(hauptsächlich aus dem Deutschen ) ist bereits ziemlich umfang- reich. Die Uebersetzung von Marx '„Kapital" ist in An- griff genommen und zwar— man höre und staune I— mit Hilfe staatlicher Unterstützung! Die Volksvertretung bewilligt nämlich alljährlich gewisse Summen zu literarischen Zwecken, und damit die Sozialdemokraten bei den Beratungen uicht immer betonen können, daß diese Gelder sehr parteiisch Ver- Wendung finden, entschlossen sich die bürgerlichen Herren, für die Uebersetzung deS„Kapital" Geld zu bewilligen. Den Verlag hat die Verlagsgesellschaft des Zentralorgans„Työmies" übernommen. Zur Ausbildung von Agitatoren wurden häufig Kurse und seminaristische Uebungen abgehalten. Die Nachfrage nach Agitatoren und tüchtigen Journalisten ist lebhast. Auf die Agitation unter den Arbeiterinnen wird großer Nachdruck gelegt. Auch wird für die Ausdehnung und Festigung der Jugendorganisationen nachdrücklich gearbeitet. Die gewerkschaftlichen Organisationen befinden sich gleich- falls in aufsteigender EntWickelung. 1899 zählte man 119 Ge- werkschaften, 1907: 507, die sich der Partei angeschlossen hatten. Im Jahre 1905 schlössen sich die ersten Frauen- vereine— 43 an Zahl— der Partei an; ihre Zahl stieg bis zum Jahre 1907 auf 105. Einen sehr ausgeprägten Charakter trägt schließlich noch die Bewegung unter den Zwergpächtern. 1905 traten der Partei 15 Torpanivereine (Pächtervereine) bei. 1907 war ihre Zahl auf 79 angewachsen. Diese Zahlen geben nur das trockene Gerippe des Lebens wieder, das die Partei seit ihrer Gründung beseelt. Ein zusammenfassendes Bild der Wirkung dieser unermüd- liehen Tätigkeit bieten die Wahlzahlen. Bis 1907 hatte die Partei bereits eine Wählermasse von 329 946 um sich zu sammeln vermocht. 1909 war die Zahl auf 336 893 an- gewachsen, d. h. 40 Prozent aller Wähler deS finnischen Volkes gaben ihre Stimmen dieser Partei, die erst 10 Jahre zuvor von den Vertretern der Arbeitervereine gegründet worden war: ein großarfiger Beweis für die werbende Macht der Sozialdemokratie. Gewiß hat die finnische Partei noch lange nicht erreicht, waS sie erstrebt. Aber in Anbetracht der außerordentlichen Verhältnisse, unter denen sie zu arbeiten gezwungen ist, muß man doch wohl anerkennen, daß ihre Fortschritte und ihre Erfolge ungewöhnlich sind. Ein einheitlicher, marxistischer Geist beseelt die Partei und ihre Organisationen. Sonder- strömungcn haben auf ihrem Entwickelungsgange keinen ein- schneidenden Einfluß ausüben können, obgleich es an Ansätzen dazu nicht gefehlt hat. Stehen die Finnen auch vor neuen schweren Kämpfen, die ihnen durch die blutige russische Reaktion aufgezwungen werden— die EntWickelung und die Erfolge der ersten zehn Jahre bürgen dafür, daß sie auch in der Zukunft in ihren proletarischen Kämpfen mit Mut, Begeisterung und Einsicht zur Partei stehen und ihr manchen Sieg erringen helfen werden. politilcbe deberftcbt« Berlin , den 19. Jult 1909. Herrn v. Heydebrands Utas. Die Leiter der konserativen ReichStagSfraktion sind verstimmt über ihre bei der Reichsfinanzsanierung erzielten Erfolge. Be- sonders scheint die Charakterisierung der konservativen Steuer- kampagne durch den gestürzten Kanzler den Herren v. Heydebrand, Normann u. Co. sauer aufgestoßen zu sein, denn tagtäglich bringt ietzt die„Konserv. Korresp." öffentliche Erlasie des Herrn Dr. o. Heydebrand und der Läse(Rittergutsbesitzer auf Klein-Tschun- !awe und Landrat a. D.). in denen die