Kr. 170. 26. Jahrgang.1 KtilU des Jpnoätfs" KtllmrZmmbnd, 24. Juli 1909.Zur neuen iundesrats-Uerordnungbetreffend die rhomszfchlsckenmöhlenund-Lager.Die von uns sofort nach ihrem Erlaß inhaltlich wiedergegebeinneue Vundesratsverordnung vom 3. Juli dieses Jahres über Einrichlung und Bytrieb von Thomasschlackenmühlen und-Mehllagernzeigt einige Verbesserungen. Neben diesen sind aber Aenderungengetroffen, die weit mehr als Verschlechterungen oder Vertuschungenzu bezeichnen sein möchten. Die wesentlichste Verbesserung ist dieAusdehnung des Verbots der Beschäftigung weiblicher Arbeiter undjugendlicher männlicher Arbeiter von solchen unter 16 Jahrenauf alle im Alter unter 18 Jahren in Thomasschlackenmühlen und Schlackenmehllagern sowie beim Ausklopfender zum Einfüllen von Thomasschlackenmehl gebrauchtenSäcke. Zu begrüßen ist auch die Erweiterung der Vorschriftüber Badegelegenheit für die Arbeiter innerhalbder Betriebsanlagen: die Arbeitgeber find verpflichtet, die Arbeiterzum täglichen Baden vor dem Verlassen der Betriebsanlage,statt wie bisher wöchentlichen, anzuhalten, wobei die Bade-einrichtungen im Winter mit warmem Wasser zu versehen sind.Auch die Bestimmung, daß mit Thomasschlackenmehl gefüllteSäcke, um Unfälle zu verhüten, nur unter Aufsicht fachkundiger Personen oder von fachkundigen Personen zuStapeln aufgebaut werden dürfen, daß diese Stapelnicht höher als zu fünf Säcken übereinander aufgerichtet werdendürfen, daß das Abtragen der Säcke auch nur unter sachkundigerAufsicht oder von sachkundiger Hand von oben herab und nicht durchHerausziehen von Säcken aus unteren Lagen geschehen darf— istals eine Verbesserung anzusprechen. Diese Verbefferung ist wohldurch den Aufsichtsbeamten des Bezirks Danzig veranlaßt worden,weil im vorigen Jahre in einem Thomasschlackenmehllager in diesemBezirke ein Arbeiter bei nicht sachgemäßem Abtragen eines Sack-stapels tödlich verunglückte.Auch einen anderen von demselben Auffichtsbeamten hervor�gehobenen U e b e l st a n d hat die neue BundeSratsverordnungberücksichtigt. Dieser Beamte hatte benierkt, daß beim Endladen eines mit Thomasschlackenmehl in Säcken beladenen Schiffesim Hafen von Danzig die damit beschäftigten Arbeiter in eine dichteStaubwolle gehüllt waren, und fand dann bei näherer Besichtigungder Säcke, daß diese in keinem Falle der im§9 Abs. 1 derBekanntmachung vom 25. April 1899, die im gleichen Wortlaut indie neue Bekanntmachung vom 3. Juli er. übergegangen ist, ver-langten Beschaffenheit in Dichtigkeit und Fadenstärke entsprachen, unddaß die dadurch verursachte übermäßige Staubentwicklung nur wegendes beständigen Wechsels der Hafenarbeiter keine größerenGesundheitsschädigungen dieser Arbeiter zur Folge hatte. Doch sei esdringend nötig, die in der Rheinprovinz wohnenden Fabrikantenstrenger zur Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen in betreff derBeschaffenheit der Säcke anzuhalten. Nach der neuen Verordnungist die Benutzung geringwertiger, staubdurchlassender Säcke, die nachder Verordnung vom 23. April 1899 noch mit Genehmigung derhöheren Verioaltungsbehörde verwendet werden durften, allgemeinverboten. Jedoch ist in der neuen Verordnung vom 3. Juli er. dieWeiterbenutzung auch