it. 145. 26. Zahtglmz.t ftitat des Jotmiitts" Kerlim WldsdlÄFrettstg, 25. Jum 196S.l�eickstag.Juni.2SS. Sitzung vom Donnerstag, den 24.nachmittags 2 Uhr.«m BundeSratStisch: Bülow. Shdow, Dernburg.Luf der Tagesordnung steht diezweite Beratung des Erbschaftssteuergesetzes.Die Beratung beginnt bei ß Ss, welcher die Prozentsätze derenthält, bis zu 4 Proz. bei 250 000 M. Mit zur Beratungsteht ein Antrag Raab swirtsch. Vg.):.die Sätze bis zu 6 Proz.bei 1 Million zu steigern", und ein Antrag Albreckit sSoz.):»dieSteigerungen bei über 1 Million bis zu 10 Proz. festzusetzen".Verbunden damit wird auf Antrag Müller- Meiningen<frs. Vp.j, der auch vom Abg. Singer<Soz.) unterstützt wird, dieBeratung über den Antrag v. G a m p(Rp.), der eine verfasiungs-rechtliche Bindung der Steuersätze verlangt.Abg. Frhr. v. Richthefen(!.): Ich spreche namens der Mehrheitmeiner Fraktion. Während der mehrmonatigen Verhandlung ist derErbanfallsteuer an Deszendenten und Ehegatten eine immer steigendeBedeutung beigemessen. Es erweckt jetzt den Eindruck, dag fürmanche Partei das Schicksal der ganzen Reichsfinanzrefornrvon der Erbanfallsteuer abhängt. lSehr richtig! bei den Liberalen.)DaS zeigt eine übertriebene Schätzung der Wichtigkeit der Erbschafts-steuer. Leider trägt an dieser übertriebenen Schätzung auch dieRegierung schuld. Die Erbschaftssteuer ist wirtschaftlich eine Abartder Vermögens« und Einkommensteuer, und was gegen eine Reichs-Vermögens- und Reichseinkommensteuer spricht, spricht auch gegendie Reichserbschaftssteuer. Man hat unsere Haltung mit dem Wunichein Verbindung gebracht, den Reichskanzler zu stürzen. Einen Reichs-lanzler oder einen Minister in Preußen zu stürzen, ist noch nie dieAbsicht und der Wille der konservativen Partei gewesen.(StürmischeHeiterkeit links.) Das widerspricht durchaus unseren Grundsätzenund Ueberlieferungen. i Erneute Heiterkeit links, Zuruf: Caprivil)Fürst Bülow hat erklärt, er bleibe im Amte, solange er das Ver-trauen des Kai'erS und Königs genießt, und wir wünschen, daß eran dieser Richtschnur festhält.(Zustimmung rechts.)Erörtert ist die Frage eines Ersatzes der Erbschaftssteuer.Die Absicht aller Anträge unserer Partei ist, den Besitz an allenStellen zu besteuern.(Zuruf links: Außer in der Land-Wirtschaft!) DaS glaubt der Herr Zwischenrufer doch wohlselbst nicht.(Oho! links.) Wenn die Erbschaftssteuer abgelehntwird, so hoffen wir, daß alle bürgerlichen Parteien den ernstenWillen zeigen, unsere Anträge zu verbeffern(Rufe links: Sind jagar nicht verbesserungssähig I) und daß auch die Reichsregierunguns dabei behilflich sein wird. Dann werden wir Besitzsteuernin ausreichendem Matze bekommen und die Finanzreform zu einemgedeihlichen Ende bringen.(Lebhaftes Bravo! rechts.)Reichsschatzsekretär Sydow:Nur mit wenigen Worten will ich noch auf die prinzipiellenGrundlagen des Gesetzes zurückkommen. Wenn man sich darübereinig ist, daß angesichts der Belastung der breiten Volksmaffen dieBesitzenden noch besonders getroffen werden sollen, so mutz man docheine Steuer wählen, welche alle Besitzenden trifft, und das ist nurdie Vermögens-, Einkommen- und Erbschaftssteuer. Die Einkommen-und Verntögenssteuer aber wollen die Bundesstaaten nicht abgeben, weilsie sie selbst zur Erfüllung ihrer Kulturaufgaben brauchen. Esbleibt also nur die Erbschaftssteuer, die bereits durch Gesetz vonden Bundesstaaten dem Reiche überwiesen ist. Der Ersatz einersolchen allgemeinen Steuer durch Belastung einiger Vermögensteileist nicht möglich.