Mitteilungen Bülows und »er offiziösen Blätter für unwahr erklärt werden. Der neueste Lrlaß lautet: „Mitteilungen aus der Provinz zeigen uns. daß die offiziöse Presse fortfährt, in Waschzetteln und in Kreisblättern die Legende zu verbreiten, als ob der Rücktritt deS Fürsten Bülow die Folge eines unzulässigen und unpatriotischen Verhaltens der konservativen Reichstagsfraktion gewesen sei. Wir haben es hier vielleicht nur noch mit Rückständen früherer Pretzinformationen zu tun, denn seit der Reichstags- sitzung vom 10. Juli ist mit dieser Legende doch wohl so gründlich aufgeräumt worden, daß eine bemerkenswerte Schwäche der Auf- fassung oder des guten Willens dazu gehören würde, jene irre- führende Ansicht noch aufrecht zu erhalten. Wir hoffen deshalb, daß es uns erspart bleiben wird, die im Interesse unserer Partei sonst unbedingt erforderliche, wiederholte unzweideutige Wieder- logung vorzunehmen. Auck mutet es in den offiziösen jsreisblattartikeln seltsam an, mit Bezug auf die Erbanfallsteuer und den damit in sachliche Verbindung gebrachten Rücktritt des Fürsten Bülow den Hinweis zu finden, daß nur vier Millionen Wahlstimmen hinter den Gegnern, dagegen sieben Millionen hinter den Freunden der Regierung gestanden haben. ES wird nämlich dabei verschwiegen, daß die Hälfte dieser Wahlstimmen aus dem sozialdemokratischen Lager stammte, und es ist unS zweifelhaft, ob daS der Regierung sowohl sachlich, als aus allgemeinen politischen Gründen zum besonderen Rückhalt gereicht.,_, Wir wollen diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne dem Wunsche Ausdruck zu geben, daß die neue Reichsleitung es vermeiden möge, Spannungen aufrecht zu erhalten oder Ver- stimmungen zu erzeugen gegenüber politischen Faktoren, auf deren offene und v o r b eh a l t S l o s e Mitwirkung sie vielleicht nicht wird verzichten wollen, und die es ihrerseits begrüßen würde, nach der Erledigung sachlicher Streitfragen ein gewisses einseitiges Kokettieren mit der Linken, wofür einzelne Anzeichen zu sprechen scheinen, lieber vermieden zu sehen.". Als Ausdruck der Auffassung, die die konservativen Partei- Häupter von ihrer eigenen Machtstellung und der Schwäche der Bethmann Hollwegschen Regierung haben, ist besonder? der letzte Absatz des Ukas interessant, vor allem die Stelle, wo damit gedroht wird, daß die Konservativen der Regierung ihre Mitwirkung bei der Regiererei entziehen werden, falls nicht der neue Kanzler der offiziösen Presse verbiete, sich gegen die Taktik der Konservativen zu wenden und„einseitig" mit den Liberalen zu kokettieren. Deut- lich liegt in dieser Drohung die Forderung, daß die StaatSmaschi- nerie lediglich im Interesse der Konservativen zu funktionieren habe. Ergeben sich Differenzen zwischen Regierung und der kon- servativen Parteiführung, so hat sich einfach in allen Fällen die Regierung unterzuordnen. Wann treten die neuen Steuergesetze in Kraft? Vielfach besteht, wie verschiedene Anfragen au» unserem Leserkreise beweisen, noch immer Unklarheit darüber, wann die neuen Steuergesetze in Kraft treten. Wir wiederholen deshalb: ES tritt in Kraft am 1. AugustdieseSJahre» die Erhöhung des Kaffee- und Teezolls, die Steuer auf Beleuchtungsmittel. die Steuer auf Zündwaren, die Erhöhung des Effektenstempels, der Reichsstempel auf Grundstücksübertragungen, der neue Talonstempek, der Wechselstempel, die Erhöhung der Brausteuer und der Schaumweinsteuer, am 1ö. A u g u st