Die„Kölnische Volkszeitung" ficht sich zu dieser Enthüllung beranlaßt durch unsere Mitteilungen über die im ultramontanen Lager herrschende Strömung gegen d'en katholischen Volksverein; sie will„irrtümlichen Darstellungen und un- gebührlichen Uebertreibungen" vorbeugen, und glaubt aus ihrem Material den Schluß herleiten zu dürfen, daß„die ganze Aktion bedeutungslos ist und sein wird". Es ist auffallend, wie leicht es der„Kölnischen Volkszeitung" wird, wenn es ihr paßt. Mitglieder der Zentrunispartei, Angehörige des einflußreichsten Ordens, Leiter und Mitarbeiter hervorragender ultramontaner Zeitschristen und Zeitungen zur Bedeutungslosig- keit zu verurteilen. Sie iingsrikche(SegiemgzKriie. Aus Wien wird uns vom 23. Juni geschrieben: Die Zeiten des ungarischen Koalitionsministeriums haben sich erfüllt, und in„einigen Tagen", wie der Kaiser gestern zu Herrn Wekerle sagte, wird es gewesen sein. Es ist ein ruhmloses Ende, das es nimnit, und von den Hoffnungen, die an diese aus einer großen Volksbewegung geborenen Re- gieruug geknüpft wurden, hat sich nicht eine erfüllt; im Gegenteil, die nationale Regierung, als welche das Koa- litionsministerium begrüßt wurde,' hat sich als ein regelrechtes Betyarensystem entpuppt, das an Volksfeindschast selbst in der Geschichte der magyarischen Schandregierung seines- gleichen nicht leicht finden wird. Die Koalition entstand, als Stefan Tisza, der von seinem Vater nur Namen und Ver- mögen, nicht die politische Geschicklichkeit geerbt hat, mit seinen Plänen auf Reform der Geschäftsordnung, durch die die nationale Opposition hätte erdrosselt werden sollen, heraus- rückte und scheiterte. In den Neuwahlen im Jahre 1903 wurde die altliberale Partei, die seit Deak das Land be- herrscht hatte, aufs Haupt geschlagen, und die Unabhängig- keitspartei, die der Fahne Kossuths folgte, errang einen großen Sieg. Ueber ein volles Jahr dauerte der Konflikt zwischen Reichstagsmehrheit und Krone, der durch die Ne- gierung Fejervarys und Kristoffys noch verschärft wurde, deren geschichtliche Bedeutung in der Verheißung der Wahl- reform liegt, durch die der im Chauvinismus und Klassen- egoismus versteinerte Reichstag auf neue Grundlagen gestellt werden sollte. Erst im Frühjahr 1906 erfolgte zwischen der Krone und der Mehrheit des Reichstages(die aus der Koa- lition der Unabhängigkeitspartei, der Verfassungspartei und der Volkspartei besteht) der Friedensschluß, der die Einsetzung des Koalitionsministeriums herbeiführte. In dem Pakt mit der Krone, auf Grund dessen die Koalition die Regierung übernahm, wurde die Wahlreform als die Hauptaufgabe der neuen Regierung erklärt. Und man erhoffte von ihr nicht bloß deren baldige und aufrichtige Erfüllung, man wähnte, mit ihr überhaupt einen politischen Fortschritt gemacht zu haben, von dem aus die Reinigung des korrupten öffentlichen Lebens, soziale Maßregeln und politische Reformen erfolgen werden. Aber man hatte sich dabei gründlich getäuscht. Denn die Koalition und ihre Regierung enthüllten sich bald als ein Klüngel des niedrigsten und bedenkenlosesten Klasseninteresses. Die Korruption, die schwärende Wunde an dem ungarischen Volkskörper, nahm eher zu, und die neuen Männer begannen ihr Regieren nach dem berüchtigten Grund- satz: lZancdiskc� vous! Sie bereichern sich auch alle, und mehr au„Subventionen" und„Dotationen", wie das Plündern