Kr. 171 26. Jahrgang.1. Irilnje des Jotmitls" KerliiicrDoltuerstilg, 29. M tW.73 us der Partei.Die Haltung der sozialdemokratische» Rcichstagsfraktion zurErbschaftssteuer beschäftigte eine Versammlung der Parteigenossen inMülhausen i. Els. Nach einem Referat des Genossen Emmelwurde eS in der Diskussion scharf verurteilt, daß die Fraktion inder zweiten Lesung der Erbschaftssteuer zugestimmt hat. ImHinblick auf den Verwendungszweck hätte— so meinte die Versammlung— das nicht geschehen dürfen.Die Jahresversammlung des Wahlkreises Weimar- AlpoldeIlmenau fand am Sonntag in Weimar statt. Zu der demnächst statt-findenden Landtagswahl wurde beschlossen, mit aller Energie in denWahlkampf einzutreten, damit der Partei neue Anhänger zugeführtwerden und ein größerer Einfluß der Arbeiterklasse auf die Landes-Politik durch eine stärkere Vertretung im Landtage erreicht wird.In dem Entwurf des Organisationsstatus erblickt die Versamm�lung das Bestreben, der sozialdemokratischen Partei eine festere,zentralistischere Form der Organisation zu schaffen. In diesemSinne stimmt die Versammlung dem Entwürfe zu, stellt aber anden Parteitag in Leipzig den Antrag, im§ 23 die Worte»in be-wußter Weise' zu streichen.Als Delegierter zum Parteitage wurde Genosse Baudert-Weimargewählt._Eine WahlkreiSkonferenz des Wahlkreises Neuß-Grevenbroichtagte am Sonntag in Oberkassel. Der Wahlkreis— ein rein ländlicher— ist einer der rückständigsten am Niederrhein, eine dersichersten Zentrumsdomänen. Die Zahl der organisierten Partei-Mitglieder stieg von 131 auf 209, darunter 13 weibliche. Als Zeichender fortschreitenden Entwickelung der Parteiorganisation im Wahlkreise ist der Beschluß zu verzeichnen, an die Zentralparteikasse inBerlin einen Beitrag für 1903/1999 in Höhe von 21 Mark abzu-führen.Auch in den entlegensten Orten des Wahlkreises hat die Partei-organisation jetzt Mitglieder, ein Zeichen, daß es auch in dieserdunklen Ecke, ivenn auch nur langsam, so doch unaufhaltsam vor-wärts geht._Die Generalversammlung i>cS sozialdemokratischen Vereins fürden Wahlkreis Fürstentum Lippe tagte am Sonntag in Lage. Von13 Orten waren 39 Delegierte anwesend. Der Verein zahlte EndeJuni 693 Mitglieder, darunter 23 weibliche. Mit dem Kassenbestandvon 69,76 M. waren im ersten Halbjahr 799,36 M. Einnahme zuverzeichnen; dem stand gegenüber eine Ausgabe von 665,95 M. ZurTilgung des Defizits von der Landtagswahl sollen Sammellistenausgegeben werden. Am 1. August soll im ganzen Lande ein Flug-blatt, betitelt ,599 Millionen neue Steuern' Verbreiter werden.Zum Parteitag werden folgende Anträge gestellt: zur Maifeier:»Der internationale Kongreß möge beschließen, die Arbeitsruhe am1. Mai fallen zu lassen.' Zum Organisationsstatut:»Das Minimumdes Beitrags auf 29 und 19 Pf. bestehen zu lassen.' Als Reichs-tagskandidat wurde wieder Konsumgeschäftsführer Gen. Becker-Lemgo aufgestellt._Wahlsieg.Bei der Beigeordnetenwahl in Rüsselsheim siegte Genosse Jungmit 354 gegen 278 Stimmen der Gegner. Ob er die Bestätigungder hessischen Regierung findet? IDas Votum der Konföderation der Arbeit gegen de» Zarenbesuch.Rom, 26. Juli.