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Lrotz Set Schwierigkeit Set Situation Und der bedauerlichen Spannung zwischen den verschiedenen Parteien des Hauses halte ich noch an der Hoffnung fest, daß in diesem hohen Hause Gemein- sinn und nationales und soziales Empfinden den Sieg davontragen werden über Kleinlichkeit und Parteigezänk. In dieser Hoffnung werde ich bestärkt durch die Stimmung im Lande, die frei von Engherzigkeit die große Aufgabe würdigt und früher oder später streng mit den Parteien ins Gericht gehen wird, die das große Werk schädigen oder zu Fall bringen sollten.(Lebhafte Bewegung.) Noch ein persönliches Wort: Die Zeitungen regen sich darüber auf, ob ich bleibe oder gehe.(Heiterkeit.) Ich bleibe, so lange der Kaiser meine Mitwirkung in der inneren und äußeren Politik für nützlich hält und so lange ich selbst glaube, nützlich wirken zu können. �Zch kenne kein Gebiet der inneren Politik von gleicher Wichtigkeit, wie das baldige Zustandekommen der Finanzreforin. Dieser großen Aufgabe ordne ich meine Person vollkommen unter. Wenn ich mich überzeugen sollte, daß meine Person der Sache entgegensteht oder daß ein anderer leichter zum Ziele gelangt, oder wenn sich die Verhältnisse in einer Richtung entwickeln sollten, die ich nicht mitmachen kann und will und werde, so wird es mir auch möglich sein, den Träger der Krone von der Nützlichkeit meines Itücktrittes zu überzeugen, und dann wird mein Wunsch, daß mein Nachfolger Erfolge erzielt, ebenso ehrlich sein, wie es meine Arbeit in Diensten des Landes war.(Lebhaber Beifall bei den Liberalen, große anhaltende Bewegung im ganzen.Hause.)) Reichsschatzsekretär Sydow: Die verbündeten Regierungen meinen, daß die Beschlüsse der Finanzkommission noch nicht das letzte Wort bedeuten. In bczug auf die Konsumsteuern werde» die Beschlüsse wohl nicht mehr wesent- lich geändert werden!! Anders ist es mit den Besitzsteuern. Hier hat die Kommission in der Kotierungsstener, in der llmsatzstener für Grundstücke und in der Wertzuwachssteuer einen Betrag von 142'/, Millionen Mark bewilligt, und man könnte fragen: warum greifen denn denn die Regierungen nicht zu? Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt. Und ganz sicher ist bei der Kotiernngssteuer nicht alles Gold; ihr Ertrag beruht vollständig auf Schätzung, sie wäre ein schweres Unrecht, weil sie gewisse Zweige des Wirtschafts­lebens besonders stark belastet soll sie doch auch bezahlt werden, wenn gar kein Gewinn erzielt wird. Sie würde die Kapitalbeschaffung im Jnlande erschweren. Der Gesetzgebung der letzten zehn Jahre kann man den Vorwurf nicht machen, daß sie die Interessen der Landwirtschaft nicht berücksichtige. Auch bei der Erbschaftssteuer ist das der Fall. Aber Handel und Gewerbe müssen auch zu ihrem Recht kommen und dürfen keinen dauernden Schaden erleiden. So wenig eS wünschenswert wäre, wenn Deutschland   ein reiner Industriestaat würde, so wenig dürfen wir die Quellen des Wohlstandes ver­schütten, die aus Handel und Industrie fließen. Die verbündeten Regierungen müssen es daher ablehnen, eine Steuer wie die KotierungSsteucr mit der ReichSfinanzreform zu verbinden. Dieselben Bedenken grundsätzlicher Art gelten gegen die Mtthlcnumsatzsteuer und Kohlenausfuhrstcuer. Die erstere würde als Erdrossclungssteuer für die Großmllhlen wirken und den kleinen Mühlen nichts nützen. Durch den Kohlcn- ausfnhrzoll aber würde nur erreicht werden, daß der Preis der in- ländischen