Gewcrh rcbaftUchee. Kirche und Pvlizei als Helfer der christlichen Getverkschaftcn. Die Vertreter der christlichen Gewerkschaften bezeichnen es stets als Verleumdung, wenn man ihnen nachsagt, daß sie in ihren Organisationen die Geschäfte der Zentrums- Partei besorgen, derjenigen Partei, zu deren Förderung die christlichen Sonderverbände ganz allein gegründet worden sind. Trotz der vielen vorliegenden Beweise leugnen die Herren diese Tatsache beharrlich ab; sie behaupten nach wie vor, daß sie unpolitische, neutrale Gewerkschaften seien, im Gegensatz zu den freien Gewerkschaften, die in Wahrheit sozialdemokratisch seien. Wie es aber mit der politischen Neu- tralität und parteipolitischen Passivität der christlichen Ge- werkschaften in Wirklichkeit bestellt ist, das mag man wieder mal aus einem geheimen Dokument erkennen, das vom 4. Juni 1909 datiert und sämtlichen katho- tischen Pfarrern in Köln , dem Hauptsitze der Zen- trumsgewerkschaften, zugegangen ist. Das Zirkular beginnt wie folgt: „Ew. Hochwürden gestattet sich das Kartell der christ- lichen Gewerkschaften Kölns folgendes ergebenst zu unterbreiten: Alljährlich ziehen Hunderte von Arbeitern, allein oder mit Familie, in die Großstädte oder deren Vororte. Mit den Gefahren, die ihnen hier in religiöser und sittlicher Be- ziehung drohen, sind die meisten— namentlich die vom Lande Zuziehenden— unbekannt. Solche Gefahren ergeben sich ins- besondere aus dem gedrängten Zusammenwohnen, dem täglichen Verkehr mit Ungläubigen, der kirchenfeindlichen Presse usw. Auf der Arbeitsstelle wird insbesondere seitens der sozialdemokratischen Arbeiter mit allen Mitteln darauf hingewirkt, diese Leute für ihre Ideen zu gewinnen. Da ist es leicht zu verstehen, wenn so viele Zuziehende dem Cristen- tum verloren gehen und in der Sozialdemokratie die wirklicheVertreterin ihrer Interessen erblicken." In dem Zirkular wird dann darauf hingewiesen, daß seit einigen Jahren die katholischen Arbeitervereine„plan- mäßig die Gewinnung dieser Einziehenden mit Hilfe der Pfarrämter für sich erstreben". Zu dem Zwecke werde„von den einzelnen Pfarreien den katho- tischen Arbeitervereinen allmonatlich die Liste der zuziehenden Personen bezw. Familien über- lasse n". Die Kartellkommission wünscht nun, daß für die Folge auch„unseren christlichen Gewerkschaften" die Listen ausgehändigt würden.„Dadurch würden wir in die Lage versetzt, die Zuziehenden durch unsere Vertrauensleute aufsuchen zu lassen und zu ver- suchen, sie für unsere Sache zu gewinnen. Viele würden so davor bewahrt, der sozialdemokratischen Agitation anheimzufallen, weil sie an unserer Organisation einen starken Rückhalt finden." Für den Kenner der Zcntrumsgewerkschaften hat es dieser Entlarvung der christlichen Gewerkschaftsführer als parteipolitische Agitatoren nicht erst bedurft. Angesichts der Unverfrorenheit der Herren aber, die selbst sichtbare Tatsachen abzuleugnen pflegen, ist die von ihnen selbst verfaßte Urkunde äußerst wertvoll. Im übrigen aber offenbart das Schriftstück, welcher Miß- brauch von den Pfarrämtern mit den Listen der Zuziehenden getrieben wird. Sie erhalten die Namen lediglich zu Zwecken der Kirchensteuer von den P o l i z e i b u r e a u s, be- nutzen sie aber zu klerikal en Agitationszwecken, die ganz allein dem Zentrum zugute kommen und kommen sollen. Die Polizei ist verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die diesen Unfug ein für allemal unmöglich machen. Berlin und Umgegend. Die Lohnbewegung der Baukleinhner. In einer allgemeinen Klempnerversammlung, die