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»m.».»w, i. KeW Ks Jotrairls" Iniinn Idbüitt. Diettstag, 20. Juli 1909. Doppelte Moral." München , den 19. Juli. lTelegraphischer Bericht.) vor der 4. Straflammer des hiesigen Landgerichts begann heute der mit Spannung erwartete Prozeß gegen den Urheber des Reklame- Bluffs, der seinerzeit so großes Aufsehen erregt hatte, Peter Gant er. Am 19. Dezember brachte die Morgenpost in fast jedes Haus der Städte Berlin , München , Nürnberg . Magdeburg , Leipzig , Frank- furt, Mainz , Köln , Danzig , Dresden , Straßburg , Heidelberg , Bremen , Hannover u. a. einen säuberlich adressierten und kuvertierten Brief. Wenn der Empfänger den an ihn gerichteten Brief öffnete, konnte er sich an dem Inhalt den Kopf zerbrechen, denn der handschriftlich ge- schriebene Brief lautete: .Geehrter Herr(voller Name des Adressaten). Lesen Sie nur den Tendenzroman.Doppelte MoraN, das Tollste. waS bis heute dagewesen ist. Ein Skandal schlimmster Art, der uns gerade noch gefehlt hat. Der unausbleibliche Riesenprozeß, in den R. und H. leider auch hineingezogen sind, wird in seinen Folgen fürchterlich werden. Das anonym erschienene Buch hätte vor seuiem Erscheinen beschlagnahmt werden müssen, nachher rst es zu spät. In Eile Ihr(Unterschrist war unleserlich)." Was es mit dem angepriesenen.Tendenzroman" für eine Be- wandnis hat, konnte derjenige, der ihn gelesen hatte, bald erfahren: Es ist ein Schund gewöhnlichster Sorte und hat mit den Angelegen- heiten der Briefempfänger nicht das mindeste zu tun. Der Roman erschien in einer Auflage von 200 000 Stück und sollte m feiner Ausstattung sehr einfach gehalten, 7,S0 M. bis B,50 M. kosten! Ganter hoffte daraus einen Riesenprofit zu ziehen, allerdings ist ihm sein Plan ja nicht gelungen; denn bevor eine nennenswerte Anzahl von Exemplaren abgesetzt war, wurde der Schwindel durch oie Zeitungen bekannt. Ganter hatte den.Schrift- steller" Georg Fleck in Berlin veranlaßt, nach seinen Angaben die Lcbensgeschichte eines Prinzen zu schreiben, in der daS Fideikommiß eine Rolle spielt. Er errichtete im April 1903 in Zürich eine Schreibstube, in der er 2i Personen mit der handschristlichen An- fertigung der Tausende und aber Tausende von Reklamebriefen beschäftigte. Leiter dieses Schreibbureaus war der Kaufmann Kurt Hamburg aus Mainz . Ganter hat sich daher wegen eines fort- gesetzten, mit Hamburg verübten Verbrechens der Privat Urkundenfälschung im rechtlichen Zusammentreffen mit einem Ber< gehen des Betrugs zu verantworten. Ganter ist auch noch wegen Vergehens gegen das Postgesetz angeklagt, weil er an eine aus> wänige Spediteurfirma eine Kiste mit Briefen, die mit 5 Pfennig marken frankiert waren, geschickt hatte. Die Anklage verKitt Staatsanwalt Dr. Gütermann, die Verhandlungen leitet Landgerichtsrat Lindner. Ganter wird vom Rechtsanwalt Beruft ein verteidigt. Den Angeklagten Hamburg verteidigt Rechtsanwalt Dr. Meherstein-Berlim Es sind 8 Zeugen zur Stelle, außerdem 2 Aerzte, sowie 2 Buchhändler als literarische Sachverständige. Nach dem Eröffnungsbeschluß find beide Angeklagte schuldig des Betruges, der Urkundenfälschung und der Beleidigung von 23 Personen. Im Eröffnungsbeschluß wird den Angeklagten zur Last gelegt, das BuchDoppelte Moral", welches nach Inhalt und Form 50 Pf. bis 1 M. wert war, für 7,b0 bis 3,50 M. ver. kauft zu haben. Ferner ist eine Anzahl Personen getäuscht worden; sie wurden in den Glauben verfetzt, daß sie in eine schmutzige Affäre verwickelt feien. Die Lektüre des in 400 000 Exemplaren versandten Briefes hat weiter nach dem Eröffnungsbeschluß auf einige nervöse und herzlcidende Personen nachteilige Folgen gehabt. Ursprünglich wurde noch von 2 Personen Anklage