schwächerer, bereits zugelaffener Säcke bis zum1..Januar 1919 gestattet. Es heißt im letzten Satz dieser Ver-ordnung:„Säcke zum Transport mit Thomasschlackenmehlkönnen, auch wenn sie nicht den Vorschriften des§ 9 Absatz 1entsprechen, noch bis zum 1. Januar 1910 verwendet werden.'Zweckmäßiger wäre eS gewesen, diese UebergangSvorschrist über-Haupt zu streichen. Die Fassung deS zitierten Absatzes:, n o ch biszum irJanuar 1910" läßt erkennen, daß nicht etwa allgemeinschwächere Säcke zugelassen werden sollen— das wäre eine erheb-liche Verschlechterung—. sondern nur in den bereits bei Erlaß derVerordnung genehmigten Fällen.Eine Verschlechterung der Arbeiter schütz«bestimmungen enthält unseres Erachters§ 11 Abs. 2. Die Ver«ordnung vom 23. April 1899 schrieb vor, daß die Beseitigung des Staubesaus den Arbeits« und Lagerräumen vor Beginn jeder Arbeitsschichtauf feuchtem Wege' zu erfolgen habe, um eine starke Staub-entwicklung zu verhüten. Die neue Verordnung gestattet auch dieReinigung auf trockenem Wege und verlangt nur, daß die fieausführenden Arbeiter dabei Nase und Mund entweder mit einemNespirator oder einem feuchten Schwamm, Tuch oder dergleichen vordem dabei entstehenden Staube schützen. Das ist ungenügend. ESist häufig festgestellt, daß daS angestrengte Arbeiten mit solchemLlespirator, feuchtem Schwamm oder dergleichen für die ArbeiterKleines feuilleton.AuS den Erinnerungen eines Automaten. AIS Napoleon 1806in Berlin einzog, befahl er auch, daß ihm der berühmte schach-spielende Automat vorgeführt werde, den der ungarische Finanzratde Kempelen konstruiert hatte, um die Kaiserin Maria Theresia zuerheitern. Diese Maschinerie, wohl der berühmteste Automat, der jeexistiert hat, stellte einen lebensgroßen Türken dar, dessen rechterArm aus einein Kasten ruhte, während der linke eine lange Pfeifehielt. Der Türke saß auf einem reich drapierten Sessel, so daß nurcin Teil für einen Spiegel frei blieb, durch den man das äußerstkomplizierte Räderwerk sehen konnte. Vor dem Automaten war einSchachbrett angebracht, auf dem nun der Türke mitjedem beliebigen Gegner eine Partie Schach spielte. Beider Vorstellung wurde der Apparat einen Augenblick ge-öffnet, um zu zeigen, daß niemand in dem Kasten wäre, unddann begann die Vorstellung, bei der der automatische Schachspielernach dem Zuge des Gegners langsam den Arm ausstreckte, zu über-legen schien und dann seinen Zug machte. Hatte der Gegner falschgespielt, dann schüttelte die Figur den Kopf und konfiszierte denStein; kamen allzu viel Fehler vor, so warf sie wohl auch dasganze Spiel um. Kempelen zog mit seinem schachspielenden Türkendurch die ganze Welt; meist war dieser siegreich, wurde aber auchvon ausgezeichneten Schachmeistern besiegt. Schließlich kaufteFriedrich IL den Automaten. Aber nach dem Ankauf kümmerte ersich gar nicht mehr um das Spielzeug und ließ es in einem Winkelseines Palastes verstauben. Dort fand man den Türken, alsNapoleon ihn zu sehen wünschte. Kempelen war tot und so wurdeer von dem Uhrmacher Maelzel wieder hergestellt. Nun beganneine neue Aera des Ruhmes für den Automaten, der in der wunder«süchtigen Zeit der Romantik gewaltiges Auffehen erregte und vielekluge Köpfe mit seinem Rätsel narrte. Poe z. B. hat