der Staatskassen zugunsten der herrschenden Clique genannt wird, dürfte auch unter der Herrschaft der Alt- liberalen nicht vertan worden sein. Und in seiner Häufung von Gesetzbrüchen und Rechtsverletzungen wider die Arbeiter- klasse und gegen die nichtmagyarischcn Nationen erschien die neue Regrerung, die bestimmt war, die demokratischen Notwendigkeiten zu erfüllen, womöglich noch nichtsnutziger als die früheren Betyarenregierungen. Die Wahlreform wurde aber nach allen Regeln der Drahtzieherkunst verschleppt und verfälscht. Aus den Enthüllungen des gewesenen Justiz- Ministers Polonyi, eines der Prachtgesellen aus dieser Epoche der Streberei, ist der unverfrorene Betrug bekannt geworden, mit der sich die Koalitionsminister ihren Verpflichtungen in Sachen der Wahlreform entledigen wußten. In dem Pakte mit der Krone hatten sie sich verpflichtet, die Wahlreform „zumindesten auf ebenso breiter Basis auszuführen, als sie in dein Programm der Regierung Fejervary enthalten war". Die Wahlreform dieser Regierung aber war das allgemeine, gleiche, geheime(in Ungarn wird noch öffentlich gewählt) und gemeindeweise auszuübende Wahlrecht(derzeit gibt es für jeden noch so großen Wahlbezirk nur eine Urne); dieses sollte also die Koalition als Regierungsprogramm über- nehmen. Als aber die Herrschaften am Tage, nachdem sie Minister geworden waren, nach Budapest zurückfuhren, ver- einbarten sie im Kupee schon, in allen ihren Kundgebungen nur vom„allgemeinen" Wahlrecht zu reden: damit die übrigen, nicht minder notwendigen Reformen in der Liste ihrer Verpflichtungen und Versprechungen nicht erscheinen und man sich später auf diese Lücke berufen könne I Welche Infamie dann der Graf Andrassy als Wahlreform ausheckte (kein Wahlrecht für Analphabeten, Pluralität, mündliche Ab- slimmungen und eine Reihe kleinerer, aber gewichtiger Schuftereien mehr), ist bekannt; freilich ruht der Entwurf feit dreiviertel Jahren im Archiv des Hauses, ohne daß er auch nur zur ersten Lesung gelangt wäre. Man begreift also, daß alle anständigen Menschen die Entlassung dieser Re- gierung als eine wahre Erlösung empfinden müssen. Was freilich kommen wird und kommen könnte, liegt ganz im ungewissen. Der formelle Anlaß der Krise war be- kanntlich die Bankfrage: die Forderung nach Errichtung der selbständigen ungarischen Bank, die die Unabhängigkeits- Partei vertritt, wogegen sie die anderen Parteien in der Koalition ablehnen, ist von der Krone mit aller Bestimmtheit zurückgewiesen worden, und kein anderes Schicksal hatten die Vorschläge, durch militärische Konzessionen das gesunkene Prestige der Koalitionsherren aufzufrischen. Nun bemüht sich um die„Entwirrung", nachdem Wekerle gestern der Krone das letzte Angebot gemacht und die letzte Absage erhalten, der ehemalige Finanzminister im Kabinett Szell, Herr v. Lukacs, der als besonderer Vertrauensmann des Kaisers gilt; aber es ist nicht zu erwarten, daß es ihm gelingen werde, die Kluft zu schließen, die zwischen dem Standpunkte der Krone, die die unversehrte Bewahrung der dualistischen Ein- richtungen fordert, und dem Standpunkte der Unabhängig- keitspartei. die um jeden Preis„nationale" Eroberungen erlangen will, heute klafft. Die Krone, die nach der Kam- pagne, die Fejervary und Kristoffy für sie geführt hatten, alle Trümpfe in der Hand hatte, hat durch ihr feiges Gewähren der Verschleppung der Wahlreform das Spiel halb verloren und kann leicht an den Punkt geraten, aus dem nur Gewalt den Weg weist. Wenn freilich diese„Gewalt" in der . Oktroyierung des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes bestünde, , würde der„Staatsstreich" höchste Staats- und Volksraison sein. politische CleberlicKt. Berlin , den 25. Juni 1909. Kaffee-, Tee- und Licht-Besteuerung. Aus dem Reichstage. 