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.Nachdem die Temeindedertretung von Kricwald einstimmig mich ersucht hat. die von Ihnen einberufene Versammlung zu verbieten, da.größere Unruhen zu befürchten sind', und nachdem ich auch weiterhin auf Grund von zuverlässigen Informationen die Gewißheit erlangt habe, daß cS bei dieser Versammlung zu ernsten Ruhestörungen und Tätlichkeiten kommen wird, sehe ich mich im Interesse der öffentlichen Ordnung ver- anlaßt, die Genehmigung zu der für Sonntag, den 18. d. MtS. nach Kriewald einberufenen Versammlung zurückzuziehen.' Tatsächlich hat die fiskalische Gmbenvcrwaltung auch sofort eine Sitzung der natürlich auch.fiskalischen' Gemeindevertretung von Kriewald veranlaßt, um die Versammlung zu hintertreiben. Mehrere hundert Arbeiter fanden sich indes am Versammlungsorte ein und als sie hörten, was vorgefallen, begaben sie sich in ein benachbartes AZirtshaus, wo etwa ö0 Mann der Belegschaft dem Verbände als neue Mitglieder beitraten._ Ter SozialisnmS als ErWecker der Arbeiter. In der Tübinger.Zeitschrift für die gesamte Staatswiffenschast' bespricht der Herausgeber Professor Karl Bücher »die Jugend« geschichte einer Arbeiterin', den.LcbcnSgang eines deutsch - tschechischen Handarbeiters' von Wenzel Holek und die von Levensteiu herausgegebenen ArbeiterbriefeAus der Tiefe". Am Schluffe der ausführlichen Besprechung kommt er zu nach- stehenden Bemerkungen: Das Maß von Bildung, das sich viele von ihnen(den deutschen Arbeitern) trotz mangelhaftesten Schulunterrichtes und fast nie abbrechender Nahrungssorge noch spät aneignen, ist gar uicht zu unterschätzen. Für alle aber bedeutet das lehren die drei hier angezeigten Bücher in eindringlichster Weife der Eintritt in die Gedankenwelt des Sozialismus den gewaltig st en inireren Fort« «schritt. Sie werden mit einem Male aus ihrer trostlosen geistigen Isoliertheit in ihrem dumpfen vegetativen Dasein emporgerissen und zum Nachdenken über die sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge gezwungen. Sie erkennen sich selbst als ein Glied an einer großen Kette, ihr Schicksal als die Wirkung von Ursachen, die fast das ganze menschliche Getriebe beherrschen. Mag daS Licht, das ihnen so plötzlich aufgeht, viele mehr blenden als erleuchten, mag daS geistige Streben, das die neue Erkenntnis auslöst, für manche mehr zur Berbildung als zur Bildung führen, interessante Zeitbilder bleiben diese Bekehrungsgeschichten immerhin und darum feien sie der all- gemeinen Aufmerksamkeit empfohlen. Ei» schlagfertiger Unteroffizier. Vor dem Kriegsgericht der 88. Division m Erfurt stand am Mittwoch der Sergeant Albin Walther von der 1k). Kompagnie des 71. Infanterieregiments in Erfurt unter der Anklage der Soldaten Mißhandlung. Am » 6. Juni wollte der Musketier Gärtner aus der Kammer ein Paar Stiefel umtauschen; statt anderer Stiefel erhielt er aber von Walther eine kräftige Ohrfeige, der dabei noch rief:.Ist denn Euer Oberleutnant verrückt geworden, daß er meint, die Sachen kämen vom Himmel heruntergefallen I' Am Tage danach schloß sich Walther mit dem geohrfeigten Musketier ein und suchte ihn zu beeinflussen, von einer Beschwerde abzulassen. Das Kriegsgericht erkannte gegen den schlagfertigen Borgesetzten auf ISTageGefängnis. franhrdeb. Em reaktionärer Wahlsieg. Paris , 20. Juli. (Eig. Ber.) Eine Nachwahl, die am Sonn- tag in A b b e v i l l e(Dep. Somme) zu Ende geführt wurde, erregt ein