Seßhaftmachung der landwirtschaftlichen Arbeiter erblickt.»Ein be-sondereSJnteresse wird dem nördlichen S ch l e S w i gzugewendet werden müssen", wurde in einer solchen Redeausgeführt.„VerminderungderLandflucht der land-wirtschaftlichen Arbeiter. Vorbeugung der Eni-voller ung des platten Landes", hiev es in einer andern.Zur Finanzierung dieser agrarischen Gründung mit national-politischem Einschlag sind nicht ollein die Provinz und die Kreise,sondern auch die kreisfreien Städte der meerunischlungcnen Provinzherangezogen worden. Es werden Anteilscheine ä 1000 M. ausgegeben, die Haftsumme beträgt für jeden 2000 M. Um den Be-lrilligungScifer der Stadtkollegien zu entfachen, werden auf dasKriegervereinSniveau gestimmte Reden gehalten, in denen von einerStärkung des Deutschtums in Nordschlcswig gesprochen undauf die Gefahren hingewiesen wird, die uns von demLilipntstaat Dänemark erwachsen können. So etwaszieht, das entfacht die Hurrastimniung, wie sich das in der letztenSitzung der Wandsbekcr Stadtkollcgien zeigte. Obwohl Tags zu-Vor das Stadtverordnetenkollegium in vertraulicher Sitzung demProjekt skeptisch gegenüberstand, fiel es in der gemeinschaftlichenSitzung beider Stadtkollegien nach der ersten stadträtlichen Rede um.Mit guten Gründen wandten sich unsere Genossen gegen den Nord-hakatismuS, aber nur drei bürgerliche Stadtverordnete folgten ihnen,so datz der Antrag auf Beteiligung mit zwei Anteilscheinen mit achtgegen sechs Stimmen angenommen wurde. In Neumünster sind6000 M. für diesen Zweck bewilligt worden.Nun wird der Radau an der KönigSau bald wieder losgehen.Die StaatSregierung steht dieser Angelegenheit bislang noch abwartendgegenüber, obgleich die Manager sich bemüht haben, sie finanziell zubeteiligen._Die„Freien Stunden" in der Kaserne.Vom Oberkricgsgericht des 4. Armeekorps in Magdeburg wurdeder Reservist Bäcker Walter Schraube, der bei der 6. Kompagnie des20. Jnfanterie-Regiments zu Wittenberg diente, zu vierzehnTagen st rengen Arrest verurteilt, weil in seinem Bett m derKaserne einige Hefte der im»VorwärtS"-Verlag erscheinenden Unter-haltmrgszeitschrist„In Freie» Stunden" gefunden worden waren.Die erste Instanz, das Kriegsgericht der 8. Division in Halle, hatteden Angeklagten zu vier Wochen strengem Arrest verurteilt, weiles den Ansdnick des Schuldbewnsstsems in dem Umstand gefundenhatte, daß der Angeklagte die Hefte in seinem Bett aufbewahrte.DaS Oberkriegsgericht glaubte jedoch annehmen zu dürfen, dah derAngeklagte nicht aus Böswilligkeit, sondern ans Unverstand gehandelthabe. Der Angeklagte wurde ausdrücklich als einer der b e st e nSoldaten bezeichnet.Eine dreitägige Kirchendebattegab'S im württcmbcrgischcn Landtage. Der Regens des Rotten-bnrger Priesterseminars hat einem Zögling namens Heilig die Tage-bllcher�genommen. Der gestrenge Herr entdeckte in diesen Büchernallerlei.ketzerische" Gedanken über die Ohrenbeichte, Mischehen,Zölibat usw. Der Zögling wurde entlasten. Nach einer alten Be-slimmung vom Jahre 1828 kann jedoch ein Zögling nur mit Zu-stimmung des Kirchcnrats, einer staatlichen Behörde, entlassen werden.DaS Vorgehen des Regens bezw. Bischofs von Rottenburg, der die Ent-lassung verfügte, wurde in dreitägiger Redeschlacht kritisiert bezw.verteidigt. Der sozialdemokratische Redner Genosse Heymann brachtebei der Gelegenheit verschiedene Fälle von Proselytenmacherei aufdem Sterbebette zur Sprache. In einem Falle hat ein