Vichtigen Abschreiben.(Sehr gut? und stürmische Heiterkeitund Zustimmung links.) Wir beneiden Sie nicht um Ihre positivenLeistungen.(Stürmische Zustimmung links.) Nicht der dritte Teilder Mehrheit kennt die Materie, die sie gesetzlich zu regeln sich an-schickt.(Toben rechts. Man hört Rufe wie:„IXnerhörtl*„ U n v e r s ch ä m t I') Man kann dazu nur sagen':.Herr vergiebihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!"Vizepräsident Paasche bittet das Haus und die einzelnen Rednerum Mäsiigung.Abg. Cniio(frs. Vp.) weist unter dem Toben der Mehrheit nach,das; die Vorschläge der Kommission und die neuen Abänderungs-antrage geradezu sinnlose Auslassungsfehler aufweisen!Abg. Dr. Rosicke(k.): Die positiven Leistungen der Linkenhaben darin bestanden, das; sie sieben Monate unrätig der Kom-missionSarbeit zusah.(Lebhaftes Bravo! bei der Mehrheit.) Indemdie Minderheit das Werk der Mehrheit herabsetzt, verstößt sie gegendie Grundauffassung des Parlamentarismus, gegen das Mehrheits-Prinzip.(Schallende, minutenlange Heiterkeit links.)Abg. i5uno(fcs. Vp.) beantragt Zurückverweisung andie Kommission.(Lärm rechts.)Der Antrag wird gegen die Stimmen der Freisinnigen undSozialdemokraten abgelehnt.s 4 wird angenommen, desgleichen§ 5 und§ 6,Bei§?befürwortetGraf Westarp(k.) einen Antrag. UeberlastungSverträge zwischenEltern und Kindern, sofern dadurch land- oder forstwirtschaftlich odergewerblich benutzte Grundstücke zur Fortsetzung dieser Nutzung über-tragen werden, von der Steuer frei zu lassen.Abg. Cuno(frs. Vp.): Auch bei dieser.Besitzsteuer" wollen Siealso wieder den„Besitz" schonen lAbg. Graf Westarp<k.): Der Uebergang des Besitzes von denEltern auf die Kinder darf doch nicht von der Wertzuwachssteuergetroffen werden, sondern von der Erbschaftssteuer!(SchallendeHeiterkeit links.)Abg. Dr. Siidckum(Soz): Die Herren, welche diesen Anträgenzustimmen, lehnen ja gerade die Erbschaftssteuer ab! Weiter wollenSie auch in diesem Gesetz alle ländlichen Grundstücke erheblich bevor-zugen. Für unsere Agrarier ist eben ein Gesetz nur annehmbar, wennfür sie irgendein Vorteil herausspringt. Mit großer Virtuosität istdas auch in dieses Gesetz hineingebracht.(Sehr richtig! links.)Damit schließt die Diskussion; 8? wird mit dem AntragWestarp angenommen.§ 7a enthält dieBefreiungen von der Steuer, u. a. für die Kirchen.Abg. Cuno(frs. Vp.): Warum Kirchen, welche Grundstücke mitgroßem Gewinn verkaufen, von der Steuer freibleiben sollen, istabsolut nicht einzusehen.Abg. Graf Westarp(k.): Der Zweck der Kirche rechtfertigt ihreBefreiung von der Steuer.(Lebhafte Zustimmung im Zentrum.)s 7a wird angenommeu.8«macht die Veräußerer solidarisch für die Steuersumme haftbar.Abg. Cuno(frs. Vp.): Dieser Paragraph kennzeichnet rechtdeutlich das Wort des Abg. Rösicke in der Kommission:.Wir»vollen etwas zustande bringen, wie. ist uns ganz egal".