die neue Tabalsteuer, am 1. September die neue Zigarettensteuer, am 1. Oktober die Erhöhung der Branntweinverbrauchsabgabe, der Stempel auf Schecks und Quittungen. Für die Einfältigen im Geiste. Das Organ deS Verbandes katholischer Arbeiter Westdeutsch« lands, die„Westdeutsche Arbeiter-Zeitung", die ver- schredentlich dem Zentrum wegen seiner Haltung in der Reichsfinanz- reform den Text gelesen hat, ist bereits wieder getröstet. Nichts mehr läßt das Blatt verlauten von dem Fallenlassen der Erbschafts - steuer, nichts mehr von dev Belastung der Massenkonsumartikel. auf die der Hauptteil der Last gelegt worden ist. Nur der Kaffeezoll, die Zündwarcnsteuer und die Besteuerung der vierten Wagenllasf« be- reiten dem Blatt noch einige Sorge— aber dergleichen ließ« sich nun einmal nicht vermeiden, wie es meint: „Die Zentrumspartei stand vor der Wahl: entweder eine Lösung der ReichSftnanzreform mit den konservativen Parteien zu finden und zu beenden, oder— sich selbst aufzugeben. Diese Perspektive soll sich namentlich in den letzten Wochen mit ab- soluter Sicherheit gezeigt haben. Daß die Partei die Wahl im Sinne einer zu politischer Arbeit gewillten und fähigen Partei entschied, müssen auch wir verstehen. Und können es. Im politischen Leben spielen eben noch ganz andere Dinge mit, Erwägungen, über deren Berechtigung und Richtigkeit eigent- lich erst die Geschichte entscheiden kann. Die Gründe, die den Führern unserer Zentrumspartei zwingend erschien, so zu handeln, wie sie getan, schließen auch unser Interesse als katholische Arbeiter mit ein.... Das Vertrauen zu unserer Zentrumspartei braucht darum keine Einbuße zu erleiden und wird es auch nicht, zumal die Jdeeneinheit der kaiholischcn Arbeiterschaft mit der Zentrumspartei tiefer wurzelt, wie in einer bloßen Uebereinstimmung nach der sozialen Seite hin." Noch besser weiß da» Blatt der süddeutschen katholischen Arbeiter- vereine, der in München erscheinende„Arbeiter", seine Leser zu trösten: „Wir haben gerade keinen Anlaß, uns zu bedanken für die Steuerkreuzer, die man uns aufbürdete— der zahlen muß, erstirbt überhaupt nicht gerne in Dankbarkeit—, wir haben aber auch keinen Grund, gar zu sehr erbost zu tun, daß und wie wir zur Steuerleistung herangezogen wurden. Es hat schon das eine gute, daß derjenige, der bezahlt, auch den Mund auf« machen darf, und nicht immer mitleidig als der unfähige Mensch angeschen wird, der nur durch die Unterstütz-ina der reichen Leute in den Stand gesetzt wird, im Staatswesen sich sortzufretten. Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist vielleicht diese neue Steuerbelaftung des kleinen Mannes und nicht zuletzt auch des Arbeiters noch ein Vorteil: seine Unabhängigkeit und die Achtung der Besitzenden vor ihm wird zunehmen. Und eine Zentrumskorrespondenz, die ihre Erzeugnisse an die ländliche und kleinstädtisch« ulttamontane Presse abgibt, versucht das ZentrumSgefolge mit Gründen zu beruhigen, die dem Horizont der Insassen eine« JdiotenheimeS angepatzt sind. WaS das Reich braucht, muß eS haben, heißt eS da; andere Staaten hätten noch viel höhere Lasten; hohe Steuern seien immer noch einem Kriege vorzuziehen; geklagt werde immer, wenn eS zahlen heiße— und was dergleichen AltweiberweiSheiten mehr sind. Zum Schluß heißt es: „Gegenüber den unvermeidlichen neuen Lasten ist kein anderes Hilfsmittel gegeben als Fleiß und Sparsamkeit. DaS Reich fordert viel, aber es gibt uns auch