katholischerPfarrer einem auf dem Sterbebette liegenden Genossen dazu ge-bracht, aus der Partei auszutreten, in einem anderen Falle ist einsterbender Mann bewogen worden, das seiner Frau gegebene Ver-sprechen evangelischer Kindererziehnng zu brechen. Die Erklärung,die den Wortbruch enthält, hatte der Sterbende nur noch mit dreiKreuzen unterzeichnen können. Am Freitag endlich kam die Debattezu Ende. Ein Antrag der sozialdemokratischen, nationalliberaleuund der Volkspartet fand Annahme, daß die Regierung solchenUebergriffen der Kirche energisch entgegentreten und die Rechte derZöglinge des Priesierseminars schützen möge.Hochpolitisch.Vorgestern brachte eine Anzahl Blätter die Nachricht, daß vordem ReichskaitzlerpalaiS ein Möbelwagen stehe. Darin sahman endlich eine ebenso nötige wie authentische Bestätigung des.Unwiderruflich" der„Nordd. Allg. Ztg.". Leider kam am nächstenTage daS bei allen wichtigen politischen Ereignissen jetzt unauSbleib-liche Dementi:- Der Möbelwagen galt nicht Bülow, er galtseinem Koch. Natürlich muhte diese Nachricht allerleiKombinationen erwecken. Offenbar schämte sich der treueDiener seines Herrn. Er, der für den Block so vielgetan hatte, der alle jene Diners ermöglicht hatte, bei denenzwischen Obst und Käse die liberalen Prinzipienhelden der Ueber-rcdungskunst des Gastgebers erlagen, er konnte es seinem Herrnnicht verzeihen, seiner Kochkunst so allen politischen Wert genommenzu haben. Er hielt im Unglück nicht stand.Doch daS war irrig. Ein neues Dementi belehrt unS,datz der.Herr Misdre" gar nicht daran denkt, den Dienst des FürstenBülow zu verlassen. Man sieht: BülowS Koch ist der einzige, derin dieser politischen Krise nicht umgefallen ist.Oesterreich.Gegen die tschechische Obstruktion.Wien, 3. Juli. Zwischen Tschcchisch-Radikalen und tschechischenSozialdemokraten kam es nach Eröffnung der heutigenAbgeordnetenhaussitzung zu Lärmszenen. Die Tschechisch-Radikalen hatten gehofft, durch ihr Fernbleiben vom Plane dieSitzung beschlußunfähig zu machen. AIS diese dennoch eröffnetwurde, zogen sie unter Protestrufen in den Saal ein. DieSozialdemokraten überhäuften sie wegen ihreS p a r l a-mentsfeindlichen Verhaltens mit Vorwürfen. DieSozialdemokraten Habermann und S o u k o u p und derTschechisch-Radikale Lisy drohten einander mit Ohrfeigen. Nach-dem die Ruhe wiederhergestellt war, setzte da» Haus die Debatteüber den Dringlichkeitsantrag betreffend die Minoritätsschulenfort.Vertagung der ungarischc» Krise.Wien, 3. Juli. Ministerpräsident Dr. Wekerle trifft heutein Wien ein und wird vom Kaiser mit der Führung der Geschäftebis zum Herbst betraut werden. Die Entscheidung über.dieungarische Krise ist demnach bis zum Herbst vertagt.Italien.Sozialistischer Wahlsieg.Rom, 1. Juli.(Eig. Ber.) Da die Wahl des KreisesPater no von der Wahlprüsungskommission annuliertworden war, hat am 28. Juni cipo Ersatzwahl stattgefunden.bei der Genosse M i l a n o ohne �««kandidaten mit 2255Stimmen gewählt wurde. Der� ÄiMnd der sozialistischenVarlamentSsraktion erhält sich soniiklÄN/scincr ursprünglichenHöhe, denn der jetzige Sieg wiegf Hek'Phrlust des Mandatsdes Genossen T a s c a auf, an dessm Melle die Wahlprüfungs-kcmmijsion den ministeriellen G�MMyamiert hat.CnZlanck.Die Sozialdemokratische Partei uud der Zareubesuch.London, 1. Juli.