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Weiter wird in dem Artikel auf die Agenten und die hervorragendsten Taten Hartings hingewiesen. Da figu- rieren solche Ehrenmänner, wie Michel, genannt Baron oder Graf, Karl Woltz, genannt Hansen, Neuhaus, genannt Seit- mann usw., die von der russischen Regierung einen Monats- gehalt von 123 bis WO M. beziehen. Die hervorragendste Tat, die der Spitzel Woltz iin Auftrage und Einverständnis mit derExzellenz" vollbrachte, war der Einbruch in die Woh- nung des russischen Genossen Dr. v. Wetschcsloff in Herms- darf, der zu Spionagezwecken unternommen wurde. Diese Angaben desVorwärts" wurden nicht dementiert. Am 19. Januar wurde im Reichstage über folgende sozial- demokratische Interpellation verhandelt: Ist dem Herrn-Reichskanzler bekannt, dah die russische Regierung im deutschen Reichsgebiete Polizeiagenten zur lieber- wachung russischer und deutscher Staatsangehöriger unterhält; datz zu diesem Zwecke russische Polizeiagenten Verbrechen verübt und auch versucht haben, andere Personen zu Verbrechen zu be- stimmen? _ Genosse H a a s e schilderte im Anschluß daran>dis Aus­breitung des russischen Spitzelwesens in deutschen Städten, das Treiben dieser erbärmlichen Subjekte, die in die Woh- nungen eindrangen, zu Postsälschungen provozierten, Post- briefe und Drucksachen unterschlugen. Er wies darauf hin, daß deutsche Behörden mit diesen Spitzeln in Verbindung traten: daß Grenzzollbehörden, Polizeibehörden, Justiz- behörden, Universitäten Mitschuldige wurden an der schmachvollen Tätigkeit der russischen Spitzel. Staatssekretär Freiherr v. R i ch t h o f e n, der die Interpellation beant- wortete, blieb seinen früheren Erklärungen treu und der- herrlichte den Russendienst im gesamten Umfange. Am 19. März 1993 hatte er sich dahin geäußert, daß die russische Polizeiwirtschaft in Deutschland von der Regierunggerne gestattet" wurde. Und am<9. Januar 1994 erklärte er: Dem Reichskanzler ist bekannt, daß ein zur hiesigen russi- schen Botschaft gehöriger russischer Beamter von seiner Regie- rung damit betraut ist, das Tun und Treiben der russischen An- archisten(I), die sich in Teutschland aufhalten, zu beobachten ind die russische Regierung darüber fortlaufend zu unterrichten. ... Eine Beseitigung des bestehenden Zustandes erscheint dem Reichskanzler nicht angezeig t." Denselben Standpunkt vertrat B ü l o w am 29. Februar tm Reichstage, als diese Angelegenheit nochmals zur Sprache gebracht wurde. Er trieb die... Offenherzigkeit soweit, die Geheimnoten des Fürsten Bismarck aus den achtziger Jahren zu zitieren, uin, entgegen der irrtümlichen Berufung auf Bismarck , nachzuweisen, daß auch Bismarck , um die Gunst des Zaren zu erwerben, schmähliche Russendienste geleistet hatte(Auslieferung von Leo Deutsch und Stanislaus Mendel- söhn). Mit vollem Recht konnte hierauf Genosse Haase erklären: Es ist unwiderleglich festgestellt worden, daß in Berlin eine russische Spionageorganisation existiert. Nur Herr v. Ham- merstein(preußischer Minister des Innern) weiß nichts davon. Ich habe ihm die Namen der Agenten genannt, er hat aber die Augen dagegen geschlossen, er will sie nicht sehen, oder er soll sie nicht sehen, dafür sprechen die Ausführungen des Reichs- kanzlers." Im Jahre 1993 verließ Harting Berlin, nachdem er für seine Verdienste, die er sich in