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Dr. 131. 26. Jahrgang. 1. KeW Ks Jormirts" Krlim öolliülilntl. Mitttvoch, 9. Inn ! 1969. 6. Verbandstag des deutschen Transportarbeiter- Verbandes. München. 7. Juni. In der Mathäser-Brauerei wurden am Sonntag nachmittag die Verhandlungen mit der üblichen Begrüßung der Delegierten eröffnet. Da am Montag früh die Mandatsprüfungskommission ihre Arbeiten noch nicht erledigt hat, hält außer der Reihe der Tages- Ordnung Stelling- Lübeck sein Referat über: Die Reichsversicherungsordnung. Der Redner gab in längeren Ausführungen ein Bild des Re- gierungsentwurfs, der das nicht bringt, was man verlangen müsse und präzisierte die Forderungen der Arbeiterschaft. Ein Sturm der Entrüstung müsse sich gegen dieses Machwerk, das erhebliche Verschlechterungen bringt, erheben. Eine den Ausführungen des Referenten entsprechende Resolution fand einstimmige Annahme. Hierauf referierte Bender- Elberfeld über: Die Zentralisation der Arbeitgebcrorganisationen des Berufs und ihr Einfluß auf unsere Taktik. Der Redner bespricht die einzelnen Unternehmerorganisationen und meint, daß die Transportarbeiter am meisten der Zentral- verband deutscher Arbeitgeber für das Handels- und Transport- gewerbe interessiere. Dieser sei als Gegenstück zum Handeks- und Transportarbeiterverband gedacht und will d i e Arbeitgeber sammeln, die Mitglieder unseres Verbandes beschäftigen; er ist auch dem Allgemeinen deutschen Arbeitgeberverband als Mitglied beigetreten. Außer diesem Zentralverband bestehen noch 7 Reichs- verbände, die aber nur Unternehmer eines bestimmten Faches aufnehmen. Dazu kommen noch zwei Bezirksverbände für Süd- Westdeutschland und Rheinland-Westfalen . Alle diese Verbände hätten sich die Vernichtung der Arbeiterorganisationen zum Ziel gesteckt. Seit der Gründung der Arbeitgeberverbände sei die Situation für die Arbeiter eine ernstere, sind die Kampf- bedingungen schwieriger geworden. Die Zeit der partiellen Streiks werde bald vorbei sein und die Kämpfe durch das organisierte Unternehmertum auf eine zentrale Grundlage gedrängt werden. Eine Generalaussperrung sei im Transportgewerbe schwieriger durchzuführen, als in der Industrie, weil die Unternehmer dadurch noch mehr geschädigt werden. Je stärker die Unternehmerverbände, desto hartnäckiger und umfangreicher werden die Streiks, dadurch sei auch die Verantwortung der Leiter der Organisation größer geworden. Daher sei es notwendig, daß die Chancen eines Kampfes richtig abgewogen werden. Einer momentanen Be- geisterung zu Liebe dürfen Kämpfe nicht inszeniert werden. Die Organisationsbestrebungen der Unternehmer mahnen dringend dazu, nichts unversucht zu lassen, um möglichst bald eine große Einheitsorganisation zu schaffen, dann werde es möglich, den kapitalistischen Uebermut der Unternehmer zu zügeln. Schaffen wir eine festgefügte, schlagfertige Organisation, dann werden wir siegen trotz Unternehmerverband.