Kohlen verteuert wurde, wodurch vor allein die schwere Industrie betroffen würde. Was die Wertznwachssteuer für Grundstücke anlangt, so hat die Kommission unter Zugrundelegung der höheren Gemeindesteuer schnell einen Entwurf ausgearbeitet, der die Steuer auf das ganze Reich, auf Stadt und Land ausdehnt. Die Regierung ist nicht in der Lage, so schnell zu arbeiten! Man verlangt von ihr, daß sie ihre Vorlagen begründet; eS sollen Sachverständige gehört werden. Obwohl die verbündeten Regierungen dem Gedanken einer solchen Steuer nicht völlig abgeneigt sind, sind sie doch nicht in der Lage, schon jetzt diese gesetzgeberische Regelung für daS ganze Reich vor­zunehmen. Einer solchen Regelung stehen große Schwierigkeiten gegenüber. Vor allem fragt eS sich, wie die Reichssteuer zu ver- cinbaren ist mit dem Anteil, der den Gemeinden gewährt werden soll. In Betracht kominen auch die außerordentlich schwankenden Erträge der Steuern, so daß es nicht angeht, einen festen Betrag aus' dieser Steuer in die Reichsfinanzreform ein- zusetzen. Höchstens könnte man sie benutzen für Ausgaben, bei denen man eine gewisse freie Hand hat, zum Beispiel bei der Schuldentilgung. Dir Regierungen find dereit, der Einfühning einer Reichs- wntzuwachsstcuer näherzutreten, halten eS aber für notwendig, damit noch zwei, drei Jahre zu«arte», bis die genügenden Unterlagen geschaffen find. Nach alledem bleibt eine Lücke von 140 Millionen Mark. Um diese zu decken, sind die neuen Vorlagen der Regierung eingebracht. Was die Nachlaßstener anlangt, so kommen die Regierungen über die Ueberzeugung nicht hinweg, daß es keine Steuer gibt, die in gleicher Weise alle Arten des Besitzes trifft und in gleicher Weise die Leistungsfähigkeit be- rücksichtigt. Die Regierung ,st den gegen die erste Vorlage auch von den Parteien, die an sich mit dieser Besteuerungsart einverstanden waren, erhobenen Einwänden nach Möglichkeit entgegen- gekommen. So wird jetzt die Steuer nicht von dem Nachlaß als solchen erhoben, um dem Einwand zu begegnen, als ob die Steuer dieselbe wäre, wenn der Nachlaß an eins oder an mehrere Kinder geht. Es ist ferner, um das Eindringen in die Familienverhältnisse nach Möglichkeit zu beschränken, der gesamte Mobiltarbesitz freigelassen, und eS sind die Bestimmungen verschärst worden, welche eine sichere Feststellung der der Steuer unterliegenden Nachlatzgegenstände ermöglichen. Der Haupteinivand ist der, daß die Steuer den Grundbesitz verhältnismäßig schärfer belastet alS das mobile Kapital. Je mehr ich mich mit dieser Frage befaßt habe, desto stärker ist meine Ueberzeugung geworden, daß das Gegen- teil richtig istl Von dem gesamten Vermögen von 85/', Milli- arden in Preußen kommen auf Kapitalvermögen 33 Milliarden, auf Grundvermögen einschließlich Betriebskapital 35 Milliarden, davon aber 32 Milliarde» auf die Städte und nur 13 auf das flache Land! Der Wert des Anlage- und Betriebskapitals im Handel, Gewerbe und Bergbau beträgt 12 Milliarden. Das mobile Ver- mögen beträgt also 50 Milliarden von 85 und das Grundvermögen nur 36, davon, wie gesagt, das ländliche nur 13 Milliarden.