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Mg. Jmiusch kg.) begründet einen Antrag, dm Beschluß des Wgeordnetenhauses wiederherzustellen. Abg. Hirsch-Essen(natl.) hält es nicht für notwendig, aus diesem Grunde das Gesetz noch einmal an das Herrenhaus zurückgehen zu lasten. Wg. Wolff-Lista lfrs. Vg.) stimmt dem ZentrumSantrage zu. Abg. v. Gcscher(f.); Wir sind überzeugt, daß die Arbeitgeber doch auf jeden Fall die Verhältniswahl einführen werden, und werden daher der Aenderung des Herrenhauses, wenn wir sie auch für keine glückliche halten, zustimmen. Abg. Leinert(Soz.j: Daß die Verhältniswahl nur fakultativ statt obligatorisch ein- geführt werden soll, bedeutet zweifellos eine erhebliche Verschlech- terung des Gesetzes, denn es überliefert seine Ausführung noch mehr der Willkür der Unternehmer. Im Herrenhaus hat man gesagt, das Gesetz habe so viele Kautelen, daß man ihm unbedenklich zustimmen könne. Das beweist, daß daS Gesetz tatsächlich nur den Interessen der Unternehmer entspricht.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Uebrigens hat das Herrenhaus noch eine andere wichtige Bestimmung geändert. Hier war beschlossen worden, daß einem Sicherheitsmaun während seiner Wahlperiode das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden könne. Daraus hat das Herrenhaus gemacht, daß der Sicherheitsmann nicht zu einem früheren Zeitpunkte als dem Ablauf seiner Wahlperiode gekündigt werden könne! sDanach kann er also jetzt schon gekündigt werden, einen halben Monat vor Ablauf seiner Wahlperiode, und der Unternehmer erhält so die Möglichkeit, die Wiederwahl eines Sicherheitsmannes, der zugunsten der Arbeiter gewirkt hat, zu vereiteln.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Einem Gesetz, das den Arbeitern keinen Nutzen bringt, sondern daS nur auf die Unternehmer Rücksicht nimmt, kann ein Arbeiter in diesem Hause nicht zustimmen.(Bravo l bei den Sozialdemokraten.) Abg. Juibusch(Z.): Herr Leinert hat gesagt, ein Arbeiter köime dem Gesetz nichr zustimmen. In der Tat aber ist das Gesetz durch die Kompromißbeschlüsse gegenüber der zweiten Lesung verbessert worden, und es geht bedeutend weiter als das vom bayerischen Land- tag angenommene Gesetz. Abg. Leinert(Soz.Z: DaS ist noch kein Beweis dafür, daß es den Wünschen der Bergarbeiter entspricht. Die Anerkennung des Prinzips, daß die Arbeiter an der Kontrolle beteiligt werden sollen, ist gewiß ein Fortschritt, aber die Verwirklichung dieses Prinzips ent- spricht nickt den Wünschen der Arbeiter. Abg. B' ust(Z.): Wer nicht auf dem Standpunkt deS»alles oder nichts" steht, kann ganz gut für das Gesetz stimmen. Ein Schlußantrag wird angenommen. In der SpezialdiSkussio» bemerkt Abg. Leincrt(Soz.): In dem Kommissionsbericht des Herren- Hauses ist die Meinung, die ich über den Sinn des Herrenhaus- beschlusseS vertrete, vollständig geteilt worden. Gerade mit Rück- ficht darauf, daß der Beschluß des Abgeordnetenhauses eS den Unternehmern nicht ermögliche, einen wiedergewählten Sicherheits­mann überhaupt loszuwerden, ist der Anlaß zu dieser Ver- schlechterungsbestimmung gewesen. Wie Herr Brust sagen kann, dann müßte man auch dem Arbeiter das Recht nehmen, während der Wahlperiode daS Arbeitsverhältnis aufzugeben, verstehe ich nicht. Der Arbeiter mutz doch in der Lage sein, Schikanieruugen des Arbeitgebers sich zu entziehen. Das angeblich gleiche Recht aus feiten des Unternehmers bedeutet immer eine Bevorrechtigung des letzteren; denn der Unternehmer ist ohnehin in wirtschaftlicher Be- ziehung den Arbeitern überlegen. Wir werden ja, wenn das Gesetz m Kraft getreten ist. die Klagen der Arbeiter über diese Bestimmung hören, und dann werden auch die christlichen Arbeiter wissen, wem sie eine solche Bestimmung zu verdanken haben.