(Eig. Ber.)Der Ausschuß d:r Konföderation der Arbeit hat in seiner letztenPlenarsitznng über die Stellungnahme zum Zarenbesuch beraten undeinstimmig die folgende Tagesordnung votiert:»Angesichts der Möglichkeit eines Zarenbesuches in Italienerklärt der Ausschuß der Konföderation der Arbeit, daß eS ihmfern liegt, das nach Freiheit strebende russische Volk mit demoffiziellen Rußland der Despotie zu verwechseln und die Pflichtender Dankbarkeit zu vergessen, die die Arbeiter Italiens denrussischen Matrosen schulden, die als erste den Opfern des Erdbebenszur Hilfe eilten.Gegenüber der Notwendigkeit, die wirksamste Form dcSProtestes zu bestimmen, die anzuwenden wäre, falls die Regierungwirklich das Empfinden deS italienischen Volkes durch den Zaren-besuch beleidigen sollte, spricht der Ausschuß zunächst seine Genug-tuung auS über die allgemeine Auflehnung, die die bloße An-kündigung des Besuches in allen VollSklassen hervorgerufen hat;er erachtet jedoch den Generalstreik im ganzen Lande als inkeinem Verhältnis zu dem zu erreichenden Ziele stehend und siehtaußerdem in ihm eine Maßnahme, die den italienischen Zaren-freunden die Handhabe bieten könnte, die wahre Bedeutung deSProtestes zu fälschen und die üblichen Methoden brutaler Re-pression anzuwenden.kleines feuilleron.Vlöriot. Blöriot. der vor nicht langer Zeit noch als der Pech-�ogel unter den Luftschiffern bekannt war, ist durch seinen Kanalflugplötzlich zum Helden des Tages geworden. Wohl war er seit langemeiner der eifrigsten Pioniere des Flugsports, aber das Glück war ihm,dem begeistertsten Verteidiger des Monoplans �Eindeckers), nichtgünstig. Noch als er vor etwa l'/z Jahren mit Farman zusammenFlugversuche in Jssy-leS-Moulineaux unternahm, zog er den kürzeren:er hat innerhalb von nicht ganz zwei Jahren zwölf Flugmaschinenunter sich zerbrochen, und ein ständiger Scherz war, daß er, wennauch keinen anderen Rekord, so doch den Rekord in Unglücksfällenaufstellen werde. Aber kein Mißgeschick konnte seinen Mut und seineTatkraft lähmen..Aus Unglücksfällen lernt man am meisten',pflegte er zu sagen. Und dann kam langsam der Erfolg und Plötz-lich der Weltruhm... Energie und Mut, das sind die entscheidendenEindrücke, die von diesem Manne sogleich ausgehen.Aus seinen mehr als fünfzig Unglücksfällen ist Blöriot ohneernsthaftere Verletzungen hervorgegangen; er hatte aus ihnen ge-lernt, sich selbst beim Fall zu schützen. In seinen einmal gefaßtenWlänen hat ihn ein widriges Geschick nie aufhalten können. Alser am Mittwoch Paris zu dem Kanalfluge verließ, beschwor ihnseine Frau, doch wenigstens zu warten, bis eS mit seinem schlimmenFuß besser ginge; aber Bloriot erwiderte, seine Maschine warte auf ihnin Calais, und wenn er erst bei ihr wäre, dann würden schon dieSchmerzen in seinem Fuß nachlassen. Seitdem Bloriot auf derEcole Centrale sich dem Jngenieurstudium gewidmet, war sein heißesBemühen darauf gerichtet, eine Flugmaschine zu konstruieren. Ererwarb sich ein großes Vermögen durch Fabrikation des Blöriot-Motorwagens und hätte sein Leben in Muße und Beschaulichkeitverbringen können, wenn er gewollt hätte. Aber sein erfinderischerGeist ließ ihn nicht rasten noch ruhen. 1S01 konstruierte er einenMonoplan von recht exzentrischer Form, mit dem er keine Erfolgeerzreite; dann baute er noch zwei weitere Maschinen von demselbenTyp und widmete sich von nun ab fünf Jahre lang mit unermüd-lichem Flerß der Wissenschaft des Flriges und der Prüfling all derErflndungen, die bisher zur Eroberung der Luft gemacht waren. ImSeptember 1996 verband er sich n,it der Firma Voisin zur Kon-struktion seines ersten Zweideckers mit elliptischen Flügeln. Imfolgenden Jahre baute er einen grotesk geforn,ten Monoplan, der denBeinamen»Dre Ente' erhielt und mit dem er einen recht unglück-lichen Flugveriuch machte. Erst im Juli 1997. also sechs Jahre nachseinem ersten Versuch, begannen Blsnots