�aule Gründungen. Die eigenartigen Gründungen der Firma Mertens u. Co. auf kolonialwirtschastlichem Gebiete haben bereits wiederholt die Oeffent- lichkeit beschäftigt. Die Firma rief zahlreiche Kolonialgesellschasten ins Leben, die sich aber meistens wegen Mangel an Kapital nicht als lebensfähig erwiesen. Einige von ihnen sind inzwischen wieder verkracht. Die Vorstände und Aufsichtsräte der noch bestehenden Ge- sellschasten haben jetzt beschlossen, Kommissionen einzusetzen, die eine Revision der Erfindung und Geschäftsführung vornehmen sollen. Die.Post" weiß darüber zu berichten: „Außer der Kameruner Kautschuk-A.-G. haben nun auch samt- liche anderen von der Firma Mertens u. Co. gegründeten Gesell- schaften bezw. deren Vorstände und Aufsichtsräte Einsetzung von Kommissionen zur Revision der Gründung und Geschäftsführung beschlossen. Eine ganz selbstverständliche Forderung der Bc- sitzer von Anteilscheinen und Aktien dieser Gesellschaften ist es, �daß die Revision gründlich und durch unbeteiligte Sach- verständige erfolgt. Das läge in erster Linie auch im Interesse der Firma Mertens u. Co. selbst I Noch mutz man mit jedem Urteil zurückhalten, doch fürchtet ein mit den Verhältnissen der kolonialen Gesellschaften vertrauter Mitarbeiter der.Kolonialpol. u. Handels- Korresp.", datz es bei diesen Revisionen und ihren Folgen zu einigen Sensationen kommen dürfte, die für die EntWickelung unserer kolonialen Gesellschaften von recht bedauerlichem, nach- teiligem Einflutz sein mutzten. Grafs Finanzchronik macht bereits darauf aufmerksam, daß aus dem Ermittelungsverfahren gegen den Generaldirektor Mertens schon eine„Strafsache" geworden ist." Wahlrechtscntrechtnng in Kiel . Nachdem der bürgerlichen Mehrheit der grotze Wurf, für Kiel ote Dreiklasienwahl einzuführen, nicht gelungen war, strebt sie dem Ziele zu, durch ortsstatutarische Regelung das zu schaffen, was durch gesetzliche Regelung nicht erreichbar war. Ein Mittel dazu sollte die Einführung der Bezirkswahlen bieten. ES wurde eine Kommission eingesetzt, die gegen alle sonstigen Gepflogenheiten die Kommission autzerordentlich schnell gearbeitet hat. Die bürgerliche Mehrheit will dem um jeden Preis vorbeugen, datz nicht die nächste Stadt- verordnetenwahl sie zur Minderheit macht. Nachdem nämlich der Bezirksausschuß in Schleswig die Wahl unseres Genossen Lewin für gültig erklärt hat und nach Lage der Sache das Ober» Verwaltungsgericht sich dem Urteil anschließen muß, weil eS in ähnlichen Fällen wie der Bezirksausschutz entschieden hat, ist eine sozialdemokratische Mehrheit bei dem jetzigen Wahlsystem durch die nächsten Stadtverordnetenwahlen nicht ausgeschlossen. Am Dienstagabend haben sich die städtischen Kollegien mit der von der Kommission vorgelegten und vom Magistrat gut- geheißenen Vorlage beschäftigt. Die den Kollegien vorgelegte Be- zirkSeinteilung trug denn auch richtig die Tendenz, die nach allem, was voraufgegangen war. erwartet werden mutzte. Bei der letzten Stadtverordnetenwahl war die Höchstzahl der abgegebenen bürger- lichen Stimmen 6682, die Höchstzahl der sozialdemokratischen 6662. DieS waren aber nur die für die bürgerlichen Parteien günstigsten Fälle, einige der gewählten sozialdemokratischen Stadtverordneten waren mit einer Mehrheit von mehreren hundert Stimmen ge- wählt. Eine Bezirkseinteilung, die dem Stimmenverhältnis Rechnung tragen wollte, müßte also der Sozialdemokratie mindestens die Hälfte der Mandate garantieren. Was hat aber die Kommission gemacht? Sie machte aus dem Stadtteil Gaarden einen besonderen Bezirk. Weshalb, das mag folgende