Deutschland , namentlich als leitender Geist des K ö u i g s b e r g e r Prozesses, er- warb, den Orden des heiligen Wladimir und das Anrecht auf den Titil Exzellenz empfangeil hatte. Wie dieNowoje Wremja" mitteilt,suchte er eine selbständige Tätigkeit und richtete seine Blicke nach Paris , dem Zentrum der russischen Detektivpolizei". Aber auch seine Tätigkeit in Berlin war nicht spurlos verstrichen. Die halbe Million, die er jährlich hier aufwendete, sicherte ihm genügendSeide für. seine Zwecke". Was von seinem verbrecherischen Treiben in die Oeffentlichkeit drang, bildet wahrscheinlich nur einen kleinen Bruchteil seines Wirkens zu Nutz und Frommen der inter - nationalen Lockspitzelei. Interessant ist auch, was dasBerliner Tageblatt" über die Beziehungen Hartings zu A s e w berichtet. Asew hielt sich, wie derVorwärts" übrigens seinerzeit festgestellt hatte, häufig in Berlin auf. Er hatte oft heimliche Besprechungen mit Harting, in denen er ihm Material über die in Berlin lebenden Russen auslieferte. Asew hat unter dem Protektorat Hartings unter den Russen eine terroristische Propa- g a n d a getrieben, um die Beteiligten in den Augen der Berliner Polizei zu kompromittieren und Gründe zur Ausweisung zu schaffen. Es ist sicher, daß Asew mit Harting in-Berlin Bomben fabrizierte und einige Mit- glieder der russischen Kolonie hierzu herangezogen hat.... Hartings Hauptziel bestand darin, die Russen in ganz Europa zu kompromittieren, damit sie nirgends eine Zu- fluchtsstätte haben könnten. V e r I i n wählte er als seinen Wohnsitz lediglich deshalb, weil er hier für seine Intrigen den besten Boden zu finden hoffte. Man wird abwarten müssen, wie die deutsche Regierung es zu rechtfertigen versuchen wird, dieses Lockspitzel- treiben geduldet zu haben. Jedenfalls wird dafür gesorgt werden müssen, datz im Reichstag dieser Skandal zur Sprache kommt. Heiteres und Weiteres. Der Artikel desVorwärts": Au waih, ich habe gewonnen, hat auf die Wahrheitsliebe derFreisinnigen Zeitung" leider keinen günstigen Einflutz geübt. Sie antwortet darauf unter anderem: Herr Mehring hat offenbarvergessen", datz er seine letzte Vorstrafe vor einigen Jahren als Schriftleiter derLeipziger Volkszeitung" erhalten hat und datz die vorhergehenden aus einer Zeit stammen, nämlich aus dem Jahre 1890, in der Herr Mehring zwar Redakteur derBerliner Volkszeituna' war, aber im schärfsten Gegensatze zu der damaligen Deuffch-freisinnigen Partei stand, so daß er deswegen kurze Zeit nachher die Redaktion niederlegen mutzte." Selbst wenn diese Behauptungen wahr wären, so würden sie nichts an dem Tatbestand ändern, der die ganze Affäre über den Rang eines gleichgültigen Bagatellprozesses heraushebt. Es bliebe dabei, datz die freifinnigen Herren Levin, Kopsch und Mugdan politische Vorstrafen eines ProzetzgegnerS in moralisch herabsetzender Weise benutzt haben, um ihn ins Gefängnis zu bringen. Aber da die Behauptungen derFreisinnigen Zeitung" erfunden worden sind, um den prinzipiellen Punkt der Sache zu verschleiern, so mutz ich schon darauf eingehen. Um bei dem Ende zu beginnen, daß ich nämlich dieBerliner Volkszeitung" im schärfften Gegensatze zu der damaligen Deutsch - freisinnigen Partei redigiert haben soll und deswegen die Redaktion habe niederlegen müssen, so will ich den damaligen Vorsitzenden des AufsichtSrate» derBerliner