25. Juni. Nicht weniger als vier neue Steuern wurden heute in dem beliebten Automobiltempo von der agrarischen Mehrheit in die Reichs- scheune eingefahren. Die Mehrheit zeigt dadurch der Regierung, daß sie bereit ist, alles, was verlangt wird an neuen Steuern, zu bewilligen— aus anderer Leute Taschen. Und diese charakterlose Regierung ist ihrerseits wirklich bereit, nach den Wünschen jener Mehrheit, von der sie soeben mit derben Fußtritten regaliert wurde, das Steuerbukett zusammenzustellen. Wenigstens konnte der Agrarierhäuptling Röficke, ohne daß ihm der anwesende Schatzsekretär S y d o w widersprach, feststellen, daß dieser Gummimann auf dem Ministersessel in der Kommission die Mehrheit ermahnt habe, doch nicht all- zuviel Steuern mehr zu streichen, sonst kämen die 500 Millionen nicht heraus. Zunächst wurde eine Reichsstempelsteuer, dann eine W e ch s e l.st e u e r bewilligt. Zu dritt ging es an die Erhöhung des Kaffee- und Teezolles. Auch hierbei konnte von den Kritikern aus den Reihen der Linken wieder nachgewiesen werden, in wie ungeschickter Weise von Regierung und Kommission die Vorlage bearbeitet war. So erschien das Urteil des Genossen Molken- b u h r gerechtfertigt, daß„ein wirklich seltener Mangel an Sachverständnis" von den Steuerdrcchslern be- tätigt worden sei. Molkenbrchr wies nach, daß die armen Leute in geradezu frevelhafter Weise mit dieser Steuer be- lastet würden. Die Feuerungsarbeiter z. B., die auf den Konsum von großen Mengen kalten Kaffees geradezu ange- wiesen seien, würden schwer getroffen werden. Obendrein wird die Verteuerung von Kaffee und Tee den Alkoholkonsum heben, was allerdings den ostclbischen Schnapsbrennern sehr willkommen sein würde. Aber alle Gegenreden halfen nichts— der kompakte Agrarierblock schluckte auch diese Volks- feindliche Steuer in namentlicher Abstimmung herunter. Bei der Glühkörper st euer das nämliche Bild l Der nationalliberale Abg. Weber wies an einigen Proben von Glühbirnen und Glühstiften nach, welch unsäglicher Be- lästigung die elektrische Industrie, aber auch Handwerk und Publikum durch diese schikanöse Steuer ausgesetzt sein würde. Die freisinnigen Abgeordneten C u n o und Müller- Metningen ergänzten diese Ausführungen durch Kritik der Einzelbestimmungen. Herr Müller wies insbesondere nach, daß das Zentrum ftüher einen ablehnenden Standpunkt gegenüber dieser Steuer eingenommen habe. Genosse Severing wies treffend die schweren Schädigungen nach, die auch den Arbeitern als Konsumenten wie als Produzenten aus dieser Steuer erwachsen würden. Alles vergeblich! Herr S y d o w versuchte die Belästigung als völlig belanglos hinzu- stellen, und Herr P i ch l e r vom Zentrum wandte alle Künste pfäffischer Wortklauberei an, um seine und seiner Partei- genossen frühere Gegnerschaft wider die Steuer hinweg- zudeuteln. Schließlich wurde auch diese Verdunkelungs- st e u e r. bei der Regierung und Agrarterblock sich in innigem Bunde vereint hatten, mit