(Stürmische Heiterkeit links.) Wenn jemand bei der Veräußerungeines Grundstückes einen Gewinn von 20 000 M. gemacht hat undnun auf die folgenden Verkäufe auch nicht mehr den allergeringstenEinfluß hat, soll er auch später noch, unter Umständen für 25 000 M.Wertzuwachssteuer haften I(Große Heiterkeit links.)g 8 wird angenommen; die übrigen Paragraphen beSArtikels III, der die Ueberfchrift erhält.Wertzuwachs st euer"werden debattcloS angenommen.Darauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung: Donnerstag2 Uhr.Zweite Lesnng deS Erbschaftssteuergesetzes.Schluß Va6 Uhr._Mgeoränetenbaus.S8. Sitzung. Mittwoch, den 23. Juni, vormittags11 Uhr.Am Ministertisch: Niemand!Präsident v. Kröcher eröffnet die Sitzung.Ein Antrag Graf v. d. Recke(k.) verlangt Heranziehungder Stadt, und Landgemeinden mit ihrem Einkommen aus den imeigenen Bezirk belegenen Grundbesitz zu den Kreisabgaben. DieGemeindekommission beantragt, die Regierung zu ersuchen, durcheine Gesetzesvorlage die Benachteiligungen zu beseitigen, die sichaus dem Prinzip der Kontingentierung im KrciSabgabengesetz er-geben haben.Der Kommissionsantrag wird angenommenDer Gesetzentwurf betreffend die Erhebung von Beiträgen fürdie gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen wirdin dritter Beratung angenommen.Es folgt der Bericht der GeschäftSordnungSkommisston überdas Ersuchen des UntersuchungskommissarS bei der Regierung inBreslau um Erteilung einer Abschrift bezw. Uebersendung einerPetition des Polizeisekretärs Arndt-Breslau. Die Petition datiertvom Oktobw: 1S08 und bezieht sich auf die Anrechnung der Eisen-bahndiätarzeit auf das Besoldungsdienstalter und ersucht umEinstellung des Disziplinarverfahrens. Die GefchäftSordnungS-kommifsio» ist zu dein Beschluß gekommen, dab gegen die Heraus-gäbe der Petition keine Bedenken bestehen!Die Sozialdemokraten beantragen, die Herausgabe zu der-Weigern.Abg. Traeger(frs. Vp.): Ich habe dem Kommissionsantragzugestimmt, möchte aber nicht, daß aus diesem Falle ein Präze-denzfall geschaffen wird. Das Petitionsrecht muß gewahrt werden,und das Haus muß von Fall zu Fall entscheiden können, ob es einePetition herausgeben will oder nicht.Abg. Leinert(Soz.):Es handelt sich hier um den Versuch einer Behörde, staats-bürgerliche Rechte zu beschränken. Dem müssen wir entgegentretenund jeden Versuch, der dahin führt, solche Rechte zu erschüttern,bekämpfen. In der Kommission ist die Frage, ob die Petitionherausgegeben werden soll oder nicht, eingehend erörtert worden.Es handelt sich hier nicht um das Ersuchen einer Behörde an eineandere Behörde. Das Abgeordnetenhaus ist keine Behörde, oderdie Frage ist wenigstens noch zweifelhaft. In allen zweifelhaftenFällen aber tut man besser, wenn man Rechte besitzt, auf diesenRechten zu bestehen, als sie ohne weiterese aus der Hand zu geben.(Sehr richtig! links.) DaS Petitions recht darf nach keiner Richtunghin zerstört werden. Das würde aber geschehen, wenn wir diePetition herausgeben. Das Petitnonsrecht der Beamten ist ohne-hin schon durch die oberen Behörden ganz wesentlich eingeschränkt.Die Beamten dürfen kein« Kollektibeingaben an die Parlamente».nachen. Wenn schon eine solche Verkümmerung eines wichtigenRechts vorliegt, dann dürfen»vir der Regierung auf diesem Wegenicht folgen.