(Sehr richtig! links.) Eine Erschütterung de«Besitzes wird die Erbschaftssteuer nicht bringen, da für die Eigenartdes Grundbesitzes besondere und ausreichende Bestimmungen vor-gesehen sind. UebrigenS steht, wer die Erbschaftssteuer zahlt, immernoch bester als die meisten seiner Volksgenossen.Den Antrag Raab, welcher die Steuergrenze erhöhen will,können die verbündeten Regierungen nicht annehmen und nochweniger den Antrag Albrecht, der geradezu für die Erhaltung desBesitzes gefährlich wäre. Die verbündeten Regierungen müssen� viel-mehr an der Skala des Entwurfs festhalten, und deshalb könnensie sich mit dem Anttag Gamp einverstanden erklären, da es nichtin ihrer Absicht liegt, die Steuersätze noch zu erhöhen.Die Erbschaftssteuer ist an dem ganzen Steuerbukett der Regie-rung die beste Steuer, und eS würde im Volke nicht verstandenwerden, wenn der Reichstag bei seiner Suche nach Steuerobjektengerade an dieser Steuer vorbeigehen würde.(Lebhafte Zustimmungbei de« Liberalen.) Verständige Ausländer, z. B. em Deutsch-Liemes feuitteton.Maler ohne Arm»— und Pinsel. Unter dem«rtistenvölkchensind.Künstler", denen bald die oberen, bald die unteren Extremitätenfehlen, nicht gar so selten. Es sei nur an den armlosen OstpreußenU n t h a n. auch in Berlin bekannt, erinnert, der sogar Klavier mitden Zehen spielt. Ja, eS hat Frauen und Männer gegeben undgibt solche, die weder Arme noch Füße haben und dennoch— mitdem Wunde— gewisse Kunstfertigkeiten, wie Schreiben,Nähen usw. zeigen. Gerade unserer Zeit— oder bilden wir unsdas blotz ein, weil, dank der TageSpresse, uns nichts mehr verborgenbleibt?— ist eS vorbehalten geblieben, auch einige Maler ohneArme und Hände hervorzubringen. Einer war der geschickte Porträt-und Landschaftsmaler Adam Siepen zu Düsseldorf, von dessen—Futz die„Gartenlaube" 1836 einige Bilder in Reprodukttonenbrachte. Dort schilderte der Künstler sein„Rüstzeug" folgender-maßen:„Ich sitze vor der Staffelei, wie sie jeder Maler benutzt,auf niedrigem Tische und bewege ohne Latte oder Malstock elegantdas M a l b e i n, während die Palette auf kleinem Gestell bequem„zum Fuße" liegt." Siepen ist 1305 gestorben. Von fremd-landischen Fußmalern nenne ich den am 5. Februar 1300verschiedenen Charles Felu. Die Jahresausstellung imMünchener Glaspalast(1900) enthielt ein von dem HolländerRichard ReimannS gemaltes Porttät dieses Künstlers, ihn inseinem Atelier zeigend. Ferner find der Südfranzose Jeande Heran und die Genfer Zeichnerin A i m ö e R a p i n zu er-wähnen.Trotzdem ist ein Maler ohne Hände nur schwer denkbar.Wenigsten» eine Hand muß er doch haben, wobei eS daun nicht mehrdarauf ankommt, daß es unter allen Umständen die rechte seinmüsse. Montmorillon und M i r a n d a, dieser, weil ohnedie rechte Hand geboren, M a z o l l a, weil er des rechten Armesdurch eine ungeschickte Operation beraubt, und RugendaS, weilseine rechte Hand eine Zeitlang steif geworden war, führten denPinsel flink und sicher mit der Linken.Daß eS aber auch Maler gegeben hat, die— ohne Pinselhantterten, sollte das wohl vorgekommen sein? Unstreitbar. Essind mir jedoch nur zwei solcher Pinsler bekannt. Einer, der vorgab,daß er nur mit dem Finger, später sogar mit den Fußzehen malte,war der Niederländer K e t t e l, aber offenbar mehr ein Sonderlingals ein Maler. Der andere war der um 1660 tätige Heiligenbilder-maler Philipp Westphal, dem man nachsagte, daß er aufeiner Altartafel mit Propheten den Daniel, zu dem ihm der Organistder betreffenden Kirche Modell gesessen, ebenfalls mit den— Fingerngemalt haben soll....Ein neuer amerikanischer Südpolarplan. Seit CharlesWilkeS im Jahrs 1840 die Existenz eines großen antarktischenKontinentes anzukündigen vermochte, nachdem er seine Küste meinerLänge von 1600 Meile» umfahre» hatte, ist dies Gebiet, das nachOesterreicher, mit dem ich noch gestern sprach, haben mir versichert,daß sie den Widerstand gegen diese Steuer gar nicht verstehen.Wenn das Haus die Steuer annimmt, so bin ich überzeugt,daß man in wenigen Jahren auch bei uns in Deutschland sagenwird: eS ist eine gute und vernünftige Steuer.