starkes Aufsehen. Im ersten Wahlgang hatte der anti- republikanische Kandidat 09 7 3 Stimmen erhalten, ein Links- repudlikaner 4624, ein Radikalsozialist 3347 und der Kandidat der geeinigten Soziali st en 2074. Im zweiten Wahl- gang drang der Reaktionär mit 8212 Stimmen gegen 7006 des Linksrepublikaners durch, und die radikale Presse, vor allem aber auch die gemäßigte, die die völlige Abwendung der Radikalen von der Sozialreform und die Konzentration der Mittelparteien fördern will, behauptet, dieser Stimmenzuwachs stamme von den Sozialisten, die sich für die den Genossen Compere- M o r el und Mille gewährte klerikale Wahlhilfe revanchiert hätten. Richtig ist nun, daß die Stimmen des sozialistischen Kan- didaten, der sich ohne Ausgabe einer Stichwahlparole einfach zurück- gezogen hatte, ungefähr um ebensoviel abgenommen haben, als der Republikaner gewonnen hat. Trotzdem ist die Beweisführung gefälscht. Denn sie sieht von den Stimmen des Radikal» s o z i a l i st e n ab, der seine Kandidatur erst vier Tage vor der Stichwahl zurückgezogen hat und dessen Freunde zahlreich für den Reaktionär stimmen gingen. Dierepublikanische Disziplin" ist also auch von den bürgerlich-radikalen Wählern nicht gewahrt worden. Es soll nicht bestritten werden, daß ein Teil der sozialistischen Wähler für den Reaktionär gestimmt hat. Dies gilt namentlich für den Ort F r e s s e n n e v i l l e, der vor nicht langer Zeit der Schauplatz heftiger sozialer Kämpfe war, bei denen sich das Kapital in Gestalt radikaler Fabrikanten und die Republik als Organ der Klassenherrschaft repräsentierte. Die Erinnerung daran war offenbar heftig genug, um die Arbeiterwähler zu einer Demonstration zu veranlassen, bei der ihnen der Gedanke an ein politisches Entgelt völlig fernlag. Die Behauptung von einer planmäßigen Unterstützung der Reaktionäre durch die Sozialisten ist aber eine bewußte Verleumdung. Die Parteidisziplin ist in Frankreich leider! überhaupt lange nicht fest genug, um bei der Stichwahl ein geschlossenes Operieren der Wähler in irgend- welcher Richtung, namentlich ohne offene Agitation durchzusetzen. Eine Kooperation mit den Reaktionären widerspräche aber auch der von den Parteitagen festgelegten takischen Grundregel für die Stichwahlen, die das Interesse deS Proletariats und der sozialen Republik maßgebend macht. Dieses Prinzip befreit die Partei von der Pflicht, die ihr manche Genossen auf- erlegen möchten, für die zweideutigsten Bourgeoiskandidaten zu stimmen, die den offiziellen Stempel des RepublikanismuS tragen, aber es schließt auch auS, daß die Sozialisten in ihrem nie ver- leugneten Kampf gegen den bürgerlichen Radikalismus der kleri- kalcn Reaktion Hilfe leisten. Wenn die Regierungspresse den Zu- ruf GueSdeS:Bekämpfen Sie uns, wie wir Sie immer bekämpft haben!, mit dem unser Genosse in der Debatte über die allgemeine Politik die Radikalen apostrophiert hat, mit der wenn man so sagen darf Reflexbewegung der verelendeten und brutalisierten Proletarier von Fressenneville in Zusammenhang zu bringen sucht, so liegt die Entstellung auf der Hand. Die Stichwahl vom Sonntag könnte für die Radikalen eine nutzliche Lehre sein, wenn diese etwa? lernen wollten und könnten. Sie zeigt, daß die Wähler die Phrase vomrepubli- kanischen Block" satt haben und an das Heil, das von der Parlamentsdemokratie kommen soll, nicht mehr glauben. Nur ist die von den Reaktionären mit Geschick betriebene und auf der