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Brust(B.): Wir verlangen gleiches Recht für Arbeiter und Arbeitgeber, wie es auch die sozialdemokratischen Unternehmer verlangen. Ja, diese verlange» weit mehr, wie«S die brutale Entlastung der.Vorwärts'-Redakteure beweist. Wenn Sie(zu den Sozialdemokraten) nach Streikbrechern suchen, können Sie sie hier leicht finden. Abg. Flesch(frs. Vg.): Was das gleiche Recht für Arbeiter und Arbeitgeber anlangt, so sage ich mit Jhering  :»Eine schöne Gleich- heit? Der gepanzerte Mann soll gegen den Mann ohne Waffen kämpfen!'(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Im übrigen kann ich nicht zugeben, daß durch den Herrrnhausbeschluß die Bestimmungen über die Kündigung der Sicherheitsinänner ihrem Inhalt nach geändert sind. Ein Schlußantrag wird angenommen. Abg. Leinert(Soz., persönlich) betont, daß die Kündigung der »Borwärts'-RedaUeure vertragsmäßig erfolgt sei. Unter Ablehnung des ZentrumsanwageS wird daS Gesetz in der Kaffung des Herrenhauses angenommen. Nach Erledigung einiger RechmtngSsachen folgen Petitionen. Ueber eine Petition von Frau Minna Eauer« Berlin   auf Ab- schaffung des DreiklastenwahlsystemS und Ersetzung desselben durch da» allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für beide Geschlechter sowie gerechte Regelung der WahlkreiSeinteilung beantragt die Kommission Uebergang zur Tagesordnung l Abg. Rosen»«(frs. Bp.) beantragt, die Petition dem Reichs« kanzler als Material zu überweisen. Wir würden die Petition zur Berücksichtigung überweisen, wenn nicht in ihr auch die Frage des Frauenstlmmrechts enthalten wäre! Abg. Liebknecht(Soz.): Ein alter Schriftsteller, der berühmte Philosoph Cardano, hat gesagt, man könne die Menschheit in drei Klassen einteilen: diejenigen, die betrügen, diejenigen, die betrögen und betrogen werden, und in diejenigen, die betrogen werden. Das ist in kurzem der Sinn des Drei- klastenwahlrcchts.(Lachen recht».) Sie lachen über sich selbst und wissen nicht wie.(Sehr gut l bei den Sozialdemokraten.) BuceruS, der Freund deS Reformators Zwingli. hat im Jahre 1326 gesagt: (Gelächter rechts.) Ja. meine Herren. Sie sind noch nicht über 1326 hinausgekommen.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Zuruf reckts: Sie sind schon im Jahre 2000!) Immer noch besser als 1326. Also BuceruS hat geschrieben:.Wenn man den Wölfen empfiehlt. daß sie die Schafe hüten sollen, oder den Katzen, daß sie der Brat- Würste warten sollen, so hat dies wohl Bedenken, wie sie gehütet , verden werden.' In gleicher Weise ist der arme Mann jetzt behütet. (Große Unruhe rechts.) Sie(nach rechts) vertreten mit außerordent- licher Energie den Standpunkt, daß das Dreiklassenwahlsystcm nicht zu beseitigen sei. Zunächst möchte man fragen, auf Grund welcher Legitimation vertreten Sie diesen An- spruch?