(Sehr richtig! links.) Wir würden das Petitionsrechther Beamten überhaupt preisgeben, und wir würden das Vertrauen verlieren, das ein Parlament besitzen muß. Die Bercch-tigung, die Herausgabe der Petition zu verweigern, hat niemandbisher bestreiten tonnen. Ich glaube, das Abgeordnetenhauswürde sich seiner Würde mehr bewußt sein, wenn es ruhig ZwangS-mittel, die der Untersuchungskommissar in Breslau in Händenzu haben glaubt, gegeu sich ergehen lassen würde. Außerdem liegtdie Sache in diesem prinzipiellen Falle doch so, daß die Disziplinar-aintersuchung gegen den Mann eingeleitet werden soll auf Grundder Mitteilungen, die er in der Petition gemacht hat. Der Mannhat sich an uns gewendet, um Schutz gegSn vermeintlich« Unbillzu finden. Es verletzt unser Rechtsgefühl,»oenn wir diesen Mann,der schutzsüchend zu UM wlmmen ist, jeioeo Leisolgeia aufrliefern. Das machen wir nicht mit. Wir wissen auch gar nicht,zu»velchem Ziveck der Untersuchungskommissar die Petition eigent-lich haben will, wenigstens hat er es uns nicht gesagt. Hütenwir uns vor dem ersten Schritt auf einer abschüssigen Bahn, wirwissen sonst nicht, wohin wir kominen.Abg. v. Brandenstein{!.): Das Strafgesetzbuch schreibt vor:wer einen Gegenstand, der für eine Untersuchung von Belang ist,in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, diesen herauszugeben. Es gibtkeine gesetzliche Bestimmung, die das Abgeordnetenhaus von dieserallgemeinen Verpflichtung entbindet.Abg. Dr. Wagner(frk.): So klar, wie der Vorredner es hinstellt«, liegt die Frage nicht. Sie ist im Gegenteil durchaus strittig.Man mutz alles vermeiden, was das Ansehen des Parlamentsherabdrücken könnte, und das kommt doch hierin Frage. Darumbitte ich Um Ablehnung des Antrages der Kommission.Der Antrag der Geschäftsordnungskommission wird a n g e»n o m>n e n.Es folgt dieBeratung de? Antrages der Abgg. Borgmann(Soz.) undTraeger(frs. Vp.)auf Abänderung des Artikels 84 der Verfassung(Unterbrechung des Strafvollzuges bei der Wahl zumAbgeordneten).Die Kommission beantragt, die Anträge abzulehnen.Abg. Roeren(Z.): Unsere Fraktion hat stets den Standpunkteingenommen, daß die Ausübung des Mandats durch den Straf.Vollzug nicht verhindert werden soll. Daher stimmen wir für dieAnträge.Abg. BolSly(natl.): Wird ein Abgeordneter bestraft, nachdemer gewählt ist, so sind wir gar nicht in der Lage, zu prüfen, obnach dieser Bestrafung die Wähler noch den Bestraften habenwollen. Es ist dann Sache des Bestraften, sein Mandat nieder-zulegen und die Wähler zu fragen, ob sie ihn noch weiter haben»vollen. Aenderungen der Verfassung sollten nur aus den aller-dringendsten Gründen vorgenommen werden. Daß hier einedringende Veranlassung vorliegt, können wir nicht anerkennen undwerden daher dagegen stimmen.Abg. Biereck(fk.): Auch wir sehen nicht ein, daß ein Anlaßvorliegt, die Verfassung zu ändern, und stimmen dem Kommissions-antrage zu.Abg.Traeger(frs. Vp.) befürwortet kurz den Antrag, bleibtaber auf der Tribüne unverständlich.Abg. Liebknecht(Soz.):Wir würden kein Wort in dieser Angelegenheit verlieren,»oenn eS sich dabei nur um eine persönliche Sache der in diesesHauS gewählten Sozialdemokraten handelte. Wir sind' grundsätz-lich gegen die Privilegien. Es handelt sich für uns daruin, daß derLandtag als eine gesetzgebende Körperschaft im Interesse der ge-samten Bevölkerung, von der cr— in Preußen allerdings miteiner gewissen erheblichen Einschränkung— gewählt worden ist,auch vollständig versammelt ist. Ich stehe daher dieser Angelegen-heit, obwohl sie in gewissem Sinne mit