anderen Seite vom anarchistelndcn Syndikalismus in revolutionärer Färbung variierte antiparlamentari sche Demagogie um nichts besser. In der Stichwahl von Abbeville kann man eine ' Demonstration gegen den immer tiefer sinkenden Parlamen- tariSmus sehen. Käß diesem die Ersetzung der Bezirkswahl durch das ListenfkrutlniuM, namentlich ohne den die politischen Parteien konsolidierenden Proporz» aufhelfen würde, ist freilich nicht sicher, da das Uebel im sozialen Organismus sitzt und nicht bloß auf formale Mängel seiner Vorrichtungen zu- rückzuführen ist. Indes würden doch die allgemein politischen Interessen nicht wie jetzt von den lokalen zurückgedrängt und die Rolle der Bczirkspolitiker würde durch die weiteren Parteiverdände eingeschränkt werden. Italien . Wieder ein sozialistischer Wahlsieg. Rom , 19. Juli. (Eig. Ber.) Wie wir seinerzeit de- richtet haben, hatte die Wahlprüfungskommission die Wahl des Genossen Quaglino in Biella für ungültig erklärt, wes- halb am 18. ds. eine Ersatzwahl stattfand. Da der sehr aus- gedehnte Wahlkreis im Sommer viele Saisonauswanderer nach Mitteleuropa entsendet, hofften die Gegner durch die Verminderung der sozialistischen Wählerschaft den Sieg davon- zutragen. Aber die Parteiorganisation von Biella bewegte über 490 Auswanderer zur Rückreise aus Frankreich , Deutsch- land und sogar aus Belgien . Die Wahl ergab dann auch für Genossen Quaglino 53l4 Stimmen und für den Ministe- ricllen Garlanda 3132; es fehlt das Ergebnis einer Sektion, das aber nur eine belanglose Veränderung bewirken kann. Bei den Hauptwahlen erhielt Genosse Quaglino, der Maurer ist, 4879 und sein Gegner 4612 Stimmen. Cnglanä. Rüstungen in Afghanistan . London , 21. Juli. Wie dem R-uterschen Bnreau ans Sinila ge- meldet wird, stellt ein afghanisches Blatt fest, daß ein äußerst reger Waffenhandel dem Emir und den Behörden von Kabul eine allgemeine Bewaffnung der Afghanen und der benachbarten VolkSstämme außerordentlich erleichtert. Eine große Anzahl von Repetiergcwehren ist von Kabul an die afghanischen Truppen in Herat und nach anderen Truppenplätzen gesandt worden. Der Emir hat den Lohn der Arbeiter in den Waffenfabriken erhöht und ihnen seine lebhafte Freude über die gute Beschaffenheit der von ihnen gefertigten Waffen ausgedrückt. Auch die benachbarten Stämme sind unentwegt bemüht, sich mit besseren Waffen zu versehen. Die ganze Angelegenheit ist ge- eignet, die indische Regierung zu beunruhigen. In der Landschaft Dir haben mit einzelnen Stämmen Kämpfe statt- gefunden. Der Mullah Powinda, der auf Malin auf Waziri »narschiert ist, ist vvn einigen 8000 Anhängern zum König aus« gerufen worden. Die Bnlkanpolitik. London » 22. Juli. Unterhaus. Bei der heutigen Debatte über den Etat des Auswärtigen übte Dille(liberal) Kritik an der Ballanvolitik Englands. Redner führte aus, indem England in Verbindung mit Rußland den Standpunkt vertrat, daß die Okku- pation Bosniens und der Herzegowina durch Oesterreich-Ungarn vorübergehender Natur sei, habe es sich in Gegensah gesetzt zu der allgemeinen Auffassung, daß diese Okkupation nicht eine tem- poräre sein solle. England habe zu sehr auf der Doktrin von der Heiligkeit des Berliner Vertrages bestanden, der doch von der Türkei ebenso sehr verletzt worden sei als von den anderen Mächten. Henderson(Arbeiterpartei) sprach sich gegen den beabsichtigten Besuch des Kaisers von Rußland aus und erklärte, der Kaiser und die russische