VolkSzeitung" sprechen lassen, den Reichstagsabgeordneten Otto Hermes , der in jener Zeit an der Spitze der Deutsch -freisinnigen Partei stand, wie er heute an der Spitze der Freisinnigen Vokkspartei steht. Er schrieb am 6. Oktober 1899 in einem Privatbriefe(die Sperrungen rühren von mir her): Auf Ihre gefl. Anfrage vom 3. Oktober erlaube ich mir er- gebeust zu erwidern, datz wir Herrn Ledebour aus Gründen ge- kündigt haben, welche mit dem Falle Lindau gar nichts zu tun haben. Herr Mehring hat seine Stellung zum 1. April nächsten Jahres gekündigt, ohne die Gründe dafür dem Aufiichtsrate anzugeben. Die Notiz imBörsen- Courier" ist falsch. Der Kurs derVolks-Zeitung" bleibt der alte, und ich hoffe, datz auch Herrn Mehrings Kraft nach dem 1. April der Zeitung erhalten bleibt. Ich werde dieserhalb schon morgen mit ihm verhandeln und denke, datz er bereit sein wird, als verantwortlicher Redakteur zu zeichnen. Ich bitte Sie also, Ihr Interesse derVolks-Zeitung" nach wie vor zu erhalten. Die Differenzen, welche kürzlich unter den Redakteuren wie ja manchmal unvermeidlich eintraten, sind ausgeglichen, und bald werden Sie sich überzeugen, datz die schneidige Haltung keine Einbutze erlitten hat." Und am 11. Oktober erklärte derselbe freisinnige Herr Hermes als Vorsitzeuder des Aufsichtsrats öffentlich(die Sperrungen rühren von mir her): Gegenüber den in der Presse verbreiteten Gerüchten sehen wir uns veranlaßt, zu erklären, datz ein Personenwechsel in der Redaktion derVolks-Zeiwng" nicht stattgefunden und die b i s- herige redaktionelle Haltung das zum 1. April 1891 erfolgende Ausscheiden von zwei Redakteuren nicht herbeigeführt hat. Die bisherige Tendenz der Zeitung wird unverändert bleiben." Noch mehr l Da der AufsichtSrat meine redaktionelle Tätigkeit durch eine Reihe von Maßregeln(Sperrung der NedaktionS- Korre- spondenz, Kassierung von mir in Druck gegebener Artikel u. a. m.) lahmlegte, so litt darunter diebisherige Tendenz" der Zeitung, worüber Herr Hermes seiner sittlichen Entrüstung am 13. Oktober in einem Privatbriefe folgenden Ausdruck gab(die Sperrungen rühren von mir her): Wenn Sie finden, daß eine abgeschwächte Haltung in der Zeitung zum Ausdrucke kommt, so ist der Aufsichtsrat außer Stande, etwas anderes zu tun, als Herrn Dr. Mehring darauf aufmerksam zu machen. Das istauch�ge- fchehen. Sie können nunmehr nicht den AufsichtSrat, sondern nur Herrn Dr. Mehring für den Tenor der Zeitung verantwort- lich machen. Herr Dr. Mehring hat es abgelehnt, nach d em 1. April 1891 mit der Zeitung noch in irgend einer Verbindung zu bleiben." Und mit alledem noch nicht genug I Da die Klagen der Leser über dieabgeschwächte Haltung" der Zeitung nicht aufhörten, so teilte mir Herr Hermes am 18. November mit, der Aussichtsrat ent- höbe mich meiner Tätigkeit, weil ich die mir obliegenden Verpflich« tungen nicht erfüllte. Zugleich sperrte mir der AufsichtSrat daS mir bis zum Ablauf meiner Kündigungsfrist zustehende Gehalt. Wenn sich nun ein Mann von dem feinen und sichern Rechtsgefühl des Herrn Hermes zu dieser rechtswidrigen Handlung, von der ich ihn übrigens alsbald durch ein gerichtliches Urteil kurierte, hinreitzen ließ, aus lauter Kummer darüber, datz ich diebisherige Tendenz" derVolksztg." angeblich abschwächte, so ist damit die eine Be« Häuptling derFreisinnigen Zeitung" als dreiste