am Donners- tag in Freyers Saal abgehalten wurde, erstattete Cohen Bericht über die Verhandlungen vor dem Einigungsamt. Er konstatierte, daß die Arbeitgeber diesmal ihren Standpunkt nicht mehr mit der Schroffheit vertraten, wie bei den vorigen Verhandlungen, die im Lokale des Arbeitgeberverbandes stattfanden. Doch die Zahlen, welche Herr Thom über die streikenden und die in Arbeit stehenden Bauklempner angab, seien vollkommen unrichtig. Wenn es wahr wäre, daß 625 Bauklempner— wie Herr Thom angab— zu den Bedingungen der Arbeitgeber beschäftigt sind, dann würden die Bauklempnermeister nicht zum Einigungsamt gekommen sein. Die Parteien seien sich bei den diesmaligen Verhandlungen etwas näher gekommen wie früher, doch habe ja die Verhandlung selbst kein Resultat gehabt. 27 der bekanntesten Arbeitgeber seien bor dem Einigunnsamt vertreten gewesen. Einer von ihnen, der Inhaber eines sehr bekannten und renommierten Geschäfts, habe am Tage nach der Sitzung den Tarif der Arbeiterorganisation unterzeichnet. Daß die Arbeitgeber, trotz der für sie nicht günstigen Position des Streiks, den Kampf solange hinziehen, sei nur dadurch zu ver- stehen, daß die Frage der Akkordarbeit von außen her in den Streit hineingeworfen sei. Die'Streikenden könnten dem weiteren Ver- lauf der Dinge ruhig entgegensehen. Seitens der Streikleitung wurde noch mitgeteilt, daß die Branchenkommission beschlossen hat, jedem Streikenden aus dem Fonds einen wöchentlichen Zuschuß von 3 M. zur üblichen Streikunterstützung bis zur Beendigung des Streiks zu zahlen. Schließlich ersuchte Cohen, den Zuzug von Bauklempnern und Bauschlossern nach Hamburg zu meiden, da die Unternehmer beschlossen haben, die Arbeiter dieser beiden Gruppen aus Anlaß des Kampfes der Maurer, Zimmerer und Bauarbeiter auszusperren. Achtung, Holzarbeiter! In der„Berliner Volkszeitung" vom 11. Juni 1909 verlangt der Arbeitgeber Staats. Oberbaum- straße 5, unter Deckadresse(Meldungen im Barbiergeschäft, Ober- baumstraße 5) Tischler und Maschinenarbeiter für seinen Betrieb in Muskau in der Lausitz . Zur Information diene, daß sich in diesem Betriebe sämtliche Tischler und Maschinenarbeiter wegen bis zu 25 Proz. betragenden Lohnabzügen im Ausstand befinden. Ter Gauvorstand. Wie uns mitgeteilt wird, benutzt Herr Staats die Adresse des Barbiergeschäfts ohne Kenntnis und Zustimmung des Inhabers. _ Red. d.„V." Die Tarifbewegung der Geldschrankarbeiter. Die in den Geldschrankfabriken beschäftigten Arbeiter, deren Tarifvertrag gleichzeitig mit dem der Kunst- und Bauschlosser am 30. Juni abläuft und wie dieser von den Arbeitgebern gekündigt worden ist, hatten sich am Donnerstag in Frankes Festsälen in der Badstraße versammelt, um über ihre neuen Tarifforderungen zu beraten und zu beschließen. Der große Saal war gedrängt voll, so daß kaum einer von den beteiligten Arbeitern fehlte. Ueber die Forderungen war im Voraus von den einzelnen Berufsgruppen beraten worden. Die Fabrikanten möchten den von den Arbeit- gebern der Kunst- und Bauschlossereien vorgelegten Tarifentwurf auch für die Geldschrankarbeiter durchgeführt wissen. Das würde für diese eine um so ärgere Verschlechterung ihrer Lohnverhältnisse darstellen, als ihr alter Tarifvertrag höhere Lohnsätze enthält als der der Kunst- und Bauschlosser._ Der Vertretet der Tärifkommission, Fuchs, verlas nun zunächst die Forderungen, wie sie aus den Gruppenversammlungen hervor- gegangen waren. Sodann wurde über jeden einzelnen Punkt diskutiert und abgestimmt, wobei hier und da einige Abänderungen beschlossen