Regierung seien untrennbar von der Verantwortung für die beklagenswerten Zustände in den russischen Gefängnissen und für die zahlreichen Hinrichtungen. Da die früheren offiziellen HöflichkeitSbezeugungen keinen Einfluß auf die russische Politik ausgeübt hätten, solle die britische Regierung sagen, sie halte jetzt mit ihrer Gastfreundschaft zurück, bis Rußland Ordnung in feinem Innern geschaffen habe, es sei denn, daß die britische Regierung die Beschuldigungen, die gegen die russische Politik erhoben worden feien, vollständig widerlegen könne. Die Arbeiterpartei werde darauf bestehen, daß über ihren Protest abgestimmt werde. In Verteidigung der englischen Politik auf dem Balkan sagte Sir Edward Grey : Als im nahen Osten die Schwierigkeiten auf. stiegen, haben wir uns durch nichts anderes als durch die Ab» machungcn deS Berliner Vertrages verpflichtet gehalten. Nach Abschluß dieses Vertrages waren alle früheren Abkommen hin- fällig. Wir sind Rußland nicht in allen Stücken gefolgt und haben unsere eigenen Ansichten gewahrt. Was unser Verhältnis zur österreichisch-ungarischen Regierung betraf, so hatten wir dieser gegenüber keinerlei moralische Verpflichtungen, auch ist von dieser während des ganzen Verlaufes der Verhandlungen eine solche Be- hauptung nicht erhoben worden. Seit der Rede von Dilke be- schäftigen sich meine Gedanken mit den Versicherungen, die im Jahre 1880 Gladstone gegeben worden und in einem von ihm veröffentlichten Briefe an den österreichisch-ungarischen Bot- schafter enthalten sind; es heißt dort: Eure Exzellenz sind so liebenswürdig, mir zu versichern, daß ihre Regierung nicht den Wunsch hegt, die im Berliner Vertrage erworbenen Rechte in irgendeiner Weise auszudehnen, oder ihnen irgendetwas hinzu- zufügen und daß irgendsolche Erweiterungen für Oesterreich- Ungarn durchaus nachteilig fein würden. IVlarokko. Ein erbitterter Kampf. Melilla , 22. Juli. General Marina ist mit seinem Stabe vom GcfechtSfclde hierher zurückgekehrt. Der General erklärte, der 20. Juli und die Nacht zum 21. feien die härtesten gewesen seit Beginn der Operationen. Er glaube, der gegenwärtige Konflikt werde länger dauern, als man angenommen habe. Eine Jnfanterielolonne, die das Gebirge auf Sidi-Moussa durchstreifte, habe vom Feinde nichts gesehen. Die spanischen Verluste. Madrid , 22. Juli. Nach einer Meldung derCorrespondencia de Espana" betrugen auf spanischer Seite die Verluste während deS Kampfes am Abend des 20. Juli 2 0 Tote» in der Nacht zum 21. Juli 3 0 Tote und 66 Verwundete. Gegen den Krieg. Madrid , 22. Juli. Als in der verflossenen Nacht ein Zug mit Truppen nach Malaga abgehen sollte, ver- suchten die Angehörigen der Soldaten die Ab- fahrt zu verhindern. Es kam zu Zusammen- stößen, wobei etwa 19 Personen verletzt wurden. 18 Per- sonen wurden verhaftet. Es sind energische Maßnahmen für die Beförderung weiterer Truppen getroffen worden. Gute Meuterei. Barcelona , 22. Juli. Bei T r u p p e n. die gestern nach Melilla abgehen sollten, ist es zu meuterischen Aus- t ritten gekommen. Ein Bataillon bedrohte einen Oberst und verschiedene andere Offiziere mit dem Bajonett, und erst dem Eingreifen in der Nähe befindlicher Unteroffiziere gelang es, die Nnhe wieder herzustellen. Den Mannschaften wurden sämtliche Patronen abgenommen. pcrften. Zurückziehung der türkischen Truppen. Konstantinopel » 22. Juli. Nach einer Meldung derJeni Gazeta" hat die Pforte an die WilajetS Van und Bagdad Befehl ergehen lassen, alle türkischen Truppen auS P ersten mit Ausnahme der Abteilungen zum Schutze der Konsulate in Urmia Salmas und Choi zurückzuziehen und keine Txuppeu mehr dorthin zu entsenden. Amerika. Die Kommunalwahlen in New Dork und die sozialdemokratische Partei. New Jork , 6, Juli 1909.