viel, nämlich die Mög- lichkeit, in Frieden und Rechtssicherheit unserem Erwerb nach- zugehen. Wenn Handel und Wandel in gutem Stande bleiben, so werden die meisten Leute durch gesteigerten Fleiß sich das Nötige erwerben können, um den Preis- auffchlag auf Tabak, Bier. Branntwein. Kaffee zu decken. So lange das nicht gelingt, muß man in dem Verbrauch von Genuß- Mitteln sich etwas einschränken. Angenehm ist das nicht; doch gibt es noch viel schwerere Heimsuchungen und schlimmere Uebel auf dieser Welt." Wie gering muß die ehrsame Korrespondenz die Geisteskraft der katholischen Leser einschätzen, daß sie ihnen derartige� Gründe zu bieten wagt._ Ein„militärisches Geheimnis" vor dem Kriegsgericht. Das Kriegsgericht der 37. Infanterie- Division hat sich am Montag und Dienstag mit einer Anklage zu beschäftigen, die unter so strengem Ausschluß der Oeffentlichkeit ver- handelt wurde, daß nicht einmal bekannt gegeben worden ist, welcher Straftaten die Angeklagten beschuldigt werden! An- geklagt find ein Vizefeldwebel Gudde, ein Ser- geant Latza, ein Sergeant Sadlowski, ein Sergeant Rohde, ein Unteroffizier Stock, ein Unteroffizier Grape, sämtlich von der siebenten Kom- pagnie de» 146. Jnfanterie-RegimentS in Bischof» bürg Bei Beginn der Sitzung ist Grape nicht erschienen, so daß zunächst nur gegen die fünf erstgenannten Angeklagten verhandelt werden kann. Als Zeugen sind ziemlich ein halbes Hundert Personen geladen, zumeist frühere. Angehörige des Regiments. Die Der- Handlung findet in Berlin statt, weil die meisten der Zeugen, die die BischofSburger„Ferienkolonie" kennen zu lernen gehabt haben, in Berlin ansässig sind. AuS den Personalien der Angeklagten sei hier nur wiedergegeben, daß Stock vorbestraft ist mit drei Tagen Mittelarrest wegen vorschriftswidriger Behandlung eine» Unter- gebenen, den er in der Winterlälte auf dem Kasernenhof drei Stunden warten ließ. Sogleich nach der Feststellung der Personalien und noch vor Verlesung der Aull age kam der bei den KriegSgerichien übliche Antrag auf Ausschluß der Oeffentlichkeit l Nach der Beratung wurde vom Verhandlungsleiter der Beschluß verlllndet, daß er zu seinem„Bedauern"— so sagte er— für die ganze Dauer der Verhandlung die Oeffentlichleit ausschließen müsse, und zwar„mit Rücksicht auf dienstliche Jnter- essen"! Welches„militärische Geheimnis" da in„dienst- lichem Interesse" gehütet werden soll, darüber kann man nur Ver- mutungen haben. Noch«he die Untersuchung eingeleitet wurde, die jetzt zur Erhebung einer Anklage gegen Gudde usw. geführt hat. war unS bereits gemeldet worden, daß in der 7. Kompagnie des 146. Regiment» Mannschaften zuweilen sehr„vorschriftS- widrig" behandelt worden seien. Auch einiges andere wurde da mitgeteilt, waS Beftemden erregen mußte. Wir können nicht wissen. waS von den vorgebrachten Beschuldigungen schließlich übrig geblieben ist und worauf die jetzige Anklage sich stützt. Wird das dienstliche Interesse so weit reichen, daß auch bei der Verkündung des Urteils da» Dunkel nicht gelichtet werden darf?—_ Liberale Einigungsbestrebungen. Der Weitere Ausschuß der Deutschen Volkspartei nahm bor- grstrrn nach längerer Aussprache folgende Resolution einstimmig an: Der Weitere Ausschuß der Deutschen Lolkipartei spricht der Fraktion und ihren Führern den Dank für ihre Vertretung der VolkSintereffm und sein einmütiges vertrauen au». Der Ausschuß erachtet den Zeitpunkt für gekommen für die Schaffung einer einheit« lichen Partei durch die drei linksliberalen Par- t e i e n auf Grund eines freiheitlichen Programms mit einer die Bewegungsfreiheit der Parteigenossen der einzelnen Länder im Rahmen der Gesamtpartei gewährleistenden Organisation und beschließt einmütig. in diesem Sinne die Frage der Parteiverschmelzung auf die Tagesordnung des bevorstehenden Parteitages zu setzen.