(Hört l hört! links.) Die Hauptlast wird also nicht vom platten Lande ge- tragen. Dazu kommen noch die besonderen Bestimmungen, die der Entwurf zugunsten des Grundbesitzes vorsieht. Wenn früher von den 1200 000 landwirtschaftlichen Betrieben nur 220 000 von der Nachlaßstauer betroffen wurden, so vermindert sich nach der neuen Fassung der Barlage die Zahl dieser Betriebe auf 120 bis 130 000, beträgt also nur ein Zehntel der Gesamtbetriebe I(Hört l hört l links.) Man hat der Regierung ein schreckliches Zurückweichen vor- geworfen, weil die Forderung von 100 Millionen auf 55 ermäßigt und weil die Wehrsteuer fallen gelassen ist. Aber für diese war in der bargeschlagenen Form keine Mehrheit zu haben. Die Einwände gegen die Erbanfallsteuer sind schon genügend besprochen; die ver- bnndetan Regierungen meinen nicht, daß sie den Familiensinn zer- stört, und halten sie auch nicht für eine sozialistische Maßregel. Weite Kreise der Bevölkerung sind für diese Steuer. Freilich ist die landwirtschaftliche Bevölkerung dagegen, aber diese soll doch nur 1012 von den 55 Millionen der Erbschaftssteuer aufbringen, und weil sie das nicht will, soll die andere Bevölkerung in anderen Formen mit einer Besitzsteuer belegt werden, die geradezu ruinös für die Quellen ihres Wohlstandes ist. Neben der Erbanfallsteuer schlagen die verbündeten Regierungen «wen Stempel auf die Policen der Feuerversicherung vor. Der richtige Gesichtswinkel für diese Steuer ist nicht, daß das VcrsichernngZgeschnft besteuert wird, sondern sie soll eine Steuer aus das Versicherungsobjekt sein und insofern eine Steuer ans den Besitz, der bei der Versicherung deklariert wird. Der Satz von l!t Promille ist hoch im Vergleich zur Prämie, nicht aber im Vergleich mit dem Objekt. Bei einem Hause von 300 000 M. Wert beträgt die Steuer nur 75 M., und das ist für den Besitzer sicher nicht schwer zu tragen. Im ganzen sind 200 Milliarden Mark versichert. Freilich sollen die Objekte unter 5000 M. freibleiben. Danach würde die Steuer aber immerhin 35 Millionen Mark einbringen. 55 Millionen soll die Erbschaftssteuer bringen und 10 Millionen sollen aus dem Effcktenstompel aufgebracht werden. Das wären zusammen 100 Millionen. Zu dem Stempel für den Umsatz in Grundstücken will ich nur kurz bemerken, daß er von dem Vorschlag der Kom- Mission abweicht, da er etwas niedriger gehalten ist und eine Grenze für die Steuerfreiheit Vorsicht. �/, der Grundstückswcrte entfallen auf die Städte und nur 2i-, auf das Land. Zudem ist der Besitz- Wechsel in den Städten häufiger als auf dem Lande. Ueber den Wechselstemprl braucht prinzipiell gar nicht mehr gesprochen zu werden; der normale Wechsel läuft nicht länger als drei Monate, wird also von dem Vorschlag der Regierung nicht getroffen. Einen Wechselstempel, wie wir ihn vorschlagen, haben z. B. Italien und Ungarn  . Den Scheckstenipcl haben wir borgeschlagen, nachdem Sie eine Reihe anderer Vorlagen von uns abgelehnt haben; wir wollen damit die Lücke ausfüllen. Wir sind überzeugt, daß der legitime Scheckverkehr dadurch nicht geschädigt wird. Fast alle anderen Staaten haben einen svlchen Schcckstempel, und der Verkehr kann ihn ohne Schaden tragen, d. h. ohne daß ein übermäßiger Barverkehr an Stelle des Scheckverkehrs treten wird. Auch der Herr Reichsbankpräsident teilt diese Ansicht. Alle diese Steuern, mit Ausnahme der Erbschaftssteuer, unter- liegen erheblichen Einwendungen. Was wir in erster Linie für richtig gehalten haben, haben wir Ende vorigen JahreS vorgeschlagen. Wir meinen aber, daß die hier vorgeschlagenen Stenern kein Gewerbe wesentlich schädigen werden. Unbequem sind sie natürlich, aber wir stehen vor der Frage, ob wir an Stelle dieser Steuern etwas Besseres haben. Alle Parteien sind überzeugt, daß der angeforderte Betrag notwendig ist, und alle haben auch den ernsthaften Willen, zum Ziele zu kommen. Dann wird und muß es auch gelingen. Mg. Bassermann(natl.): Der Herr Reichskanzler hat uns heute ein klares Programm entwickelt. Die Befürchtung, als wenn zunächst die indirekten Stenern erledigt werden sollten, ist durch ihn beseitigt. Es ist sehr dankenswert, daß er uns und dem Lande endlich Klarheit gegeben hat und daß damit die Regierung aus ihrer sozusagen börsenmäßigen Verfassung beute stau, morgen fest usw.