(Eig. Bericht.) Durch ein Uebereinkommenzwischen den Sekretären der Sozialdemokratischen Partei und derArbeiterpartei wird die Demonstration(gegen den Zarenbesuch) amTrafalgar Square die ganze britische Sektion des InternationalenBureaus umfassen. Es werden also in der Demonstration vertretensein: die Sozialdemokratische Partei, die Unabhängige Arbeiterparteiund die Arbeiterpartei. Der Tag der Demonstration ist der26. Juli.—Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei nahm in seinerletzten Sitzung folgende Resolution an:„Die Sozialdemokratische Partei spricht sich nachdrücklich dagegenaus, daß dem Zaren von Rußland bei seinem Besuche in Englandein staatlicher Empfang bereitet wird. Als Despot des russischenVolkes hat er sich persönlich identifiziert mit dens ch l i m m st e n Verbrechen, die an seinen edelsten Untertanenverübt wurden, und er-hat die Torturen und Grausam-leiten, die den Hinrichtungen vorausgingen, gestattet undempfohlen. Der Vorstand verlangt auch, daß diejenigen, die dieEinladung dieses blutbefleckten Monarchen unterstützen.das Volk über diese Angelegenheit befragen und zu diesem ZweckeVersammlungen in ganz Großbritannien einberufen, um ihnen Re-solutionen zugunsten des Zarenbesuches vorzulegen."Cürhei.Kreta.Die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechen-land haben sich in den letzten Tagen weiter verschärft.Die vier Schutzmächte der Insel Kreta, England, Frankreich,Italien und Rußland, wollen ihre Truppen am 24. Juli zurück-ziehen. Die Türken fürchten, daß die Kreter, die so oft für ihreUnabhängigkeit die Fahne des Aufstandes erhoben haben, diesenAnlaß benützen werden, um die völlige Vereinigung mitGriechenland durchzusetzen. Diese Vereinigung wird auch inGriechenland selbst immer wieder gefordert, und nur die Nieder-läge der Griechen im letzten türkisch-griechischen Krieg hat dieErfüllung dieser Forderung gehindert. Das neue türkische Regimemöchte aber nicht nur neue Verluste verhindern, sondern sucht dasunter dem Despotismus verloren Gegangene wiederzuersetzen. DieTürkei ist Griechenland militärisch überlegen, und einsiegreicher Krieg würde das Ansehen der Jungtürken be-sonders in der asiatischen Türkei naturgemäß sehr heben. ES istalso leicht möglich, daß der Abzug der Truppen der Schutzmächtein Kreta zu Unruhen führt, die für die Türkei der Anlaß zumilitärischem Vorgehen werden könnten.Die Türkei hat in verschiedenen Noten die Mächte auf dieseGefahren aufmerksam gemacht und erklärt, eher Kriegführen zu wollen, als eine Unabhängigkeitserklärung Kretaszuzulassen. Vielmehr wünsche sie in Zukunft Aenderungen, dieihr einen größeren Einfluß auf die Verwaltung der Insel gewähr-leisten, die heute unter einem von den Scliutzmächten auf Vorschlagdes Königs von Griechenland ernannten Oberkommissar steht. Zu-nächst aber sollen die Machte ihre Truppen noch auf der Inselbelassen. Unterdessen rüstet die Türkei mit allem Eifer zumKriege.Die Mächte suchen nach einer Vermittelung. Nacheiner Meldung des„Tanin" hat die Pforte bereits die A n t w o r tEnglands auf die letzte Zirkularnote erhalten. England er-klärt darin, der früher gefaßte Beschluß, die fremden Truppenzurückzuziehen, könne unmöglich abgeändert werden. DieTruppen würden auf den Kriegsschiffen in der Sudabai ber-bleiben, um die türkische Fahne als Zeichen der türkischen Sou-beränität zu beschützen. Es sei kein Unterschied, ob die fremdenTruppen auf dem Lande oder auf den Schissen seien. Die türkischeSouveränität werde nicht beeinträchtigt werden. ES wird in derAntwort