weist aber auf die technischen Schwierigkeiten hm und bittet, einen erhöhten Einheitsbeitrag zu beschließen. Welker(Berlin ): Die Borschläge von Dresden seien für den Hauptvorstand unannehmbar, da nach diesen wohl eine Staffelung der Beiträge, nicht aber auch eine Staffelung der Unterstützungssätze eintreten solle. Und dies würde keine Sanierung oer Kasse bedeuten. Welker befürwortet den Antrag des Zentralvorstandes auf Festsetzung des Einheitsbeitrags von 85 Vf. Dieser Beitrag soll von der 1. Woche 1910 ab erhoben werden. Bis dahin— von der 27. bis 52. Woche d. I.— soll ein obligatorischer Extrabeitrag in folgender Staffelung in Kraft treten: Bei einem Wochenverdienst bis 21 M. 10 Pf., bis 27 M. 20 Pf., bis 36 M. 30 Pf., darüber 40 Pf. Arbeitslose und Kranke sollen von diesem Beitrag befreit sein. Nach weiteren Erörterungen erklärt sich die Generalversamm- lung mit 12 gegen 7 Stimmen gegen eine Einführung von Staffel- beitrügen. Die Generalversammlung beratet dann über den Vorschlag des Zentralvorstandes auf Erhebung von Extrabciträgen. Stahl(Berlin ) vom Vorstand betont dazu, daß die Extrabeiträge nötig seien, um die Kasse genügend zu starken. Es würde dadurch eine Einnahme von ungefähr 20 000 M. erzielt werden. Einen An- trag Menzer, die Beitragserhöhung schon am 1. Juli eintreten und die Extrabeiträge fallen zu lassen, bittet Stahl abzulehnen, da dadurch 11000 M. weniger eingingen, die man aber nicht missen könnte. Die Diskussionsredner wenden sich sämtlich gegen die Erhebung von Extrabeiträgen und werden diese mit 18 gegen g Stimmen abgelehnt. Nach längeren weiteren Erörterungen wird mit 13 gegen 7 Stimmen ein Antrag Berlin :„Beitrags- befreiung während der ganzen Dauer der Arbeitslosigkeit und Krankheit" angenommen. Der Zentralvorstand hatte sich gegen die Annahme erklärt. Die Beitragssrage wird einer Kommission überwiesen, die entsprechende Vorschläge machen soll, Die Verhandlungen werden vertagt. 9. GtNttalvttsaumlullg des Deutschen Metallarbeiter- Verbandes . Hamburg , 2. Juni. Sek der Debatte über den AuSschußbericht ward einerseits hinsichtlich der Zahlung von Erwerbslosenunter- stützung an die bei Krankenkassen usw. bei Weiterzahlung des GehaltS während der Krankheit beschäftigten Mitglieder betont, daß eS nicht richtig sei, zwei Klassen Mitglieder zu schaffen und auS dem Beruf geschiedenen, für den Verband aber eifrig tätigen Kollegen minderes Recht zu gewähren, andererseits ward von der Mehrheit der Redner der Standpunkt vertreten, daß die Ansprüche dieser Mitglieder un- fehörig seien; solange keine Einhuße an Einkommen zu verzeichnen ei, könne von Erwerbslosenunterstützung nicht die Rede sein. Zum Punkt „Bcrbandsorgan" liegen Anträge bor. daß die„Metallarbeiter-Zeitung" nicht mehr Publikationsorgan der Metollarbeiterkrankenkasse sein soll, ferner solche auf Beschaffung von Artikeln agitatorisch-aufklärenden In- Halts für die weiblichen Mitglieder, möglichst aus der Feder von Frauen, auf anderweitige technische Ausgestaltung des Blattes. Einrichtung einer monatlichen technischen Rundschau, Einrichtung eines FragekastcnS usw., sowie die bereits erwähnten Anträge betr. Budgctfrage und„Zeitgeist". Redakteur Schern: empfahl„Massen- oder Einzelgrab" für alle Anträge mit Ausnahme des die Budgetfrage betreffenden. Zu diesem stellte er anHeim, zu beschließen, daß im Kalender solche Fragen künftig nicht mehr behandelt werden sollen, im übrigen > aber den Antrag abzulehnen, da er nur bezwecke, der Redaktion zu verwehren, zu gewissen Fragen der Arbeiterbewegung ihre Meinung zu sagen. Hoffmeister- Berlin konstatiert mit Genugtuung, daß das Vcrbandsorgan in allen politischen Fragen aktuell und eines der besten Gewerkschaftsblätter sei; der Redaktion dürfe man keine Beschränkung auferlegen.