(Heiterkeit) herausgekommen ist. Der Herr Reichs- kanzler hat die Mitwirkung der liberalen Parteien als wünschens­wert bezeichnet. DaS ist sehr erfreulich und bei der gesamten politischen Sachlage wohl selbstverständlich. Die nationalliberale Partei ist natürlich bereit, die ReichSfinanzreform mit zu erledigen, aber die Reform muß in ihrem Endresultat so gestaltet sein, daß sie für die liberalen Anschauungen annehmbar ist, daß sie den sozialen GesichtSpunlten und der Gerechtigkeit entspricht. (Sehr richtig I bei den Nationalliberalen. Lachen rechts.) Der Herr Reichskanzler hat dann von einem doktrinären Zug gesprochen, der vielfach durch die Liberalen gehe. Ich glaube, daß dieser Vorwurf der nationalliberalen Partei gegenüber nicht erhoben werden kann. (Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten. Heiterkeit.) Wir haben uns von Anfang an auf den Standpunkt gestellt, daß man im politischen Leben nur weiter kommt durch politische Kompromisse(Sehr richtig I rechts) und nicht durch doktrinäres Festhalten(Abg. Dr. Arendt: An der Erbschaftssteuer! Große Heiterkeit rechts.) an seinen Forderungen. So sind wir auch bei der Finanzreform von vornherein zu Konzessionen bereit gewesen. DaS Ausscheiden meiner Freunde auS der Kommission, auf welches der Reichskanzler anspielte, war geboten durch daS geschäftsordnungs« widrige Verhalten der Mehrheit der Kommission und dadurch, daß»hr Vorgehen auch mit den Beschlüssen deS Seniorenkonvents in Widerspruch stand, wozu noch die bei der Sachlage für uns sehr befremdliche Tatsache kam, daß der Herr Reichsschatzsekretär sein Material den Herren der Mehrheit der Kommission zur Verfügung gestellt hatte. Das Vorgehen meiner Freunde hat auch die einmütige Billigimg meiner Fraktion gefunden. WaS die neuen Steuern aiflangt, so sind wir mit dem Prinzip der Erbschaftssteuer ein- verstanden. Diese Steuer ist ja ein Streitobjekt deS politischen Kampfes geworden, und dabei ist mancher sachliche GefichtSpnnkt in den Hintergrund getreten.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen.) Zweifellos ist die Erbschaftssteuer in weiten Kreisen volkstümlich geworden: auch in der konservativen Presse finden sich viele Stimmen von Anhängern dieser Steuer. Im bayrischen Finanzausschuß soll sich auch ein hervorragendes Mitglied der Zentrumspartei  für den Gedanken der Deszendentenstener ausgesprochen haben, und ich sollte meinen, daß auch in den Kreisen der dem Zentrum an- gehörenden Arbeiter der Gedanke der Erbschaftssteuer populär sein müßte.(Abg. Hue: Ist er auch!) Uebrigens hat sich auch Herr Gröber früher entschieden für eine solche Steuer ausgesprochen. (Hört! hörtl links.) Wir sind mit der Form, in der dre Steuer jetzt vorgelegt wird, einverstanden, und ich kann erklären, daß die nationalliberale Partei geschlossen für diese Steuer stimmen wird.