dem Etikett meines Namensversehen ist, vollkommen unpersönlich gegenüber. In allenLändern, die man gewohnt ist als Kulturländer zu bezeichnen—wenn man von Deutschland als einem Kulturlande spricht, pflegtman mit Recht etwas mit den Augen zu zwinkern(Heiterkeit)—,ist bereits der Brauch vorhanden, der unserem Antrage entspricht.Das Material, das mein Freund Hirsch, der jetzt verflossene Land-tagsabgeordnete, aus dem Auslande vorgetragen hat, ist vollkommenbeloeiSrräftig. Die frühere Behauptung ist auch nicht wiederholtworden, daß Preußen sich dadurch in einem Gegensatz zu dem ge-samten Auslände befindet. Die juristischen Einwendungen gegen-über unserem Antrabe und dem Antrage Traeger sind durchausunhaltbar. ES ist ein etwas absonderlicher Einwand gegenüberunserem Antrage gemacht worden. ES ist gesagt worden: waShier verlangt werde, sei ein Aufschub der Strafvollstreckung; diesesei Sache der Begnadigung, infolgedessen werde hier in die Be-gnadigung eingegriffen!— Zunächst trifft das nicht zu. Wer inder praktischen Jurisprudenz steckt, der weiß genau, daß die Straf-Vollstreckung ein Akt der Justizadministrativbehörde ist. Wer istals Anwalt noch nicht in die Lage gekommen, beim StaatsanwaltAnträge zu stellen, die Strafvollstreckung auf einige Zeit auS-zusetzen? Wie häufig geschieht das durch ein einziges Wort, dasman mit dem Staatsanwalt spricht. Solche Fälle wird keinMensch unter die Begnadigungen rechnen. Ich gebe gern zu, esläßt sich der Strafaufschub auch als Begnadigung konstruieren.Die Begnadigung kann sich auf alles erstrecken, auch auf jeden Teilder Strafvollstreckung, und kann unstreitig auch im Sinne einerBefristung ausgeübt werden. Es handelt sich aber darum, ob jedeStrafaussetzung als solche als ein Akt der Begnadigung zu be-trachten ist. Davon kann keine Rede sein. Genau so gut, wie wirin der Lage sind, Strafgesetzpara�raphen anzunehmen und damitdie Möglichkeit, in Fällen derartiger Delikte das Begnadigungsrecht auszuüben, dem Monarchen nehmen, genau so gut ist esmöglich, daß durch eine Bestimmung in bezug auf die Straf-Vollstreckung Maßregeln ergriffen werden, die der Möglichkeit vor»beugen, daß der Monarch in der Beziehung von seinem Begnadi-gungSrecht Gebrauch zu machen, Veranlassung hat. Man kanndarüber gar nicht diskukteren. Eö ist eine juristisch ganz klareFrage.Eine andere Frage ist es nun. und zwar eine Frage, diezweifellos ein größeres Gewicht besitzt: ob etwa in die Kompetenzder Reichsgesetzgebung eingegriffen wird. In bezug hierauf—das gebe ich gern zu— kann man verschiedener Meinung sein.Ich stehe auf dem Standpunkt, den der Referent in der Kom.Mission eingenommen hat. Ich will diesen Standpunkt nicht deSnäheren auseinandersetzen, aber nehmen wir selbst an, wir kolli-dieren mit der Reichsverfassung. Bedeutet denn das, daß wir nun-mehr stillzuhalten hätten, bis etwa von feiten des Meiches Hilfekommt? Davon kann keine Rede sein. Es muß möglich sein, daßin solchen Fällen, Ivo es das Interesse des einzelnen Staates der-langt, daß eine Abänderung des Reichsgesetzes stattfindet, nunauch von den Einzelstaaten dt« Initiative ergriffen wird. Wir»verden heute vielleicht noch zu verhandeln haben eine Petition,in der ein Eingriff Preußens in die