Erfolge. Er flog aufIn der Ueberzeugung, daß, um den Protest wuchtiger zu ge-gestalten, die Gewerkschaften und Arbeitskammern im Einklangmit den politischen Parteien vorgehen müssen, beschließt der Aus-schuß, den einzelnen Organisationen die Art ihres Protestes frei-zustellen, und ruft ihnen die Notwendigkeit ins Gedächtnis, vorunb_ während des Zarenbesuchs durch Schriften und öffentlicheVersammlungen das italienische Volk über die Schrecken desrussischen Despotismus und über die Opfer aufzuklären, unterdenen das russische Volk um Freiheit und Kultur ringt. DerAusschuß beauftragt schließlich das Exekutivkomitee, einen Aufrufan die Bevölkerung zu erlassen: sich in Verbindung mit den Vor-ständen der politischen Parteien und dem Landeskomitee gegen denZarenbesuch zu halten und, im dringenden Falle, alle ihm geeignererscheinenden Mittel in Anwendung zu bringen, soweit sie sich inden Grenzen der vorliegenden Beschlußfassung halten.'Wie man sieht, hat weder der Parteivorstand noch die Kon-föderation eine Norm für ganz Italien zu diktieren gewagt. Dasist um so bedauerlicher, als man in Arbeiterkreisen zu jeder De-monstration, auch solcher, die große Opfer auferlegt, bereit wäre lDie sich täglich häufende Zahl von Tagesordnungen zugunsten desGeneralstreiks beweist dies. Und das Proletariat hat gerade vonKonföderation und Partei die Parole erwartet. Dringlich ist dieSache nachgerade auch geworden, da eine offizielle russische Kor-respondenz den Zarenbesuch für die letzte Septemberwoche russischerRechnung in Aussicht stellt. Der Besuch soll in einem italienischenHafen stattfinden. Auf italienischen Boden traut sich Nikolausnicht.pollieUicbes, Sericbtlicbes ulw.Wegen Beleidigung der Beamten des Arbeitsnachweises des Ar-bcitgcber-Bcrdandes Harburg wurde am Dienstag nach l'/zstimdigerVerhandlung der verantwortliche Redakteur Genosse Zielke vomHamburger Schöffengericht zu 299 M. Geldstrafe verurteilt. DerMitangeklagte Geschäfrssührer der„Volksblatt'-Druckcrei, GenosseMartens, erhielt 19 M. Geldstrafe, gewissermaßen— wie sich derVorsitzende ausdrückte— als Ordnungsstrafe.TZiis Industrie und Kandel.Hungerpreise.Ueber die Entwickelung der Preise verschiedener wichtigerNahrungsmittel im Juni macht die»Statistische Korrespondenz" u. a.folgende Angaben:Die Getreidepreise sind im Berichtsmonate weiter gestiegen.Insbesondere hob sich der Preis für Weizen mittlerer Qualität imDurchschnitt der BcrichtSorte gegen den Vormonat um 11 M. fürdie Tonne; er ist damit seit Januar dieses Jahres bereits um69 M. in die Höhe gegangen. Der Roggenpreis stieg gegen denMonat Mai dieses Jahres um 9, der Haferpreis um 7 M., ersterermithin seit Januar um 27, letzterer um 33 M.Die Großhandelspreise für Hülsenfrüchte, Eßkartoffeln, Heu undStroh sind durchweg im Gesamtdurchschnitte gestiegen, am meistendie für Speisebohnen(um 12 M.), demnächst die für Heu(um8 M.); andererseits zeigen die entsprechenden Kleinhandelspreisefür Hülsenftüchte und Kartoffeln gegen den Vormonat eine Aufwärts-bewegung nur bei den Erbsen. Der Butterpreis ist im Berichts-mouate zum erstenmal im Januar etwas zurück-, der Eierpreisemporgegangen.Die schon seit einiger Zeit beobachtete Preiserhöhung fürMehl und Brot hat, abgesehen vom Roggenmehl im Großhandel,dessen Preis gegen Mai unverändert geblieben ist, im Berichts-monate angehalten._Vom Kohlensyndikat.In der»Deutschen Bergwerkszeitung' wird in einem anscheinendinspirierten Artikel versucht, die Konsumentenfreundlichkeit des Kohlen-syndikats