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Kr. 171 26. Jahrgang. 1. Irilnje des Jotmitls" Kerliiicr Doltuerstilg, 29. M tW. 73 us der Partei. Die Haltung der sozialdemokratische» Rcichstagsfraktion zur Erbschaftssteuer beschäftigte eine Versammlung der Parteigenossen in Mülhausen   i. Els. Nach einem Referat des Genossen Emmel wurde eS in der Diskussion scharf verurteilt, daß die Fraktion in der zweiten Lesung der Erbschaftssteuer zugestimmt hat. Im Hinblick auf den Verwendungszweck hätte so meinte die Ver sammlung das nicht geschehen dürfen. Die Jahresversammlung des Wahlkreises Weimar- Alpolde Ilmenau fand am Sonntag in Weimar   statt. Zu der demnächst statt- findenden Landtagswahl wurde beschlossen, mit aller Energie in den Wahlkampf einzutreten, damit der Partei neue Anhänger zugeführt werden und ein größerer Einfluß der Arbeiterklasse auf die Landes- Politik durch eine stärkere Vertretung im Landtage erreicht wird. In dem Entwurf des Organisationsstatus erblickt die Versamm� lung das Bestreben, der sozialdemokratischen Partei eine festere, zentralistischere Form der Organisation zu schaffen. In diesem Sinne stimmt die Versammlung dem Entwürfe zu, stellt aber an den Parteitag in Leipzig   den Antrag, im§ 23 die Worte»in be- wußter Weise' zu streichen. Als Delegierter zum Parteitage wurde Genosse Baudert-Weimar gewählt._ Eine WahlkreiSkonferenz des Wahlkreises Neuß-Grevenbroich tagte am Sonntag in Oberkassel. Der Wahlkreis ein rein länd licher ist einer der rückständigsten am Niederrhein  , eine der sichersten Zentrumsdomänen. Die Zahl der organisierten Partei- Mitglieder stieg von 131 auf 209, darunter 13 weibliche. Als Zeichen der fortschreitenden Entwickelung der Parteiorganisation im Wahl kreise ist der Beschluß zu verzeichnen, an die Zentralparteikasse in Berlin   einen Beitrag für 1903/1999 in Höhe von 21 Mark abzu- führen. Auch in den entlegensten Orten des Wahlkreises hat die Partei- organisation jetzt Mitglieder, ein Zeichen, daß es auch in dieser dunklen Ecke, ivenn auch nur langsam, so doch unaufhaltsam vor- wärts geht._ Die Generalversammlung i>cS sozialdemokratischen Vereins für den Wahlkreis Fürstentum Lippe tagte am Sonntag in Lage. Von 13 Orten waren 39 Delegierte anwesend. Der Verein zahlte Ende Juni 693 Mitglieder, darunter 23 weibliche. Mit dem Kassenbestand von 69,76 M. waren im ersten Halbjahr 799,36 M. Einnahme zu verzeichnen; dem stand gegenüber eine Ausgabe von 665,95 M. Zur Tilgung des Defizits von der Landtagswahl sollen Sammellisten ausgegeben werden. Am 1. August soll im ganzen Lande ein Flug- blatt, betitelt ,599 Millionen neue Steuern' Verbreiter werden. Zum Parteitag werden folgende Anträge gestellt: zur Maifeier: »Der internationale Kongreß möge beschließen, die Arbeitsruhe am 1. Mai fallen zu lassen.' Zum Organisationsstatut:»Das Minimum des Beitrags auf 29 und 19 Pf. bestehen zu lassen.' Als Reichs- tagskandidat wurde wieder Konsumgeschäftsführer Gen. Becker- Lemgo aufgestellt._ Wahlsieg. Bei der Beigeordnetenwahl in Rüsselsheim   siegte Genosse Jung mit 354 gegen 278 Stimmen der Gegner. Ob er die Bestätigung der hessischen Regierung findet? I Das Votum der Konföderation der Arbeit gegen de» Zarenbesuch. Rom  , 26. Juli.  (Eig. Ber.) Der Ausschuß d:r Konföderation der Arbeit hat in seiner letzten Plenarsitznng über die Stellungnahme zum Zarenbesuch beraten und einstimmig die folgende Tagesordnung votiert: »Angesichts der Möglichkeit eines Zarenbesuches in Italien  erklärt der Ausschuß der Konföderation der Arbeit, daß eS ihm fern liegt, das nach Freiheit strebende russische Volk mit dem offiziellen Rußland   der Despotie zu verwechseln und die Pflichten der Dankbarkeit zu vergessen, die die Arbeiter Italiens   den russischen Matrosen schulden, die als erste den Opfern des Erdbebens zur Hilfe eilten. Gegenüber der Notwendigkeit, die wirksamste Form dcS Protestes zu bestimmen, die anzuwenden wäre, falls die Regierung wirklich das Empfinden deS italienischen Volkes durch den Zaren- besuch beleidigen sollte, spricht der Ausschuß zunächst seine Genug- tuung auS über die allgemeine Auflehnung, die die bloße An- kündigung des Besuches in allen VollSklassen hervorgerufen hat; er erachtet jedoch den Generalstreik im ganzen Lande als in keinem Verhältnis zu dem zu erreichenden Ziele stehend und sieht außerdem in ihm eine Maßnahme, die den italienischen Zaren- freunden die Handhabe bieten könnte, die wahre Bedeutung deS Protestes zu fälschen und die üblichen Methoden brutaler Re- pression anzuwenden. kleines feuilleron. Vlöriot. Blöriot. der vor nicht langer Zeit noch als der Pech- �ogel unter den Luftschiffern bekannt war, ist durch seinen Kanalflug plötzlich zum Helden des Tages geworden. Wohl war er seit langem einer der eifrigsten Pioniere des Flugsports, aber das Glück war ihm, dem begeistertsten Verteidiger des Monoplans �Eindeckers), nicht günstig. Noch als er vor etwa l'/z Jahren mit Farman zusammen Flugversuche in Jssy-leS-Moulineaux unternahm, zog er den kürzeren: er hat innerhalb von nicht ganz zwei Jahren zwölf Flugmaschinen unter sich zerbrochen, und ein ständiger Scherz war, daß er, wenn auch keinen anderen Rekord, so doch den Rekord in Unglücksfällen aufstellen werde. Aber kein Mißgeschick konnte seinen Mut und seine Tatkraft lähmen..Aus Unglücksfällen lernt man am meisten', pflegte er zu sagen. Und dann kam langsam der Erfolg und Plötz- lich der Weltruhm... Energie und Mut, das sind die entscheidenden Eindrücke, die von diesem Manne sogleich ausgehen. Aus seinen mehr als fünfzig Unglücksfällen ist Blöriot ohne ernsthaftere Verletzungen hervorgegangen; er hatte aus ihnen ge- lernt, sich selbst beim Fall zu schützen. In seinen einmal gefaßten Wlänen hat ihn ein widriges Geschick nie aufhalten können. Als er am Mittwoch Paris   zu dem Kanalfluge verließ, beschwor ihn seine Frau, doch wenigstens zu warten, bis eS mit seinem schlimmen Fuß besser ginge; aber Bloriot erwiderte, seine Maschine warte auf ihn in Calais  , und wenn er erst bei ihr wäre, dann würden schon die Schmerzen in seinem Fuß nachlassen. Seitdem Bloriot auf der Ecole Centrale   sich dem Jngenieurstudium gewidmet, war sein heißes Bemühen darauf gerichtet, eine Flugmaschine zu konstruieren. Er erwarb sich ein großes Vermögen durch Fabrikation des Blöriot- Motorwagens und hätte sein Leben in Muße und Beschaulichkeit verbringen können, wenn er gewollt hätte. Aber sein erfinderischer Geist ließ ihn nicht rasten noch ruhen. 1S01 konstruierte er einen Monoplan von recht exzentrischer Form, mit dem er keine Erfolge erzreite; dann baute er noch zwei weitere Maschinen von demselben Typ und widmete sich von nun ab fünf Jahre lang mit unermüd- lichem Flerß der Wissenschaft des Flriges und der Prüfling all der Erflndungen, die bisher zur Eroberung der Luft gemacht waren. Im September 1996 verband er sich n,it der Firma Voisin zur Kon- struktion seines ersten Zweideckers mit elliptischen Flügeln. Im folgenden Jahre baute er einen grotesk geforn,ten Monoplan, der den Beinamen»Dre Ente' erhielt und mit dem er einen recht unglück- lichen Flugveriuch machte. Erst im Juli 1997. also sechs Jahre