(Lebhafter Beifall.) Die Diskussion bewegte sich im Sinne der Ausführungen des Referenten. Hierauf wird der Bericht der Mandatsprüfungskommission entgegengenommen, an den sich eine längere Debatte knüpfte. Bus der Frauenbewegung. Unternehmerschmerzen. Zwar wird die weibliche Arbeitskraft als minderwertig be- zeichnet weil man sie schlecht bezahlt, aber wenn Gefahr droht, daß dem Unternehmertum die Ausbeutung der«nnnderwertigen Kraft" etwas beschnitten werden könnte, dann hört man gleich die Litanmen über industriellen Ruin. Jedesmal, wenn eine Reform in Aussicht gennmmen ist, deren Konsequenz eine minimale Einschränkung der Arbeitszeit weiblicher Lohnstlaven ist oder sein könnte, erhebt sich im Unternehmerlager großes Geschrei über Untergrabung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie auf dem Welt- markt. Aus.nationalen",volkswirtschaftlichen", ja auch aus ethischen" undmoralischen" Gründen fordert der Kapitalismus das ungehemmte Ausbeutungsrecht an der weiblichen Arbeitskraft. So auch jetzt wieder durch Bekämpfung des in der Gewerbenovelle geforderten Fortbildungsschulzwanges für Arbeiterinnen. Mit der brutal kapitalistischen, klassenkämpferischen Offenheit, die die Arbeitgeber-Ztg." ziert, wettert das Organ gegen die erwähnte kleines feuiUetcm. Weber den sozialen Nutzen der Protzen werden jetzt von der Pariser Bourgeoispresse allerhand Weißheiten verzapft. Den Anlaß dazu gibt der Tod des Krösus C h a u ch a r d. Der Mann war der Gründer desL o u v r e", nämlich des Warenhauses, das zweifel- los unzähligen Parisern und Fremden bekannter ist als das gegen- überliegende Museum. Chauchard hakte als kleiner Kommis ange- fangen und da er es zu etlichen hundert Millionen gebracht hat, gilt er als genialer Mann und obendrein als ein moralisches Exempel von dem Erfolg, der gewerblichen Emsigkeit in der bürgerlichen Gesellschaft beschieden ist. Daß dieser..königliche Kaufmann" nebenbei ein geradezu klassischer Typus des lächerlichen Parvenüs war, wird nur schonend angedeutet. Llber der geistige Horizont des Verstorbenen wird schon durch die Bestimmungen beleuchtet, die er für seinen Tod getroffen hat. Schon seit 10 Jahren steht auf dem Pere Lachaise sein Grabdenkmal, ein pomphafter Bau, der 100 000 Franks gekostet hat und der in Riesen- lettern den Namen des großen Btannes den Lebenden zuschreit. Chauchard hat auch die testamentarische Verfügung getroffen, daß sein Tod mit den einfach großartigen Worten:Chauchard ist ge- storben!" den Telegraphenämtern der ganzen bewohnten Erde bekanntgegeben ist. 40 000 Franks sind dafür ausgeworfen. Eine andere Anordnung, die sein Leichenbegängnis betraf, hatte im Publikum, wo sie vor einigen Wochen bekannt wurde, einen solchen Heiterkeitserfolg, daß sich Chauchard von wohlmeinenden Freunden überreden ließ, sie noch auf dem Sterbebett zu wider- rufen. Der Bazarinhaber hatte sich nämlich eine Leichenfeier von unerhörter Großartigkeit in historischem Kostüm zugedacht. Für die Kosten waren 200 000 Franks ausgesetzt bei Begräbnissen darf man ja wie bei Zigarren den Preis sagen. Immerhin wird auch dievereinfachte" Feier pompös genug sein. Namentlich wird, wie sich das bei der Beisetzung eines so großen Bürgers ziemt, Militär ausrücken. Chauchard hat auch das Anrecht darauf durch die hierzu notwendigen Dekorationen erworben. Diesem Ehrgeiz dankt übrigens der Louvre diesmal das Museum, nicht das Warenhaus eine ansehnliche Bereicherung. Chauchard hat ihm seine Sammlungen vermacht. Da er grundsätzlich kaufte, was die Mode hoch im Preis hob. ist auch manches bedeutende Stück darunter gekommen. Von Gemälden ist es vor allem der berühmte .Angelus" von M i l l e k, weiter einige hervorragende D e l a- c r o i x und wertvolle Werke der Schule von Barbizon . Aber ein nicht geringer Teil der Sammlung enthält so jammervolle Kitsch- wäre, haß die Direktion