Reichsverfassung verlangt,zum mindesten die Regierung ersucht wird, für ein abgeändertesReichstagswahlrecht zu sorgen. Ganz im allgemeinen wird mandiesem Hause nicht den Vorwurf machen können, daß es sich immergar zu ängstlich an die Kompetenzen gebunden und nicht gelegent-lich eine Exkursion auf das Gebiet der Reichsgesetzgebung unter-nommen hätte. Im Gegenteil, die Herren halten das traditionellfür ihr gutes Recht. Wie aber die Rechtslage sein mag, so ist daspreußische Gesetz, wenn es mit dem Reichsgesetz kollidiert, demReiche gegenüber sowieso nicht bindend. Wenn das Gesetz inPreußen angenommen wird, so wird versucht werden müssen, imReiche diese Auffassung der Rechtslage durchzudrücken. Das istdie Methode, die anwendbar und durchaus einwandfrei ist. Imübrigen darf ich wohl nicht mit Unrecht die vorgetragenen juristi-schen Bedenren nur als Staffage betrachten, die nur eine Kulissesind, während es sich in Wahrheit um die Abneigung der Herrengegenüber der politischen Wirkung des Antrages handelt. ESsind ZeckmäßrgkeitSgründe— wir wollen uns doch keinX für ein U vormachen lassen—, die die Stellungnahme der Herrentn der Kommission veranlaßt haben.Dann möchte ich noch auf eins hinweisen: Ein Eingriff ick dieStrafverfolgung fft meines Erachtens viel gefährlicher als einEingriff in die Strafvollstreckung. Bei dem elfteren besteht diegroße Gefahr der Verdunkelung beS Tatbestandes, die Gefahr derVerjährung usw. All das trifft bei einer Aufschiebung der Straf-Vollstreckung nicht zu. Die Strafverfolgung ist immerhin unterGarantie des bis zu einem gewissen Grade unabhängigen Richter»standes gestellt, die Strafvollstreckung unterliegt keinerlei Garantie.Man ist dabei durchaus der Willkür der Verivaltungsbehörde aus-gesetzt.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Dir Staats-anwaltschaft hat es in der Hand, ohne daß eS besonders auffällt.gegenüber mißliebige» Abgeordnete» die Strafvollstreckung aujeinige Monate hinauszuschieben und sie dann einzusperren, Kenndas hohe Haus zusammentritt!(Sehr wahr! bei den Sozialdemc-kraten.) Es kann ja kommen, daß die Verfolgungen in Preußenauch einmal zahlreicher werden und sogar die preußischen Ge-fängnisse zur Unterbringung aller politischen Sträflinge nicht aus-reichen.(Heiterkeit.) Aehnlich wie jetzt in Rußland.Man hat weiter gemeint, daß eine Nachprüfung zulässigist. Tatsächlich aber liegen doch die Urteile und die Akten vor, undes wird leicht sein, im Einzelfalle zu entscheiden, ob der Betreffendevom hohen Hause als lvürdig zu betrachten ist. Man hat gesagt.es könnten ja auch schließlich Totschläger und politische Verbrecherbei Annahme unseres Antrages in das hohe Haus eintreten. Derbetreffende Redner hatdie politischen Verbrecher noch unter die Totschläger gestellt,als eine noch niedrigere Kategorie.