wegenKörperverletzung" gestellt. das Gericht hat jedoch das Verfahren eingestellt. Der Angeklagte Ganter ist wegen Urkundenfälschung und versuchten Betruges mit v Monaten Gefängnis und einem Jahr Ehrverlust bestraft, ferner wegen Unterschlagung mit 100 Ml Geldstrafe, zweimal wegen Beleidigung mit je 500 Mk. Geldstrafe, und wegen Nötigung mtt 7 Monaten Gefängnis. Ter Angeklagte Hamburg wurde im Jahre 1004 wegen Diebstahls und Urkundenfälschung zu 9 Monaten Ge- fängnis und 2 Jahren Ehrverlust verurteilt. Ueber den realen Untergrund des BuchesDoppelte Moral" macht Ganter folgende Angaben: Ein HerrMüller" ich will den richtigen Namen nicht nennen, ich habe nicht das Bedürfnis, noch mehr Sensation zu machen! ein in Ehren ergrauter Herr, der mit dem Staatsdienst verwachsen ist, wurde durch einen Land- wirtschaftsminister(Podbielski) veranlaßt, eine fürstliche Besitzung zu kaufen. Es wurde ihm die fideikommissarische Bewilligung durch den König in Aussicht gestellt. Der Fürst hielt dem König einen Jmmediatvortrag und überbrachte dann HerrnMüller" die Bot- schaft, daß der König die Auflösung des fürstlichen Fideikommisscs und die Neugründung desMüllerschen" Fideikommisses bewilligt habe. HerrMüller" bewirtschaftete die ziemlich heruntergekommene Besitzung ein Jahr lang und steckte 400 000 M. hinein. Der Land- wirtschaftsminister wurde gestürzt. Unter dem neuen Minister wurde eine Kabinettsorder erlassen, durch die HerrnMüller" die allerhöchste Genehmigung wieder entzogen wurde. Mit Schmach und Schande wurde er von feinem Grund und Boden gejagt. Er wandte sich dann an mich, damit ich die Sache in die Oesfentlichleit bringe. Es wurde eine diesbezügliche Vereinbarung getroffen. Vors.: Ich habe aber einen derartigen Bertrag nicht bei den Akten gefunden. Angekl.: Dieser Vertrag ist das wich- tigste Schrift st ück im ganzen Prozeß, und das gerade fehlt! Ich bin sprachlos. In später Abendstunde wurden die Weiterverhandlungen auf Dienstag vormittag vertagt. kleines feuiUeron. Die Sccschlange, über die meist im Hochsommer Berichte auftauchen, gilt im allgemeinen als ein Phantasieprodukt der .Sauren Gurkenzeit". Mir Unrecht, wie wir in dem soeben in der Sammlung Wissenschaft und Bildung erschienenen WerkchenDer Tierkörper "(Seine Form und sein Bau unter dem Einfluß der äußeren Daseinsbedingimgen, Verlag von Quelle u.Meyer in Leipzig .) lesen. Der Verfasser Dr. Neresheimer schreibt darin über die Fauna der Tiefsee: Und noch eine andere Erscheinung trägt dazu bei, uns die Tiefsecfanna fremdartig und altertümlich erscheinen zu lassen. Das ist die relative Häufigkeit solcher Arten, die in fast unheimlicher Weise das Größenmaß ihrer in flacheren Regionen wohnenden Verwandten überschreiten, ähnlich wie wir ja auch unter den längst ausgestorbenen Ahnen vieler Tiergruppen gigantische Vertreter antreffe». Ich erinnere nur an die Riesenfaulliere und Riesengürteltiere, die ungeheuren Molcharten und Saurier und die kolossalen Tintenfische der Vorzeit. Aehnliche Riefenarten find auch an« der Tiefsee in erheblicher Anzahl heraufgebracht worden. Die Hydropolypen z. B. sind im allgemeinen sehr kleine Formen; die ein- zelnen Individuen sind meist nur stecknadelkopfgroß. Aber in der Tiefsee findet sich der gewaltige, nicht in Kolonien lebende Hydro- polyp Branchiocerianthus Imperator, dessen leuchtend roter, von langen Fangarmen gekrönter Kelch von der Größe einer Sonnenblume auf einem bis über 2 Meter hohen Stiel emporragt. Auch eine andere Polhpengruppe, die Seeanemonen, die wir vom Flachwasser her als nicht gerade unansehnliche, eben- tuell die Größe eines Ouartglases erreichende Formen kennen, sind in der Tiessee vertreten durch Arten, die mrt Leichtigkeit einen Zylinderhut