des Museums, die das Legat in einigen besonderen Sälen unterzubringen hat, ihre liebe Not damit haben wird. Reform, ohne sich dabei mit sachlichen und logischen Gründen zu strapazieren. Die geistige Höhe seiner Argumentation dokumentiert das Scharfmacherblatt damit, daß es als stichhaltigsten seiner Gründe einen ablehnenden Kommissionsbericht aus dem Jahre 1901 re- produziert, der ein Sammelsurium von törichtigen und heuchlerischen Einwändungen darstellt. Es heißt da: Alle Gefahren, die der obligatorische Besuch der FortbildungS- schule mit sich bringen könne, seien doppelt bedenklich gegenüber den weiblichen Arbeitern. Hier sei es noch weniger gerechtfertigt, dieselben in Schulen zu zwingen, die vielleicht ihr religiöses Gefühl verletzen, sie den Gefahren, z. B. der Abendschulen, auszusetzen oder sie zu zwingen, mit Mädchen zusammen zu sein, die schon sittlich verdorben seien. Der Haushaltungsunterricht sei nur da notwendig, wo die Gelegenheit zur Ausbildung in den eigenen Familien fehle; dieses fei aber nicht überall und allgemein der Fall." Auf das dumme Gerede einzugehen, erübrigt sich schon wegen der einen Tatsache, daß es keinem Unternehmer einfällt, aus den obigen Erwägungen auf die Ausbeutung der weiblichen Arbeitskraft zu verzichten. Gerade weil man keine Lust hat, das Zusammensein der noch unschuldigen Mädchen mit schon sittlich verdorbenen in der Fabrik verkürzen zu lassen, und weil man die möglichst lange Aus beutung nicht zugunsten hauswirtschaflticher und anderer Ausbildung beschneiden lassen will. Oder wollen die Menschenfreunde vielleicht glauben machen, die Fabrik, wo die Mädchen vielen Gefahren, oft genug auch den Paschagclüsten von Vorgesetzten ausgesetzt sind, verdiene gegenüber der Schule den Vorzug als Bildnerin des Charakters, Stärkerin und Förderin der Sittlichkeit sowie Velehrerin auf Haus- wirtschaftlichen und anderen Gebieten? Um was es sich bei dem Protest der Mehrwertraffer handelt, verrät das Scharfmacherblatt hinterher. Mehrere Industrien, besonders die Textilindustrie, heißt es da, könnten irgendwelche Begrenzung der Arbeitszeit der jugend lichen Arbeiterinnen nicht zugestehen I Der ethische, moralische. nationale Kampf gegen den Fortbildungsschulzwang reduziert sich auf ganz gewöhnliches, ganz kurzsichtiges, ganz rücksichtsloses und ganz kleinliches kapitalistisches Profitinteresse. Leseabende. Lankwitz . Der für heute angesetzte Leseabend mußte umständehalber aus Dienstag, den. Juni, verlegt werden. Gerichts-Zeitung. Das Abenteuer eines Kirchcnältestcn. Die Affäre Vorpahl, die in der Gerhardt-Kirchengemcinde (einem Teil der Schönhauser Vorstadt außerhalb der Ringbahn) so großes Aufsehen erregt hat, wurde am Dienstag wieder vor Gericht erörtert. Ueber den Nähmaschinenhändler Gustav Vor- Pähl, der in dieser Gemeinde das Ehrenamt eines Kirchenältesten bekleidet und bei den Strenggläubigen in hohem Ansehen steht, war im vorigen Jahre ein schlimmes Gerücht in Umlauf ge� kommen. Er sollte gegen zwei Frauen K. und W., die in Rot waren und Unterstützung erwarteten, sich allzustürmisch benommen haben. Anfänglich war der Verdacht entstanden, daß der Mann, der diese Frauen sich gefügig zu machen versucht habe, Mitglied einer der dortigen Armenkommissionen sei. Die Nachforschungen, die daraufhin vom Armenkommissionsvorsteher des Stadtteils an gestellt wurden, ergaben bald, daß nicht ein Armenkommissions