nach seinem ersten Versuch, begannen Blsnots Erfolge. Er flog auf In der Ueberzeugung, daß, um den Protest wuchtiger zu ge- gestalten, die Gewerkschaften und Arbeitskammern im Einklang mit den politischen Parteien vorgehen müssen, beschließt der Aus- schuß, den einzelnen Organisationen die Art ihres Protestes frei- zustellen, und ruft ihnen die Notwendigkeit ins Gedächtnis, vor unb_ während des Zarenbesuchs durch Schriften und öffentliche Versammlungen das italienische Volk über die Schrecken des russischen Despotismus und über die Opfer aufzuklären, unter denen das russische Volk um Freiheit und Kultur ringt. Der Ausschuß beauftragt schließlich das Exekutivkomitee, einen Aufruf an die Bevölkerung zu erlassen: sich in Verbindung mit den Vor- ständen der politischen Parteien und dem Landeskomitee gegen den Zarenbesuch zu halten und, im dringenden Falle, alle ihm geeigner erscheinenden Mittel in Anwendung zu bringen, soweit sie sich in den Grenzen der vorliegenden Beschlußfassung halten.' Wie man sieht, hat weder der Parteivorstand noch die Kon- föderation eine Norm für ganz Italien   zu diktieren gewagt. Das ist um so bedauerlicher, als man in Arbeiterkreisen zu jeder De- monstration, auch solcher, die große Opfer auferlegt, bereit wäre l Die sich täglich häufende Zahl von Tagesordnungen zugunsten des Generalstreiks beweist dies. Und das Proletariat hat gerade von Konföderation und Partei die Parole erwartet. Dringlich ist die Sache nachgerade auch geworden, da eine offizielle russische Kor- respondenz den Zarenbesuch für die letzte Septemberwoche russischer Rechnung in Aussicht stellt. Der Besuch soll in einem italienischen Hafen stattfinden. Auf italienischen Boden traut sich Nikolaus nicht. pollieUicbes, Sericbtlicbes ulw. Wegen Beleidigung der Beamten des Arbeitsnachweises des Ar- bcitgcber-Bcrdandes Harburg wurde am Dienstag nach l'/zstimdiger Verhandlung der verantwortliche Redakteur Genosse Zielke vom Hamburger Schöffengericht zu 299 M. Geldstrafe verurteilt. Der Mitangeklagte Geschäfrssührer derVolksblatt'-Druckcrei, Genosse Martens, erhielt 19 M. Geldstrafe, gewissermaßen wie sich der Vorsitzende ausdrückte als Ordnungsstrafe. TZiis Industrie und Kandel  . Hungerpreise. Ueber die Entwickelung der Preise verschiedener wichtiger Nahrungsmittel im Juni macht die»Statistische Korrespondenz" u. a. folgende Angaben: Die Getreidepreise sind im Berichtsmonate weiter gestiegen. Insbesondere hob sich der Preis für Weizen mittlerer Qualität im Durchschnitt der BcrichtSorte gegen den Vormonat um 11 M. für die Tonne; er ist damit seit Januar dieses Jahres bereits um 69 M. in die Höhe gegangen. Der Roggenpreis stieg gegen den Monat Mai dieses Jahres um 9, der Haferpreis um 7 M., ersterer mithin seit Januar um 27, letzterer um 33 M. Die Großhandelspreise für Hülsenfrüchte, Eßkartoffeln, Heu und Stroh sind durchweg im Gesamtdurchschnitte gestiegen, am meisten die für Speisebohnen(um 12 M.), demnächst die für Heu(um 8 M.); andererseits zeigen die entsprechenden Kleinhandelspreise für Hülsenftüchte und Kartoffeln gegen den Vormonat eine Aufwärts- bewegung nur bei den Erbsen. Der Butterpreis ist im Berichts- mouate zum erstenmal im Januar etwas zurück-, der Eierpreis emporgegangen. Die schon seit einiger Zeit beobachtete Preiserhöhung für Mehl und Brot hat, abgesehen vom Roggenmehl im Großhandel, dessen Preis gegen Mai unverändert geblieben ist, im Berichts- monate angehalten._ Vom Kohlensyndikat. In der»Deutschen Bergwerkszeitung' wird in einem anscheinend inspirierten Artikel versucht, die Konsumentenfreundlichkeit