diesemPhänomen einen langen Aufsatz gewidmet. Man weiß heute, daßhaS Ganze ein sehr geschickt inszenierter Betrug war; in dem Kastendes Automaten befand sich ein Mann, der für den Türken spielteund durch den Spiegel da? Schachbrett des Gegners beobachtenkonnte. Sobald der Kasten vor der Vorstellung geöffnet wurde,kroch er in einen engen Geheimraum. Der Komplize Maelzels warein gewisser Mouret, der später seine Erinnerungen aufgezeichnet hat,aus denen Paul Ginisty im„Journal des Döbats" allerlei mitteilt.Mouret war ein geschickter Schachspieler. Er erzählt vollStolz, wie er in dem Automaten mit Napoleon gespielthat und den Sieger auf so vielen Schlachtfeldern ausdein Schachfelde besiegte. Napoleon wurde über diese Niederlageso wütend, daß er den Automaten zertrümmern lassen wollte, undnur ein Kniefall Maelzels rettete den Türken und seinen Insassenvor dem Verderben. Der Prinz Eugen Beauharnais war so entzücktvon der Maschine, daß er fie für 30000 Lire kaufte, aber seinEntzücken schwand, als ihm Maelzel nun das Geheimnis mitteilenbald äußerst lästig und beängstigend wird, und daß sie sich dannhäufig gerade im ärgsten Staube nicht anders vor Stickanfällen zuhelfen wissen, als daß fie die Schutzvorrichtung schnell lösen. � Auchsind es nicht nur die unmittelbar mit der Reinigung beschäftigtenArbeiter, die durch den bei der Reinigung aufgewirbeltenStaub dann leiden, sondern ebenso auch andere in geringerer Entfernung beschäftigte Arbeiter. Das beweisen diehäufigen Erkrankungen an schwerer Lungenentzündung von Hofarbeitern und Schlackenfahrern. Die R e s p ir a t o r e n usw. sind daher ein ungenügenderer Schutz gegenden gefährlichen Schlackensiaub als die Reinigung auf feuchtemWege, wenn auch diese nicht ohne Unannehmlichkeiten ist. Aberunsere Technik hat seit einiger Zeit so ausgezeichnete und sicherfunktionierende Apparate hergestellt, die die Entfernung von Staubohne jede Belästigung der Menschen durch Aufsaugen besorgen. Mitsolchen Vakuumreinigungs- und Sauglustapparaten, die in manchen„herrschaftlichen Häusern" zum Reinigen der Teppiche, Treppen-�läufer usw. zur Zufriedenheit der Bewohner benutzt werden, könnenauch die Arbeiter in den Thomasschlackenmühlen und-Lagern vordem sehr viel gefährlicheren Schlackenstaube geschützt werden.Praktische und bewährte Neuerungen sollen doch nicht nurPersonen zugute kommen, die in wohlhabender Lage sind,sondern vor allem den unter weit schlimmcrem Staube Leidenden,zumal die Preise für diese Apparate durchaus nicht unerschwinglichsind.— Noch sicherer wäre ja die Zerkleinerung und Mahlung derThomasschlacke auf nassem Wege, die jede Staubbildungüberhaupt ausschließt und die von Mathesius und anderen vor-geschlagen wurde; auch kurze Zeit zur allgemeinen Zufriedenheit derArbeiter in der Ruhrorter Schlackenmühle eingeführt, dann aber wohlwegen der größeren Kosten wieder ausgegeben worden ist.Eine weitere Neuerung der Verordnung vom 3. Juli er. willder nicht zu bestreitenden Verschärfung der Gefährlichkeit desSchlackenstaubes durch Alkoholgenuß entgegentreten. Zwarenthielt auch schon die Verordnung vom 23. April 1897 die Bestimmung, daß Gewohnheitstrinker nicht als Arbeiter in Schlacken-mühlen und-Lagern eingestellt