Mitglied, sondern der Kirchenälteste Vorpahl es war, gegen den die laut gewordenen Anschuldigungen sich richteten. Die Sache sprach sich dann weiter herum, und schließlich mußte in der Kirchengemeindevertretung darüber verhandelt werden. Einer der Gemeindevertreter, der Bankbeamte Erich Noack, ist zugleich Vorsteher einer Armenkommission und hatte als solcher an den Ermittelungen über Vorpahl teilgenommen. In einer Gemeinde� Vertretersitzung wurde Herr Noack aufgefordert, auszupacken, und er trug nun vor, was ihm mitgeteilt worden war. Der Herr Kirchenälteste Vorpahl, der dabei saß und das mitanhören mußte, erklärte unter heftigen Ausfällen gegen Noack, es sei alles erlogen. Mit dieser bloßen Erklärung konnte natürlich die Affäre nicht erledigt sein. Man mußte erwarten, daß Vorpahl eine gerichtliche Feststellung des Sachverhaltes herbeiführen werde. Es dauerte eine ganze Weile bis er sich hierzu entschloß, dann aber ging er Die Platincrzeugung im Jahre 1908. DaS Platin nimmt unter allen Metallen der Erde gegenwärtig eine besondere Stellung ein. Es wird von Wissenschaft und Technik, weniger von der Industrie, in erheblichen Mengen gebraucht, während die bekannten und im Abbau befindlichen Lager dieses Edelmetalls spärlich sind und eine nennenswerte Vermehrung seit langein nicht erfahren haben. Wenn dieser Zustand weiter anhält, läßt sich voraussehen, daß der Bedarf an Platin bald nicht mehr wird gedeckt werden können und daß eine sehr bedeutende Steigerung des Preises stattfinden wird, der schon jetzt den des Goldes übertrifft. Die Angaben, die nun über die Platingewinnung in Rußland während des letzten JahreS ver- öffentlicht worden sind, loerden diese Befürchtung steigern, denn seit langer Zeit ist die Menge des in Rußland gewonnenen Platins noch nie so gering gewesen wie im Jahre 1908. und Rußland liefert Prozent der ganzen Weltproduktion. Allerdings scheint dieser Rückgang nicht auf einer Erschöpfung der im Ural vorhandenen Lager zu beruhen, sondern auf einer willkürlichen Ein- schränkung des Abbaus seitens der Besitzer der Bergwerke, die noch bessere Preise zu erzielen hoffen, wenn sie das lveiße Edelmetall noch seltener machen. Nach russischen Gewichten betrug die ge- samte Förderung von Platin im Ural während des vorigen Jahres 298 Pud 4 Pfund 49 Solotnik und 67 Doli, was einer Menge von rund 4800 Kilogramm entspricht. Im Jahre 1906 hatte die Er- zeugung noch 866, im Jahre 1901 sogar 1460 Kilogramm mehr be- trogen. ES wäre wirklich Zeit, daß noch andere ergiebige Platin- lager aus der Erde geftmden ivürden, damit die Produktion eines für die wichtigsten Zlvecke unentbehrlichen Stoffes nicht von der Willkür einiger weniger Leute abhängig bleibt.(Deutsche Rund- schau für Geographie und Statistik", Julinummer.) Die Internationale Bereinigung für Erdbebenkunde hält ihre dritte Jahresversainmlung vom 30. August bis zum 4. September unter dem Vorsitz von Dr. A. Schuster in Zermatt ab. Die ersten Versammlungen der Gesellschaft fanden in Straßburg im Jahre 1906 und im Haag im Jahre 1907 statt. Der Arbeitsausschuß hat die Zusammenstelluug der Erdbeben für 1904 und für das folgende Jahr schon veröffentlicht. Ebenso wertvoll ist das mikroseismische Verzeichnis für 1908. ES bietet eine Zusammenfassung aller durch Instrumente gefundenen Daten, und eine Uebersicht über die sogenanntenwelterschütternden" Erd- beben. Die Gesellschaft wendet ihre