Berechnung geigen! Bei der letzten Stadtverordnetenwahl wurden im Stadt- teil Gaarden 713 bürgerliche und 1642 sozialdemokratische Stimmen abgegeben. Durch diese Häufung der sozialdemokratischen Wähler in einem Bezirk müssen natürlich die bürgerlichen Parteien in den anderen Bezirken bedeutend günstiger wegkonimen. Hinzu kommt noch, daß sich der Gaardener Bezirk weit schneller vermehrt als die anderen Bezirke. Der Genosse Adler kritisierte scharf die tendenziöse Absicht dieser Bezirkseinteilung und wies nach, daß sie ein Ausnahme- gesetz gegen die Sozialdemokratie sein solle und auch sei. Wenn man auf der einen Seite den Wählern Recht nehme, und das geschehe durch die Vorlage, weil früher jeder Wähler mindestens fünf Stadtverordnete jährlich zu wählen habe, während er nach Annahme der Bezirkseinteilung nur das Recht habe, in seinem Bezirk einen Stadtverordneten zu wählen, solle man auf der anderen Seite wenigstens das Wahlrecht demokratisieren und den Zensus aufheben. Aber Adler predigte tauben Ohren. Die Wahl- entrechtung war von ihnen schon längst beschlossen, und sie stimmten denn auch geschlossen für die Bezirkseinteilung, die die Kommission ausgearbeitet hatte, stimmten die Anträge der Sozial- dcmokraten auf Herabsetzung des Zensus auf 666 resp. 666 M. nieder; ebenso auch alle Anträge, die auf Verbesserungen der einzelnen Bestimmungen der Vorlage abzielten. Das Resultat der künftigen Wahlen wird auf absehbare Zeit fem, daß der Gaardener Bezirk der Sozialdemokratie sicher ist und daß bei aller Anstrengung ein weiterer Bezirk erobert werden kann. Da fünf Bezirke eingerichtet sind und in jedem Bezirk sechs Stadt- verordnete gewählt werden— allerdings in jedem Jahre immer nur einer, weil die Wahl auf sechs Jahre erfolgt— wird es die Sozialdemokratie von den 30 Mandaten auf 12 bringen können. BiS die Entwickelung der Be- Völkerungsbewegung darin eine Aenderung hervorbringt, so tröstet sich daS Bürgertum, ist schon längst das schleswig-holsteinische Wahlrecht beseitigt, schlimmstenfalls läßt sich die Bezirkseinteilung ändern. Die sozialdemokratische Hochflut ist yoch einmal ab» gewehrt._ franhrdcb. Berh-ftunge«. Pari«, 9. Juni. Bei Sluxerrc wurde» zwei junge L e u t e v e r- haftet, die in dem Verdachte stehen, mehrere Telegraphen- d r S h t e bei Joigny z e r st ö r t zu haben.— Zwistigkeiten in der Regierungspartei. Paris , 6. Juni. Der Deputierte L a f e r r e hat daS Amt des ObmannS des Vollzugsausschusses der s o z i a l i st i s ch- r a d r k a l e n Partei niederaelegt, weil unter den Aussckubmitgliedern, von denen ein Teil eine feindselige Politik gegen das Ministerium befürwortete. Zwistigkeiten ausgebrochen waren. Ei» seltsamer Borfall. PariS , S. Juni. Wie aus Macon berichtet wird, fand in den Werkstätten der Geschützfabri! Creuzot ein ernster Zwischenfall statt. Eine Anzahl Arbeiter, welche einen ihrer Kameraden vcr- döchtigten, Urheber der Jndislretion zu sein, welche unlängst Gegen- stand einer Debatte in der Kammer gewesen, und wegen deren eine gerichtliche Untersuchung über Geschütztürme angeordnet worden war. überfielen diesen Arbeiter und miß- handelten ihn so schwer, daß er unverzüglich inS Spital gebracht werden mußte. Der Mißhandelte hat eingestanden, die Indiskretion begangen zu haben. ES handelt sich dabei bekanntlich darum, daß die Fabrik dem Staate minderwertiges Material geliefert haben soll. Merkwürdig bleibt nur der Eifer der Arbeiter, mit dem sie sich zu Richtern in einer Sache gemacht haben, die die ihrer Ausbeuter und nicht die ihre ist. CnFlanck. Die Flottenagitation. London , 9. Juni. B a l f o u r, der dem heutigen Presse- kongreß präsidierte, führte in einer Ansprache aus, daß Schick- sal Englands hänge von der Ueberlegenheit seiner Flotte ab. Diese Ueberlegenheit müsse in den heimischen Gewässern zutage treten, denn das Geschick von Australien , Canada , Süd-Afrika und Indien werden nicht im Stillen oder Indischen Ozean entschieden werden, sondern in den heimischen Gewässern. Wer sich bemühe, den Geist der Zeit zu verstehen, werde den gewichtigen Worten Lord Roseberhs und Greys zu- stimmen und anerkennen, daß man über die Verteidigung des Reichs nicht ohne eine gewisse Aeng st lichkeit sprechen könne. Rußland. Die Henker des Zaren. Das Warschauer Kriegsgericht hat wieder zwei Todes- urteile ausgesprochen. Zwei Mitglieder der Polnischen Sozialistischen Partei in Nadom, Roman Piekarski und Hersch Ragow, waren angeklagt, an mehreren terroristischen Attentaten in Nadom„intellektuell" teilgenommen zu haben. Sie sollen gewußt haben, daß die Attentate ge- plant waren. Die Anklage stützte sich hauptsächlich auf die Aussagen eines Verräters. Die Todesurteile wurden durch den Warschauer Generalgouvernenr Stallen bestätigt und daraufhin in der Warschauer Zitadelle vollstreckt.— Die Glaubensfreiheit. Petersburg, 8. Juni. In der Abendsitzung nahm die R e i ch S. d u m a in erster Lesung das Gesetz betreffend den Uebertritt auS einer Religionsgemeinschaft in eine andere gemäß dem Referat der Kommission für Konfessionsfragen mit den von den Oktobristen vorgeschlagenen Aenderungen an. Die Rechte enthielt sich der Ab- stimmung, weil die Beratung in der Duma angeblich den Grund- gesetzen widerspäche. Da Stolypin sich ebenfalls gegen das Gesetz aussprach, so wird wohl der Beschlutz der Duma schon vom Reichsrat nicht ratifiziert werden. OrKd. Die Hinrichtungen in Adana . Konstantinopcl, 9. Juni. Durch ein Jrade des Sultans sind 15 vom Kriegsgericht in Adana gefällte Todesurteile, die neun Mohammedaner und sechs Armenier betreffen, b e st ä t i g t worden. Es soll Vorsorge getroffen werden, daß bei der Vollstreckung der Urteile keine Unruhen vorkommen. Mit Rück- ficht auf armenische Anklagen und Zeitungsnachrichten hat die Pforte den Mali von Adana aufgefordert, die Verbrecher ohne Unterschied der Religion streng zu bestrafen. perllen. Zur russischen Invasion. Der russische Generalkonsul in TäbriS erklärt durch die Petersburger Telegr.-Agentur, daß die Nachrichten über die an- geblichen Roheiten der russischen Truppen in Persien von den Mit- gliedern der armenischen Partei,„Daschnakzutjun" ver- breitet worden seien, die alle Tatsachen dem Genfer „Droschak" entstellt telegraphiert hätten. Die Haltung der Truppen sei viel- mehr ganz korrekt. Soweit der Konsul. Bis jetzt waren wir daran gewöhnt, daß die russische offiziöse Agentur dazu existiert, um einerseits Nach- richten, die der russischen Regierung günstig sind, zu verbreiten, und andererseits alles, was nicht den Absichten derselben Regierung entspricht, zu dementieren. Aber jetzt erfahren wir, daß die Agenten der Kosakenregierung auch die Ursache allen Unglück» entdeckt haben. Nach ihren Angaben sind nämlich die armenischen Revolutionäre, die die Revolution vorher im Kaukasus anstifteten, dann in der Türkei und endlich in Persien . Und wir werden uns gar nicht mehr wundern, wenn eines schönen Tages die russi- schcn Offiziösen auch die Revolution in Chile oder Honduras den armenischen Intrigen zuschreiben werden. Hus der Partei. Zur Tagesordnung deö Parteitages. Unter dieser Ueberschrift bedauert der.Vorwärts" in Nr. 129 da» Fehlen