(Zuruf rechts: Verfassung!) Ja, auf Grund des Ver- fassungSbruchs, auf Grund eine» Hochverrats von oben! (Lärm rechts. Sehr richtig bei den Sozialdemokraten.) Sie find die Nutznießer dieses Hochverrats. Die Energie, mrt der Sie daran festhalten, steht im genauen Verhältnis zu der Recht- losigkeit der Grundlage des Dreiklastenwahlrechts.(Zuruf rechts: Unerhört I Sehr richtig! b. d. Soz.) Wer die Gefchichtevon 1349 kennt, weiß, daß das preußrsche Drei- klassenwahlsystem genau so eine schmutzige Ent- stehung hat, wie daS Wahlrecht der gegen- wärtigen dritten Duma in Rußland.  (Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Es ist das eine Frage, die nicht nur uns in Preußen angeht. Wir wissen ja alle, daß im Deutschen  Reiche ein Zustand besteht, aus dem eigentlich kein Mensch recht herauszukommen weiß, am allerwenigsten derjenige, der es am besten wissen müßte, der Reichskanzler. Es ist un- bestritten geblieben, daß die Herren Konservativen ihre Taktik in der Finanzreform(Unruhe recht». Vizepräsident Dr. P o r s ch ersucht den Redner, zur Sache zu kommen.) Ich spreche gerade davon, daß die Herren der Rechten diesen Standpunkt im anderen Hause ein« genommen haben in Rücksicht auf die Thronrede und die Gefahr, daß die preußische Regierung dem Dreiklassenwahlsystem mit Energie an den Kragen gehen könnte I Insofern gehört allerdings diese Frage hierher. Die Herren treiben damit ein frivoles Spiel.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten. Unruhe rechts.) Sie verwirren die Zustände im Reich in einer bisher unerhörten Weise nur aus dem Grunde, weil Sie sich aus Ihrer Machtposition in Preußen nicht verdrängen lasten wollen. ES ist das ich wiederhole es eine Frivolität ohnegleichen. Sie fragen nickt nach Recht und Gerechtigkeit. Sie treten die Grundsätze des Christentums mit Füßen.  (Große Unruhe rechts.) Vizepräsident Dr. Porsch: Ich bitte Sie, derartige Anschuldigungen u unterlassen.(Zuruf rechts: Er hat ja lange genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken!) Abg. Liebknecht(Soz.) ffortfahrendj: Ihnen tut es wohl noch leid, daß ich nicht WS Zuchthaus ge­kommen bin? Aber das wäre für mich eine Ehre gewesen:(Lachen rechts.) Glauben Sie denn, daß wir auch nur das geringste gemein haben mit Ihren Ehrbegriffen?(Unruhe rechts.) Besser im Zuchthaufe auf Grund einer Vergewaltigung, als hier fitzen als Lergewaltiger. (Sehr gut! bei den Soziaidemolraten.) Wir beantragen, die Petition zur Berücksichtigung zu überweisen. Denn auch daS Bürgertum würde wohl in der Lage sein, mit den Trägern des gegenwärtigen Unrechts fertig zu werden, aber eS hat den Mut nicht. Uns wäre eS ja erwünscht, wenn es mehr Mut beweisen und wenn der Sozial- demokratie ein mannhaftes Bürgertum zur Seite stehen würde. Hier wäre ein Gebiet zur nützlichen Wirksamkeit für den neu- gegründeten Hansabund.