Aufmerksamkeit überdies der Konstruktion von Erdbebenmeßinstrumenten zu und hat zu diesem Zwecke einen ständigen Ausschuß eingesetzt. Weiterhin sollen die geheimnisvollen Geräusche, die bisweilen an verschiedenen Orten gehört und als Nebelschüsse bezeichnet werden, genau er- forscht und ihre örtliche Verteilung eingehend bestiiitmt werden. Außerdem soll die Erdbebcnliteratur zusammengestellt und ein Kodex für internationale Erdbebenmeldungen ausgearbeitet werden. um so gründlicher vor. Er strengte Beleidigungsklage an, nicht nur gegen Noack, sondern zugleich gegen die Frauen K. und W., auf die Herr Noack für den Fall einer Klage sich berufen zu können gemeint hatte. So kam es, daß auch die beiden Frauen zunächst nicht als Zeuginnen gegen Vorpahl, sondern als von Vorpahl Verklagte neben Noack vor Gericht zu erscheinen hatten. Diese Beleidigungsklage Vorpahl wider Noack schwebt noch. Ein erster Termin endete mit dem Beschluß, das Verfahren auszusetzen, bis die Gerichte mit Herrn Vorpahl selber ins Reine gekommen sein würden. Inzwischen war nämlich der Spieß, den der Herr Kirchen- älteste umgewendet und gegen seine Angreifer gerichtet hatte, prompt noch einmal umgewendet und gegen ihn gerichtet worden. Gegen Vorpahl war von dem Gatten der Frau K. Anzeige wegen Notznchtversuches erstattet und von der Armendirektion auf Grund der Vorgänge in jener Gemeindevertretersitzung Etrafantrag wegen Beleidigung des Armenkominissionsvorstehers Noack gestellt worden. Der Ausgang beider Verfahren mußte abgewartet werden, ehe Vorpahls Privatllage gegen Noack usw. zu Ende ge- bracht werden konnte. Gestern wurde vor dem Amtsgericht Bcrlin-Wedding vorerst die Beleidigungsklage gegen Vorpahl verhandelt, so daß Herr Bor- pahl auf der Anklagebank Platz zu nehmen hatte. Vor- pahl erklärte, in der Gemeindevertretersitzung habe er sich gewehrt lediglich mit dem Hinweis, daß Noack noch zu unerfahren sei. Herr Noack selber sagte als Zeuge aus, V. habe ihm Lüge vorgeworfen, habe ihn einen Plunder, einen grünen Schnösel ge» schimpft und habe gehöhnt, den Frauen werde ja die Unterstützung verweigert, wenn sie nicht so aussagen, wie die Armenkommissions- Vorsteher wollen. Privatim habe aber N. ihm später zugegeben» daß er sich schuldig fühle und deshalb nicht gegen die Frauen vor- gehen könne, auch habe V. unter Hinweis auf sein graues Haupt gefleht, ihn zu schonen und ihm aus dieser Affäre herauszuhelfen. Die von N. bekundeten Schmähworte, die V. gegen ihn geschleudert habe, wurden auch von dem Zeugen Maurermeister Otto bestätigt. Der Vorsitzende riet hiernach dem Angeklagten, die Beleidigungen gegen N. durch eine Ehrenerklärung wieder gutzumachen. Noack warf ein, er glaube nicht, den Vergleichsvorschlag annehmen zu dürfen, ohne zuvor die Armendirektion befragt zu haben. Im übrigen müsse, im Hinblick auf die gegen ihn selber und gegen die Frauen K. und W. erhobene Privatklage, ihm daran gelegen sein, daß eine völlige Aufklärung dieser Angelegenheit ermöglicht werde. Als Armenkommissionsvorsteher habe er sich verpflichtet ge- fühlt, die Sache der beiden Frauen zu verfechten, gegen die Herr V. sich vergangen haben sollte. Den Frauen stehe für ihre Be- Häuptlingen kein Zeugnis eines Unbeteiligten zur Seite, schon deshalb habe er sich ihrer annehmen zu müssen geglaubt. Ihm habe man vorgeworfen, daß er jene Frauen beeinflußt habe. Lasse er jetzt sich auf einen Vergleich ein, so werde man das und ähnliche Verdächtigungen aufs neue verbreiten. Das Gericht be- schoß Vertagung, damit Herr Noack die Armendirektion um Rat bitten könne. Zum nächsten Termin sollen für den Fall, daß kein Vergleich zustande kommt, die Frauen K. und W. geladen werden. Ein Vergleich in diesem Stadium sähe einem Vertuschungs- versuch verzweifelt ähnlich.