nachzuweisen. Es werde viel darüber geschimpft, heißt esda. daß die Kohlen- und insbesondere die Kokspreise für die Eisen-industrie nicht genügend herabgesetzt worden feien. Warum mannnt den Preisen nicht zurückgehe, ergebe aber ein Blick aufdie Gestaltung der Roheisenpreise. Die Verbilligung des Koks habeauch die Preise für Eisen sinken lassen I I» den Kreisen desRheinisch-westfälischen Kohlensyndikats sei das mit gemischten Ge-fühlen aufgenommen worden.»Wenn die Dinge auf dem Roheisenmarkt sich in dieser Weiseweiter entivickcln, s o hat das Entgegenkommen desKohlensyndikates, das von der besten Gesinnung dem Roh-eisenmarkt gegenüber eingegeben war, seinen Zweck voll-ständig verfehlt. Das Kohlensyndikat hat die Ueberzeugung,daß eS, so viel an ihm lag. nichts unversucht gelassen hat,„zu einerBesserung des Roheisenmarktes beizutragen. Man wird daherbilligerweise nicht von ihm erwarten können, daß eSdem Roheisenmarkte durch seine Preispolitik nocheinem Monoplan deS Langley-SystemS 149 Meter bei Bagatelle.Am 13. Juli 1999 gewann er dann den Wanderpreis des Aeroklubsvon Frankreich und zeigte dabei deutlich die Vorzüge seines kleinenleichten Monoplans. Der Apparat Blsriots braucht zur Aufbewahrungkeinen großen Schuppen. Mit zusammengefalteten Flügeln nimmter nicht mehr Raum ein als ein mäßig großes Automobil. Er kanneinfach an einem Motorwagen befestigt und so weite Strecken mit-geschleppt werden. In weniger als einer halben Stunde ist er völligflugbereit gemacht.Ueber die Eindrücke während seines Fluges berichtet Blöriot imPariser„Motin" selber:»Alles ist bereit. Dem Reglement desPreises entsprechend habe ich den Sonnenaufgang abgewartet.Leblanc sagt mir, daß auf der Düne eine Flagge geschwenkt wird.Das ist da« Signal. Eine leichte Aufregung bemächtigt sich meinerin dem Augenblick, wo ich meinen Apparat besteige. Doch das sindGedanken von kurzer Dauer. Alles bewegt sich, alles vibriert IAuf mein Zeichen lassen die Monteure den Apparat los. Ineinem Augenblick bin ich hoch. Ich nehme schnurgeraden Kurs undgehe stetig meterweise höher. Jetzt schwebe ich über dem Meereund lasse den Torpedojäger zu meiner Rechten. Ich fliege ruhigweiter, ohne jede Erregung, ohne irgend loelche reellen' Eindrücke.Ich wähne mich im Luftballon. Völlige Windstille gestattet mir, dieSteuer in Ruhe zu lassen._ Wenn ich die Betätigungsorgane fest-stellen könnte, dürfte ich mir gestatten, beide Hände indie Taschen zn stecken. Ich glaube nicht rasch vorwärts zu kommen.Das liegt wohl an der Einförmigkeit des Meeres.Ich bin mit meinem Apparat zufrieden, feine Stabilität ist tadel-loS. Ich habe während der ersten halben Stunde mein Weißbrötchenllegessen. Zehn Minuten hindurch blieb ich allein, isoliert inmittendes unendlichen Meeres, ohne einen Punkt am Horizont oder einSchiff zu erblicken. Diese nur durch das Kirattern des MotorSgestörte Ruhe hatte ihren gefährlichen Reiz, der mir»sohl zumBewußtsein kam. Diese zehn Minuten dauerten mir gar lange, undich war glücklich, als ich am Horizont eine graue Linie sichtete, diesich scharf vom Meere abhob und zusehends anwuchs. Kein Zweifel,es ist die englische Küste."Die erreichte Geschwindigkeit gibt Bloriot selbst mit 63 Kilometermr die Stunde an. Er sieht in seinem Erfolg einen Erfolg seinesErndeckersystems und meint bereits Monoplane für zehn Personenbauen zu können. Uebrigens wird man bald Gelegenheit haben,die Leistungsfähigkeit BlsriotS und feines Apparates weiter zuprüfen, da er sich um den Gordon Bennett-Preis in