Lüge erwiesen. Die andere Behauptung derFreisinnigen Zeitung" geht dahin, ich hätte vor Gericht meine Leipziger Vorstrafevergessen". ES tut mir leid, daß sie auch dadurch den berühmten Ruf ihrer Wahrheits- liebe schmälert. Ich habe, als mich der Vorsitzende des Schöffen- gerichts nach meinen Vorstrafen fragte, ausdrücklich erklärt, ich sei vor zwanzig Jahren mehrmals und vor zwei Jahren einmal ge- richtlich bestrast worden. DaS war ein ganz überflüssiger Akt von Großmut, da ich durchaus nicht verpflichtet war, meine Vorstrafen anzugeben. In der Tat zog eS der Vorsitzende vor, sie aus den Akten festzustellen, wobei er sich auf die fünf oder sechs Fälle be- schränkte, in denen ich als Redakteur derBerliner Bolkszeitung" wegen politischer Kritiken reaktionärer Regierungsmatzregeln, die von irgendwelchen Behörden alsBeleidigungen" verfolgt wurden, zu Geldbußen verurteilt worden war. Einzig und allein von diesen Vorstrafen ist in der Verhandlung gesprochen worden; auch die Gegenpartei hat den Leipziger Fall gar nicht erwähnt und ebenso lehnte daS Schöffengericht den Antrag des JustizratS Lewin, wegen meiner zahlreichen Vorstrafen auf Gefängnis zu erkennen, mit der Begründung ab, um zwanzig Jahre zurückliegende Vorstrafen könnten nicht als erschwerender Umstand gelten. Doch selbst wenn der Leipziger Fall, den ich, wie gesagt, allein in den Verhandlungen erwähnt habe, während weder das Gericht noch die Gegenpartei sich darauf berufen haben, mit herangezogen würde, so ist damit natürlich wieder nichts an der Tatsache geändert, datz die steisinnigen Herren Lewin, Kopsch und Mugdan eine Reihe von politischen Verfolgungen, denen ich im Dienste ihrer politischen Richtung vor zwanzig Jahren ausgesetzt gewesen bin. zu meiner moralischen Herabwürdigung benutzt haben, um mich inS Gefängnis zu bringen; Herr Lcwin sprach davon, ich sei ein Geschwür am Leben deS Volkes, daS ausgeschnitten werden müsse; kein ehrbarer Staatsbürger könne mehr ruhig schlafen, aus Angst, mit dem Morgengrauen von mir moralisch geschlachtet zu werden und was solcher sittlichen Empörung mehr war. die beiläufig diesen prächtigen Herrn nicht gehindert hat, noch achtundvierzig Stunden früher in dringlichster Weise Vergleichsverhandlungen mit demGeschwür" zu betreiben. Gewiß will ich diese Leute nicht wieder beleidigen und erkenne gern an, datz sie getan haben, was sie für anständig halten. Dadurch wird aber wiederum nichts an der Tatsache geändert, datz die von ihnen beliebte Kampfweise bisher in allen Pur- teien bis in die reaktionärsten hinein als ehrlos gegolten hat. Insofern erinnert dieFreisinnige Zeitung" mit Recht an den Leipziger Fall, als selbst Herr Liman sowohl stillschweigend auf die moralische Verwertung meiner politischen Vorstrafen, als auch mit ausdrücklichen Worten auf jeden Antrag wegen des Strafmatzes verzichtet hat. Aber vielleicht hat die ehrenvolle AnSzeichmmg, deren Herr Liman jüngst gewürdigt worden ist, die Herren Kopsch, Mugdan und Lewi» angespornt zu zeigen, daß sie mehr können als Liman. F. M e h r i n g. poUtffcbc deberlicbt. Berlin , den 13. Juli 1909. Freiherr von Rheinbaben als Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums. Herr Delbrück ist zwar zum Staatssekretär des Innern, aber bisher nicht zum Vizepräsidenten deS preußischen StaatsministeriumS ernannt worden. Bisher war