(Eigener Bericht.) Von sämtlichen Parteien war die sozialistische die erste, die auf ihrem Konvent am 4. Juli zu den Kommunalwahlen in New Aork, die anfangs November stattfinden, Stellung genommen hat. Die von dem Konvent angenommene Plotform(Programm) enthält neben einer scharfen Betonung der sozialistischen Grundsätze eine Reihe Forderungen, die sich auf die Selbstverwaltung der Kommune. Munizipalbetrieb. Arbeitslosenfürsorge, Versammlungsfreiheit und Redefreiheit, WohnnngSsürsorge, Schulwesen usw. beziehen. Noch selten waren die Aussichten für die Partei derart günstige wie gerade jetzt. Die demokratische Stadtverwaltung war ebenso korrupt, weitn nicht noch korrupter, als es die vorher am Ruder ge- wesene republikanische oder, wie sie sich nannte, Reform-Stadt« Verwaltung gewesen war. Jedes einzelne unter die Lupe genommene städtische Departeinent hat sich als oberfaul er« wiesen. Die Diebereien, die seitens städtischer Beamten während der letzten Jahre verübt worden sind, belaufen sich auf viele Millionen Dollars. Besonders schlimm wurde die Polizei kom- promittiert, die ein Erpressungssystem eingeführt hat, wie eS selbst in Rußland nicht ausgeprägter sein kann. Tammany Hall , die demokratische Parteimaschine, die gegenwärtig unumschränkt über New Uorl herrscht, fühlt die Schwäche ihrer Position. Und daS Be­strebe» der demokratischen Partei läuft deshalb einzig und allein auf die Aufstellung eines Kandidaten hinaus, der, nach amerikanischen Begriffen wenigstens, halbwegs ehrlich e r s ch e i n t, es aber bei- leioe nicht sein soll.________ Sozialea* Lehrlingszüchtcrei. Bilder aus dem Lehrlingselend entrollten zwei Prozesse, die gestern vor der v. Kammer des Gewerbegerichts geführt wurden. Verklagt war der Inhaber einer mechanischen Werkstatt G, Voigt in der Neuenburgcr Strasse 12. Zwei Lehrlinge verlangten, daß der Beklagte in die Auf- lSsung dcS LehrverhältnisseS zu williger verurteilt wird. Sie begründeten es damit, daß die beiden Söhne des Beklagten, Otto und Paul, die zeitweilig im Betriebe mitarbeiten, das dem Be- klagten zustehende Züchtigungsrecht überschreiten, sie in unange- brachter Weise beschimpfen und gröblich beleidigen. Die umfang» reiche Beweisaufnahme ergab, daß Schimpfworte wie Kamel, Affe, Ochse, Hammel» Esel» Schafskopf, Dussel , faule Sau und faules Aas im Betriebe des Bellagten gang und gäbe sind. Nicht selten wurden ohne recht ersichtlichen Grund die Lehrlinge geohr- fcigt. Wie die technische Ausbildung der Lehrlinge zu bewerten ist, zeigt der Umstand, daß bei 7 Lehrlingen nur 1 bis 2 Gehilfen beschäftigt werden. Das Gericht empfahl dem Beklagten, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme freiwillig in die Auflösung der beiden Lehrverhältnisse zu willigen. Den Rat befolgte der Be- klagte. Hoffentlich werden nunmehr die Lehrlinge den famosen Lehrherrn auf Schadenersatz verklagen. Ausbildung oder Ausbeutung? Auf eine recht sonderbare Weise sucht der Inhaber einer Chauffeurschnle namens Jedtwapne zu billigen Arbeitskräften zu gelangen. Der Motorschlosser M. prozessierte gestern gegen ihn vor dem Gewerbegericht. Der Kläger war