Rennes be-werben und vielleicht auch an dem Wettflug von London»achManchester teilnehmen wird.weitere Mittel in die Hand gibt, den ungesundenWettbewerb, der durch die Auflösung deS Roheisensyndilaiesentstanden ist, ins U n g e in e s s e n e zu steigern."Das Syndikat, das kräftig dahin gewirkt hat, das Roheisen-syndikat auffliegen zu lassen, indem es durch seine Preispolitik ver-schiedene reine Werke vor den Bankrott brachte, stellt sich jetzt hinund sagt: Wir können euch nur durch— hohe Kokspreise Helfelt.Eine tollere Verhöhnung kann man sich kaum noch vorstellen.Die Kohlenproduktion im Deutschen Reiche hat nach den neuestenAusweisen im Juni gegen den gleichen Monat im Vorjahre einenstarken Anstieg zu verzeichnen. Die Steinkohlenförderung betrug11974 932 Tonnen gegen 11 179 243 Tonnen im Juni 1993, dassind fast 899 999 Tonnen(über 7 Proz.) mehr. Auch bei denanderen Kohlensorten sind durchweg viel höhere Förderzahlen bcob-achtet worden, so daß die Gesamtförderung Januar bis Juni ein-schließlich in diesem Jahre schon wieder so hoch ist wie im Vor-jähre, obwohl die vorangehenden Monate dieses Jahres gegen dasVorjahr erheblich zurückblieben. Am meisten ist noch die Stein-kohlenförderung zurück, um fast 899 999 Tonnen. Trotzdcnr über-traf die Ausfuhr an Steinkohlen Januar/Jiiui 1999 mit 19 329 519Tonnen diejenige in der gleichen Zeit des Vorjahres mit 9 838 175Tonnen um 482 344 Tonnen, also um fast 5 Proz. Die Stein-kohleneinfuhr nach Deutschland war dabei geringer als im Vorjahre.Schädigung der deutschen AnsichtSkartenindustrie.Von einem Importeur sind der„New D orker H. Ztg.' folgendeMitteilungen gemacht worden.„Für die deutschen Fabrikanten, welche dem amerikanischenMarkt in den letzten Jahren enorme Quantitäten von Ansichts-Postkarten geliefert haben, liegt die Aussicht herzlich schlecht. Andie Stelle der bisherigen Zollrate von 5 Cents pro Pfd. soll nuneine solche von 15 Cents Plus 23 Proz. od valorem treten, und sofern sich nicht noch irgend etwas Unvorgesehenes ereignet, scheint esziemlich sicher zu sein, daß dieser enorme Zollaufschlag in Krafttreten wird.Das würde natürlich den Ausschluß der hier große Popularitätgenießenden deutschen Ansichtspostkarten, abgesehen von feinererWare, bedeuten und damit schweren Verlust für die deutschenFabrikanten, welche das Geschäft aufgebaut und dazu kostspieligeEinrichtungen getrosten haben. Bereits hört man, daß von derSeite geplant wird, die Fabrikation und die Maschineneinrichtungennach hier zu verlegen; um von dem hiesigen hohen Zollschutz selbstNutzen zu ziehen. Anstatt daß somit die einheimischen Fabrikantendurch die übermäßige Zollcrhöhung, die sie anscheinend durch-gesetzt haben, die Ansland-Konkurrcnz ausschließen, steht ihnen ver-mehrte Konkurrenz bevor. Des weiteren hört man, daß die hiesigenFabrikanten beabsichtigen, den Zollaufschlag zu einer erheblichenPreiserhöhung zu benutzen, was dann auch!den nach hier zu ver-legenden deutschen Fabrikbetrieben zugute kommen würde. Ebensosicher läßt sich jedoch annehmen, daß dann die hiesigen Arbeiter mithöheren Lohnforderungen hervortreten und, falls mit denselben nichterfolgreich, Streiks inszenieren werden. Es scheint daher fraglich,ob die amerikanischen Fabrikanten mit ihrer Agitation gegen dieAusland-Konkurrenz schließlich viel gewinnen werden.'Höhere Dividende. Der amerikanische Stahltrust schüttet für dasletzte Quartal auf die oomraou sbarss 3/t Proz. Dividende ausgegen Vs Proz. früher._Hirn der fraiienbewegimc�Das Verbot der