werden dürfen, aber die neue Bundes-ratsbekanntmachung verlangt, daß in die Arbeitsordnungen allgemeinein Verbot der Mitnahme von Branntwein in die Arbeitsräumeausgesprochen werde, und außerdem das Verbot des EinnehmenSvon Mahlzeiten in den Arbeitsräumen.Aerztliche Untersuchungen verlangt die neue Ver-ordnung in höherem Maß« wie früher. Es sollen die Arbeiter nichtnur wie bisher vor Antritt der Arbeit von einem dazu von der Be-Hörde ermächtigten Arzte auf ihre Gesundheit und Tauglichkeit zudieser Arbeit untersucht werden, sondern diese Untersuchung sollwenigstens jeden Monat wiederholt werden. Daß aber auch dieseAnordnung noch nicht genügt, um das Entstehen tödlicher Er-krankungen durch Unkenntnis zu verhüten, zeigt sehr deutlich derletzte Jahresbericht des Aufsichtsbeamten für den Bezirk Trier.Dieser schreibt Seite 467:„In den acht Thomas- Schlackenmühlen und einem Thomas-Schlackenlager sind<im Jahre 1903) bei 299 Arbeitern 273 Er-krankungen, darunter 101 Erkrankungen der Atmungsorgane und 7Todesfälle zu verzeichnen. Ein Italiener hat im ganzen nur zweiSchichten gearbeitet, und zwar im Freien als Schlackenfahrcr. Ererkrankte an Lungenentzündnng und starb.(Hat den der Fabrik-arzt auch vorher genau untersucht und für gesund undzu dieser Arbeit lauglich befunden?) Ein Kroate warim Kesselhanse mit Kohlenfahren beschäftigt, hatte also unterSchlackenstaub zu leiden.(Das ist noch nicht dargetan,denn der Schlackenstaub kann sich durch den Wind usw. auch in derNähe des Kesselhauses verbreiten.) Er wohnte i» einem Privathause, wo er für Kost und Wohnung täglich 70Pf. be-zahlte. Von seinem in 14 Tagen verdienten Lohn von 43 M. hater 35 M. an seine Frau gesandt und mit dem geringfügigen Restesein Leben gefristet. Der entkräftete Körper widerstand einer Lungen-entzündung nicht. Bei einem dritten ausländischen Arbeiter, einemItaliener, der als Schlackenfahrer beschäftigt war, lagen die Ver«Hältnisse ähnlich wie bei dem Kroaten. Er ernährte sichlediglich von Kaffee und Brot, nur ab und zu gestatteteer sich eine Flasche Milch. Den weitaus größten Teil seines Verdienstes schickte er an seinen in Italien lebenden Vater. Einvierter Arbeiter, ein Jrläuder, ebenfalls als Schlackenfahrerbeschäftigt, der mit Vorliebe sogar in der kälteren Jahreszeitim Freien nächtigte, starb auch an Lungenentzündung.Zwei weitere Thomasschlackenarbeiter starben ebenfalls an Lungen-entzündung, und der siebente an Rippenfellentzündung."Diese armen, bedürfnislosen Menschen hatten in ihrer grenzen-losen Liebe für ihre Angehörigen in der Heimat und in Unkenntnisvon der Gesährlichkeit einer Unterernährung sich größere Entbeh-rungen auferlegt, als ihr Körper bei dieser anstrengeuden Arbeit er-mußte. Wie für Friedrich II. hatte auch für ihn der Türke jedenReiz verloren und er gab Maelzel für die Hälfte des Kaufpreisesden Türken zurück. Lange noch wurde das Geheimnis vor demerstaunten Publikum bewahrt. Endlich wurde der Automat nachAmerika verkauft und hier fand nach weiteren Triumphen die öffent-liche Enthüllung statt, wozu Poes Erklärung nicht wenig beitrug.Die Wirkung der neuen Tabaksteuer in England. Aus Londonwird berichtet: Die Hoffnung des englischen Schatzkanzlers, der vonder neuen