v. Bethmann Hollweg zugleich auch Vizepräsident. Jetzt ist dieser Posten einstweilen verwaist. Die Entscheidung über seine Neubesetzung soll vertagt sein, und zwar wird angenommen, datz diese Vertagung erfolgt ist, weil Herr v. Rheinbaben bei der Ernennung der neuen Staatsmänner über- gangen worden ist. Freiherr v. Rheinbaben fühlte sich schon über- gangen, als im Juni 1907 v. Bethmann Hollweg zum Vizepräsi- deuten befördert wurde. Damals wurde ihm ein Zeichea der per- sönlichen Anerkennung des Kaisers zuteil and farnft ein Pflaster auf die brennende Wunde gelegt. Diesmal rechnet er mit Bestimmt- heit darauf, datz ihm und nicht Herrn Delbrück das Vizepräsidium übertragen wird._ Ein Brandmal! Mitte Oktober 1903 veröffentlichte dieEssener Volks- zeitung", das Zentrumsorgan im Wahlkreise des Abgeord- neten Giesberts, einen Artikel über die damals verhandelte Reichssteuerreform. Darin hieß es: llustiti» rsAnorum tunckamsutuml Wenn man diesen Wahlspruch auch in Steuerfragen gelten lassen wollte, müßte es ein Leichtes sein, der jetzigen Finanzkalamität des Deutschen Reiches ein Ende zu machen. Man brauchte nur einmal die Leistungsfähigen in mätzigen Grenzen für die Reichsbedürfnisse heran zu- ziehen und sofort wäre alle finanzielle Not des Reiches verschwunden. Anstatt eine solche Lösung zu suchen, hat man sich bisher in den matzgebenden Reichsämtern und Finanzministerien der Bundesstaaten in der Hauptsache nur bemüht, im alten Gleise der mehr oder minder als Kopfsteuern wirkenden Finanzzölle und Verbrauchsabgaben eine Erhöhung derReichs- einnahmen zu suchen. Immer wieder wird an diesen Stellen der Versuch gemacht, die steigenden ReichsauSgabe» für Heer, Flotte, Kolonien, Pensionen und Verzinsung der Reichsschuld auf die große Masse des um sein tägfich Brot arbeitenden Volkes in Form von Bier-, Branntwein- und Tabak st euererhöhungen ab- zuwälzen, während man niemals einen Versuch macht, die großen Einkommen und Vermögen zu ent- sprechenden Leistungen für die Reichsbedürs- nisse heranzuziehen." Der Artikel hebt sodann hervor, datz im Jahre 1909 das Zentrum bereits den Vorschlag einer ReichSerbschafts- st euer gemacht habe; sodann folgt eine Berechnung, was das Reich an Ausgaben für Heer, Marine und Kolonien leiste und was jetzt wieder an neuen Bedürfnissen verlangt werde, worauf es dann heißt; Die stärkere Belastung der Verbrauchs- und Genutzmittel der breiten Volksmassen ist ver- sperrt. Mit Ausnahme der Konservatiden, Freikonservativen und eineS Teiles der Nationalliberalen haben sich die Parteien vor den Wahlen gegen eine noch weitergehende Belastung dieser Steuerobjekte ausgesprochen, datz sie eine solche nur noch ablehnen können. Diese Ablehnung ist gegen- über dem beliebten System, die Kapital- kräftigen zu schonen und die Leistung s- unfähigen über Gebühr zu belasten, durchaus am Platz!" Es folgt darauf eine Berechnung, in welchem Matze die in- direkten Steuern die verschiedenen Bevölkerungsklassen belasten, wobei festgestellt wird, datzdie Bedürfnisse der ärmeren Bevölkerung vorzugsweise belastet sind, die ent- sprechenden Bedürfnisse der Neichen wenig oder gar nicht", dah z. B. der Arbeiter mit einem Jahres- einkommen von 949 M. 3 P r o z. feines Einkommens an indirekten Reichssteuern und Finanzzöllen auf Nahrungs- und Ge- nutzmittel zahlt, der Kapitalist mit einem Einkommen von