Frauennachtarbeit in Norwegen.In der verflossenen Woche hat sich das Lagthing, die auseinem Viertel der Storthn:gsabgeordneten bestehende kleinere Ab-teilung des norwegischen Reichstags, mit dem Fabrikgesetzentwurfbefaßt. Das im§ 23 des Entwurfs enthaltene, aber vom Obels-thing abgelehnte Verbot der industriellen Nacht-arbeit der Frauen wurde vom Lagthing mit 16 gegen 15Stimmen angenommen. Ob das Verbot, das übrigens fürdie Fisch- und Fischkonservenindustrie Ausnahmen zuläßt, Gesetzwird, ist noch zweifelhaft, da die endgültige Entscheidung dem ge-samten Storthing überlassen bleibt.— Der im �Entwurf vorgeseheneallgemeine Normalarbeitstag von 19 Stunden, Sonnabends sechsStunden, wurde im Odelsthing und im Lagthing mit 22 gegen 9Stimmen abgelehnt. Für den von unseren Genossen vorgeschlagenenAchtstundentag stimmten nur die drei sozialdemokratischen Lag-thingsmitgliedor._Ein sozialdemokratisches Frauenblatt in Norwegen.Auf der letzten Jahresversammlung des Frauenverbandes derNorwegischen Arbeiterpartei wurde der.Vorstand beauftragt, fürdie Gründung eines sozialdemokratischen Frauenblattes zu wirken.DaS Blatt soll vom 1. September dieses Jahres an erscheinen, undzloar-monatlich. Es wird den Titel„Kv luden"—„Die Frau"Humor und Satire.Das Pferd als Raucher.Ein altmärkisches Kreisblatt, so«vird der„Franks. Ztg." berichtet,bringt in allem medizinischen Ernste eine Betrachtung über diePferdekolik und deren Behandlung, die von ganz besonders origi-nellein Inhalt ist. Nachdem von den im Grünfutter vorkommendenGiftpflanzen und deren Wirkung ans Gänse und anderes Hausgelierdie Rede war, geht der Verfasser ausführlicher auf die Pferdekolik ein,der„wohl die Mehrzahl der davon betroffenen Pferde erliegt". Zeitigdagegen angewandt, erwiesen sich aber sogenante Rauchklystiere rechtwirksam. Zu dem Zwecke müsse eine passend hergestellte Tabakpfeifemit der Spitze eingeführt werden, worauf die Darmtätigkeit die Pfeifein Brand erhalte und den Rauch ins Darminnere einziehe. Dasbislang von großen Schmerzen gequälte Pferd lasse sofort erkennen,wie schmerzlindernd und wohltuend das Mittel alsbald wirke, undnehme auch gleich mit Behagen einen Hochstand des Vorder-körperS ein. Die Rauchkur müsse allerdings stundenlang fortgesetztwerden, wenn sie den gewünschten günstigen Erfolg haben solle.Zum Beweise für den Erfolg wird folgender Fall angeführt: DerWärter eines kolikkranken, mit Rauchtabak behandelten Pferdes wareingeschlafen und hatte den Haltestrick fallen lassen. Darauf nahmder Patient—„nebenbei bemerkt ein ungewöhnlich kluges Pserd"—an entfernterer Stelle auf einem Trittstein selbst die von ihm alsheilsam erkannte Stellung bis zum Verschwinden der letzten Krank«heits, zeichen ein.Man darf erwarten, daß die Junker für die rauchenden Pferdealsbald eine Herabsetzung der Tabaksteuer beantragen werden.Notizen.-» Bühnenchronik. Anna Mildenburg hat ihren Ver»trag mit der Wiener Hofoper gelöst; sie wird im Herbst imDeutschen Theater zum Schauspiel übertreten und die Klytämnestra inHofmannSthals„Elekrra" spielen.— Erika W e d e ki n d, das frühereMitglied deS Dresdener HoftheaterS, wurde für die Komische Operals Gast verpflichtet.lo— Theaterchronik. Im S ch i ler- Th e ater Char-.Ottenburg begeht Haupttnanns Diebskomödie«Der Biber-pelz" am Donnerstag die 59. Aufführung.— Das KleineTheater, das einer Unigestaltung unterzogen ist, wird am 1. Augustwieder_ mit Ludwig Thomas Komödie„Moral", die bei dieser Ge-legenhett zum 250. Male gegeben wird, wieder eröffnet.