(Bravo l links.) Verkehrsfeindliche Politik ist eine antisoziale Politik, die sich gegen alle Konsumenten und Arbeiter richtet, und das ist unerträglich für eine Weltmacht. Wir brauchen ein starkes Heer und eine starke Flotte, und wir brauchen Mittel für weitere soziale Reformen. Wir stehen auch heute nicht vor der letzten Finanzreform(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten); deshalb müssen wir unser Wirtschaftsleben entwickeln und nicht ertöten.(Lebhafte Zustimmung links.) Nur zur allgemeinen Politik will ich noch einige Bemerkungen machen: Man hat nnZ vor­geworfen, daß wir prinzipiell Vorschläge des Zentrums ablehnen, weil sie vom Zentrum kommen. S,e wissen alle, daß wir seit Jahren auf dem sozialen Gebiete zusammenarbeiten; kein Mensch hat je daran gedacht, Antrüge des Zentrums aus anderen als sachlichen Gründen abzulehnen.(Sehr wahr! bei den Nationalliberalen.) WaS wir nicht wollen, ist, daß das Zentrum wieder in die überragende Stellung einrückt und dem Reichstag  seinen Willen aufdrückt, wie es früher der Fall war.(Lebhafte Zu- siimmung bei den Liberalen.) Wir muffen eS als politische Kurzsichtigkeit bezeichnen, wenn man diese Gelegenheit benutzt, um dem Zentrum zu seiner früheren Machtstellung zu verhelfen.(Sehr richtig I bei den Nationalliberalen.) Wenn daS Zentrum wieder in die Lage kommt, eine Politik zu machen wie früher heute mit Links, morgen mit Rechts, wenn das Zentrum dann vielleicht bei den sozialen Reformen eine Politik macht, die den Konservativen unbequem ist(Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten), dann werden die Konservativen bedauern, diese Wege gegangen zu sein. SS scheint, daß für die Stellungnahme der Konservativen politische Gesichtspunkte maßgebend sind, die sich mif der Linie des preußischen Wahlrechts befinden. Aber eine Wahlreform, die unbedingt notwendig ist, können Sie schließlich doch nicht aufhalten, die kommt mit Not- wendigkeit.(Sehr richtig I links.) Abwarte nl rechts.) Der Bund zwischen Industrie und Landwirtschaft, der in dem Rufe nach Schutz der nationalen Arbeit gipfelte, hat sich durch weite Jahre als ersprießlich erwiesen. Heute ist durch Ihre(nach rechts) Tätigkeit dieser Bund zerrissen, und die Industrie ist in eine Kampfstellung gedrängt.(Sehr wahr! bei den Liberalen.) Die nationalliberale Partei hat der Landwirtschaft gern geholfen, aber wir find nicht in der Lage, Steuerprivilegien für den Großgrundbesitz zu bewilligen.(Lebhafte Zustimmung bei den Liberalen.) Wir sind für die agrarischen Zölle eingetreten, weil wir nicht wollten, daß ein Glied im Erwerbsleben Not leide, aber die agrarischen Kreise müssen einsehen, daß es damit sein Bewenden haben muß und man nun nicht andere Kreise Not leiden lassen darf. Ein zweiter Grund ist, daß wir in dieser vorgeschlagenen Steuerpolitik eine Mittelstands- feindliche Politik erkennen(Lachen rechts), eine Politik, welche die Konzentration zum Großbetrieb fördert und die Lasten auf den Mittelstand abwälzt.(Sehr richtig! bei den Liberalen.) Weiter wird durch diese Politik der Gegensatz zwischen Stadt und Land in einer Weise großgezogen, wie es bisher vermieden wurde.