Erhöhung der englischen Tabaksteuer sich eine Einnahmevon 35 Millionen Mark versprach, wird durch die rauhe Wirklichkeitbitter enttäuscht. Die eben veröffentlichten Statistiken zeigen, daßdie Steuererhöhung den Tabakkonsum in England in unerwartetgroßem Maße verringett hat. Bereits im Mai zeigte der Verbraucheinen Rückgang von rund einer Million Pfund Tabak; der Rückschlaghat sich im Juni fortgesetzt: im Juni ist der Verbrauch gegen dasVorjahr um eine halbe Million Pfund gesunken. Da der Junidieses Jahres einen Arbeitstag mehr hat als der des Vorjahres, istder Rückgang in Wirklichkeit noch größer als die Zahlen zeigen undkann auf rund 800 000 Pfund geschätzt werden. Das würde imJahre einen Ausfall von 9 600 000 Pfund bedeuten, womit dieSteuereinnahme um 33 Millionen hinter den Erwartungen zurück-bleiben würde. DaS englische Volk hat infolge der Tabak-Verteuerung in diesem Juni rund eine Million Pfeifen wenigergeraucht wie im Vorjahr.Pilze in der Küche. Für die Verwendung der Pilze im HauS-halt gibt Professor Kobert-Rostock in einem Artikel der„DeutschenAerzte-Zeitung" eine Reihe beachtenswerter Regeln. Danachsollen leibst'Menschen mit ausgezeichnetem Magen Pilze sorgfältigzerkauen. Leute mit Magenschwäche dürfen die Pilze nur in feinzerhacktem oder gepulvertem Zustande zu sich nehmen, sofern sienicht vorziehen, nur Pilzsuppen und Pilzsaucen, welche von Pilzenbefreit worden sind, zu genießen. Angefaulte, wurmstichige und an-gefressene Pilze müssen vor der Zubereitung �ausgemerzt werden, dasich in ihnen leicht Zersetzungsvorgänge mit Bildung giftigerSubstanzen entwickeln. Rohe Pilze dürfen überhaupt nicht gegessenwerden, obgleich einige derselben recht gut schmecken. DaS Kochenentgiftet nämlich einige auch in eßbaren Pilzen sich befindende ge»fäbrliche Substanzen. Die in die Küche eingelieferten rohen Pilzesollen möglichst bald zubereitet und als nächste Mahlzeit genossen,die dabei übrig bleibenden nicht aufgehoben werden. Es ist nämlichschon mehrfach beobachtet worden, daß dasselbe Pilzgericht, welchesam ersten Tage ganz harmlos war, am zweiten giftige Wirkungenhervorbrachte. Denn fast alle eßbaren Pilze enthalten Cholin,welches beim Aufheben der Speise im Sommer leicht in das giftigeNeurin übergehen kann. Falls man nicht die Pilze aus Pilz-Plantagen bezogen hat, empfiehlt es sich, das erste Brühwasser weg-zugießen. Bei der frischen Lorchel ist dies ganz unbedingt not-wendig. Die in Frauenkreisen sich von Mund zu Mund fort-pflanzenden.unfehlbaren Mittel zur Erkennung von Giftpilzen".tragen konnte. Die ärztliche Untersuchung ist angeordnet, weil sichdie Aufsichtsbehörde mit Recht dazu verpflichtet fühlt, um ungeeigneteschwächliche Personen von dieser für sie gefährlichen Arbeit abzu»halten. Diese Untersuchung, auch wenn sie monatlich wiederholtwird, genügt aber nicht, uin die Unerfahrenen vor tödlicher Er«krankung, die als Folge ungenügender Nahrung eintritt, zu schützen.Aussichtsbehörde und Arbeitgeber sollten verpflichtet sein, auchwenn es sich nur um Italiener und Kroaten handelt,ihre Fürsorge weiter auszudehnen und dafür zu sorgen,daß diese Arbeiter entsprechende Nahrung zu sich nehmen und auchsonst menschlich verpflegt werden. Es haben in