(Bravo! bei denLiberalen.)Abg. Sieg(natl.): Mir wird niemand bestteiten, baß ich stetsauf das allcreifrigste für das Interesse der Landwirtschaft eingetretenbin. Ich führe das glücklichste Familienleben, habe eine Frau,blühende Kinder und Enkel(Brüllendes Gelächter rechts.)— ichweiß nicht, warum die Herren darüber lachen.(Sehr wahr! links.Rufe: Das ist der Familiensinn! Heiterkeit und Zustimmung links.)Ich habe das stärkste Empfinden des Familienzusammenhanges, ichsehe aber nicht, wie dieses mein Empfinden unter der Besteuerungdes Nachlasses leiden soll.(Stürmische Zustimmung links.) DieReden der Herren v. Rheinbaben und Sydow zugunstender Erbschaftssteuer würden, lebten wir in Frankreich, inallen Gemeinden durch Maueranschläge veröffentlicht lverden.(Hohn-gelächter rechts. Sehr wahr I bei den Liberalen.)— In der Zurück-Weisung der Behauptungen des Prof. Delbrück über die angeblichenländlichen Steuerhinterziehungen stimmen wir mit der Rechtenüberein.(Widerspruch bei den Freisinnigen. Rufe rechts: Nicht nurDelbrück, sondern auch Mommsen hat diese unwahren Behauptungenaufgestellt I) Herrn Mommsen können Sie(nach rechts) selbst schlachten.(Stürmische Heiterkeit.)Wir werden selbstverständlich die Vorlage annehmen. Außerdemstimmen wir dem Antrage Raab zu.— Herr v. Richthofen sagte,die Konservattven wollen keinen Minister stürzen. Nun, wenn sieSturzabsichten haben, werden sie solche nicht öffentlich verkünden!(Sehr gut! links.) Ich weiß nicht, was der Kauzler tun wird, wenndie Reichsfinanzreform nicht zustande kommt; das ist nicht meine,sondern seine Sache.(Große Heiterkeit I) Ueberlegen sollten sichdie Konservativen aber doch, ob sie einen um die Landwirtschaft soverdienten Reichskanzler zum Rücktritt nötigen wollen.Auch für uns ist die Frage eine Gewissensfrage.(AbgeordneterUlrich(Soz.): eine Portemonnaiefrage! Sehr wahr Ibei den Sozialdemokraten.) Nein, Herr Kollege Ulrich, eine Ge-wissenSfrage! Im Interesse des Gemeinivohls und des Vater-landeS stimmen wir der Erbanfallsteuer zu.(Stürmisches an-haltendes Bravo! links; lautes Zischen rechts; ein Junker schreitüberlaut, ein ironisches Hurra. Die Liberalen antworten mit er-neutem Beifall.)Abg. Fürst Hatzfeld(Rp.): Wir haben uns entschlosten, für dieAusdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder und Ehegatten zu stimmenund damit den Versuch zu machen, die Reichsfinauzreform zu retten.Dieses Ziel wird aber nicht dadurch erreicht werden, daß dieParteien, welche ohne die Erbschaftssteuer der Finanzreform nichtzustimmen wollen, ihre Bereitwilligkeit aussprechen. 400 Millionenindirekter Steuern zu bewilligen, sondern daß hierüber tat-sächlich eine Verständigung erfolgt auf einer Grundlage,welche die Zustimmung der Mehrheit und der Regierung findet.(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Wird die Erbschaftssteuerabgelehnt, so können wir die Verantwortung für das Scheitern derFinanzreform nicht tragen und werden auch dann unsere Kräfte fürdas Zustandekommen der Finanzreform auch ohne die Erbschaftssteuereinsetzen.Abg. Frhr.». Hrrtlwg(Z.):Weite Kreise meinen, der heutige Tag sei entscheidendfür unsere Zukunft. Ich weiß nicht, ob das richtig ist,denn die Zukunft ist dunkel.(Große Heiterkeit.) Eshandelt sich hier auch um anderes als um eine einzelne Steuer. Eshandelt sich hier vielmehr um eine Machtftage zwischen rechts undlinks.