— Weiter wurde beschlossen, den diesjähngen Parteitag in Heidel- berg abzuhalten.—_ Die Betriebssicherheit auf der preußischen Eisenbahn erfährt eine eigenartige Beleuchtung durch Mitteilungen über dls Entgleisung des Schnellzugs Köln-Norddeich bei Köln-Worringen. die der„Stadtanzeiger" zur„Kölnischen Zeitung " nachträglich ver- öffentlicht. Nur durch Zufälle wurden Menschenleben nicht vernichtet, obwohl die Maschine und vier Wagen zertrümmert worden sind. Es befanden sich infolge des tagelangen Regenwetters nur vierundzwanzig Personen in � dem ganzen Zug, und diese saßen in dem Hinteren Wagen. Die Entgleisung des mit 90 Kilometer Geschwindigkeit fahrenden Zuges geschah, weil ein Beamter die Weiche falsch gestellt hat. Dieser Irrtum ist geschehen durch die häufigen Probefahrten von Maschinen auS der Hauptwerk st elle Köln- Nippes auf dieser Strecke, der den Betrieb auf dem Bahnhof Worringen sehr erschwerte. Et sieht der königlich preußischen Sparpolitik ganz ähnlich, daß mnu das Leben der Eisenbahnreisenden durch diese Benutzung einer von Schnellzügen befahrenen Strecke durch Probefahrten einer Reparatur- werlstelle in Gefahr bringt.—_ Aenderungen der Fahrkartensteuer. Die Fahrkartensteuer bleibt bekanntlich nach dem Beschluß des Schnapsblocks bestehen; doch soll sie ausgebaut und reformiert werden. Wie die„Post" hört, wird dem Reichstage in der nächsten Tagung diese Fahrkartensteuer-Reformvorlage zugehen. Die Vorschläge der Regierung zur Reform der Fahrkartensteucr werden sich an die Denkschrift der Regierung über die Fahr- kartensteuer anlehnen, die der Kommisiron auf ihr Verlangen vom ReichSschatzamte vor mehreren Wochen vorgelegt wurde. Tie Regierung hat einen 3'/, prozenligen Zuschlag unter Freilassung der Fahrkarten 4. Klasse zum Preise MS zu einer Mark in Anregung gebracht. In diesem Sinne wird die Regierung auch vom Reichstage die Reform der Fahrkartensteuer verlangen. Im Rechnungsjahre 1907/08 blieben die Erträgnisse der Fahr- kartensteuer um 10 Millionen hinter dem Voranschlage zurück. Im Rechnungsjahre 1908/09 wurde die Fahrkartensteuer mit 24 Millionen Mark eingestellt, hlach den soeben abgeschlossenen Einnahme- berechnungen hat sie aber nur etwas über 13 Millionen eingebracht. ist also um sechs Millionen hinter den erwarteten Einnahmen zurück- geblieben.—_ Eine gewundene Erklärung. Zum Lambrechter Bürgermeisterkonfltkt hat die bayerische Regierung, wie die„Frankfurter Zeitung ' von unterrichteter Seite hört, die Entscheidung getroffen, daß prinzipiell kein Einwand gegen die Wahl von Sozialdemokraten zu Bürger- meistern oder Adjunkten erhoben werden könne, daß aber in diesem Falle auS Gründen, die in der P e r s o n deS Gewählten liegen, die Genehmigung versagt werden müsse. Eine wohlfeile Ausrede. Just wie die der preußischen Regierung im Fall S ch ü ck i n g.„Prinzipiell" hatte auch sie gegen Uberale Bürgermeister nichts einzuwenden, doch paßte ihr grade Herr Schücking nicht!