1. Beilage zum„Vorwärts " Berliner Volksblatt. Ur. 96. Dienstag, den 35. April 1893. 19. Jahrg. PookemÄckrichkim. Maifeier. In Regensburg ist am Abend des l. Mai eine Volksversammlung, am 7. Mai ein Gartenfest.— In F r i e d- b e r g in Hesien findet das Fest am 30. April statt.— Die Arbeiter Remscheids halten am Abend des 1. Mai zwei Versamm lungen ab; am 7. Mai wird ein Ausflug unternommen.— Die Parteigenossen in Solingen . Höhscheid und Gräfrath halten am 1. Mai eine Volksversammlung, am 7. Mai ein Fest in der Schützenburg ab. Für das allerdings sehr geräumige Lokal haben sie nicht weniger als 200 M. Mielhe zahlen müssen.— In Baden-Baden findet die Feier in gleicher Weise statt. Wie die„Reuß. Tribüne" erfährt, soll in dem altenvurgischen Orte Schmölln das Maüest verboten worden sein. Der französische Ministerialrath soll beschlossen haben, den Beamten der in staatlichen Werkstätten beschäftigten Arbeiter einzuschärsen, daß sie am l. Mai auf ihren Posten zu ver- bleiben, und sich an keinerlei Kundgebung zu betheiligen haben. Zur Beachtung! Um über die Zahl der Theil nehm er an der Maifeier möglichst bald einiger- maßen zutreffend berichten zu können, ersucht hiermit die Redaktion des„Vonvärts" die Leiter der offiziellen sozial- demokratischen Maifestlichkeiten aller Orte, noch bis zum Abend des 1. Mai hierher mittels Telegramms oder Postkarte kurz und bündig Nachricht über den Verlauf der Feier zu geben. Die Adresse der Zuschriften soll lauten:„Redaktion des „Vorwärts", Berlin SiV., Beuthstr. 2." Es genügt, wenn die Miitheilungen die Bezeichnung„Maifeier", die Angabe des Ortes(bei kleineren noch der nächstgelegenen größeren Stadt) und ungefähr die Zahl der Theilnehmer an der Ver s a m m l u n g, dem Kommers oder der sonstigen am I. Mai abgehaltenen Festlichkeit in recht deutlicher Schrift ent halten. Das gleiche Ersuchen wird hinsichtlich der Festlichkeiten gestellt, die am 30. April oder 7. Mai als Vor- oder Nachfeier abgehalten werden. »» Maifest-Literatur. Die Fe st nummer unserer öster- reichischen Genossen ist soeben in würdigster Ausstattung erschienen. Der reiche Inhalt, der von Genossen fast aller europäischen Länder geliefert ist, giebt dieser Festnummer einen internationalen Charakter. Wir finden Beiträge von Friedrich Engels und den beiden Töchtern von Karl Marx , Eleonore Marx-Aveling und Laura Lafargue , von Bebel, Liebknecht, Paul Lafargne, Victor Adler , Domela Nieuwenhuis, Emil Vaudervelde. Karl Kautsky , Louise Kantsky, Peter Lawrow, Georg Plechanow u. ct., sowie Festgedichte von Andr. Scheu, Karl Henckell und Emil Claar . Die Einsendungen datiren von Wien , Graz, Reichen bcrg, Brünn , Salzburg , Krakau , Berlin , Stullgart, Heidelberg , Genf , Zürich , Haag, Brüssel, Paris und London . •« Neichstagskandidatur. fffir den pommerschen Wahlkreis Greisenberg-Kammin wurde der Parteigenosse K u n tz e aus Stettin als Kandidat ausgestellt. M< Bei der Getverbegerichtslvahl in Sandhofen in Baden siegten in der Klasse der Arbeitervertreter die sozialdemo- kralischen Kandidaten mit 237 Stimmen. Tie vereinigten Gegner erhielten 79 Stimmen. In der Klasse der Unternehmer siegten die Gegner mit 25 gegen 8 sozialdemokratische Stimmen. Zur sächsischen Landtagswahl wurde in Chemnitz der Reichstags-Abgeordnete Seifert ans Zwickau als Kandidat aus gestellt. «* Bei den Stadtverordnetenwahle» in der Pensionärs- und Beamtenstadt Karlsruhe siegten die vereinigten National- liberalen, Freisinnigen, Konservativen und Ullramontanen mit 2306 Stimmen gegen 1341 Stimmen der Sozialdemokratie. Bei der Wahl im Jahre 1330 erhielten die ebenfalls vereinigten „Ordnungs"leute 1411, wir 1089 Stimmen. Wir haben diesmal also immer noch ein gutes Resultat erzielt, obwohl sehr viele Arbeiter wegen der in dem harten Winter empfangenen Armen- Unterstützung des Wahlrechts verlustig gegangen waren. Bei der Gemeinderaths-Stichwahl in Gonsenheim siegte der sozialdemokratische Kandidat B. W e r u m I mit 218 Stimmen. Sein Gegner, ein Ultramontaner, erhielt 138 Stimmen. »• Mit der Thätigkeit der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstage und speziell des Abgeordnelen Heine erklärten sich zwei gutbesuchte Volksversammlungen in Ealb« a. S. und Aken vollständig einverstanden. Parteipresse. Seit 2. April l. I. erscheint in Preßburg wöchentlich einmal die„Neue V o l k s z ei t u n g", Organ zur Wahrung der Interessen des arbeilenden Volkes. Redaktion und Administration befinden sich in Preßburg , V. Bezirk, Furchplatz Nr. 3. O» In der üblen Rolle eines Denunzianten gefiel