(Zuruf rechts: Was hat daS mit der Petition zu tun?) ES ist in dieser Petition mit Recht hervorgehoben, daß mit ihr die gesamte innere Politik zusammenhängt. Wir haben leider wenig Vertrauen, daß der Freisinn auch in einer Sache, die eigentlich in seinem Interesse liegen würde, uns beistehen wird. Wir müssen konstatieren, daß nach den letzlen Debatten über das Dreiklassenwahlrecht hier im Landtag die Verhältnisse sich trotz der Thronrede nicht gebessert, sondern ganz beträchtlich verschlechtert haben. Dazu rechne ich auch die Tatsache des meiner Ueberzeugung nach rechtsbrüchigen Hinauswurfs meiner hier in Berlin   ge- wählten Parteigenossen. Weilerrechne ich dazu die Tatsache, daß nach unbestrittenen Preßnachrichlen die Neuwahl für diese vier Sozialdemokraten erst im November angesetzt werden soll! Wenn daS der Fall ist, fo wäre das ei» Skandal ohnegleiche». Wir haben keine klaren Bestimmungen in der Verfassung, in welcher Zeit eine solche Neuwahl stattfinden soll, sondern nur eine Bestimmung über Neuwahlen nack Auflösung deS Parla­ments. Aber der Sinn der Verfassung ergibt klar, daß nicht ohne dringendste Not ein Wahlkreis erhebliche Zeit ohne Vertretung sein soll.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es wäre ein Skandal ohnegleichen, wenn man diese vier Wahl- kreise der deutschen   Reichshaupt st adt ein volles halbes Fahr lang ohne Vertretung lassen würde. Was mit dieser Hinausschiebung geplant ist, ist ja klar. Wenn die Wahl sofort stattfände, würde ein großer Teil der Wahlmänner, die zu den besitzenden Klassen gehören, vielleicht v e r r e i st sein! Und weil man diesen Herren nicht zumuten will, ihre Sommerreise hinauszuschieben, deswegen sollen diese Wahlkreise sechs Monate lang ohne Vertreter im Parlament sein? Eine weitere Verschlechterung des ZustandeS ist die betrübende Tatsache, daß in Rixdorf eine Verschlechterung deS Wahlrechts, leider zum Teil auch unter Mitwirkung von Freisinnigen, stattgefunden hat. In Kiel  haben wir eS sogar erlebt, daß die Stadtverordneten zum Minister betteln gegangen sind, um sich Rat» zu erholen, wie sie ihr Wahlrecht verschlechtern könnten. Aber gerade diese Angriffe auf da« Wahlrecht beweisen, daß der Gedanke des allgemeinen Wahl- rechts immer stärker wird. DaS allgemeine Wahlrecht marschiert! Es ist schon in Deutschland   mehrfach auf der Straße um das Wahl- reckt gekämpft worden.(Zuruf rechts: Sie waren nicht dabei I) Sie wissen doch ganz genau, daß ich während der Zeit auf Festung war. Bilden Sie sich doch nicht ein, daß sich unsere Parteigenossen bei solchen Gelegenheiten drücken können!(Gelächter rechts.) Sie schließen von sich aus andere!(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Goethe hat gesagt: wenn es zur Revolution kommt, so ist jedenfalls nicht das Volk, sondern stets die Regierung daran schuld I Wir werden dafür sorgen, daß um ein Wort Friedrich Wilhelms I. zu variieren die Volkssouveränität stabilieret werde wie ein roobor de brouoe!(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Frhr. v. Zedlitz(fk.): Die einzige Antwort auf die Rede des Vorredners ist der Uebergang zur Tagesordnung über den sozial- demokratischen Antrag und die Petttion.(Bravo I rechts.) Ich weise die Unterstellung zurück, als wenn in der Thronrede versprochen sei, daß da« allgemeine Wahlrecht in Preußen eingeführt werden solle. Dem steht schon die Erklärung der Regierung gegenüber, daß die Uebertragung des Reichstagsivahlrechts auf Preußen eine Gefahr be- deute und dem Staatswohl nicht entspreche.