—_ Eine Blüte des Byzantinismus findet man in dem neuesten Verzeichnis der immatrikulierten Studierenden der städtischen Handelsschule Köln . Wie sich das von selbst versteht, sind sämtliche Studierende in der sich durch da» Alphabet ergebenden Reihenfolge aufgeführt. Nur einen einzigen hat man auS der Reihe der 400 herausgenommen und ihn in Sperr druck an die Spitze des Verzeichnisses gesetzt, nämlich:„Heinrich XXXII. Prinz Reuß,Dua:chlaucht."— Aehnlich wie bei der neuen R�chl- schrcibung als einziges Wort der„Thron" sein„h" behielt, hat man in Köln für einen Prinzen das Alphabet außer Kraft gesetzt.—_ Wahlen im Reichslande. Kein Jahr vergeht, ohne daß in Elsaß-Lothringen politische Wahlen stattfinden. Voriges Jahr fanden die Gemeinderatswahlen statt, in diesem Herbst haben sowohl Wahlen zum LandeSauSschnß wie zu den Bezirkstagen stattzufinden. Der Termin für die Landes- auSschußwahlen ist bereits bekanntgegeben. Am 3. November wählcn die Gemeinderäte von 20 in Betracht kommenden Kreisen aus ihrer Mitte auf je 1000 Einwohner einen Wahlmann. Diese Wahlmänncr versammeln sich dann am 20. November am Kreishauptorte und wählen den Abgeordneten. Am gleichen Tage vollziehen auch die Gemeinderäte von Straßburg . Colmar , Mülhausen und Metz die Wahl je eine« Abgeordneten. An diesen Wahlen ist die sozialdemokrattsche Partei nicht beteiligt. Um so energischer wird sie sich an den Bezirks- tagSwahlen beteiligen. Wo immer die Organisationsverhältnisse es erlauben, wird in die Wahl eingetreten. Eine Reihe von Kandi- daturen sind bereits nominiert. Meistens handelt eS sich um Zähl- kandidaturen, doch hoffen unsere Genossen in Mülhausen - S üd bestimmt auf den Sieg. Wie sich die bürgerlichen Parteien zur Wahl stellen werden, steht noch nicht fest. Ein allgemeine? Kompromiß über daS ganze Land ist wenig wahrscheinlich. Die Liberaldemokraten haben am Sonntag, den 18. Juli, in Colmar eine Konferenz abgehalten, in der sie sich mit der einzuschlagenden Taktik befaßten. Die gefaßten Beschlüsse entziehen sich der Kenntnis der Oeffentlichkeit.>•» fpanhrdcb. Eine Nachwahl. Abbeville , 18. Juli. Bei der heute hier vorgenommenen Ersatz- wähl zur Deputtertenkammer wurde der Konservative DeS- l y o« s mit 8212 Stimmen gegen den radikalen Kandidaten. der 7606 Stimmen erhielt, gewählt. DaS Mandat befand sich bisher in den Händen eines Republikaners.— 6ngland. Der Kampf um das Budget. London , 17. Juli. Handelsminister Churchill hielt heute in Edinburgh eine Rede, in der er für das Budget eintrat und auf die letzte Rede LanSdowneS Bezug nahm. Der Minister erklärte, wenn da» Budget in dem Unterhause verabschiedet werde, müsse eS in einer endgiltigen Form auS den Beratungen deS Hause» hervor- gehen. Kein Zusatz oder Abstrich, der es ändere oder verstümmele. werde die Zustimmung der Regierung finden, und wenn LanSdown- und seine agrarischen Freunde ihre Haltung nicht änderten, würde da» Parlament aufgelöst werden.— Erledigte Sorgen. London , IS. Juli. Unterhaus. Auf eine Anfrage Pike PeaseS, ob der Lorschlag.-ine rnternationale Konferenz mit Rücksicht auf versch, ebene Punkte deS Balkanproblems abzuhalten, nunmehr endgültig aufgegeben sei, antwortete ein NegierungSvertreier in v e r n e r n e n d e m Sinne. Die kritischsten Fragen de» Balkanproblems seien in freundschaftlichem Sinne bei- gelegt; eS würden nur noch Verhandlungen über emen oder zwei Punkte von geringerer Bedeutung gepflyg«» hj, roit Artikel 29 bei Berliner vertrage» zusammenhängen.
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