(Sehr richtig! im Zentrum.) Doch gehe rch darauf nicht ein.Meine Freunde wollen die Finanzreform nicht ohne eine genügendeHeranziehung des Besitzes. Der gerade, einfache Weg der Ein-kommen- und Vermögenssteuer ist nicht möglich wegen des föderativen Charakters des Reiches. Deshalb kann der Besitz nur daergriffen werden, wo es dem Reiche auf Grund seiner Steuer-gesetze möglich ist.(Zuruf links: Also die Erbschaftssteuer I)Der Grundbesitz kann sich der Kontrolle nicht entziehen, das mobileKapital dagegen kann es.(Sehr richtig! rechts.) Bei dem vielverspotteten Familiensinn denken wir an die alteingewurzeltedeutsche Anschauung, daß das Eigentum nicht Eigentum des einzelnen,sondern der Familie ist.(Sehr richttg! rechts.) Ich habe auch inder bayerischen Reichsratskammer gegen die Erbschaftssteuer ge-stimmt, und Sie können sich daher nicht wundern, daß Sie unsin dieser Frage auf der Seite der preußischen Konservativenfinden.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sie gehören ja auchzusammen l) Die Herren links wollen ihre Stellung zu den Ver-seinem Entdecker den Namen WilkeS-Land erhielt, nicht wieder besuchtworden. Spätere Polarforscher wie Sir James Clark Roß, SirClements Markham und Robert Scott bestritten sogar das Vorhanden-sein von Wilkes-Land überhaupt und forderten seine Streichung auf denLandkarten. ES besteht somit eine geographische Streitfrage, die von denAmerikanern zugleich als eine nationale Ehrensache betrachtet wird.Aus dieser Erwägung hat nunmehr, wie die Wochenschrist„Science"berichtet, Edwin Balch in der amerikanischen Philosophijchen Gesell-schast angeregt, einen Ausschuß zwecks Ausrüstung einer antarktischenExpedition zu bilden, deren Ausgabe es sein soll, die Entdeckungenvon Wilkes zu bestätigen. Er wies darauf hin, daß zahl-reiche der frühesten Entdeckungen im antarktischen Gebietvon amerikanischen Forschungsreisenden gemacht worden seien,daß jedoch ihre Pionierarbeit durch fremdländische Expeditionenhätten bestätigt und ausgebaut werden müssen. Es handelte sichnun darum, ein Gleiches hinsichtlich Wilkes-Land zu verhüten. DieKosten für die Expedition sind auf etwa 100 000 Dollar veranschlagtworden. Die Philosophische Gesellschaft beschloß, die Anregungaufzunehmen und sich an die gelehrten Gesellschaften sowie an dieRegierung zu wenden, um ein RegierungL schiff zur Verfügung zuerhalten.Schiffe auS Stein. Mit andächtigem Erstaunen haben frommeGeschichtsschreiber vergangener Zeiten davon erzählt, daß eine AnzahlHeiliger einst auf steinernen Fahrzeugen von Schottland und Irlanddie Reise über den Ozean machten, um in Amerika das Evangeliumzu predigen. Die alte Legende wird jetzt von der Wissenschaft in dieTat umgesetzt; ein italienischer Ingenieur Gabellini, so wird dem„Journal des Döbats" berichtet, hat jetzt im Austrag der italienischenRegierung mit dem Bau eines großen Kohlcnschiffes begonnen, das ausStein hergestellt wird. Seit Jahren hat Gabellini sich mit dem Problem desSchiffsbaus aus Stein beschäftigt und bei seinen Versuchen beobachtet,daß seine steinernen Schiffe außerordentliche Widerstandsfähigkeit nntgroßer Seetüchtigkeit verbinden. Das Kohlenschiff, das er jetzt baut,hat einen Stahlkiel und stählerne Rippen, die so angebracht sind,daß sie eine Art Gerüst bilden, dessen Lücken durch ein Eisendraht-gestecht gefüllt sind. Das Ganze wird dann mit Zement belegt, sodaß eine sehr leichte und absolut wasserdichte Rumpf-bekleidung entsteht, die so glatt wie Marmor poliert werdenkann, damit keine Muscheln und Seetiere sich ansetzen. Wieder Rumpf so sind auch das Deck und die Brücke aus Zement gefertigt. Dieses steinerne Schiff bietet neben seiner großenWiderstandsfähigkeit noch den Vorzug, keinerlei Feuersgefahr aus-gesetzt