der gewohnten Mehrheit an- genommen. Als der Vizepräsident Paaschs dann die nächste Sitzung für Mittwoch, den 30. Juni, um 1 Uhr, vorschlug, beantragte Singer, das Haus morgen(Sonnabend) tagen zu lassen, da man dem Reichskanzler doch Gelegenheit geben müsse, sich sobald wie möglich über die Lage zu äußern. Die Heiterkeit, die daS bei allen Parteien erweckte, zeigt, welches Maß von Mißkredit der zerfließende Schneemann Bülow sich erwirkt hat. Die Mehrheit stimmte indes dem Vorschlage Paasches zu. Am nächsten Mittwoch geht also die Steuer- Pfuscherei weiter._ Landtagsschluff. Am Freitagnachmittag ist die Landtagssession in der üblichen Weise geschlossen worden, nachdem vorher noch beide Häuser kurze geschäftliche Sitzungen abgehalten hatten. Das Abgeordnetenhaus nahm zunächst den Gesetz- entwurf betr. Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen bei Ausübung der öffentlichen Gewalt unter Streichung des ß s an, der von der Haftung für Amtspflicht» Verletzungen der Lehrer handelt. Einige Petitionen um Abänderung der hannoverschen Städteordnung, die der Regierung zur Er- wägung überwiesen wurden, gaben unseren Genossen Le inert Gelegenheit, die Rückständigkeit und den plutokratischcn Charakter der Städteordnungen zu geißeln, während eine Petition um Neurege- lung der studentischen Rechtsverhältnisse unseren Genossen Lieb- k n e ch t auf den Plan rief, um die Reaktion an den Universitäten zu brandmarken. DaS Herrenhaus genehmigte das Stempelsteuergesetz in der vom Abgeorduetenhause angenommenen Fassung, schloß sich in bezug auf den Gesetzentwurf betr. Haftung de? Staates den Be- schlüssen des Abgeordnetenhauses an und erteilte einem Antrage des Grafen Ha eseler betr. obligatorische Emführung des Fort- bildungSschulunterrichtS seine Zustimmung. Damit hatte die parlamentarische Saison in Preußen ihr Ende erreicht._ Die Abstimmung über die Erbschaftssteuer. Nach der amtlichen Abstimmungsliste haben am Donnerstag für die Erbschaftssteuer gestimmt: die Frei- konservativen, die Antisemiten, die Nationalliberalen, die Freisinnigen und die Sozialdemokraten, dagegen die Kon- servativell, das Zentrum und die Polen . Dissidenten haben zu verzeichnen die Konservativen, die Neichspartei, die Antisemiten, geschlossen stimmten Zentrum, National- liberale, Freisinnige und Sozialdemokraten. Von den Kon- servativeii stimmten sechs für die Steuer: Pauli-Pots- dam, Fürst Hohenlohe-Oehringen. Wagner, Giese, Arnold und v. Kaphengst, von den Frei- konservativen drei dagegen: Varenhorst, v. d. Wense, Dorksen, von den Antisemiten sechs da- gegen: Vogt(Crailsheim ), Vogt(Hall), Köller, Bindewald, Liebermann v. Sonnenberg und K ö hl e r. Die Elsaß-Lothringer stimmten mit dem Zentrum gegen die Steuer, nur Dr. Gregoire enthielt sich der Stimme. Es fehlten 13 Abgeordnete: Bebel(Soz.), Beuchelt(k), Böning(k), Haas(natl.), Freiherr v. Hehl zu Herrnsheim (natl.), Dr. Opfergelt(Z.). Grafv.Oriola(natl.), Preiß(wild), Fürst Radziwill (Pole), Stadthagen (Soz.), Graf Stolberg-Wernigcrode(fraktionslos), de Wendel(wild), Zimmermann(Ant.). Die meisten der Fehlenden sind durch Krankheit oder leidenden Zustand entschuldigt; Genosse Stadt- Hägen weilte in der Stadtverordnetenversammlung. Acht der Fehlenden werden als Gegner, fünf als Freunde der Erb- schaftssteuer gerechnet. Besonders Hemerkenswerk an der MstlMMung ffk, baß das Zentrum