über 129 999 M. jährlich noch nicht einmal V« P r o z. Der Arme war also so heißt es wörtlich für das Reich im Verhältnis zu seinem Einkommen genau 199 mal so hoch besteuert als de r Reiche." Zum Schluß wird darauf hingewiesen, datz die erhöhten An- forderungen, die die Weltpolitik an das Reich stelle, wieder zur Be- fchaffung größerer Einnahmen zwängen, und eS entstehe die Frage. wer diese neuen Lasten tragen solle: Sollen auch diesmal wieder die Leistungs« fähigsten, der Grotzbefitz, die Großindustrie und das Großkapital leer ausgehen, soll die Last auch jetzt wieder den Enterbten, Besitz- losen, im Kampfe um die tägliche Existenz Ringenden nahezu ausschließlich auferlegt werden oder werden die Verbündeten Regierungen einen Weg finden, dem Wahlspruch folgend: ckustiti» rsZuorurn fundamenturn?" So das Effener ZentrumSblati im Oktober 1993. Und vier Jahre später arbeitet der Vertreter des Essesipr Wahlkreises im Verein mit seinen Gesinnungs- und Parteigenoffen daran, den Enterbten, Besitzlosen, um ihr täglich Brot Ringenden eine Last aufzuerlegen, die alles bisher auf diesem Gebiete Gewohnte über- steigt. Jeder Satz, jedes Wort des damaligen Artikels in dem Effener Zentrumsblatle bedeutet ein Brandmal im Gesicht derer. die in diesen Tagen an dem schmählichen Arbeiter- und Volksverrat mitgewirkt haben._ Als Streber und Intrigante« charakterisiert der Führer der Freikonservativett, Freiherr v. Zedlitz und Neukirch, also sicherlich ein Ein- geweihter, die führenden Staatsmänner des Reiches. So schildert er die Situation bei Bülows Antritt der Kanzler- chaft im Jahre 1999 folgendermaßen: ./Dazu in Preußen Miquel, dessen heißer Drang zur Herr. schaft in umgekehrtem Verhältnis zu seiner rasch abnehmenden Kraft stand, und im Reiche Graf Posadowsky, dessen Ehrgeiz. nachdem er sich mit bewundernswerter Willens, und Arbeitskraft von einem mittelmähigen Landesdirektor zum Vizekanzler emporgearbeitet hatte, ihn nach der höchsten Stellung streben ließ. Miquel» entledigte sich Fürst Bülow , indem er ihm die von ihm dringend gewünschte Gelegenheit bot, sich durch eine zweite Kanalkampagne das in der ersten verlorene Vertrauen des Kaisers wiederzuerwerben. Der vorauszusehende Mißerfolg mutzte notwendig Miguels Sturz nach sich ziehen. Graf Posa- dowskts hatte die Vorbereitungen für die Erneuerung der Hau- delsverträge im hochschutzzöllnerischen Sinne wohl in der Hoff. nung geleitet, als Vertrauensmann der Landwirtschaft und schweren Industrie fich für die Nachfolge Hohenlohes zu empseh- len. Als diese Hoffnung unerfüllt blieb, warf er die Hochschutz- zöllnerei, als nunmehr unnützen Ballast, entschlossen über Bord und schwenkte bis zu deren gänzlicher Verleugnung in die von dem Kanzler vorgezeichnete gemäßigt fchutzzöllnerifchc Richtung ein, um sich für künftige Fälle, getragen von dem Ver- trauen derregierenden" Partei, möglich zu erhalten. Als so die Bahn frei war, hat Fürst Bülow die Leitung der inneren Politik im Reiche wie in Preußen kräftig in die Hand ge- nommen."' Eine nette Schilderung aus so eminent staatserhaltendem Munde! Der Handlanger bei der Umsturzvorlage als Kultus- " minister. DieTägliche Rundschau" schreibt::< Am überraschendsten aber hat die Besetzung deS Kultus­ministeriums durch den königlich preußischen Kammerherrn und brandenburgischev Lderpräjjdenten v. Trott zu Solz