wurden. Der Tarifentwurf, der von der Versammlung schließlich einstimmig gutgeheißen wurde, enthält nun in der Hauptsache folgende Forderungen: Die tägliche Arbeitszeit soll 8� Stunden betragen. Für Ueber- zeitarbeit soll in den ersten zwei Stunden 33(4 Prozent, danach 50 Prozent, für Nacht- und Sonntagsarbeit 75 Prozent Zuschlag gezahlt werden. An den Sonnabenden soll eine Stunde früher Feierabend gemacht, am Tage vor den hohen Festen nur bis Mittag gearbeitet werden, und zwar ohne Lohnabzug. Als Minimal- stundenlöhne sollen gezahlt werden für ausgelernte Schlosser 55 Pf., nach Verlauf eines halben Jahres 60 Pf., für selbständig arbeitende Schlosser 75 Pf., für Schleifer ebenfalls 75 Pf., für Dreher 70 Pf., für Fräser und Hobler 65 Pf., Maschinenarbeiter 55 Pf., Schmiede 75 Pf., Stockgesellen 60 Pf., ungelernte Arbeiter 50 Pf., gelernte Maler und Lackierer 65 Pf., Anstreicher 60 Pf., Arbeitsburschen nach sechswöchiger Tätigkeit in der Maler- und Lackerierei 50 Pf., im übrigen für Arbeitsburschen 40 Pf.>— Diejenigen Arbeiter, die durch diese Neuregelung der Minimallöhne nicht mindestens 5 Pf. mehr Stundenlohn erhalten, sollen gleichwohl eine solche Lohnzulage bekommen. Für Arbeiten außerhalb der Werkstatt ist eine Zulage von 5 Pf. die Stunde zu zahlen; die Fahrzeit ist als Ueberstundenarbeit zu berechnen. Bei Akkordarbeit muß jeder Arbeiter im Voraus von dem Preis unterrichtet werden und der Stundenlohn mutz garantiert sein.— Bei Arbeitsmangel soll die Arbeitszeit verkürzt werden, bevor Entlassungen stattfinden. Der Tarifvertrag soll, ebenso wie die in den Betrieben vorhandenen Akkordtabellen, für jeden sichtbar ausgehängt werden. Als Geltungs- dauer des neuen Tarifvertrages wird die Zeit vom 1. Juli 1909 bis 20, Juni 1911 vorgeschlagen. Achtung, Geschirrsattler! Die Differenzen bei der Firma Döring u. Schwital wur- den zu unserer Zufriedenheit erledigt. Die Sperre über diesen Betrieb ist damit aufgehoben. Verband der Sattler. Ortsvcrwaltung Berlin - Deutkchcs Reich. Die Aussperrung in Hamburg . -"■-ji(Privatdepesche des„Vorwärts".)! Zur Zeit sind von etwa 15 000 in Betracht kommenden Ar- beitern ungefähr 8000, also 50 Proz. ausgesperrt. Von den Maurern sind ausgesperrt 3126. In Arbeit ge- treten sind 147, darunter 63 zu den neuen Bedingungen. Im ganzen arbeiten jetzt 500 Maurer zu den neuen, 1800 zu den alten Bedingungen. Pon den Zimmerern sind ausgesperrt 1571. Es arbeiten noch 729. Von den Bauhilfsarbeitern sind ausgesperrt 2037. Zu den neuen und alten Bedingungen arbeiten 2000. Heute wurden von den Mauersteinarbeitern rund 200 aus- gespert. Von 3100 Klempnern und Schlossern sind 475 Klempner und 345 Schlosser ausgesperrt. Die Unternehmer im Dachdecker- und Ofensetzereigewerbe sträuben sich, ihre Arbeiter auszusperren. Jedoch wird vom Baugewerbeverband ein Druck auf sie ausgeübt. Der Baugewerbeverband hat sich an den Verband zur Be- kämpfung der Sozialdemokratie gewandt: es sollen Leute mit vaterländischer Gesinnung dem Baugewerbeverbande zugeführt werden, also Arbeiter, die nicht organisiert sind. In diesem Sommer findet das Bundesschützenfest in Hamburg statt, wozu der Hamburger Senat und die Hamburger Bürgerschaft 60 000 M. bewilligt hat. Auf den Bauten für dieses Fest arbeiten zurzeit nur die Meister mit ihren Lehrlingen. Die Unternehmer sind daher in der größten Verlegenheit, die Bauten rechtzeitig fertigzustellen. Auf die Gewerbezweige, wo Tarifverträge zwischen den Ar- beitern und Unternehmern bestehen, wird vom Baugewerbeverband ein starker Druck