(Sehr wahr! rechts.) Damit schließt die Diskussion. In der Abstimmung wird der Antrag der Sozialdemokraten, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Antrag der Frei- sinnigen mit den Stimmen der Rechten und eines Teiles des Zentrums abgelehnt und der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung angenommen. Eine Petition der Schriftstellerin Ruth BrS- Berlin um geeignete Unterbringung Gebärender wird dem Kommissionsantrag gemäß als Material überwiesen. Eine Petition deS Herrn v. Deutsch-Traubenberg-Berlin auf Einführung eines neuen Wahlsystems für Deutschland   bezw. Preußen beantragt die Kommission der Regierung als M a t e r i a l zu über- weisen. Die Sozialdemokraten beantragen Uebergang zur Tagesordnung. Abg. Liebknecht(Soz.): Ts handelt sich hier um ein groteskes Gebilde einer wirren, mittelalterlichen Phantasie. Der Herr v. Deutsch  -Traubenberg»er« findet' Wahlsysteme wie andere Leute Manschettenknöpfe.  (Heiter« keit.) Ernstlich kann man über die Sache überhaupt nicht diskutieren. Erstens wünscht er die Einführung eines ganz über- wiegenden PluralwahlrechlS, zweitens die Ersetzung des Reichstages durch eine Delegation der verschiedenen Landtage der Einzelstaaten l Es ist charakteristisch, daß die Kommission gerade diesen Antrag, der so unglaublich ist, daß man ihn direkt als nicht diesem Jahrhundert entsprungen bezeichnen könnte, der Regierung als Material zu überweisen empfiehlt. Sie haben offenbar eine besondere Freude an diesem Antrage, weil dabei gleich reiner Tisch gemacht wird mit dem Ihnen in Grund und Boden verhaßten ReichStagSwahl- recht, weil damit der geringe Anfang von Demokratie, der in Deutschland   existiert, beseitigt werden könnte. Gegenüber einem so reaktionären und sinnlosen Antrag kann eS nur heißen: Werfet das Scheusal in die Wolfsschlucht! Das werden Sie freilich nicht tun, gerade weil er reaktionär ist. In unserem Interesse kann ich nur erklären, nehmen Sie den Antrag der Komnnssion an und heften Sie sich damit von neuem ein Plakat auf, welches bor aller Welt Ihre reaktionäre Gesinnung und Ihre Volksfeindlichkeit beweise. (Unruhe rechts. Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Der Kommissionsantrag wird angenommen. Nach debatteloser Erledigung einer Reihe weiterer Petitionen vertagt sich das Haus auf Freitag 11 Uhr.(Schlußberatung des vom Hcrrenhause ab- geänderten Gesetzentwurfs betreffend die Haftpflicht für Amtsverletzungen der Beamten, kleinere Lorlagen, Petitionen.) Schluß»'/, Uhr. Stadtverordneten  - Versammlung. 2 2. Sitzung vom Donnerstag, de» 24. Inst, nachmittags 3 Uhr. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung ist eine der umfang. reichsten und reichhaltigsten, die jemals vorgelegen haben; ihre Bewältigung wird mindestens zwei Sitzungen, vielleicht drei er- fordern. Da der heutige Donnerstag der letzte ordentliche Sitzungstag vor den mit Anfang Juli beginnenden Ferien ist, werden in der Zeit bis zum 39. Juni inkl. noch ein oder zwei Extrasitzungen abzuhalten sein. Der Vorsteher M i ch e l e t eröffnet die Sitzung nach 3� Uhr mit einer Ansprache zum ehrenden Gedächtnis des am 21. Juni in seinem 96. Lebensjahre verstorbenen Ehrenbürgers van Berlin  , des langjährigen Vorstehers und Mitgliedes der Versammlung Dr. Paul Langerhans  . Die Versammlung hört die Ansprache stehend an und stimmt den Worten des Vorstehers einmütig zu. Der Vorsteher teilt darauf mit, daß die TrauerfeierlichkeU