__ Haftung wegen schlechter Lehrcrwohnung. Bis zum Reichsgericht ließ die Gemeinde Groß- und Klein- Ziethen einen Schadenersatzprozeß gelangen, den ein Lehrer gegen sie wegen schlechter Dienstwohnung erhoben hatte. Der Schullehrer M. klagte gegen die Schulgemeinde Groß- und Klein-Ziethen auf Schadenersatz in Höhe von 1000 M. Kur- und Pflegekosten neben Leistung einer Rente von 1200 M. jährlich. Er begründete seinen Anspruch damit, daß er sich in einer ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Dienstwohnung ein rheumatisches Leiden sowie schwere Gesund- heitsschädigungen zugezogen habe. Der Kläger war vom 1. April 1902 bis 1. März 1903 als zweiter Lehrer an- gestellt worden und zwar mit einem regierungsseitig zu zahlenden Gehalt von 800 M. jährlich, während die Schulgemeinde Groß- und Klein-Ziethen die Wohnung zur Verfügung zu stellen hatte. Der Kläger verweigerte zunächst die Annahme der Wohnung, da sie naß und gesundheitswidrig fei. Er ging deshalb zu einem Bauer in Kost und Logis. Da er nicht gut auskam, bezog er schließlich Humor und Der Bl Gebaut und gezimmert, Geborsten, zertrümmert, Geleimt und gekittet, Versunken, verschüttet, Von unten nach oben Zutage gehoben, Verfehmt und vernichtet, Aufs neue gerichtet, Zerbrochen, zerspalten, Gestützt und gehalten, Vom Sturme zerweht, Zusammengenäht, Vom Schicksal zerstückt, Mit Drähten geflickt, Sattre. o ck. Zu Boden gefällt, Auf die Beine gestellt, Gestrandet, gescheitert, Befestigt, erweitert, Vergessen, verloren, Schon wieder geboren, Schon gar nicht vorhanden, Soeben erstanden, Schon Mumie gelvesen, Zum Leben genesen, Total ruiniert, Brillant repariert,-- Ich frag' dich ack Iroo: Wie geht es dir, Block? DaS Kompromiß. Sie: Ich möchte so ein Mittelding zwischen die Pawlowa und die Duncan werden! Er: Na, dazu bist du ja auf dem besten Wege. Von der Pawlowa hast du, daß du kein Deutsch kannst, und von der Dlincan, daß du nicht tanzen kannst. __(Lustige Blätter.") Notizen. Keine Ruh bei Tag und Nacht. DaS eine muß auch die übelwollende Bosheit der Berliner Zensur lassen: sie ist unerbittlich in der eigenhändigen Blamierung. Das angenehme Sommerwetter vermag sie so wenig milde zu stimmen wie das Bedürfnis der Sommertheater besuchenden Menschheit nach Er- heiterung. Der Sommerdirektion des Deutschen Theaters wurde der französische SchwankIm Luxuszug" verboten. Es wird doch in diesem Stück nicht etwa gar die vierte Klasse mitgenommen, die nach unseren Junlern ja der reinste LuxuSzug ist? Ein neuer Dürer. Eine bisher unbekannte Feder- zeichnnng Albrecht Dürers tourde vom Berliner Kupferstichkabinett erworben. Sie stellt Maria mit dem Kinde auf dem Halbmond dar und ist aus dem Jahre 1614 datiert. Briefe Alexander v. Humboldts an französische Gelehrte, vorzüglich an den großen Physiker und eifrigen Republikaner Arago» mit dem Humboldt eng befreundet war, wurden der Pariser Bibliothek des Instituts überwiesen. Die reiche Samm- lung soll von großer wissenschaftlicher Bedeutung sein. Zweifellos auch von kulturhistorischer.