völlig geschlossen gegen die Erb- schaftssteuer gestimmt hat. Die„Arbeitervertreter" in dieser Partei haben also auf eigenartige Weise die Interessen der katholischen Arbeiter vertreten! Schluß in der Finanzkommissio». Die Finanzkommission erledigte in ihrer Freitagssitzung die letzten Reste der von der Regierung vorgeschlagenen Ersatzsteuern. Die Beratung begann mit dem Scheck st empel. Die Regierungs- Vorlage sieht fiir jeden Scheck eine Stempelgebühr von 10 Pf. vor. Es sollen auf diese Weise 12—13 Millionen Mark herausgeschlagen werden. Singer erklärt, daß jede Verkehrsstener von sozialdemokra- tischer Seite abgelehnt werde, der Scheckstempel würde übrigens auch die Entwickclung des Scheckverkehrs stark beeinträchtigen und vorzugsweise den Mittelstand treffen, da die Weilaus größte Zahl der Schecks nur über mäßige Beträge lauten. Gegen den Scheckstempel wenden sich auch Freisinnige und National- liberale. Müller-Fulda beantragt zunächst, Schecks über Beträge bis 1ö0 M. stempelfrei zu lassen, zieht aber auf die Einwendungen des Reichsbankpräsidenten v. Havenstein und Sydows seinen An- trag zurück. Gegen die Stimmen der Linken wird sodann der Scheck st empel beschlossen. G e st r t ch e n wird nur die Bestimmung, daß Quittungen über Geldsummen, die aus Guthaben des Ausstellers gezahlt werden, den Schecks gleich behandelt werden sollen. Zum Schluß wird die Vorlage über den Bersicherungs- st empel abgelehnt. Die Regierung wollte 35 Millionen da- mit erlangen. S y d o w bittet flehend, die Steuer nicht abzulehnen; nach- dem gestern der Reichstag die Erbschaftssteuer abgelehnt habe, könne die Mehrheit sich jetzt nicht den Luxus erlauben, auch noch diese Steuer ab- z u l e h n e n. Trotz dieser Bitte stimmte nur der Vorsitzende für den Versicherungsstempel. In rascher Folge wurden noch eine Reihe formaler Be- stimmungen erledigt und dann war die Kommisston wieder einmal mit ihren Arbeiten fettig— bis zu den nächsten E r s a tz st e u e r n. Eine Einmischung des persönlichen Regiments. Die„Verl . Neuest. Nachrichten" behaupten, bestimmt zu wissen, daß der Kaiser„die ultramontane Vorherrschaft für un- leidlich hält" und„sich auch gerade wieder in den letzten Tagen große Mühe gegeben hat, die drohende Gefahr abzuwenden". Mehr, als in der Oeffentlichkeit bekannt ist, habe er hier und da eingegriffen oder durch seine Kritik die Haltung und Entscheidung der Regierung beeinflußt. Noch kurz vor Beginn der jüngsten Verhandlungen nach den Pfingstferien habe er den früheren Landwirtschaftsminister v. P o d b i e l S k i als Vermittler zwischen Konservativen und Liberalen entsandt. Damit habe der Kaiser zum ersten Male einen deutlichen Beweis gegeben,„wie sehr die Blockpolitik de» Fürsten Bülow ihm eine eigene Herzens- fache war, und wie sehr er an der Festhaltung einer Politik, die die Ausschaltung des Zentrums ermöglicht, interessiert ist." ES liegt kein Grund vor, an diesen Angaben zu zweifeln— sie passen durchaus zu den deutschen Zuständen. Daß die Kon- servativen dem kaiserlichen Drängen nicht nachgaben, nötigt unS einen gewissen Respekt ab— bei den deutschen Liberalen wäre man solcher Festigkeit nicht sicher gewesen! Nationalliberaler Vertretertag. Der geschäftsführende Ausschuß deS gentralvorstandeS der nationalliberalen Partei hat beschlossen, einen allgemeinen Bertretertag der Pattei zum Sonntag, den 4. Juli, nach Berlin einzuberufen.