ferner die grundsätzliche Bereitwilligkeit zuVerhandlungen über die der Insel zu gewährende Auto-n o m i e ausgesprochen. Diese Verhandlungen sollen aber erst be°ginnen, wenn die öffentliche Meinung sich beruhigt hat.Ob eS aber gelingen wird, den Gegensatz zwischen.den tür-kischen und griechischen Ansprüchen zu überbrücken und den Aus-bruch von Feindseligkeiten hintanzuhalten, muh zweifelhaft er-scheinen._Griechen und Armenier.Konfiantinopel, 8. Juli. Auf der Pforte eingelaufene Tele-gramme melden den Beginn einer Massenauswanderungvon Armeniern aus dem gesamten Gebiet Ciliciens undanderen Teilen Kleinasiens. Die Regierung erwägt schleunigeGegenmaßregeln. Die Hirsigen dienstpflichtigenHellenen verlassen die Stadt. In der letzten Woche sind etwazweihundert nach Athen abgereist.Blättermeldungen aus Drama zufolge ist die Spannungzwischen den Türken und Griechen fortgesetzt be-unruhigend. Der Boykott besteht weiter.Ein griechischer Nebcrfall.Konstantinopcl, 2. Juli. Der Osmanisdfc Lloyd meldet ausSaloniki: 2000 zur Erntearbeit nach Thessalien wandernde Mo-hammedancr aus Scrfidge wurden bei Elassona von griechischenSoldaten überfallen, die mehrere von ihnen töteten oder ver-wundeten. Infolgedessen herrscht in Serfidge große Aufregung.perllen.Kriegsrecht in Teheran.Frankfurt a. DK, 3. Juli. Die„Frankfurter Zeitung" meldetaus Teheran: Die Bazare wurden heute militärisch be-setzt und eine gewaltsame Oeffnung angedroht, fallsbis morgen mittag nicht geöffnet wird. In einem Erlasse derRegierung heißt es: Der Schah gab dem Lande eine Verfassung,aber Feinde der Verfassung haben fremde Räuber, Georgier,Kaukasier und Armenier ins Land gerufen, die es in die Anarchiestürzen wollen. Sie rücken jetzt von allen Seiten gegen Teheranheran. Die Regierung wird die Stadt und ihre Einwohner mitallen Mitteln verteidigen und jeden bestrafen, der den Rcvolutio-nären hilft. Deshalb wird das Kriegs recht erklärt. JederVersuch zum Aufruhr wird im Keime erstickt werden. Die Re-gierung lehnt für alle etwaigen Vorkommnisse die Verantwortungab.— Ter Erlaß bedeutet eine Gefahr für die Europäer.Der englische und der russische Vertreter hattengestern eine Audienz beim Schah und erklärten ihm, er könne aufeine Unter st ützung der Mächte nicht rechnen. DerSchah will aber nicht nachgeben. � Er hofft zu siegen.Amerika.Ein Dementi.Washington, 3. Juli. Das Agrikultur-Tepartement teilt mit:Die Denunziation eines entlassenen Äontrollbeamten gegen diesanitären Zustände und die angeblich ungenügendeAufsicht in den Schlachthäusern in St. Louis sei durchgenaue Untersuchung als vollkommen unbegründet er»wiesen worden.Hus der parteuItalienisch-österreichische Parteikonferenz.Rom, 30. Juni.(Eig. Ber.) Die italienische Parteifraktion hatnach einem Briefwechsel mit der österreichischen beschlossen, den IS.,20. und 21. September als Zeitpunkt einer Zusammenkunft dersozialistischen Abgeordneten der beiden Länder vorzuschlagen. DieZusammenkunft, die in Bologna stattfinden soll, verfolgt denZweck, ein Einvernehmen zwischen den sozialistischenParteien beider Länder für die Bekämpfung neuerNüst un gen herbeizuführen und den Verhetzungender herrschenden die Solidarität der arbeitendenKlassen Oesterreichs und Italiens entgegenzustellen.Die italienische Parlamentsfraktion schlägt vor, außer denParlamentsfraktionen auch die Parteileitungen der be-teiligten Länder einzuladen, da sonst die ungarische Partei von derKonferenz ausgeschlosicn bliebe, weil sie keine Vertreter im Parlamenthat. Weiter wurde vorgeschlagen, auch Vertreter der General-ko m Missionen der Gewerkschaften Oesterreichs, Ungarnsund Italiens zuzuziehen und um die Beteiligung des Jnler-nationalen Soziali st ischen Bureaus nachzusuchen.Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin.Die Buchhandlung Vorwärts hat sich in Nr. 149(Mittwoch, den30. Juni, 2. Beilage» gegen die Berichtigung gewendet, welche die„Gleichheit" in Nr. 19 zu der früheren Notiz über die befremdlicheTalsache gebracht hat, daß die„Jugendgeschickite einer Arbeiterin"nicht i» einem Parteiverlag erschienen sei. Die Darstellung derAngelegenheit, die sie gibt, erweckt nach zwei Seiten hin einenfalschen Anschein. Eö sieht nach ihr so aus. als habe die„Gleichheit"die frühere Bemängelung des Berhaltcns der Buchhandlung Vorwärtsin der Sache aufrecht erhalten. Das aber obendrein noch gegen meinbesseres Wissen, weil die Buchhandlung Vorwärts mir ihre Korre-spondenz mit der Verfasserin der Jugendgeschichte zur Verfügunggestellt habe.Demgegenüber sei folgendes festgestellt:1. Für jeden, der nicht mißverstehen tvill, hat die„Gleichheit"in Nr. 19 deutlich genug die frühere Bemängelung zurückgenommen,daß die Buchhandlung Vorwärts aus nicht stichhaltigen Gründen denVerlag der.Jugendgeschichte" abgelehnt habe. Die BuchhandlungVorwärts hat auffälligerweise den Satz nicht veröffentlicht, aus deindies unzweideutig hervorgeht. Er besagt, daß unserem Parteiverlag„daS Manuskript nicht erst zur Prüfung zuging, so daß ihm die Möglich-keit fehlte, ein Urteil über den Wert der Jngendgcschichtezu gewinnen."2. Diese entscheidende Tatsache hatte die„Gleichheit" aus ,be-dauerlichen Mißverständnissen" bei den eingeleiteten Verhandlungenerklärt. Diese Erklärung schloß weder in der Form noch in derAbsicht einen Tadel nach irgend einer Seite in sich. DaS erhcllrauS dein Wortlaut der Notiz, soweit sie hier in Betracht kommt:„Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin" betreffend bemängeltenwir in Nr. 12, daß der Verlag Vorwärts es abgelehnt habe, dasBüchlein herauszugeben. Die Mitteilung war uns von Vertrauens-würdigster Seite geworden. Wir haben uns jedoch seither überzeugt,daß die Entscheidung unseres Berliner Parteiverlags durch bedauerlicheMißverständnisse bei den eingeleiteten Verhandlungen veranlaßtworden ist. Sie hatten zur Folge, daß ihm das Manuskript nichterst zur Prüfung zuging, so daß ihm die Möglichkeit fehlte, einUrteil über den Wert der„Jugendgeschichte" zu gewinnen."Ich glaubte und glaube noch jetzt daS Recht zu haben, von„bedauerlichen Mißverständnissen" sprechen zu können. Denn fürmich kamen nicht allein die Korrespondenzen in Betracht, welche miraus Berlin zur Verftigung gestellt wurden, sondern auch die Mit-teilungcn der Verfasserin der„Jugendgeschichte" selbst. Gerade zumZwecke des Nachweises, daß es sich in der Sache um„bedauerlicheMißverständnisse" ans beiden Seilen handelte, habe ich diese Mit-teilnnaen Genossen Richard Fischer vorgelegt. Ich schlug ihm inBerücksichtigung dieser Sachlage vor, daß ich in der„Gleichheit"statt des gewünschten Abdrucks der einschlägigen Korrespondenzeneine Notiz bringen wollte, mit der der Verlag Vorwärts zufriedensein kann. Genosse Fischer stimmte diesem Vorschlage zu,„in derVoraussetzung, daß die Buchhandlung Vorwärts dabei in keinfalsches Licht kommt".Ich glaube durch die