ausgeübt, damit die Unternehmex des Tarif brechen und die Arbeiter aussperren, Zum Ausstand der Kieler städtischen Arveiter. wird gemeldet: Die Mittwoch nacht angekommenen Arbeitswilligen sind von Essen gekommen. Gestern, Donnerstag abend,(10. Juni), sollten weitere 60 Arbeitswillige eintreffen; der Zug blieb aber aus. Die königliche Polizei geht in einer solch rigorosen Weise vor, wie das hier noch bei keinem Streike erlebt worden ist, selbst nicht beim letzten Kohlenarbeiterstreik. Die Gutenbergstraße, an deren Ende die städtischen Depots liegen, war während des gestrigen Tages streckenweise verschiedene Male vollständig abgesperrt durch mit Revolvern bewaffnete Poli- zijten. Stündlich finden Verhaftungen von Ausständigen statt. Auf dem städtischen Polizeibureau geht es drunter und drüber. Die notwendigste Bureauarbeit bleibt liegen, weil die Beamten zur Begleitung der Abfuhrwagen kommandiert sind. Die Straßen- reinigung ruht schon drei Tage; auch ist noch kein Mülleimer ab- gefahren worden. In den verkehrsreichsten Straßen häuft sich der Schmutz. Gestern nacht haben in verschiedenen Straßen Kiels Ein- wohner zur Selbsthilfe gegriffen und die nicht abgeholten, über- füllten Kübel einfach auf der Straße entleert, wodurch ein vesti- lenzialischer Gestank in diesen Straßenteilen entstand. Heute— Freitag morgen— war die städtische Feuerwehr tätig, die großen Kotmassen wegzuspritzen. Es sind nicht 600 Arbeiter ausständig resp. ausgesperrt, wie die bürgerliche Presse meldet, sondern 350. Zu Montag abend hat das Gewerkschaftskartell drei Volksver- sammlungen einberufen mit der Tagesordnung:„Kommunale Ge- waltpolitik und Belagerungszustand in Kiel ", die zu dem Kampfe Stellung nehmen sollen. Die Arbeiterpresse wird gebeteit, ganz enKr» gisch für Abwehr des Zuzuges tätig zu sein. i Tarifabschluß im Kieler Brauereigeiöerve. Die jetzt durch Abschluß eines Tarifvertrages beendigte Lohn- bewegung der Brauereiarbeiter in Kiel war insofern von be- sonderem Interesse, als diesmal der Arbeitgeberverband von Kiel für die Brauereien einsprang und die Verhandlungen führte. Der Arbeitgeberverband hatte die nicht der Brauereivereinigung aber dem Arbeitgeberverband angehörenden Brauereien, deren Tarife mit dem Brauereiarbeiterverband auch in kürzester Zeit abliefen, veranlaßt, die Forderungen der Brauereiarbeiter mit der Brauerei- Vereinigung gemeinsam zu erledigen, und die Brauereivereinigung trat dem Arbeitgeberverbande bei. So waren die Brauereien drei- fach organisiert: in ihrer Vereinigung, im Deutschen Boykottschutz- verband für Brauereien und in der Arbeitgebervereinigung. Diesem dreifachen Schutz entsprach denn auch das„Entgegenkommen", das sich in angebotenen Verschlechterungen und der im Laufe der Unter- Handlungen gedrohten Verlängerung der Arbeitszeit äußerte, als die Vertreter der Brauereiarbeiter nicht so wollten wie die Unter- nehmer. Die Verhandlungen waren langwierig. Aber trotz der Zu- geknöpftheit der Unternehmer und ihrer Vertretung durch den Arbeitgebcrverband gelang es den Vertretern der Brauereiarbeiter, nicht nur die beabsichtigten Verschlechterungen abzuwehren, sondern auch nach Lage der Sache recht ansehnliche Erfolge zu erzielen. Die Lchnerhöhungen, an der alle Kategorien und Arbeiter beteiligt sind, betragen 1 bis 1,75 M. pro Woche, meistens erfolgen diese zu zwei Terminen, daneben wurden die Sätze für Ucberstunden gc- regelt bezw. erhöht, der Zuschlag für Nacht- und Sonntagsarbeit uiv. 5 ProzMt llüd die Entschädigung für die Nachtschicht um 50 Pf. pro Woche