des Kohlen- syndikats nachzuweisen. Es werde viel darüber geschimpft, heißt es da. daß die Kohlen- und insbesondere die Kokspreise für die Eisen- industrie nicht genügend herabgesetzt worden feien. Warum man nnt den Preisen nicht zurückgehe, ergebe aber ein Blick auf die Gestaltung der Roheisenpreise. Die Verbilligung des Koks habe auch die Preise für Eisen sinken lassen I I» den Kreisen des Rheinisch-westfälischen Kohlensyndikats sei das mit gemischten Ge- fühlen aufgenommen worden. »Wenn die Dinge auf dem Roheisenmarkt sich in dieser Weise weiter entivickcln, s o hat das Entgegenkommen des Kohlensyndikates, das von der besten Gesinnung dem Roh- eisenmarkt gegenüber eingegeben war, seinen Zweck voll- ständig verfehlt. Das Kohlensyndikat hat die Ueberzeugung, daß eS, so viel an ihm lag. nichts unversucht gelassen hat,zu einer Besserung des Roheisenmarktes beizutragen. Man wird daher billigerweise nicht von ihm erwarten können, daß eS dem Roheisenmarkte durch seine Preispolitik noch einem Monoplan deS Langley-SystemS 149 Meter bei Bagatelle. Am 13. Juli 1999 gewann er dann den Wanderpreis des Aeroklubs von Frankreich   und zeigte dabei deutlich die Vorzüge seines kleinen leichten Monoplans. Der Apparat Blsriots braucht zur Aufbewahrung keinen großen Schuppen. Mit zusammengefalteten Flügeln nimmt er nicht mehr Raum ein als ein mäßig großes Automobil. Er kann einfach an einem Motorwagen befestigt und so weite Strecken mit- geschleppt werden. In weniger als einer halben Stunde ist er völlig flugbereit gemacht. Ueber die Eindrücke während seines Fluges berichtet Blöriot im PariserMotin" selber:»Alles ist bereit. Dem Reglement des Preises entsprechend habe ich den Sonnenaufgang abgewartet. Leblanc sagt mir, daß auf der Düne eine Flagge geschwenkt wird. Das ist da« Signal. Eine leichte Aufregung bemächtigt sich meiner in dem Augenblick, wo ich meinen Apparat besteige. Doch das sind Gedanken von kurzer Dauer. Alles bewegt sich, alles vibriert I Auf mein Zeichen lassen die Monteure den Apparat los. In einem Augenblick bin ich hoch. Ich nehme schnurgeraden Kurs und gehe stetig meterweise höher. Jetzt schwebe ich über dem Meere und lasse den Torpedojäger zu meiner Rechten. Ich fliege ruhig weiter, ohne jede Erregung, ohne irgend loelche reellen' Eindrücke. Ich wähne mich im Luftballon. Völlige Windstille gestattet mir, die Steuer in Ruhe zu lassen._ Wenn ich die Betätigungsorgane fest- stellen könnte, dürfte ich mir gestatten, beide Hände in die Taschen zn stecken. Ich glaube nicht rasch vorwärts zu kommen. Das liegt wohl an der Einförmigkeit des Meeres. Ich bin mit meinem Apparat zufrieden, feine Stabilität ist tadel- loS. Ich habe während der ersten halben Stunde mein Weißbrötchen llegessen. Zehn Minuten hindurch blieb ich allein, isoliert inmitten des unendlichen Meeres, ohne einen Punkt am Horizont oder ein Schiff zu erblicken. Diese nur durch das Kirattern des MotorS gestörte Ruhe hatte ihren gefährlichen Reiz, der mir»sohl zum Bewußtsein kam. Diese zehn Minuten dauerten mir gar lange, und ich war glücklich, als ich am Horizont eine graue Linie sichtete, die sich scharf vom Meere abhob und zusehends anwuchs. Kein Zweifel, es ist die englische Küste." Die erreichte Geschwindigkeit gibt Bloriot selbst mit 63 Kilometer mr die Stunde an. Er sieht in seinem Erfolg einen Erfolg seines Erndeckersystems und meint bereits Monoplane für zehn Personen bauen zu können. Uebrigens wird man bald Gelegenheit haben, die Leistungsfähigkeit BlsriotS und feines Apparates weiter zu prüfen, da er sich um den Gordon