verschlucken könnten. Und solche Riesen kennen wir aus den verschiedensten Tiergruppen als Tiefseebewohner: Asseln von der Größe einer Ratte; Muschelkrebse, Pfeilwürmer, Asselspinnen und andere Formen von bisher unerhörten Dimensionen werden in den abhsfischen Tiefen gefunden. Noch zwei solcher Giganten der Tiefsee möchte ich besonders erwähnen. Einmal die Riesenkrabbe, ein aben- teuerlich aussehendes Ungeheuer, das auf langen, dünnen Beinen daherstelzt, mit denen es einen Raum von drei bis fünf Meter überspannt, mit enormen Scherenarmen droht und einen wahrhaft furchterregenden Eindruck macht. Jedoch ist das Tier im seichten Wasser hilflos und unwehrhaft, bei jeder Welle schwankt es auf seinen gespenstisch langen, dünnen Beinen und kann sich kaum austecht hallen, es ist eben als Tiefseebewohner nur auf absolut ruhiges Wasser eingerichtet. Vielleicht der gewaltigste Tieffeebewohner aber ist der Krake, von dein die Sagen aller meeranwohnenden Völker erzählen; der Riesentintenfisch, der mit seinen ungeheuren Armen Schiffe um- klammern und in die Tiefe ziehen soll. Und dieser sagenhafte Unhold existiert wirklich, wenn er auch selten zu sein scheint und noch seltener au die Oberfläche des Meeres kommt. Alles, was man von ihm kennt, sind einige enorme, bis zu 11 Meter lange Arme, die ab und zu an die japanische oder amerikanische Küste angespült wurden und die uns einen Begriff vii. Kongreß der christlichen Gewerit- schaffen. Köln , IS. Juli. Der diesjährige Kongreß der christlichen Gewerkschaften Deutsch . landS wird eingeleitet durch eine heute vormittag im großen Gürzenichsaale stattfindende öffentliche Versammlung, zu der als Redner einige Männer von Stellung und Namen gewonnen sind. Die christliche Gewerkschaftsbewegung legt bekanntlich Wert auf den Nachweis, daß sie auf dem Boden der gegenwärtigen Staats- und Gesellschaftsordnung steht, daß sie den Klassenkampf verwirft und die Interessen desArbeiterstandeS" im Verein mit den anderenStänden" vertteten will. Um daS auch nach außen zu bekunden, statten die Christlichen ihre Kongresse mit Ver- tretern bürgerlicher Kreise aus und beKauen sie mit Ansprachen, in denen sie sich das Zeugnis staatserhaltender und christlicher Ge sinnung ausstellen lassen. Wie der Vorsitzende des Ausschusses vom Gefamtverbande der christlichen Gewerkschaften, Reichstagsabgeordneter Schiffer, in seiner einleitenden Rede verkündete, haben sich die christlichen Gewerk- schasten im wirtschaftlichen und im öffentlichen Leben die wohlwollende Aufmerksamkeit der weltlichen und geistlichen Obrigkeit, der Männer der Wissenschaft insbesondere der Nationalökonomie erworben; es sei ihm eine Genugtuung, daß der Kongreß verschönt werde durch die Anwesenheit hoher Gäste und lieben Freunde: Staatsminister Freiherr v. Berlepsch, RegierungS- und Gewerberät Trilburg, Landes- rat Wittmann, die Abgeordneten Trimborn und Pieper usw.; morgen seien noch mehr hohe Gäste zu erwarten, so werde das ReichSamt des Innern und die Stadt Köln Vertreter senden. Die Versamm- lung begrüßte jeden Namen mit Beifall und Händeklatschen und stimmte zum Schluß in' das vom Redner ausgebrachte Hoch auf den Kaiser ein. Generalsekretär Stegerwald gab sodann einen Ueberblick über die seit dem ersten Kongreß(Mainz 1899) verflossenen zehn Jahre christlicher Gewerkschaftsarbeit. Als die Aufgabe der christ- lichen Gewerkschaften erklärte er: Anhänger aller bürgerlichen Parteien zu sammeln, um wirtschaftliche Aufgaben zu lösen in einer Form und mit Mitteln, die mit ihrer christlichen Ueberzeugung und Vater- ländischen Gesinnung im Einklang stehen. Die christlichen GeWerk- schaften feien entstanden, weil die Sozialdemokratie die GewerkschaftS- Bewegung mit parteipolittfchen