zu sein, da brennbares Material bei der Herstellung über-Haupt nicht zur Verwendung kommt. Gabellini hat eine Gesellschaftgegründet, die bereit? mehrere steinerne Landungsbrücken hergestellthat, die auf dem Po und dem Tiber verwendet lverden. Die Stein-schiffe, die jetzt auch in der amerikanischen Flußschiffahrt erprobtwerden, sind durch innere Zementwände in eine Anzahl Wasser-dichter Abteilungen getrennt, so daß sie nicht größere Gefahr laufen.bei Beschädigung des Schiffsrumpfes zu sinken, als andere Fahrzeug«aus Stahl und Holz.brauchssteuern von der Annahme der Erbschaftssteuer abhängigmachen. Ich habe hier keine Erklärung für meine Fraktion abzugeben,aber was dem einen recht ist, ist dem anderen billig.(Sehr richttg!im Zentrum und Bewegung.)Abg. Dr. David(Soz.):Herr v. Richthofen hat behauptet, diese Erbschaftssteuer seikeineswegs so wichtig, wie sie hingestellt werde. Wenn sie in derheutigen Situation als wichtigster Punkt erscheint, so sind esja wohl die Herren Konservativen gewesen, die sie dazu gemachthaben, die gerade diesen Vorschlag als den unannehmbarsten und ab-scheulichsten hingestellt und mit aller Macht dagegen gekämpft haben.Herr v. Richthofen meinte, bei dieser Erbschaftssteuer komme einPrinzip in Frage, an das seine Freunde nicht tasten lassen. Das istdas Prinzip des großen Portemonnaies, das Prinzip, die Neichen zuschonen, vor allen Dingen, wenn es sich um Großgrundbesitzerhandelt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Der Abg. Sieg meinte, die Herren vom Zentmm und derkonservativen Partei hätten sich über Nacht gefunden, nur geleitetdurch ihren Tast- und Geruchssinn. Man muß das Bild noch er-gänzen, sie haben sich gefunden in der Tasche des anderen!(GroßeHeiterkeit und Sehr richtig! links.) Die agrarischen Fäden imZentrum, die da mitspielen, habe ich auch auf anderem Gebiets ge-funden. Herr v. NichtHofen wies mit Entrüstung zurück,daß seine Partei jemals daran dächte, einen Reichs-kanzler zu stürzen. Diese Behauptung ist mit gebührenderHeiterkeit aufgenommen worden. Da er aber von Verdächtigunggesprochen hat, so frage ich die Herren Konservativen doch: wer hatdenn den Sturz Bismarcks herbeigeführt? Nach Bismarcks eigenem§eugnis eine konservative Clique! Und wer hat den Reichskanzleraprivi gestürzt?(Sehr richtig! links.) Fürst Bülow hat bei der Be-hauptung des Abg. v. NichtHofen selbst gelächelt. DaS ist auch eineAntwort darauf. Aber in dieser Frage haben die Herren vom Zentrumsich gern bereit gefunden, den Bund mitzumachen. Denn das ist jafür diese Herren bei der ganzen Finanzreform keine ganz unter-geordnete Frage.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Vonkonservativer Seite ist ja auch in einem vertraulichen Zirkular aus-gesprochen worden, daß es sich keineswegs nur um die Erbschafts-steuer handelt, sondern darum, der Gefahr vorzubeugen, inPreußen eine Verbesserung, eine Reform des Wahlrechts zubekommen I(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.) Undes ist charakteristisch, daß die Zentrumspartei auch in diesemZiele sich Hand in Hand mit der konservativen Partei findet.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es ist dem Zentrum ganzsympathisch, wenn die Möglichkeit einer auch nur irgendwie liberalschillernden Wahlrechtsreform aus der politischen Arena beseitigtwird.