Bennett-Preis in Rennes   be- werben und vielleicht auch an dem Wettflug von London  »ach Manchester   teilnehmen wird. weitere Mittel in die Hand gibt, den ungesunden Wettbewerb, der durch die Auflösung deS Roheisensyndilaies entstanden ist, ins U n g e in e s s e n e zu steigern." Das Syndikat, das kräftig dahin gewirkt hat, das Roheisen- syndikat auffliegen zu lassen, indem es durch seine Preispolitik ver- schiedene reine Werke vor den Bankrott brachte, stellt sich jetzt hin und sagt: Wir können euch nur durch hohe Kokspreise Helfelt. Eine tollere Verhöhnung kann man sich kaum noch vorstellen. Die Kohlenproduktion im Deutschen   Reiche hat nach den neuesten Ausweisen im Juni gegen den gleichen Monat im Vorjahre einen starken Anstieg zu verzeichnen. Die Steinkohlenförderung betrug 11974 932 Tonnen gegen 11 179 243 Tonnen im Juni 1993, das sind fast 899 999 Tonnen(über 7 Proz.) mehr. Auch bei den anderen Kohlensorten sind durchweg viel höhere Förderzahlen bcob- achtet worden, so daß die Gesamtförderung Januar bis Juni ein- schließlich in diesem Jahre schon wieder so hoch ist wie im Vor- jähre, obwohl die vorangehenden Monate dieses Jahres gegen das Vorjahr erheblich zurückblieben. Am meisten ist noch die Stein- kohlenförderung zurück, um fast 899 999 Tonnen. Trotzdcnr über- traf die Ausfuhr an Steinkohlen Januar/Jiiui 1999 mit 19 329 519 Tonnen diejenige in der gleichen Zeit des Vorjahres mit 9 838 175 Tonnen um 482 344 Tonnen, also um fast 5 Proz. Die Stein- kohleneinfuhr nach Deutschland   war dabei geringer als im Vorjahre. Schädigung der deutschen   AnsichtSkartenindustrie. Von einem Importeur sind derNew D orker H. Ztg.' folgende Mitteilungen gemacht worden. Für die deutschen   Fabrikanten, welche dem amerikanischen Markt in den letzten Jahren enorme Quantitäten von Ansichts- Postkarten geliefert haben, liegt die Aussicht herzlich schlecht. An die Stelle der bisherigen Zollrate von 5 Cents pro Pfd. soll nun eine solche von 15 Cents Plus 23 Proz. od valorem treten, und so­fern sich nicht noch irgend etwas Unvorgesehenes ereignet, scheint es ziemlich sicher zu sein, daß dieser enorme Zollaufschlag in Kraft treten wird. Das würde natürlich den Ausschluß der hier große Popularität genießenden deutschen   Ansichtspostkarten, abgesehen von feinerer Ware, bedeuten und damit schweren Verlust für die deutschen  Fabrikanten, welche das Geschäft aufgebaut und dazu kostspielige Einrichtungen getrosten haben. Bereits hört man, daß von der Seite geplant wird, die Fabrikation und die Maschineneinrichtungen nach hier zu verlegen; um von dem hiesigen hohen Zollschutz selbst Nutzen zu ziehen. Anstatt daß somit die einheimischen Fabrikanten durch die übermäßige Zollcrhöhung, die sie anscheinend durch- gesetzt haben, die Ansland-Konkurrcnz ausschließen, steht ihnen ver- mehrte Konkurrenz bevor. Des weiteren hört man, daß die hiesigen Fabrikanten beabsichtigen, den Zollaufschlag zu einer erheblichen Preiserhöhung zu benutzen, was dann auch!den nach hier zu ver- legenden deutschen   Fabrikbetrieben zugute kommen würde. Ebenso sicher läßt sich jedoch annehmen, daß dann die hiesigen Arbeiter mit höheren Lohnforderungen hervortreten und, falls mit denselben nicht erfolgreich, Streiks inszenieren werden. Es scheint daher fraglich, ob die amerikanischen Fabrikanten mit ihrer Agitation gegen die Ausland-Konkurrenz schließlich viel gewinnen werden.' Höhere Dividende. Der amerikanische Stahltrust schüttet für das letzte Quartal auf die oomraou sbarss 3/t Proz. Dividende aus gegen Vs Proz. früher._ Hirn der fraiienbewegimc� Das