— Eine politische Erpreffung. Die„Tägl. Rundschau" erzählt: „Das Zentrum, das sich so nervös zeigte wie nie vorher. hatte alle feine tributpflichtigen Abgeordneten, das heißt alle, die ihre Wahl klerikalen Minderheiten verdanken, bei Strafe künftiger Bohkottierung auffordern lassen, gegen die Erbanfall- steuer zu stimmen, widrigenfalls ihnen bei der nächsten Wahl jede Wahlhilfe entzogen würde. Der edle Müller- Fulda trieb dieses reinliche E rp r e ff er g es ch äft mit b e- sonderer Schamlosigkeit und wurde nur noch über- boten durch den Direktor Diedrich Hahn, der einen, nationalliveralen Abgeordneten, dessen Mandat beanstandet ist, mit Schwierigkeiten bei dessen Wahl- Prüfung drohte, wenn er nicht gegen die Erbanfallsteuer stimmte I" Man darf begierig sein, tvaS Herr Hahn auf diesen schweren Vorwurf politischer Korruption zu ant- Worten haben wird._ Das Militärstrafrecht am Kontrollversammlungstage. Eine ganz vernünftige Entscheidung de» Würz. bürg er Kriegsgerichts wurde vom Reichsmilitär- gericht wieder vernichtet. In Stock st adt(Unterfranken ) hatte eine Anzahl Reservisten, durchwegs Bekannte und Duzbrüder, nach der Kontrollversammlung die übliche Bierreise gemacht und war zuletzt spät in der Nacht in der Röhlschen Wirtschaft angelangt, wo sich unter den stark Bezechten eine Balgerei entwickelte. Der Unteroffizier der Reserve Odette wollte den Streit schlichten und schwang zu diesem Zwecke einen Stuhl, wobei er den Reservisten PiuS Depp in die Seite traf. Dieser war darüber aufgebracht und schlug den Oberle mit der Hand ins Gesicht. Dafür wurde nun Depp, nachdem die hinzugekommene Gendarmer« die Sache an- gezeigt, vor das Kriegsgericht Würzburg wegen„tat- lichen Vergreifens an einem Vorgesetzten" usw. gestellt. Das Kriegsgericht erklärte sich für u n z u st ä n d i g; die Sache gehöre vor das bürgerliche Gericht, da die Kontrollpflichtigen nur während der Kontrollversammlung selber dem Militärstrafrecht unterstchen könnten» aber nicht während des ganze» TageS. Diese verständige Entscheidung wurde vom Reichs. Militärgericht aufgeh ob en. DaS Kriegsgericht hat darauf den Depp zu der unerhörten Strafe von K Monaten 8 Tagen Gefängnis(1) verurteilt. UebrigenS ist auch der Reserveunteroffizier für das Schwingen des Stuhles wegen Mißhandlung eines Untergebenen bestraft worder Der Fall zeigt wieder einmal mit krasser Deutlichkeit, wie dringend notwendig eS ist, auf dem Wege der Gesetzgebung außer Zweifel zu stellen, daß die Reservisten nur für die Dauer der Kontrollversammlung unter den Militärgesetzen stehen. Praktiken des Hakatismns. Vor einigen Tagen wurde in G l e i w i tz, O.-Schl.,«in Pro- zeß verhandelt, der ein grelles Schlaglicht auf die Korruption?. arbeit des Hakatismus wirft. Der Redakteur des„Gleiwitzer Jntelligenzblattes" Peter Hill klagte gegen«in au- dereS Gleiwitzer Blatt, den„Oberschiefischen Wanderer", weil dieser behauptet hatte, daß Hill 1000 M. aus dem„Germanisations- fonds"(Reptilienfonds) empfangen hat. Im Verlaufe der Ver- Handlung mußte der als Zeuge geladene Oberbürgermeister der Stadt Gleiwitz , Herr Mentzel, zugeben, daß er in letzter Zeit zweimal bei der Regierung beantragt hat, dem Herausaeber des„Jntelligenzblattes" ein«„Subven. tion von tausend Mark aus dem Germasifations-
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