(Sehr gutl bei den Sozial-demokraten.) In bezug auf die Würdigkeit der politischen Per-Brecher lassen wir uns in keine Diskussion ein; darüber haben wirunsere eigene Ansicht, und wir sind stolz darauf, zur Rechten diesesHauses dabei den striktesten Gegensatz zu bilden. ES handelt sichhier in der Tat um eine sehr wichtige Verfassungsänderung. Essind die besten Traditionen der Parlamentarismus, die Traditionender ältesten und bewährtesten parlamentarischen Staaten, die zubefolgen wir Ihnen anraten. Wir erleben hier heute zum zweitenMale ein sonderbares Schauspiel: ein Parlament, daS nicht einmalden Wunsch hat, seine eigenen Rechte zu erweitern und daS nochstolz darauf ist, kein Bedürfnis zur Erweiterung feiner bisherigenRechte zu habe». Ich glaube, das kommt, außer im preußischenAbgeordnetenhause, höchstens noch im deutschen Reichstag vor, dergegenwärtig ja als ein kastriertes Parlament bezeichnetwerden kann.(Heiterkeit.)Bestimmend für Ihr Verhalten unserem Antrage gegenübersind offenbar zwei Gründe, die sehr charakteristisch sind für das hoheHaus. Einmal die Tatsache, daß die Herren von den maßgebendenParteien gegenwärtig kaum in die Lage kommen werden. Objektder Strafgesetzgebung zu sein. Sie fühlen sich durchaus als Subjekteund überlassen es uns, die Objekte zu sein. Und weiter: Sobaldsich einmal die Gesetzeslage so gestaltet, daß auch die Herren derin Preußen herrschenden Partei in die Gesahr kommen, mit denGesetzen in Konflikt zu kommen— ich erinnere an den Erpressnngs-Paragraphen aus sozialpolitischen Gründen, an daS Vereinögesetz,an den Segmenterlaß—> so sind sie sofort auf daS promptestebereit, die Gesetzgebung zu ändern. Wenn die Herren auch einmalanstoßen können, wird sofort ein Polster vorgelegt.(Sehr gut!bei den Sozialdemokraten.) Aber bei der Strafvollstreckung liegtes doch etlvas anders. Ich erinnere an daS Duell, wegen dessendie Herren ja häufig bestraft zu werden pflegen. Allerdings garzu große Angst brauchen die Herren davor nicht zu haben, denn siewerden bald genug begnadigt. Nicht nur die Justiz und die Gesetz-gebung, sondern auch die Strafvollstreckung pflegt in der Tat vorIhnen Halt zu machen, und deshalb haben Sie gar kein Gefühldafür, wie es den Objekten der Gesetzgebung geht. DaS Wesentlichsteaber, das für Ihr Verhalten maßgebend ist, dürfte sein, daß dieHerren sich überhaupt gar nicht als Parlament fühlen, sie habengar kein Interesse an der Erweiterung deS Parlaments. In wirk-lich parlamentarischen Ländern ist auch die Verwaltung unter dasParlament gestellt. In Preußen aber ist eS umgekehrt:hier ist daS Parlament nichts als ein Ausschuß der Berwaltangs-brhörde»!(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es ist ja ein ungemeingroßer Teil der Herren, die die Verwaltung de« preußischenStaate? repräsentieren, auch hier als Abgeordnete vertreten. WeilSie sich also nicht als Parlament, sondern als A trappe derVerwaltung fühlen, ist Ihr Hauptbestreben, unter keinenUmständen die Rechte der Verwaltung einzuschränken. Sie wachenvielmehr mit Argusaugen über die Rechte der Verwaltung gegen-über den Rechten de? Parlaments.Wir rechnen damit, daß Sie unseren Antrag ablehnen werden.Aber bedenken Sie: es war in Preußen auch schon einmal anders.Damals hatten die Herren, die jetzt auf der Rechten stehen, unterStrafverfolgungen zu leiden. Wenn sich das Blättchen einmalwieder wendet— und das geschieht immer im Laufe der Ge-schichte—, dann werden wir nicht Gleiches mit Gleichem vergelten,,m Gegenteil, wenn wir eS in der Hand hätten, wir würden Gnadeüben.