Verbot der Frauennachtarbeit in Norwegen  . In der verflossenen Woche hat sich das Lagthing, die aus einem Viertel der Storthn:gsabgeordneten bestehende kleinere Ab- teilung des norwegischen Reichstags, mit dem Fabrikgesetzentwurf befaßt. Das im§ 23 des Entwurfs enthaltene, aber vom Obels- thing abgelehnte Verbot der industriellen Nacht- arbeit der Frauen wurde vom Lagthing mit 16 gegen 15 Stimmen angenommen. Ob das Verbot, das übrigens für die Fisch- und Fischkonservenindustrie Ausnahmen zuläßt, Gesetz wird, ist noch zweifelhaft, da die endgültige Entscheidung dem ge- samten Storthing überlassen bleibt. Der im �Entwurf vorgesehene allgemeine Normalarbeitstag von 19 Stunden, Sonnabends sechs Stunden, wurde im Odelsthing und im Lagthing mit 22 gegen 9 Stimmen abgelehnt. Für den von unseren Genossen vorgeschlagenen Achtstundentag stimmten nur die drei sozialdemokratischen Lag- thingsmitgliedor._ Ein sozialdemokratisches Frauenblatt in Norwegen  . Auf der letzten Jahresversammlung des Frauenverbandes der Norwegischen   Arbeiterpartei wurde der.Vorstand beauftragt, für die Gründung eines sozialdemokratischen Frauenblattes zu wirken. DaS Blatt soll vom 1. September dieses Jahres an erscheinen, und zloar-monatlich. Es wird den TitelKv luden"Die Frau" Humor und Satire. Das Pferd als Raucher. Ein altmärkisches Kreisblatt, so«vird derFranks. Ztg." berichtet, bringt in allem medizinischen Ernste eine Betrachtung über die Pferdekolik und deren Behandlung, die von ganz besonders origi- nellein Inhalt ist. Nachdem von den im Grünfutter vorkommenden Giftpflanzen und deren Wirkung ans Gänse und anderes Hausgelier die Rede war, geht der Verfasser ausführlicher auf die Pferdekolik ein, derwohl die Mehrzahl der davon betroffenen Pferde erliegt". Zeitig dagegen angewandt, erwiesen sich aber sogenante Rauchklystiere recht wirksam. Zu dem Zwecke müsse eine passend hergestellte Tabakpfeife mit der Spitze eingeführt werden, worauf die Darmtätigkeit die Pfeife in Brand erhalte und den Rauch ins Darminnere einziehe. Das bislang von großen Schmerzen gequälte Pferd lasse sofort erkennen, wie schmerzlindernd und wohltuend das Mittel alsbald wirke, und nehme auch gleich mit Behagen einen Hochstand des Vorder- körperS ein. Die Rauchkur müsse allerdings stundenlang fortgesetzt werden, wenn sie den gewünschten günstigen Erfolg haben solle. Zum Beweise für den Erfolg wird folgender Fall angeführt: Der Wärter eines kolikkranken, mit Rauchtabak behandelten Pferdes war eingeschlafen und hatte den Haltestrick fallen lassen. Darauf nahm der Patientnebenbei bemerkt ein ungewöhnlich kluges Pserd" an entfernterer Stelle auf einem Trittstein selbst die von ihm als heilsam erkannte Stellung bis zum Verschwinden der letzten Krank« heits, zeichen ein. Man darf erwarten, daß die Junker für die rauchenden Pferde alsbald eine Herabsetzung der Tabaksteuer beantragen werden. Notizen. -» Bühnenchronik. Anna Mildenburg   hat ihren Ver» trag mit der Wiener Hofoper gelöst; sie wird im Herbst im Deutschen   Theater zum Schauspiel übertreten und die Klytämnestra   in HofmannSthalsElekrra" spielen. Erika W e d e ki n d, das frühere Mitglied deS Dresdener HoftheaterS, wurde für die Komische Oper als Gast verpflichtet. lo Theaterchronik. Im S ch i ler- Th e ater Char- .Ottenburg begeht Haupttnanns Diebskomödie«Der Biber- pelz" am Donnerstag die 59. Aufführung. Das Kleine Theater, das einer Unigestaltung unterzogen ist, wird am 1. August wieder_ mit Ludwig Thomas KomödieMoral", die bei dieser Ge- legenhett zum 250. Male gegeben wird, wieder eröffnet.