des Themas„Landarbeiterfrage" auf der provisorischen Tagesordnung für den Leipziger Parteitag. Er wünscht, daß die Sache auf dem Parteitage erörtert wird. Zugunsten einer fruchtbringenden Beratung sollen ein oder mehrere sachkundige Referenten bestellt und die Tagesordnung also mit dem Punkte.Landarbeitersrage" ergänzt werden. Durch Gründung der neuen Land- und Waldarbeiterorganisation ist die.Landarbeiterfrage" jetzt für uns in das Stadium der praktischen Betätigung getreten. Nach zirla L'/zinonat« lichem Bestehen dieser Organisation wird man doch wohl kaum derartige Erfahrungen haben sammeln können, um Aenderungen vorzuschlagen, weder am Statut noch an der an- gewendeten Taftik bei der Agitation. Aber selbst wenn hierzu Material vorliegen würde, wäre es vollständig verfehlt, diese interne Angelegenheit der Landarbeiterftage— denn eine solche ist sie durch Gründung eines Vereins vorläufig geworden— auf einem viel- beschäftigten Parteitag zu behandeln. Nicht weil etwa nicht die ganze Partei an dieser Frage hochinteressiert ist, sondern weil der Sache damit wenig oder gar nicht gedient sein dürste. Wir haben im Reiche eine grotze Anzahl meist sehr wichtige Parteiorte, die praktisch den Landarbeiterverhältuisien fern und fremd gegenüber- stehen und deren Delegierte auf dem Parteitag daher naturgemätz an und für sich dieser Sache nicht daS genügende Interesse entgegen- bringen dürften. Und man weiß, wie solche Punkte der TageS- ordnung behandelt werden, lvenn sie dann noch am Schlüsse der Tagung verhandelt werden. Ferner bin ich der Ansicht, datz man taktische Fragen, und auf solche kommt es hier in erster Linie bei dieser neuen Organisation an. nicht öffentlich auf dem Parteitag be- handeln soll. DaS würde nicht uns. sondern vielmehr unseren Gegnern nützen. Dagegen empfehle ich, datz während der Tagung deS Partei- tageS alle die Delegierten, die an der Landarbeiterfrage be- sonderS interessiert sind, die auf diesem Gebiete Erfahrungen gesammelt haben und mit Rat und Tat der jungen Organisation in ihren agitatorischen Wirkungskreisen unter die Arme greifen können, mit dem Vorstand mid den Gauleitern deS Verbandes zu einer Konferenz zusammentreten und dort ihre Meinungen aus- tauschen. Das tst besonders deshalb dringend notwendig, weil die des Schutzes am meisten bedürfttgen Landarbeiter der östlichen Provinzen vor der Hand nur erst ziemlich stiefmütterlich von dem Verband, der in Mittel- und Süddeutschland seinen Sitz hat, bedacht werden können. Ob hierzu Referenten bestellt werden, lasse ich dahingestellt. Hermann Linde, Parteisekretär für Ostpreußen . ».' Der Vorschlag des Genossen Linde hat einiges für sich. Wir halten jedoch die Verhandlung des Themas auf dem Parteitag immer noch für besser. Rur so wird die ganze Partei eindringlich an die Wichtigleit der Landarbeiterftage erinnert, nur so wird eine über die engeren Kreise der nächsten Interessenten hinausgehende Anregung zur Förderung der Organisation durch unmittelbare oder mittelbare Mitarbeit gegeben. Daß manche großstädtischen Dele- gierten dem Thema kein brennendes Interesse entgegenbringen. das ist kein Grund, den vielen, die für ihre Parteiarbeit aus der Verhandlung lernen können, diese Gelegenheit vorzuenthalten. Bei der Wichtigleit der Sache halten wir eS auch für selbst- verständlich, daß sie nicht an den Schluß der Tagesordnung ver- schoben wird. Wir halten eS für ganz gerechtfertigt, datz sie vor den Referaten über die ReichSversicherungSordnung behandelt wird, da über diesen letzteren Gegenstand keine großen MeinungS« Verschiedenheiten