und antichristlichen Fremdkörpern durchsetzt habe und jeden Arbeiter, der nicht auf ihrem Bode stehe, entweder als Idioten oder als Lumpen behandele. Den Kirchen- gemeinfchaften erkenne die christliche Gewerkschaftsbewegung einen weitgehenden Einfluß auf das Volksleben zu, müffe von ihnen aber die auch anderen Interessengruppen eingeräumte organisatorische Selbständigkeit beanspruchen. Die Betätigung auf politischem Gebiete müsse außerhalb der wirtschaftlichen Organisation erfolgen und zwar durch Beeinfluffung der bürgerlichen Parteien zugunsten der nach Durchsetzung in der Gefellschsftsordnung ringenden Arbeiterschaft. Die Unternehmer dürften nicht bloß als Ausbeuter und Scharfmacher angesehen werden, man müsse ihr hohes Verdienst um die ganze Volkswirtschaft, ihre Intelligenz und geistige Ueber- legenheit anerkennen. Die bisherige Tättgkeil der christlichen Gewerkschaften, die der Redner im einzelnen schildert, stelle ein von der furchtbaren Größe und Kraft dieses Untiers geben können. Vielleicht gibt die Existenz dieses Wesens auch die Erklärung für eine andere, immer wieder auftauchende Schifferfage: die Erzählungen von der Seeschlange. Denn wenn wir uns auch gewöhnt haben, die periodisch in den Zeitungen austauchenden Nachrichten über See- schlangen alsEnten" zu belächeln, so ergibt doch eine Sichtung der vorliegenden Berichte, daß es sich durchaus nicht um bloße Phan- tastereien und Lügen handeln kann. Sehr wohl aber ließe sich denken, daß der Anblick eines Armes eines derartigen Riesenkraken, der einnml an die Oberfläche emporgetaucht sein mag, zu einem Bericht über eine ungeheuere schwimmende Schlange Veranlaffung gegeben hätte. Ejnar Milkclscns Grönlandexpedition gescheitert. Mikkelsen, der sich gegenwärtig mit derAlabama " auf der Fahrt von Thorshavn (auf den Färöern) nach Reykjavik (aus Island ) befindet, hat seine sämtlichen Hunde eingebüßt, und damit ist das ganze Unternehmen in Frage gestellt. Nach einem Depeschenwechsel mit dem Ministerium sollte Mikkelsen das Schiff desinfizieren, was inzwischen ge- schehen ist. und auf Island versuchen, den Hundebestand zu erneuern. Sollte er dabei vom Eise ein« oder abgesperrt werden, wäre Rück- kehr nach Dänemark geboten. Inzwischen hat sich der Grönländer, der von Grönland gekommen war und der Expedition als Führer in den öden Gegenden dienen sollte, in Thorshavn krank gemeldet. weil er Angst hatte. Die Expedition schien ihm mit einem Male zu gewagt. Mikkelsen ist also ohne Hunde und ohne Führer, und da es nach Ansicht des Ministeriums aussichtslos ist, in Angmagsalik 60 Hunde aufzutreiben, ist wohl die ganze Expedition für diesen Momeut als gescheitert zu betrachten und Ufte Rückkehr nach Däne­ mark unvermeidlich. Theater. Neues Theater:Sein Sündenregister". Burleske in 8 Akten von Fritz Friedmann-Frederich . Drei Sünden- Erstens Herr Friedmann-Frederich, der die hat. Zweitens der Sommerdirektor Josef Schauspielern und dem Publikum den Und endlich der Träger derIdee" des Stücks: Peter Heidkamp mit dem sträflichen Einfall, über seine zahl- losen Ehebrüche sein säuberlich Buch zu führen. Dieses Sünden- register ist das schwächliche Rückgrat der Mimik, die sich im übrigen drei Akte lang nur noch durch eine Handvoll obszöner Witzchen über Wasser hält, vornehmlich aber von Entkleidungen auf offener Szene lebt Entkleidungen, durch die beide Geschlechter im Publikum auf die Kosten kommen sollen. Den Ehe- und Herzenbrecher mit dem Sündenregister gab ein Gast: HanS L a ck n e r. Er spielte flott, kam aber doch nicht recht zur Geltung, hauptsächlich wohl, weil seine Partnerin(Alice Lenz) versagte. Da« Publikum war sehr schlecht einstudiert: es klatschte viel, aber stets an verkehrter