— Z w o st a- Nürnberg verlangte anstelle der technischen Artikel eingehendere Behandlung der Volkswirtschaft und der Arbeitgeber Organisationen.— Philipp- Breslau kritisiert scharf das illoyale Gebaren der Metallarbeiterkrankenkasse, die unfaire Bespitzelung der Mitglieder betreibe, den Unternehmern ihre„Gegendienste" anbiete und dadurch viele Kollegen schwer schädige.— Kronshage- Dortmund verlangt größere Berück- sichtigung der polnischen und der Hüttenarbeiter.— Die von der genannten Krankenkasse beobachteten Matznahmen werden noch von mehreren Rednern kritisiert, aber ein anderer Delegierter hebt hervor, daß ohne ein„Erkundigungssystem" nicht auszukommen sei, ohne der Simulation Tür und Tor zu öffnen, zumal auch der Verband sich gegen Ausbeutung schützen müsse. Schlicke(Schlußwort) hebt hervor, er brauche nicht auf alle Punkte einzugehen, weil viele Angriffe auf den Vorstand schon von anderer Seite zurückgewiesen worden seien. Bezüglich des Kalender- artikels möge man sich mit der Erklärung begnügen, daß dem Wunsche der Generalversammlung entsprochen werden solle. Es sei bedauerlich, daß eine Reihe Parteizeitungen, die leider mehr das Trennende in der Bewegung förderten, gleich auf dergleichen Dinge hineinfielen; diesen„Freunden" dürfe man durch Annahme des Antrages nicht die Arbeit erleichtern. Nach Erörterung einer Reihe anderer Fragen kommt er zu „Mannheim und Stettin ". Wir haben alle Ursache, solche Fragen ruhig und objektiv zu ver- handeln, wie eS von den Mannheimer Delegierten geschehen sei. Hätte man in Mannheim so ruhig gesprochen, dann hätten sich die Dinge nicht so zugespitzt. Wenn A l l g a i e r meine, er, Redner, sei bei B i s m a r ck in die Schule gegangen, um seine Stellung zur „Demokratie" zu charakterisieren, so sei das ungerecht. Es gebe Dinge, die sofort entschieden werden müßten im Interesse der All- gemeinheit, damit das Gemeinwesen keinen Schaden erleide. Der .Hauptvorstand bekomme die Direktive von der höchsten Instanz, der Generalversammlung, welche die Taktik bestimme, und die General- Versammlung sei das Mundstück der Gesamtheit. Der Vorstand ergreife sehr oft die Initiative in Lohnfragen, veranlaßt Abstim- mungen unter den Kollegen, um deren Meinung kennen zu lernen. Die große Formerbewegung sei z. B. sein Werk. Die verschiedenen Kampfmittel, bis zur passiven Resistenz, seien von ihm wiederholt in Anregung gebracht, nicht nur der Streik. In allen taktischen Fragen müssen wir uns selbstverständlich mit den Kollegen zu ver- ständigen suchen. Also man binde dem Vorstand nicht die Hände, wie angeregt worden sei, das würde sich bitter rächen. Bei den Nietern in Stettin habe die Sache so gelegen, daß sie den Wünschen der Vertrauenspersonen nicht Rechnung trugen, und da sei eS Pflicht des Vorstandes gewesen, einzugreifen. Die hier gemachten Einwendungen seien also unzutreffend. Redner streift die gestrigen Ausführungen Dittmanns-Hamburg, die zu beurteilen er der Generalversammlung überlasse. In Stettin sei man so erregt ge- Wesen, daß man den so ruhigen Kollegen Schulz-Hamburg nicht reden hören wollte. Im Automobiltempo könne man daS nicht er- reichen, was andere Kollegen durch jahrelange Agitations- und Or- ganisationsarbeit erreicht haben. Der Streik in Stettin sei statuten- widrig in©äene gesetzt. Solle nur die Erregung der Mitglieder gelten? Solle der Vorstand zu jeder Dummheit seine Zustimmung geben? Das müsse entschieden verneint werden. In den Ver- sammlungen in Mannheim , selbst nach dem Kampfe, sei man nicht zur sachlichen Würdigung der Dinge gekommen und habe die ein- fachsten parlamentarischen Regeln mit Füßen getreten. Wenn man überzeugt sei, daß die bekannte Depesche korrekt erfolgt sei, dann hätte man die moralische Pflicht gehabt, dies längst auszusprechen. Ueber den Charakter des Telegramms habe gar