oben mitgeteilte Notiz mein Wort ehrlichgehalten und nicht« gesagt zu haben, was den Verlag Vorwärtsin ein falsches Licht setzen konnte. Der Berliner Parteiverlag, derin der Angelegenheit zu meiner großen Verwunderung mit eincmmalivie aus der Pistole geschossen aus der Versenkung erscheint, magsich meine Korrespondenz mit dem Genossen Richard Fischer vor-legen lassen. Denn die gesamten mündlichen und schriftlichen Ver-Handlungen mit Genossin Popp und in der Folge auch die Kor-respondenz mit mir sind nicht von einem ber Genossen geführtworden, welche als Angestellte deS Verlags der Partei verantwortlichsind, sondern von Genossen Richard Fischer. Daß die Verfasserinder„Jugendgeschichte" sich an diesen gewendet hatte, daßGenosse Fischer der frühere Leiter der Buchhandlung Vorwärts ge-Wesen ist und„nach Rücksprache mit dein jetzigen Leiter" des Verlagshandelte, sei hinzugefügt, um einer irrigen Deutung dieser Fest-stcllung vorzubeugen, die mir angesichts der Verve notwendig er»scheint, mit welcher die bisher so passive Buchhandlung mit einem-mal in Aktion getreten ist.WilhelmShöhe-Stuttgart, 1. Juli 1909. Klara Zetkin.Eine Gcdenkscier.Demnächst werden vierzig Jahre verflossen sein seit dem7. August 1869, da in E i s e u a ch unter dem Vorsitze von AugustG e i b und August Bebel jener Parteitag zusammentrat, auf demdie sozialdemokratische Partei Deutschlands(dieEisenachcr Richtung) gegründet wurde. Am 8. August wird daher inEisenach eine Gedenkfeier stattfinden, zu der die Eisenacher Organi-sation die Parteigenossen ganz Mitteldeutschlands einladet.Ein Zeugnis für die Sozialdemokratie.Im Juni-Heft der Monatsschrift„Nord und Süd" schreibtProfessor Niebergall w einem Aufsatz über das geistige Lebender Bauern und Arbeiter:„So wie die Leute eben vom Lande kommen, sind sie meistensnur für die ungelernte Arbeit zu gebrauchen. Ich weiß von einemFabrikanten, dem nicht nur im Zorn die Worte entfahren sind,daß viele seiner Arbeiter nur darum keine Sozialdemokraten sind,weil sie dafür zu dumm wären; wenn sie nur solche wären, dannwürden sie auch gescheiter und für die Arbeit besser zu gebrauchensei«. Das ist gewiß ein glänzendes Zeugnis für dieSozialdemokratie au« berufenem Munde. Und in der Tat,das kann man wohl sagen: sie komint nur dahin, woeinigermaßen höhere Interessen sind, und wosie herrscht, da wecktsie höhereJnteressen. Siegilt schon jetzt in weiten Kreisen als die Weckerin desgeiftigenLebenS derLeute; was die Volksschule begonnen,ivaS aber alle bürgerlichen Veranstaltungennicht fertig gebracht haben— wer hat sich übrigensin solche» Kreifen außer in Mahlzeiten um das geringe Volk gekümmert? daS rächt sich jetzt bitter—, daS hat die Sozial-bemokratie fest in die Hand genommen.Herr Niebergall ist nicht der einzige einsichtige Bürgerliche, derdiese Beobachtung gemacht hat. Aber nur wenige haben den Mut,sie öffentlich zu bekennen._Vom Fortschritt der Presse. Die Mannheimer„Volksstimme'hat im Monat Juni an 200 neue Abonnenten gewonnen.Personalien. Genosse Gerhard H i l d e b r a n d ist am 1. J»laus der Redaktion der„Bergischcn Arbeiterstimme", der er drei Jahreangehört hat. ausgeschieden, um sich als freier Schriftsteller zu be-tätigen. An seine Stelle ist der Genosse Wilhelm Dittmann ge-treten, welcher bisher Parteisekretär in Frankfurt a. M. war. Genosse Dittmann war schon in den Jahren 1902 bis 1004 in der»Bergischen Arbeiterstimme" als Redakteur tätig.