richtiger Erkenntnisder Notwendigkeit guter Ernährung und Verpflegung die HöchsterFarbwerke die Ernährung und Verpflegung der Ledigen unter ihrenmit gesundheitsgefährdenden Beschäftigungen betrauten Arbeitern,worunter auch Italiener sind, übernommen. Wenn wir auch diesenWeg wegen der mit dem Kost- und Logiswesen verbundenen Miß»stände keineswegs empfehle» wollen, so zeigt er dochdaß die Gefährlichkeit einer Unterernährung gerade für mitgesundheitsschädlicher Arbeit Beschäftigte auch von Unternehmernerkannt wird. Die Verordnung hätte in weitgehenderer Weise alses durch die bloße Anordnung ärztlicher Untersuchung erfolgt ist,auf die Notwendigkeit guter Behausung und Verpflegung für die indem Thomasmühlenschlackengewerbe Beschäftigten Sorge tragensollen. Eine Ergänzung der Verordnung, die auch die Wohnräumeeiner Untersuchung unterwirft und den Arzt besonders auf dieUntersuchung des Ernährungszustandes und der Ernährungsweisehinweist, wäre recht wünschenswert.Erste GtnerduersMlüng des ZentraloerbandesdenWer FreidenkervertlUt.Im Volkspark zu Halle a. S. tagte am Sonnabend, Sonntagund Montag die erste Generalversammlung des Zentralverbandcsdeutscher Freidenkervereine. Den Vorsitz führten S t u d t- Halleund Satz- Hamburg. Als Schriftführer fungierten Werner-Hamburg und B i e l i g k- Arnstadt. ES sind 17 Delegierte, 4 Vor«stands- und 2 Ausschußmitglieder anwesend.Wie aus dem Geschäftsbericht, den Fricke- Altonaerstattete, hervorgeht, hatte der Verband bei seiner Gründung am6. September 1908 in 8 Vereinen 312 Mitglieder; am 30. Juni 1909zählte er 44 Vereine mit 2227 Mitgliedern.— Der von Beiß-w a n g e r- Nürnberg gegebene Kassenbericht weist eine Ein-nähme von 308,90 M., eine Ausgabe von 434,83 M. aus.Nach Erledigung und Diskutiernng der geschäftlichen Angelegen-heiten referierte Fricke über das Thema:„UnsereStellungzur Sozialdemokratie". Mit dem Vortrag wurden folgendezwei Resolutionen zur Debatte gestellt':I.Der Zentralverband deutscher Freidenkervereine betrachtet eSals seine ausschließliche Aufgabe, innerhalb des Proletariats zuwirken, um eine freie, nur auf Vernunft, Wissenschaft und Er-fahrung beruhende Weltanschauung entgegen den Glaubenssätzen derKirche zu verbreiten und die religiös freidenkenden Proletarier zumAustritt aus der Kirche zu veranlassen.— Er bekämpft deshalbdie Kirche als eine Institution im Klassenstaate, welche durch diehistorische Entwickelung nichts anderes werden konnte als einMittel der herrschenden Klassen zur Unterdrückung der Massen.Seine antikirchliche Propaganda muß jedoch eine proletarischesein und ist deshalb grundverschieden von der bürger-liche n Kampfesweise, denn die Erkenntnis von demWesen der Religion und der Kirche führt zu der Ueberzeugung,daß dieser Kampf nicht nur ein Kampf auf wissenschaftlichem,sondern auch auf politischem Gebiete ist.Deshalb muß auch der Zentralverband ebenso wie jedeOrganisation des klassenbewußten Proletariats, welche ihrer Auf«gäbe gerecht werden will, auf dem Boden der modernen Arbeiter-bewegung stehen, d. h. sie muß erfüllt sein von demGeiste der Sozialdemokratie.Hier fallen die Aufgaben des proletarischen FreideukertumSzusammen mit der Propaganda deS wissenschaftlichen Sozialismus,beide