für Dr. Langcrhans am Sonnabend mittag 12 Uhr lm Festsaale des Rathauses stattfinden werde. Ferner verliest der Vorsteher ein Schreiben von Frau Clara Augustin, worin diese ihren Dank ausspricht für die bei der Bestattung ihres Gemahls, des Stadtverordneten Augustin, bewiesene Teilnahme seitens der städtischen Körperschaften. Für den verstorbenen Stadtverordneten Augustin ist in die Deputation für das Arbeitshaus und das städtische Obdach ein Mitglied zu wählen. Die Wahl fällt durch Zuruf auf den Stadt- verordneten Dr. B e r n st e i n(Soz.). Hierauf berichtet Stadtv. Cassel(A. L.) über die Vorlage betr. die Neufestsetzung der Besoldungsordnungen der städtischen Beamten und Bediensteten(mit Ausnahme der Lehr- Personen). Die Vorlage betrifft 176 verschiedene Gruppen und Kategorien von Beamten und Angestellten; der eingesetzte Ausschuß hat seit dem 4. Mai darüber beraten und die Vorlage mit einer Reihe von Modifikationen zur Annahme empfohlen. Unter an- devem hat der Ausschuß außerdem beantragt, die Gehälter fot- gender Magistratsmitglieder ab 1. April 1998 wie folgt zu nor- mieren: 1. Bürgermeister 26 999 M., 2. Kämmerer 17 999 M., 3. 2 Stadtbauräte a 18 999 M.. 4. Stadtschulrat Michaelis 15 999 Mark, 5. Stadtschulrat Dr. Fischer 13 399 M., nach 3 Jahren 13 999 M.. 6. Besoldete Stadträte 939913 399 M. mit nach- stehender Skala: 9599 M., nach 2 Jahren 19999 M., nach 4 Jahren 19 399 M.. nach 6 Jahren 11999 M.. nach 3 Jahren 11399 M.. nach 19 Jahren 12 999 M., nach 12 Jahren 12 759 M., nach 14 Jahren 13 399 M.; 7. eine pcnsionsfähige Zulage von 1599 M. für den StadtshndikuS. Stadtv. Borgmann(Soz.) beantragt, vor der Beratung der Beamtenbesoldungsvorlage die Besoldungsvorlage für die Lehrer- schaft nebst den dazu gestellten Anträgen wegen der großen Wichtig­keit einem Ausschuß sogleich zu überweisen, der heute noch gewählt werden sollte, um die Verabschiedung der Vorlage noch vor den Ferien zu ermöglichen. Stadtv. Cassel(A. L.) ist damit einverstanden, bittet aber, die Beamlenbesoldungsvorlage vorweg zu beraten. Oberbürgermeister Kirschner: Ich habe noch nie in Ihre Ge- schäftsordnung eingegriffen und will das auch jetzt nicht tun. Aber bei dieser Gehaltsaufbesserung handelt eS sich um 7999 beteiligte beamtete Personen und um 8999 Lehrer. Wenn Sie nicht so schnell wie möglich an der Verabschiedung der Vorlagen arbeiten, wird es kaum angängig sein, die Juligehälter entsprechend eui« zustellen. Stadtv. Borgmann betont, daß auch seine Absicht die gleich« sei, er ist damit einverstanden, daß die Beschlußfassung über die ge- meinsame Behandlung der LchrerbesoldungSvorlagen bis nach Be» ratung der Beamtenbesoldungen ausgesetzt wird. Referent Stadtv. Cassel berichtet, daß der Ausschuß die Po- sition 83, Gehälter der Rohr meister, die der Magistrat von 18993399 M. auf 2999 L399 M. erhöht habe, weiter auf 2199 bis 3799 M. zu erhöhen vorgeschlagen habe. Stadtv. Dr. Lcbermann weist darauf hin, daß der Magistrat sich entschieden gegen die weiteren vom Ausschuß beantragten Er- höhungen aussprechen müsse. Stadtv. Liebenow beantragt, bezüglich der Rohrmeister die Magistratsvorlage wieder herzustellen. Stadtv. Prenh(soz.