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Herr v. Richthofen meinte,die Erbschaftssteuersei die bequemste Steuer. Freilich ist fie auch steuertechnischsehr einfach. Aber nicht deshalb hat sie die Sympathiemeiner Freunde, sondern weil sie eine gerechte Steuerist. Und deshalb ist es auch erklärlich, daß die RegierungBedenken getragen hat, sie aus ihrem Steuerprogramm zu streichen.Die Regierung hat doch ein Gefühl dafür, daß sie bei einer neuenBelastung mit 400 Millionen indirekter Steuern vor der Oeffentlich-keit und vor dem sozialen Gewissen des Volkes in eine schwierigeLage kommt, wenn sie diese Steuer fallen läßt. Nur aus dieserBefürchtung heraus hat sie an dieser Steuer festgehalten;sonst hätte sie sich längst wieder mit den Agrariern ausgesöhnt.Daß aber die Regierung eS nicht wagen kann, diese Steuer wiederunter den Tisch zu werfen, ist ein Verdienst der Sozialdemokratie.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Wenn die Sozialdemokratennicht als eine Macht im Hause ständen, auf die mau Rücksicht uchmeamuß, so wäre dies Stcuerprojekt wahrscheinlich gar nicht gekommenoder bei dem ersten Ansturm der Konservativen weggefegt worden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Es ist sehr zu bedauern und unverantwortlich, daß die Regierungihr ursprügliches Projekt einer Nachlaßsteuer zurückgezogen hat; denndiese Steuer war steuertechnisch noch einfacher und gerechter, siewar in ihrer Wirkung noch richtiger als die Erbschaftssteuer.Damit ist allerdings die Nachlaßsteuer keineswegs verschwunden,denn sie wird vonunserem Programm nicht verschwinden, undwir werden sie nach wie vor aufrechterhalten. Ebenso werden wirnatürlich die Vermögens- und Einkommensteuer vollkommen aufrecht-erhallen. In bezug auf diese Steuern war ja wieder sehr charakte«rislisch, was wir von dem Vertreter der Zentrumspartei gehört haben.Freiherr v. Hertling hat von neuem erklärt, daß die Ausnutzungdieser Steuern durch das Reich unüberwindliche SchwierigkeitenHumor und Satire.Polizeiaufsicht.SS ist'ne gute neuere Sitte:Verbrecher, die auf Reisen geh'»,die müssen bei jedwedem Schrittein Polizisten-Obhut steh'n.Ein Mann genügt bei Taschendieben.bei schweren Jungen nimmt man zwei,hat's jemand gar zu bunt getrieben,so Hilst die ganze Polizei.Da weiß ich einen Mörderhanptmann,der hat den Menschcnmord in Pacht,er mordet, wo er's überhaupt kann,drum wird er Tag und Nacht bewacht.Jetzt flieht er den Gestank der Leichen,und grinsend zieht er durch die Welt,schon sind in den bedrohten Reichendie Polizisten aufgestellt.Notizen.Staat.— Kunstausstellungen für Alle. Neben der Künstler-gruppe, die einen juryfreien, d. h. ohne Auswahl einer Prüfungs-kommission zusammengestellten„Herbstsalon" dazu Geladener ver-anstalten wird, hat sich jetzt in Berlin ein weiterer Verband ge-bildet. Dieser„Freie Künstlerverband" will allen Mitgliedern diejuryfreie Zulassung gewähren. Aehnliche Bestrebungen, die in Parislängst bekannt sind, sind neuerdings auch in München ins Lebengetreten. Als Gegengewicht gegen das Cliquenwesen und dieAkademikerci sind sie zweifellos am Platze.— Die Darwinfeier in Cambridge, die Darwinshundertsten Geburtstag und zugleich den fünfzigsten Jahrestag desErscheinens seines epochemachenden Werkes:„Ursprung der Arten"in die Erinnerung rufen will, ging am Mittwoch in Gegenwartvon Vertretern der Wissenschaft aus der ganzen Welt von statten.Es sprachen u. a. aus Deutschland Professor Hertwig-Berlin, derDarwins unvergleichliche Bedeutung für die deutsche Wissenschafthervorhob, Metschnikow-Paris und Ray-Lancaster(England).— Ein Kongreß von Wassersuchern fand dieser Tagein Dresden statt. Hauptsächlich war die Spezies der Landräte,vertteten. die neben der Ueberwachung der Untertanen sich diesemmehr kulturfreuudlichen Sport widmen. Die hohe Kunst derWünschelrute, die bisher mehr als Gabe Gottes oder auch alsHumbug aufgefaßt wurde, sollte auf den Boden objektiver Be-obachtungen gestellt werden. Was dabei herausgekommen ist, wirdfreilich nicht verraten.