erstreben dasselbe Endziel, e i n Geist, ein Schills ist inbeiden lebendig: dem Proletariat ein wahres Ideal an Stelledes falschen Kirchenideals, wahre menschliche Kultur an Stelle derfalschen, unmenschlichen, göttlichen Ordnung der Dinge zu bringen,deshalb fühlen wir uns als proletarische Freidenker eins imStreben und Wollen mit der Sozialdemokratie.II.In Erwägung der Tatsache, daß es unbestreitbar eine sozialdemokratische Forderung auf Grund deS Erfurter Programms ist,z. B. das Schwarzwerden eines Silberlöffels, da? Mitkochen einerZwiebel, das Blauanlaufen der durchschnittenen Pilze sind wertlos.Weiter bezeichnet Kobert daS Bestimmen der selbstgesammelten Pilzedurch Laien an der Hand eines Buches mit guten koloriertenBildern nur der eßbaren Pilze als keinen Schutz gegen das Mit-sammeln giftiger; dazu müsse vielmehr das Buch auch die giftigenund deren Varietäten mit abbilden. Bücher mit schlechten Pilzbildernsollten konfisziert werden. Ferner liege es im Interesse des deutschenAerztevereins, ein mit zahlreichen guten Abbildungen versehenesWerkchen über die eßbaren und giftigen Schwämme Deutschlands aufVereinskosten oder StaatSunkosten herstellen und in Tausenden vonExemplaren zu billigem Preise verbreiten zu lassen, da von den jetztvorhandenen Pilzhüchern kaum eines den zu stellenden Anforderungenentspräche.Wie erkennt man das Alter der Fische? ES ist der Wiffenschaftnunmehr gelungen, ein sicheres Hilfsmittel zu gewinnen, das genaueAlter der Fische festzustellen. Sowohl für die Fischerei wie auch für dieNaturwissenschaft ist dies von großer Wichtigkeit, da sich damit genaudas Wachstum der Fische feststellen läßt, und zugleich der Einfluß,den die Fischerei auf den Fischreichtum gewisser Mecresstriche aus»übt; all das tonnte bisher nur durch vergleichende Methoden ab-geschätzt werden. Das Alter der Fische läßt sich an denOtolithen bestimmen, jenen kleinen knochigen Bildungen, dieim Gehörorgan bestehen. Die Otolithen wachsen jedes Jahr;die neuen Teile sind dann Heller und dunkeln erst mit derZeit nach. Jährlich bilden sich zwei neue Wachstumsringe um dieOtolithen; der eine ist Heller, der andere, der im Herbst und Winterentsteht, dunkler. Sie lassen sich genau unterscheiden, so daß mannach der Zahl der Ringpaare das Alter der Fische sicher an»geben kann._Notizen.— Musikchronik. Die Wiederholung von Verdis„Othello" findet am Sonnabend in der G u r a- O p e r zu ein»fachen Preisen statt. Burrian wirkt aber auch diesmal nicht mit.— Oskar WildeS Ueberführung zum PoreL a ch a i s e ist jetzt in Paris in aller Stille vollzogen worden.Eine kleine Anzahl Freunde des dahingeschiedenen Dichters ver-sammelte sich auf dem Friedhofe von Bagneux, wo die Ausgrabungvorgenommen wurde. Dann wurden die Gebeine des Dichters ineinem neuen Sarg auf dem Pere Lachaise-Friedhofe in die neueRuhestätte gebettet. Heber dem Grabe wird sich ein Denkmal er»heben.— EinWetterkarte nkuriosum war nach der„Umschau"vor kurzem zu verzeichnen: Haparanda, die nördlichste Stadt imBereich des Wettermeldebezirks, hatte mit 23° C die höchste Morgentemperatur von allen europäischen Wettermeldestationen, überttafalso selbst die Thermometerstände von Trieft, Florenz. Rom. Neapelund Brindisi.