-fortschr.): Ich möchte empfehlen, die Kategorie der MagistratSbureauhilfsarbciter gänzlich zu beseitigen. Stadtv. Imberg(N. L.) erklärt, daß seine Freunde der Vor- läge mit großer Freude zustimmen werden. Stadtv. Dr. Weyl(Soz.): Der über die Vorlage auSge- sprochenen Genugtuung kann ich mich nicht anschließen. Es bleibt eine Reihe kärglicher Aufbesserungen, die jetzt zum Beschlutz er. hoben werden sollen. Wir wollen bei der GeschäftSlag« der en bloc- Annahme nicht widersprechen, aber ich will doch kurz daraus hin- weisen, daß u. a. die Bauassistenten und die Architekten sehr zurückgesetzt sind. Wir hatten geglaubt, der Magistrat würde die Vorlage so schlucken(Heiterkeit), wie sie aus dem Ausschuß heraus. kommt. Warum ist er bei den Gehältern der Rohrmeister so klein- lich? Wäre ich unhöflich, so würde ich sagen schäbig.(Bor- steher: Das dürfen Sie nicht sagen!) ES handelt sich um 24 Rohr» meister, die eine verantwortungsvolle und anstrengende Tätigkeit auszuüben haben. ES ist bedauerlich, daß auS der Versammlung heraus jetzt der Antrag auf Wiederherstellung der Magistrats- Vorlage erfolgt. Die Erhöhung des Endgehalts auf 8799 M. be- zweckt nur, die gleiche Spannung bei diesen Gehältern wie früher bestehen zu lassen. Wir bedauern, daß der Magistrat in dieser Sache sich so rechthaberisch und starrköpfig erweist und uns Fehde ansagt.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Herzberg(Fr. Fr.) schließt sich in der Sache dem Vor» redner an; im Ausschuß habe man sich von der Notwendigkeit der Erhöhung dieser Gehälter der Nohrmeister überzeugt. Oberbürgermeister Kirschner: Ich mutz doch daraus auf- merksam machen, daß diese Ueberzeugung im Ausschuß nur von 7 gegen 6 Stimmen gewonnen wurde. Wir halten die Stellung dieser Beamten nicht für so bedeutend. Ich bitte Sie, sich nicht auf den Standpunkt des Herrn Dr. Weyl zu stellen, daß der Magistrat diese Vorlage zu.schlucken' habe.(Beifall.) Der Antrag L i eb e n o w auf Wiederherstellung der Magistrat», Vorlage für die Gehälter der Nohrmeister wird angenommen. Die Annahme der sonstigen Ausschußvorschläge erfolgt en bloc. Ebenso wird eine Resolution angenommen, wonach der Magistrat eine Neuregelung der Reisekosten. entschädigung nach der Richtung in Erwägung nehmen soll, an Stelle der Kilometerentschädigung die tatsächlich auf- gewendeten Fahrkosten zu vergüten. Bei der vom Ausschuß beantragten Erhöhung der Gehälter der Magistratsmitglieder beantragt Stadtv. Liebenow, das Gehalt des Kämmerers auf 18 999 M. festzusetzen, damit es den Gehältern der Stadtbauräte gleich, komme. Stadtv. Singer: Wir werden gegen die Erhöhung der Magistratsgehälter stimmen. Eine Notlage kann nicht vorhanden sein. Es gibt andere Stellen, wo die Erhöhungen notwendiger wären.(Sehr richtig I) Für die städtischen Arbeiter haben seit Jahren nur ganz geringe Aufbesserungen stattgefunden. Ich mache aber den ausdrücklichen Vorbehalt, daß bei unserer Ab- lehnung der Erhöhung der Magistratsgehälter von einer Person» lichen Animosität selbstverständlich keine Rede sein kann. Der Antrag Liebenow auf Erhöhung de? Gehaltes des Kämmerers auf 18 999 M. wird angenommen, ebenso die übrigen Positionen nach den Beschlüssen des Ausschusses. Oberbürgermeister Kirschner spricht der Versammlung und auch dem Ausschuß namenS des Magistrats und der Bürgerschaft unter dem Beifall der Lerfamoilung den Dan! für die jetzt«,