unter den Genossen vorhanden sein dürften. Im übrigen haben wir die Ansetzung des Themas nicht gefördert, weil wir glaubten, datz nach zirka L'/zmonatlichem Bestehen der Organi- sation schon über wichtige Erfahrungen zu berichten und Aenderungen am Statut und an der Taktik vorgeschlagen werden mützten, sondern weil wir hoffen, datz die Arbeit der jungen Organisation durch die Aussprache gefördert und befruchtet werde. Daß die Behandlung deS Themas den Gegnern grotze taktische Geheimnisse offenbaren könnte, fürchten wir nicht. Für die Zwecke, denen die Verhandlungen dienen sollen, ist es nicht nötig. Interna der Organisationsarbeit aufzudecken, wenn überhaupt schon welche vorhanden sein sollten. Die„Leipziger Volkszeitung' schreibt: „Die Anregung des„Vorwärts" ist nur zu begrüßen. Die Durchführiing einer energisckien und systematischen Agitation unter dem ländlichen Proletariat ist eine Lebensfrage für die Partei, sie ist aber auch eine unbedingte Notwendigkeit sowohl für die unter Ausbeutung und Rechtlosigkeit doppelt leidenden Landarbeiter wie für die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft der Städte und Industriezentren, deren Errungenschaften durch den Zuzug der be» dürfniSloseren Landproletarier mir zu oft in Frage gestellt werden. Die Besprechung der Landarbeiterfrage auf dem Parteitage würde der gewerkschaftlichen und politischen Organisationsarbeit auf dem flachen Lande lräftige Impulse geben können." Soziales. Arbeitslosenversicherung mit kommunaler Unterstützung. Die„Stadtkölnische Versicherungskasse gegen Arbeitslosigkeit im Winter" zu Köln erstattet ihren Geschäftsbericht über die Zeit von April 1668 bis Ende März 1666. Seit der bor zwölf Jahren erfolgten Gründung der Kasse ist die Zahl der im vorigen Jahre abgeschlossenen Versicherungen, nämlich 1657, die höchste. Davon waren 1435 gelernte, 522 ungelernte Arbeiter. Die Mitglieder setzen sich fast ausschließlich aus den verschiedenen Gruppen der Bauarbeiter zusammen. Sie müssen jährlich vom 1. April ab insgesamt 34 Wochenbeiträge zahlen, und zwar gelernte Arbeiter 45 Pf., ungelernte 35 Pf. Dafür haben sie in der Zeit vom 1. Dezember bis 1. März Anspruch auf Tagegelder, sofern ihnen durch die mit der Kasse in Verbindung stehende Arbeitsnachweis- anstatt der Stadt Köln nicht passende Arbeit nachgewiesen wird. Im verflossenen Winter wurden an 1433 Versicherte für 37 671 Tage 61634 M. Arbeitslosenunterstützung gezahlt. Von den Be- zugsberechtigten waren nicht weniger als 82,9 Proz. arbeitslos. Infolgedessen ging das Vermögen der Kasse von 136 866 M. auf 124 666 M. zurück. Hätte nicht für 24 866 Tage den Versicherten Arbeit nachgewiesen werden können, so würde der Anspruch an die Kasse 62 867 Tage betragen haben. Die Tagegelder betragen für die ersten 26 Tage der Arbeitslosigkeit 2 M., für weitere 23 Tage 1 M. täglich. Bei längerer Arbeitslosigkeit erlischt der Unter- stützungsanipruch. Die Stadt Köln schießt zu den Einnahmen der Kasse jährlich 26 666 M. zu; ferner übernimmt sie die Bürg- schaft für die Leistungen der Kasse. Man trägt sich mit dem Gedanken, die Kasse auS einer„Ver. sicherungskasse gegen Arbeitslosigkeit im Winter" zu einer solchen für das ganze Jahr auszubauen. Ist Rinderzucht wertvoller als Kinderzucht? Eigenartige Anschauungen über Volksbildung besitzt der Re- gierungsassessor Dr. Petersen, der als kommissarischer Verwalter der durch den Abgang des früheren Bürgermeisters Schücking vakant gewordenen Bürgermeisterstelle in Husum fungierte. Als der Herr kürzlich von der Stadt Abschied nahm, empfahl er den