vom 8. bis 19. Mai beim Beklagten mit der Reparatur von Kraftfahrzeugen beschäftigt. Für seine Arbeit sollte er dadurch entschädigt werden, indem er das Fahren erlernen sollte. Der Beklagte hatte ihm auch die Prüfung als Fahrer sowie die Beschaffung eines Fahrscheines ver-. sprachen. Die Gebühr für den letzteren beträgt 21,60 M., die der Beklagte zahlen wollte. Wie ein Zeuge, der auf dieselbe Weise genasführt worden ist, bekundete, sind diese Versprechungen nicht erfüllt worden. Der Kläger ist nur ein einziges Mal ge- fahren, während die anderen Schüler, die Lehrgeld zahlten, dafür aber nicht zu montieren brauchten, vom Beklagten eingehend instruiert wurden. Der Kläger klagte deshalb auf Zahlung einer Entschädigungssumme in Höhe der Fahrscheingebühr. Das Gericht unter Vorsitz des Magistratsrats Dr. Wölbling verurteilte den Beklagten, die 21,50 M. zu zahlen. In den Gründen sagt daS Gericht: Der Beklagte hat den Kläger als Fahrer ausbilden wollen. Bei dem Wollen ist es aber geblieben. Der Beklagte kann nicht verlangen, daß der Kläger erst vierzehn Tage lang in der Reparaturwerkstatt arbeitet und daß dann erst der Kursus' beginne. Da die Ausbildung als Entschädigung für die Arbeitsleistung er» folgen sollte, hätte der Kläger etwa einen halben Tag in der Werkstatt und die andere Hälfte des TageS mit dem Erlernen des Fahrens beschäftigt sein müssen. Dies ist aber nicht geschehen. Da der Kläger für seine Arbeit eine Entschädigung erhalten müsse, hat das Gericht der Klageforderung, zumal der Kläger nur die Summe von 21,50 M. verlangt, stattgegeben. Die Krankeukasscnärzte an den Bundesrat. Die im Leipziger Verbände organisierten Krankenkassenärzte be» reiten eine ausführliche Denkschrift an den Bundesrat vor. in der sie ihre Wünsche zum Entwurf der ReichsverstcherungSordnung äußern. Sie wenden sich hauptsächlich gegen die in der Regierungs- Vorlage vorgesehene Zusammensetzung der SchiedSauSschüsse und Schiedskammern und gegen die Bestimmmig. daß über Aerzte, die sich dem Spruche einer SchiedSkammer nicht fügen, Geldstrafen ver- hängt werden dürfe». Ferner wünschen die Aerzte, daß bei neuen Krankenkassen die Zulassung aller Aerzte des betreffenden Bezirk« unter vorber vereinbarten Bedingunden gesetzlich festgelegt werden soll. Die Eingabe des Leipziger Verbandes geht ganz, wie daS Vorgehen dieses Verbandes im allgemeinen, von der Voraussetzung aus, die Krankenversicherung sei keine Versicherung der Arbeiter gegen Krank- heitSgefahr. sondern eine Versicherung, die den approbierten Aerztcn bessere Einnahmen sichern soll. Trägt der ReichSverficherungS- ordnungscntwnrf bereit? weit über Gebühr den dahin ge- richteten Bestrebungen der Aerzte Rechnung, so ist leider bei der inr ReichSamt des Innern herrschenden, von dem Drängen der Aerzte beeinflußten Stimmung eine Nach- giebigkeit zu erwarten. Im ReichSamt wird die Frage erörtert, ob eS sich empfiehlt, im Falle der ArbeitSwcigerung der Aerzte zu dem Zustand der alten HilfSkassenzurückzulehren. die statt freier ärztlicher Behandlung Bewilligung erhöhten Kranken- geldeS zuließen. Da ein Kurierzwang der Aerzte auch Privaten gegenüber nicht besteht und da der Zweck der Krankenversicherung doch Wiederherstellung der Gesundheit sein soll, so wäre mit diesen: Wege dem Arbeiter nicht gedient. Es bleibt im Allgemein- interesse nur die Einführung deS Kurierzwangeö übrig, wenn man nicht zur Verstaatlichung des AerztewefenS übergehen will.