kein Zweifel ob- walten können, da es nur der Tenor eines voraufgegangenen Telephongesprächs war. Die Frage der Lokalisierung des Streiks sei genügend geprüft worden. Auf die Finanzlage hinzuweisen, sei nicht nur taktisch unklug, fondern auch in Rücksicht auf den un- berechenbaren Umfang der Bewegung unmöglich. Die Kollegen müßten sich daran gewöhnen, nicht überall gleich Verrat zu wittern. In Hagen liege wieder ein Schulbeispiel vor, indem man einem Beamten, der nicht so„wollte, wie er sollte", den Laufpatz geben wolle. Wo bleibe da die Unabhängigkeit den Unternehmern gegen- über?— Die Möglichkeit zur Abhaltung der Bezirkskonferenz sei gegeben, aber eine Erweiterung in dieser Hinsicht sei nicht not- wendig. Redner hofft, daß die Aussprache hier beitragen werde zu einem guten Zusammenarbeiten im Rahmen des Gesamt- Verbandes. Redner spricht am Schluß die Ansicht aus. daß nichts uns davon abbringen werde, unsere Phalanx immer fester zu schließen. Die Anträge zur Budgetfrage(Kalender) werden auf Grund der Vorstandserklärung zurückgezogen. Die Nachmittagssitzung fällt aus, weil die Delegierten zu einer Dampferfahrt eingeladen sind. Ntllvte orde«tlichtGentrsslvkrsamlnlung der Glasarbeitel and-AMemaen Deutschlands . Hannover , den 2. Juni 1909. Vierter Berhandlungstag. Die gestrige Abendsitzung wie die heutige VormittagSsitzung beschäftigte sich intensiv mit der Berschmelzungsfrage. Pohl-Bielefeld kann nicht zugeben, daß die Verschmelzung Vorteile bringt. Auch erkenne er keine Berufsverwandtschaft der drei Organisationen an. Ebensoviele Berührungspunkte haben die Glasarbeiter mit allen anderen Verbänden; näher wie mit den Töpfern und Porzellinern läge eine Verschmelzung mit dem Fabrikarbeiterverband. Die Glasarbeiter können auch auf den Generalstreik nicht verzichten. Von einer Verschmelzung befürchte er eine Zurückdrängung der Glasarbeiterinteressen. Nicht von Generalversammlungsbeschlüssen, sondern von der EntWickelung der Maschinen sei der Zusammenschluß der Arbeiterschaft zu Erwarten. Damit entwickeln sich erst die materiellen Möglichkeiten und das Solidaritätsgefühl zu einer Verschmelzung.— Weitere prinzipielle Gründe gegen die Verschmelzung werden kaum vorgebracht, von vielen Rednern wird die Verschmelzung warm befürwortet. B u l k e- Leipzig befürchtet eine Schwächung des Kampfcharakters der GlaZ- arbeiter infolge der Unterstützungseinrichtungen der Porzellan- arbeiter. Die weiteren Bedenken erstrecken sich hauptsächlich darauf, daß die Sache noch verfrüht sei. Auch der Abgeordnete Horn äußert sich in diesem Sinne. Auf die geäußerten Bedenken geht W o l l m a n n, der Vorsitzende des Porzellanarbeiterverbandes, in einer sehr wirkungsvollen Rede ein, der lebhaft zugestimmt wird. Um den Eindruck dieser Ausführungen nicht zu verwischen, wird ein Antrag auf Schluß der Debatte angenommen. Im Schlußwort hält D r u n s e l noch verschiedene Ausblicke über die Entwickelung, die eine zwingende Notwendigkeit zum Zu- sammenfchluß bringen wird. Die Resolution G i r b i g, die wir bereits gestern mitteilten, wird darauf in namentlicher Abstimmung mit 49 gegen 27 Stimmen angenommen. Vorstand und Redaktion werden durch Annahme eines Antrages verpflichtet, mehr als bisher für die Verschmelzung zu wirken. Auf die Mitteilung von der Haftentlassung des Genossen Lieb- k n e ch t beschließt die Generalversammlung, diesem ein B e- grüßungstelegramm zu seiner Rückkehr in die Freiheit zu senden. i Weiter erklärt die Generalversammlung in einer Resolution. daß das Vorgehen der Firma Witter in Bedheim und Unterneubrunn gegenüber den Arbeitern ein ganz unquali- fizierbareS sei. Der Hauptvorstand wird deshalb verpflichtet, die Borgänge bei der Firma Witter genau zu beobachten und wenn sich
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