(Lebhafte Zustimmung bei den Liberalen.) DaS zeigt doch, daß im Hansabund der Kampftns von Handel und Industrie, vom Handwerk, dem Mittel« stand und den Beamten erschallt. Wir sind unS doch alle bewußt, wie stark die Sozialdemokratie ist, die ja in den Blockwahlen eine erhebliche Niederlage erlitten hat. wenn ich auch gerecht genug bin, zuzugeben, daß ihre Stimmenzahl nicht zurückgegangen ist. Das ist aber ein Beweis, daß wir nicht rasten und rosten dürfen. Glauben Sie(nach rechts), daß dieser Kampf gegen die Sozialdemokratie erleichert wird, wenn hier eine Gesetzgebung ins Leben gerufen wird, die den weitaus größten Teil der Lasten auch über den bei objektiver Betrachtung notwendigen Teil hinaus auf die Schultern der ärmeren Volksklassen legt? Sie werden nicht leugnen können, daß der Organisationsgedanke in den Arbeiterkreisen außerhalb der Sozialdemokratie ständig im Wachsen ist. Diesen Umbildungs- und Gesundnngsprozeß gefährden Sie durch eine ungerechte Steuer- Politik. Noch ein Wort über die Stimmung der öffentlichen Meinung.(Lachen rechts.) lieber die Erregung, die im Volke herrscht, kommen Sie mit keinem Lachen hinweg. Die Kundgebung im ZirkuS Schumann kann man nicht durch Spott und Hohn aus der Welt schaffen. Sie liegt nicht darin, daß sich 6000 Menschen dort zusammengefunden haben, sondern darin, daß die Kapitäne der deutschen Industrie(Stürmische Rufe rechts: K i r d o r f!) sich zusammengetan haben mit den Koryphäen der Banken, des Handels und der Industrie. Freihändler und Schutz- zöllner finden Sie dort im Verein, Vertreter des großen und des kleinen Kapitals, des Mittelstandes und der Beamten.(Lachen rechts.) Wie hoch muß die Flut des Unwillens im Volke gestiegen sein, wenn sich diese doch reichlich heterogenen Elemente in ein e r Organisation zusammenfinden, weil die LebenSinteressen der Industrie und deS Wirtschaftslebens bedroht sind I(Sehr wahr I links.) Unterschätzen Sie diese Organisation nicht, denken Sie daran, wie auch die Arbeitgcberorganffationen aus kleinen Anfängen, verspottet und verlacht, zu einem großen Machtfaktor geworden sind. ES ist doch eine auffallende Tatsache, daß Vertreter der größten deutschen  Industrien hier gemeinsam gehen mit Vertretern des Handwerks und der kleinen Gewerbetreibenden.(Lachen rechts.) Der reichste Kapitalist, der mit Jndustriewerten nichts zu tun haben will, weil er sie nicht für sicher genug hält, sondern sein Geld in Staats« papieren und Konsols anlegt, zahlt bei der von der KommissionS- Mehrheit akzeptierten Besitzsteuer keinen roten Heller l(Hört I hört I links.) Ebensowenig der Kapitalist, der seinen Geschäftsverkehr ins Ausland legt. Und nun verlangen Sie. daß die verbündeten Re« gierungcn sich diesem Werke der konservativ-klerikal-polnischen Mehr- heit fügen I(Gr. Unruhe rechts und im Zentrum. Sehr gut I links.) Das würde ohne weiteres zur Parlamentsherrschast führen.(Stür- misches Gelächter und Aha-Rufe rechts.) Die Regierung hat die Pflicht, die Vorlagen sachlich zu prüfen, und wenn sie sie für Volks« wirtschaftlich verderblich hält, darf sie sie nicht nur deshalb an- nehmen, weil sich eine Mehrheit im Reichstag dafür gefunden hat, sondern sie bat sie abzulehnen und die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Sie wird siege», wenn sie es nur will. Wen» nicht anders, so mag fie zu Neuwahlen schreite«, waS ich persönlich für durchaus richtig halten würde.(Große Un« ruhe rechts, stürmischer Beifall links, Bewegung.) Vielleicht würden die Wahlen der Sozialdemokratie gewisse Erfolge bringen, aber man soll diese Erfolge mcht überschätzen, Sie müssen damit rechnen, daß bei einer solchen Wahlbewegung die Regierung einig gehen würde mit dem ganzen liberalen Bürgertum.(Gelächter rechts.) Sie müffen doch auch über das Jahr 1S09 hinausschauen. Wenn 1911 gewählt wird und eS haben sich in der Zwischenzeit die Folgen einer ungerechten, verkehrsfeindlichen Finanzreform deutlich offenbart, so wird die allgemeine Unzufriedenheit so groß geworden sein, daß dann die Wahlen der Sozialdemokratie ganz andere Er- folge bringen können.