Stelle. G. D. Musik. .Hotel Amor' wurde am Sonnabend im Berliner Theater zum erstenmal aufgeführt. Das Stück Wird als. böcke auf einmal: Burleske" fabriziert Stein. der seinen Schmarrn zumutet. großes Stück positiver Arbeit dar; er wünsche, daß die kommende Zeit ebenso arbeits- und opferfreudige, von wahrem Idealismus durchdrungene Kämpfer finden möge. Staaisminister v 0 n B e r l e p s ch, der sich vorstellt als einen Mann, der von Anfang an die hohe Bedeutung der christlichen Gewerkschaften voll anerkannt hat und bemüht war, sie nach Kräften zu fördern, hält eine lange einschläfernde Rede über alle möglichen Dinge aus dem Gebiete der Arbeiterfrage und der Sozialreform, Er erzählt aus feiner Zeit als Handelsminister, daß ihm nicht zehn-, nein hundertmal, wenn er Vorschläge sozialresormerischer Art gemacht habe, entgegengehalten worden sei, damit werde doch nur der Sozialdemokratie genützt. Dasselbe könne man jetzt wieder bei der Frage der preußischen Wahlreform beobachten. Da sei ei zu begrüßen, daß derartigen Einwürfen entgegengetreten Werder könne insofern, als es jetzt Organisationen außerhalb der Sozial- deinokratie gebe, die für derartige Forderungen eintreten.(Der Redner sparte sich den Nachweis, daß dadurch die Dinge besser aeworderi sind und die Arbeiterforderungen jetzt mehr Aussicht auf Erfolg haben). So lange die sozialdemokratische Partei die freien Gewerk- schaften als ihre Organe ansehe und so lange die freien Gewerk- schaften sich das gefallen ließen, sei an eine Verschmelzung mit den christlichen Gewerkschaften nicht zu denken. Dagegen empfahl der Redner den christlichen Gewerkschaften dringend den Versuch, mit den Hirsch-Dunckerschen eine engere Verbindung herbeizuführen. Die bisherigen Erfolge der deutschen Arbeiterbewegung feien beachtenS- wert, aber sie würden noch viel größer fein, wenn nicht die be> llagenswerte Zersplitterung vorhanden wäre. Da sollten sich, wo eir getrenntes Marschieren noch unvermeidlich fei, die verschiedener Organisationen wenigstens so weit zusammenfinden, daß ein vereinte! Schlagen möglich sei. Der Redner schließt mit der Hoffnung, das schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Einglieverunc des Arbeiterstandes in den staatlichen und sozialen Organismus ge- lingen möge, und wenn das im Wege der Reform, nicht der Revolution geschehe, so sei das nicht zum wenigsten der Einwirkung der christlichen Gewerkschaftsbewegung zu danken. Dr. BraunZ, Direktor des katholischen Volksvereins, rede! an Stelle des erkrankten Professors Hitze über die Triebkräfte der christlichen Gewerkschaftsbewegung. Nach dem Redner waren religiös-sittliche Ideale, die den zwingenden Grund zum Entstehen der christlichen Gewerkschaften gaben. Die Bewegung wuchs spontan aus dem Proletariat heraus, weil den katholischen Arbeitern die marxistisch-sozialistische Ideenwelt mit ihrem krassen Materialismus, ihrem Klassenkampf, ihrer Unwahrheit und ihrer hetzerischen Propaganda zuwider war. Das Ideal der christlichen Geiverkschasten war die wirtschaftliche Solida- rität, weshalb sie Fragen der Religion, der Weltanschauung und der Parteipolitik aus dem Spiele lassen. Achtung vor der Bedeutung des privaten Unternehmertums, richtige Einschätzung des Verhältnisses von Kapital und Arbeit zu einander und ernstes Friedensstreben das sind nach Dr. Brauns die Hauptvorzüge der christlichen Gewerk« schaften, die allein die Förderung des Gewerbes gewährleisten. Eine Gewerkschaft wie die christliche, in der sich Männer verschiedener Konfession und Parteirichtung auf dem Boden ihrer wirtschaftlichen Interessenvertretung einigen, deren Taktik sogar ein Sichzusammen« finden mit Gliedern anderer Bevölkerungsklasien ermöglicht und da- mit der Abschwächung