erhöht, ferner die Vereinbarungen auf Grund des I 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches verbessert. Eine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit konnte leider nicht durchgesetzt werden, weil die Vertreter der Brauerciarbeiter großes Gewicht auf die Lohnerhöhung der niedrigst bezahlten Kategorien legen mußten. Doch wurde für die Heizer, die in Achtstundenschicht arbeiten, eine Verkürzung der Sonntagsarbeit um 6Ä Stunden oder der Wochenarbeitszeit von b8?4 auf 52 Stunden erzielt; weiter wurde auch für die Sitzkutscher (Reservekutscher) und Stalleute die tägliche Arbeitszeit um % Stunde, von 10 auf 9% Stunden, verkürzt, so daß sie in bezug auf Arbeitszeit mit den anderen Arbeitern gleichstehen. Die Kieler Brauereiarbeiter erfreuen sich einer guten und geschlossenen Organisation, deren Schlagfertig- keit die Unternehmer erkennen. Ohnedem hätten sie diese Erfolge in der gegenwärtigen Zeit nicht erzielt. Der Kampf im Holzgewerbe Rheinlanb-Westsalcns scheint in ein anderes Stadium zu treten. Wie bereits im„Vor- wärts" berichtet, hatte der Vorsitzende des Gewerbegerichts in Essen den Vorschlag gemacht, die Arbeit solle in allen Orten zu den früheren Bedingungen aufgenommen werden und erst dann sollten die Vertragsverhandlungen beginnen. Die Arbeiter lehnten dann diesen Vorschlag in allen Orten einstimmig ab, während der Ar- beitgeberbund demselben zustimmte. Am Montag wurden nun die Organisationsvertreter zum Dienstag plötzlich zu Verhandlungen über neue Verträge nach Essen berufen. Es ging also auch vor Wiederaufnahme der Arbeit. Zu den Verhandlungen selbst ist zu sagen, daß dieselben im Essener Rathaus unter Vorsitz des Bei» geordneten Rath stattfanden. Als Vertreter der Arbeiterorgani- sationen fungierten die Gauleiter des deutschen und christlichen Verbandes, sowie des Gewerkvereins, außerdem waren die Zentral- vorstände« vertreten durch Becker vom deutschen und Kurtscheid vom christlichen Verband. Ueber eine ganze Reihe Punkte des Ver- tragsmusters für Ortstarife wurde zwischen den Vertretern bald eine Einigung erzielt. Die Ortsverhandlungen für Dortmund , Gelsenkirchen , Herne und Röhlinghausen brachten dagegen ein end- gültiges Resultat nicht. Diese sollen jedoch zwischen den örtlichen Parteien fortgesetzt werden und im Anschluß daran sollen die PlenarverHandlungen in der nächsten Woche in Essen fortgesetzt werden. Ueber den Ausgang läßt sich heute noch nichts sagen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß es zum Frieden kommt.> Der Zuzug von Holzarbeitern ist von Rhein- land-Westfglen auch weitex streng fernzuhalten. Ausland. Lohnkämpfe in Schweden « Die allgemeine Aussperrung in der Baumaterial. industrie Schwedens dauert unverändert fort. Selbst solche Betriebe haben ausgesperrt, für die noch geltende Tarifverträge bestanden. Verhandlungen haben bisher zu keiner Einigung ge- führt. Die Unternehmer bestehen unter anderem darauf, daß in allen Betrieben, wo Schichtwechsel stattfindet, statt der teilweise schon bestehenden achtstündigen die zwölfstündige Arbeitsschicht ein- geführt wird, und behaupten, die Arbeiter selbst wünschten diese Schichtverlängerung, getrauten sich nur aus Furcht vor ihrer Organisationsleitung nicht darauf einzugehen. Das ist sellist- verständlich nicht wahr, aber der Schlichtungsbeamte, der in diesem Lohnkampf zu vermitteln hat, scheint daran geglaubt zu haben, und machte den Parteien den Vorschlag, die Zwölfstundenschicht bor- läufig auf zwei Jahre einzuführen und danach die Arbeiter selbst entscheiden