(Heiterkeit.) Aber eS empfiehlt sich für Sie die Ueberlegung.ob Sie nicht in einer kurzsichtigen AugenblickSstimmung handeln,wenn Sie, pochend auf Ihre Majoritätsstellung, auf Ihre unbc-strittene Herrschaftsstellung in Preußen, unfern Antrag ablehnen.Wir hoffen darauf, daß diese Herrschaft bald gebrochen sein wirdund daß in Preußen bald ein Parlament geschaffen wird, das sichwirklich als Parlament kühlt und die Rechte des Volkes vertritt,die augenblicklich ausschließlich durch die sozialdemokratischen Ab-geordneten vertreten werden.(Lachen rechts, Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.) Sie vertreten die Polizei, die Bureaukratie,das Militär, die sämtlichen Gewaltfaktoren Preußen». Sie ver-treten nicht das Volk, selbst nicht, soweit eS für Sie stimmt, denndas tut es nur unter Ihrem unerträglichen Terrorismus(Lachenrechts), der den der Sozialdemokraten um das Tausendfache über-steigt.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.)Abg. v. Brandenstein(k.): Da die Bemerkungen deS Vorrednersuns zur Erwiderung keinen Anlaß geben(Lachen bei den Sozial-demokraten), beschränke ich mich auf die Erklärung, daß wir gegendie Anträge stimmen.Der Kommissionsantrag auf Ablehnung der Anträge wirdhierauf angenommen.Es folgt die Beratung der Anträge Hirsch(Soz.) GndSchmedding(Z.) betreffenddie Einwirkung der Armenunterstützung auf öffentliche Rechte.Der Antrag der Gemetndekommission, die Regierung zu ersuchen,baldmöglichst einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach nicht jedeauf Grund preußischer Gesetze geivährte Unterstützung eine Ein-Wirkung auf öffentliche Recht« hat, wird debatteloS an-genommen.Bei der Beratung der Denkschrift über die Ausführung der Gc>setze betreffend dieBewilligung von GtaatShilfen zur Verbesserung der WohmmgS-Verhältnisse für Arbeiter in staatlichen Betrieben und für gering de-soldcte StaatsbeaintebetontAbg. Roscno«(fts. Bp.), daß nach Erhöhung de» Wohnnngs-geldzuschusseS nicht mehr ein so dringendes Bedürfnis vorliege, staat-liche Mittel in derselben Höhe für den Beamtenwohnungsbau auf-zuwenden!— Die Denkschrift wird durch Kenntnisnahme er-Eine Petition deS Vereins Wittener HauS- und Grundbesitzer nmDeckung der durch die Roburitexplosion in Witten- Annen i>i,Jahre ISVö hervorgerufenen Schäden aus Staatsmitteln beantragldie Kommission der Regierung zur Erwägung zu überweisen.»Dieser Antrag wird angenommen.Ueber eine weitere Petition eine? oberschlestschen Wahl«komitees der Zentrumspariei um Gestattnng des Gebrauchsder nichtdeutschen Sprache bei öffentlichen Ver-saminlungen im Landkreise Ratibor beantragt dieKommisston durch Uebergang zur Tagesordnung zu er-ledigen.Abg. Stanke(Z.) befürwortet einen Antrag, die Petition zurBerücksichtigung zu überlveisen. Ihm sei es unmöglich ge-Wesen, in öffentlichen Versammlungen von seinen Wählern Wünscheentgegenzunehmen, weil der Gebrauch der polnischen Sprache ent-gegen dem Gesetz verboten werde!(Hört! hört! im Zentrum.)Abg. WetSsermel(k.) spricht für den Antrag der Kommission.Ein Regierungskommissar bestreitet, daß in Ober-schlesien ein wirkliches Bedürfnis für die Zulassung der polnischenSprache in öffentlichen Versammlungen vorliege.Abg. Leinert(Soz.):ES handelt sich hier um eine Vergewaltigung der nicht deutsch-sprechenden Bevölkerung. Die Loraussetzungen de» LereinSgesetzeS