politischer Gegensätze und der staatsbürgerlichen Einigung dient, kann sich nach des Redners Meinung mit Recht und mit Stolz.national" nennen. Der Derbaildstag der Tapesierer und vemandten Kervfg- genosseu Deutschlands . Am Sonntagabend 7 Uhr wurde der 4. ordentliche Verband». tag des Verbandes der Tapezierer und verwandten Berufsgenofsen Deutschlands eröffnet. Zur vorgeschlagenen Tagesordnung lag ein Antrag- Bremerhaven vor, die Frage der, Verschmelzung mit dem Holzarbeiterverbande als besonderen Punkt zu behandeln. Der Antrag fand nicht die Zustimmung des Verbandstages; die Frage soll jedoch bei dem Punkt:Allgemeine Anträge" an erster Stelle beraten werden. Ferner stellten mehrere Delegierte den Antrag, die 'jfcf Maifeier> als besonderen Punkt auf die Tagesordnung zu fetzen. Demgegen- über wurde bemerkt, daß die Maifeier stets im Verbände propagiert worden ist, und daß es wohl möglich fei. die Frage beim Bericht Operette bezeichnet, kann aber ruhig zur Posse mit Gesang ge- rechnet werden. Hier tut man gut, nach keinen anderenUnwahr- scheinlichkeiten" zu fragen, als nach solchen, die in einem Nach- lassen der eigenen Kraft desgeistreichen Blödsinnes" liegen. Daran leidet das Stück in feinem enttäuschenden Schlußakt und in seinenGesangstexten"(Couplets) von W. Höhne. Doch das alles hindert nicht dieenthusiastische" Aufnahme eines Stückes von dem TypuS, in dem durch burleske Tanzbewegungen, durch das Austreten einesNarzissensextettes", durch Witze wie über denElektrotechniker" und durch Verwickelungskomik einem Miß- erfolge von Haus aus vorgebeugt wird. ImHotel Mohr" ist wegen Dalles Aufruhr. Der Ge- schäftsführer macht das Personal zu Gästen und die Narzissen zu Angestellten. Dadurch will er einen reichen Amerikaner, der daS schon vorher umbenannteHotel Amor" kaufen soll, und einen gemütlichen Onkel aus Königsberg , der seinen Neffen als Hotelier florieren sehen will, überlisten. Die beiden alten Herren hatten sich vor 23 Jahren mit einer Artistin eingelassen und suchen nun deren Tochter, die gar nicht existiert. Endlich wird die Ober» narzissin als solche vorgeschwindelt und macht gnten Schluß. Dies der Text desbewährten" Benno Jacobson. Die Musik des noch unbewährten Charles Philip ver- sucht immerhin einen Operettenanlauf, und zwar sowohl durch Spähe in der Verwendung von Instrumenten, wie auch dadurch, daß manchmal Chor und Solostimmen hübsch lebhaft ineinander gearbeitet werden. Sonst aber darf man von ihr schweigen. Am erfreulichsten ist in solchen Fällen meist die schauspiele- rische Gewandtheit der Darsteller. Um ihr diesmal gerecht zu werden, müßten wir zu viel Raum beanspruchen; und auch einige Gesangskunst, die dabei betätigt wurde, sei nur eben mit allge- meiner Anerkennung erwähnt. Kurz: man unterhält sich, sz Humor und Satire. Zum Gedächtnis. Unter einer Zeichnung GulbranssonS, die einen Pfaffen als Scharfrichter und einen Junker als Gehilfen dar- stellt, liest man: Der Beschauer erblickt hier daS herzzerreißende Schicksal weiland des gesürfteten Reichskanzlers Bülow des Nord«- neyers, welcher im Junms durch einige Fuselbrenner vom hohen und Niedern Adel an die rachgierigen Eunuchen RomS ausgeliefert, auch von selben unter Mitwirkung eines wohlgeborenen Schnaps- adels öffentlich hingerichtet wurde. Seine Ueberreste werden nach Kleinflottbeck geschafft, und ist zur Erinnerung an fein grausames Los zum ewigen Angedenken diese Tafel errichtet worden im Jahre des siegreichen Diebstahls 1909. Die Parteien an der Leiche BülowS: Er war kein Mann, nehmt alles nur in allem Wir werden öfters seinesgleichen sehn I" Das einzige Glück. Wenn sie nicht Soldaten drauchteu, würden sie uns auch noch die Kinder versteuern. (.Simplicifsimus.'j