(Lachen rechts.) Kann die Regierung sich unter das Joch einer Reform beugen, die in ihrem Endresultat dazu führen muh. die Chancen der Sozialdemokratie wieder zu mehren? Sobald diese Frage gestellt ist, ist sie ohne weiteres verneint. Nach dieser Richtung hin begrüße ich die heutigen Ausführungen des Herrn Reichskanzlers, der wiederholt von der allgemeinen Heranziehung des Besitzes gesprochen hat. Unter diesem Gesichtspunkte sind wir überzeugt, daß die Regierung bei ihrem Programm fest bleiben wird und muß. Dem Blockgedanken, von dem der Reichskanzler sprach, stimmen meine Freunde zu. Dieser Gedanke hat sich als gesund erwiesen.(Lachen rechts.) Er hat auch eine gute erzieherische Wirkung aus daS Zentrum gehabt.(Lachen im Zentrum.) Die Blockpolitik hat in vielen deutschen  Herzen großen Jubel ausgelöst.(Stürm. Gelächter bei den Soz.) Ihre Verwirklichung wird ein Ruhmesblatt in der Geschichte der Bülow« schen Politik bleiben. Daher bin ich überzeugt, daß der Herr Reichs» kanzler nicht selbst diesen Ruhm zerstören wird und daß er einer Finanzreforin nicht die Zustimmung geben wird, die dem Liberalismus ins Gesicht schlägt.(Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen und Freisinnigen.) Hierauf vertagt daS HauS die Weiterberatung auf Donnerstag 1 Uhr. Schluß 5'/. Uhr._ Sechster ordentlicher GenoMchaftstag. Vom 14. bis 16. dieses Monats wurde in Mainz   der sechste ordentliche Gcnossenschaftstag des Zentralverbandcs deutscher Konsumvereine abgehalten. Anwesend waren etwa 500 Genossen- schaftSvertreter und eine sehr große Zahl von Gästen. Die General- kommission der Gewerkschaften Deutschlands   hatte Bauer- Berlin delegiert; auch Vertreter der Bäcker, Handlungsgehilfen, Lager. Halter, Tabakarbeiter und Transportarbeiter nahmen an der Tagung teil. Im Anschluß an den Bericht deS Generalsekretärs Kau fm a n n-Hamburg über die EntWickelung des Zentralver- bände» deutscher Konsumvereine verbreitete sich Redner über die Verlagsanstalt des Zentralverbandes. Der Vor- stand und Ausschuß habe untersucht, ob eS nicht notwendig sei, der Verlagsanstalt eine andere Form zu geben, aus ihr eine Zentralgcnossenschaft zu machen, um dadurch dem Ideal, Produk- tion für den organisierten Konsum, näher zu kommen. Der Vor- stand halte aber diese Pläne noch für verfrüht. Dann begründete Redner folgende Resolution: Der sechste ordentliche Gcnossensch-ffistag deS Zenlralver- bandes deutscher Konsumvereine am 14. bis 16. Juni 1909 in Mainz   bedauert, daß die preußische Zentralgenossenschaftskasse die Herausgabe des Jahr- und Adreßbuches der deutschen   Erwerbs- und Wirt- schaftsgenossenschaften eingestellt hat. Damit ist die wichtigste Grundlage für die jährliche statistische Uebersicht über den Stand und die EntWickelung der gesamten deutschen   Genossen- schaftsbewegung weggefallen. Die von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung der Genossen- schaftsbewegung für die gesamte Volkswirtschaft läßt es wünschenswert erscheinen, daß in Deutschland   ebenso wie in anderen Kulturländern, z. B. England und Frankreich  , staat- lich der Stand der gesamten Genoyenschaftsbewegung durch eine offizielle Statistik alljährlich erfaßt und bekanntgegeben wird. Der Genossenschaftstag richtet daher an die deutsche Reichsiegieruvg und den Deutschen Reichstag die ergebene