städtischen Kollegien, alle Kraft auf die Ausgestaltung des Bich- Marktes zu verwenden. Denn das sei die wichtigste Aufgabe der städtischen Verwaltung. Dagegen möge man davon Abstand nehmen, den Lehrern Ortszulagen zu gewähren; diese Zulagen würden nur bewirken, daß das Ab- und Zuwandern nie aufhöre. Die Auslassungen des Herrn Assessors berechtigen ihn zu einer Anwartschaft auf die Stelle des preußisch-agrarifchen Kultus- Ministers._ Vom nordöstlichen Baugewerbe. Scharfmacher Felisch kann nicht stolz auf seinen Bericht sein. Kümmerlicher ist wohl noch kein Bericht tiner großen BaugewerkS- Berufsgenossenschaft herausgekommen. Kein erklärender Text, nur trockene Zahlen sind es, die Felisch seinen Getreuen bietet. Und doch ist die von ihm geführte Berufsgenossenschaft nicht klein. Versichert waren laut Bericht im Jahre 1668: 24164 Bau- betriebe mit 221 668 Arbeitern. Die stärkste der 5 Sektionen der Berufsgenossenschaft ist Sektion I, Berlin , mit 7325 Betrieben und 86 676 Arbeitern. Vergleicht man die angeführten Lohnsumme» mit der Zahl der Versicherten, was der Bericht natürlich unterläßt, so ergibt sich folgender Durchschnittslohn in den einzelnen Sektionen der Berufsgenossenschaft: Sektion l. Berlin , 1111 M.; Sektion II, Potsdam . 815 M: Sektion III, Stettin . 730 M; Sektion IV, Danzig , 721 M.; Sektion V, Königsberg i. Pr., 726 M. Der Be- richt hat hierfür keine Zeile der Erklärung. Auch nicht für die in der Ausstellung angeführten Summen von Beitragsverlusten. Erwähnt wird nur, daß„an Beiträgen für 1667 zur Zeit des Ab» schlusses der Heberollen infolge fruchtloser Zwangsbeitreibung usw. ausgefallen waren: 79182,96 M.", davon allein auf Sektion Berlin 39 165,56 M., dagegen in Sektion Königsberg nur 3692,15 M., obschon die Sektion Berlin nur 5mal mehr Arbeiter versichert hat, die Zahl der Betriebe in Berlin 7325, in Königsberg 2466 be» trägt. Das sind die Bauschwindler einer Großstadt, die auch die armen Arbeiter um Hundertausende von Marl an Arbeitslöhnen betrogen haben. Unter den Verwaltungskosten der Berufsgenossenschaft fällt uns auf, daß an„Vergütungen für den Genossriischaftsvorstand" die stattliche Summe von 11892 M. eingestellt ist. WaS erhält Herr Felisch hiervon? Gemeldet wurden im Berichtsjahre insgesamt 19 446 Unfälle» gegen 11 166 im Jahre 1967. Wieder fällt uns die schrecklich große Zahl der Unfälle der Großstadt gegenüber dem Lande auf. Während im Bezirk der Sektion V, Königsberg, nur 768 Unfälle gemeldet wurden, wurden im Bezirk Potsdam 2637 und in Berlin gar 5586 Unfälle an» gemeldet. Vergleicht man auch hier die Zahlen mit der versicherten Arbeiterzahl, so ergibt sich folgendes Bild: Auf 1666 Arbeiter entfallen in Sektion l. Berlin , 62,3, in Sektion II. Potsdam , 46,0, in Sektion III. Stettin. 35,0, in Sektion IV, Danzig , 36,2, in Sektion V. Königsberg, 86,2 Unfälle. Entschädigt wurden jedoch insgesamt nur 1563 Unfälle. Vor Ablauf der 13. Unfallwoche wurden von den gemeldeten Unfällen laut Bericht allein 8856 geheilt. Hier sieht man wieder, wie die Berufsgenossenschaften von den Krankenkassen entlastet werden. Die Unfallstatistik bezieht sich gar nur auf daS Jahr 1667, ist also für das Berichtsjahr nicht fertig geworden. Wir ersehen daraus, daß im Jahre 1697 alz Folgen der Unfallverletzuug in 156 Fällen Tod, in 43 Fällen völlige, in 763 Fällen teilweise Er» werbSunfähigkeit. in 882 Fällen Erwerbsunfähigkeit über 6 Monate, in 56 Fälle» solche bis zu 6 Monaten und in 9338 Fällen Erwerbsunfähigkeit unter 13 Wochen festgestellt wurde.
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