zu lassen, ob die Achtstundenschlcht wieder eingeführt werden soll. Die Unternehmer lehnten diesen Vorschlag aber ab, mit dem die Arbeiter allerdings auch nicht einverstanden sind. Der Schlichtungsbeamte versucht nun, neue Verhandlungen zwischen den Parteien anzuknüpfen. Ueber die Aussperrung in der Konfektionsschneiderei Schwedens haben bereits in der vorigen Woche langwierige Ver- Handlungen stattgefunden. Einigung kam nicht zustande. Auch dieser Kampf dauert fort. Ein Lohnkampf der Flößereiarbeiter« itn dem über 800 Mann beteiligt sind, ist in Dalarne ausgebrochen. Polizei und Lensmann sind hier tätig, um die Interessen der großen Holz- exportgesellschaften zu schützen, und vertreiben die Ausständigen aus ihren Wohnungen. Ueber das Streikgebiet ist der Belagerungs. zustand verhängt, und gegen mehrere Arbeiter ist bereits Anklage erhoben, weil sie das Gebiet betreten haben. Die Vermittelungs- versuche des Schlichtungsbeamten sind von den Aktiengesellschaften zurückgewiesen worden, während der Sägewxrksarbeiterverband bereit ist, zu verhandeln. Letzte JVaebnebten und DepeFeben. Der Bürgermeister auf Reisen. Frankfurt a. M., 11. Juni. (B. H. ) Wie der„Kleinen Presse" aus dem Bachgau gemeldet wird, ist mit Hinterlassung einer Frau und sechs unmündigen Kindern der Bürgermeister Herkert aus Preußchen in Gesellschaft eines jungen Mannes flüchtig geworden. Von Basel aus sandte er seine Demission als Bürgermeister. Die Kretafrage. Paris , 11. Juni. (Meldung der Agence Havas.) Der Minister des Auswärtigen, Pichon, erklärte, es sei bisher keine Verständigung zwischen den Mächten bezüglich der vorläufigen Beibehaltung der Truppen auf Kreta erzielt. Die Räumung werde im Juli statt- finden, wenn kein neues Uebereinkommen auf anderer Grundlage zustande kommt._ Sicherung des englischen Besitzes. London , 11. Juni. (W. T. B.) Heute ist der am 10. März dieses Jahres in Bangkok unterzeichnete englisch -siamesische Bertrag mit dem Schriftwechsel zwischen dem englischen Gesandten in Bangkok , Paget, und dem siamesischen Minister des Aeußern, De- wawongse, veröffentlicht worden. Danach hat Paget dem Minister des Aeußern am 10. März mitgeteilt, daß Großbritannien mit Rücksicht auf die Lage seiner Besitzungen auf der malaischen Halb. insel von Siam die Zusicherung wünsche, daß es nicht gestatten werde, daß irgendeine Gefahr für die britischen Interessen durch Be- Nutzung irgendeines Testes siamesischen Gebietes auf der Halb- insel zu militärischen oder Marinezwecken seitens fremder Mächte entstehe. Deshalb werde Siam ersucht, erstens weder direkt noch indirekt irgendein Territorium südlich der südlichen Grenze des Monthourajabnri oder auf den umliegenden Inseln an eine fremde Regierung zu überlassen oder zu verpachten oder einer solchen das Recht einzuräumen, eine Kohlenstation zu errichten oder zu pachten. Ferner irgendeine Anlage oder AuSbesserungsdock dort zu bauen oder zu erwerben oder irgendeinen Hafen ausschließlich in Anspruch zu nehmen, wodurch möglicherweise britische Interessen vom strate- gischen Standpunkt aus geschädigt werden könnten. Dies beziehe sich nicht auf kleine Kohlenniederlagen, wie sie der gewöhnliche Schiffsverkehr für den Küstenhandel an der Halbinsel notwendig mache. Dewawongse antwortete an demselben Tage auf die britischen Forderungen zustimmend. Derantw. Redakteur: HauS Weber, Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagsanstaU Paul Singer& Co., Berlin S W. Hierzu 2 Beilagen«. UnterhaltungSbl«
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