sich dieser Tage die„Kre uz-Z e i t u n g". indem sie anläßlich des Ge- bnrtst-'ges des sächsischen Königs aus Sachsen meldete:„Mit Recht wird es als eine„bodenlose Frechheit" bezeichnet, daß die Leipziger Sozialdemokratie gerade an diesem Tage ein Flugblatt verbreiten will. Man weiß ja, welchen Zweck solche sozialdemo- kratische Flugblätter haben und wie die dem Zwecke entsprechende revolutionäre Sprache derselben zu lauten pflegt. Was die„Ge- Nossen" von Leipzig anlangt, so darf man nicht vergessen, daß in der künftigen„Weltstadt" Arbeiter aus allen Herren Ländern zusammen hausen, bei denen Pietät gegen den Fürsten des Lan- des, in dein sie ihre Nahrung finden, vergeblich gesucht wird. Man darf wohl sagen, daß die schrankenlose Freizügigkeit da und dort Zustände schafft, unter denen eine Art Bolksmelumor- phose allmälig und geräuschlos sich vollzieht." Diese Denunziation ist ausnehmend ungeschickt. Es müßte weit gekommen sein, sagt sehr treffend ein sächsisches Blatt unserer Partei, wenn am Geburtstage des Königs, in dessen Person man doch gerade nach Auffassung der Konservativen den obersten Be- schützer des Rechts zu erblicken hat, die gesetzlichen, staatsbürger- lichen Rechte aufgehoben sein sollten. Nicht die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte von feiten unserer Leipziger Genossen auch an Königs Geburtstag ist eine„bodenlose Frechheit", sondern vielinehr das Verlangen der Konservativen, daß Staatsbürger aus Rücksicht auf das Gefühl der empfindsamen Herren an Königs Geburtstag auf Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte verzichten sollen. » Polizeiliches, Gerichtliches te. Bayerisches. Regensburger Sozialdemokraten hatten mit einem Gastwirth in Mangolding einen Verlrag darüber abgeschlossen, daß ihnen dieser sein Lokal zu einer sozialdemokra- tischen Versammlung zur Verfügimg stelle. Der Bürgermeister verbot die Versammlung. Nach dem„Oberpfälzer Anzeiger" soll das Verbot bereits den Zeitungen bekannt gegeben worden sein, ehe noch der Einberufer der Versammlung benachrichtigt war. Das Blatt schreibt dann:„Als der Einberufer mit der Anzeige zum Bürgermeister kam, verweigerte dieser rundweg die An- nahine der Versammlungs-Anzeige auf grund eines Schriftstückes des Regensburger Bezirksamtes, laut welchem kein Wirth sein Lokal zu Versammlungen hergeben solle, ebenso kein Bürger- meister irgend eine Versammlung der Sozialdemokraten bestätigen solle. Als nun der Einberufer aus das Gesetz verwies, erklärte der Bürgermeister, daß er auf das Gesetz pfeife. Der Einberufer gab das Gesuch vermittelst eingeschriebenen Briefes an die Bürgermeisterei Mangolding auf. Darob große Unruhe in Mangolding. Der Bürgermeister stürzt zum Wirth, bei dem er nach seiner Aussage schon am vergangenen Abend war, um ihm eine Rüge zu ertyeilen. weil er den Saal hergab und nach langem Hin und Wieder läßt endlich der Wirth zu Protokoll nehmen, daß er das Lokal verweigere, und auf grund dieses wird das Versammlungsverbot erlanen. Der Einbernfer war damit nicht zufrieden und auf seinen Kontrakt sich stützend, for- derte er die Konventionalstrafe vom Wirth, welche ihm auch in der Höhe von 2ö M. zuging. Wenn aber solche Sachen noch vorkommen können, so steht thalsächlich das bayerische Vereins' gesetz nur aus dem Papier." — Dr. Franz D i e d e r i ch, der Redakteur der„Rheinisch- Westfälischen Arbeiter-Zeitung", ist am Freitag Morgen zur Ver- büßung seiner Strafen nach Münster abgeführt worden. — In Halle wurden die Parteigenossen Jähnig, Treff und Pape zu 2 resp. 3 und 1 Woche Gefängniß wegen Haus- friedensbruch verurtheilt. Sie hatten an einer von den Hirsch- Duncker'schen«inberusenen Versammlung theilgenommen und mit der Mehrheit der Versammlung Bureanwahl verlangt. Diesem Verlangen wurde seitens der Einbernfer nicht stattgegeben und sie forderten die hiermit nicht Ein- verstandenen auf, den Saal zu verlassen. Da zu der Versammlung öffentlich eingeladen war, siel es den Genossen selbstverständlich nicht ein, dieser Aufforderung nachz kommen. Die Versammlung wurde infolge dessen geschlossen, noch ehe sie eigentlich begonnen. Der Einberufer, welcher den Saal gemiethet haben wollte, stellte gegen die genannten Parteigenossen Strafantrag wegen Haus friedensbruch; das Resultat desselben war das oben mitgetheille Urtheil. Als besonderes Charakteristikum für die Hirsch' Duncker'schen verdient die Thatsache erwähnt zu werden, daß der Einberuser der Versammlnngsanmeldung gleich das Gesuch um starken Polizesschntz beigefügt hatte. — Vom Schöffengericht in H ö ch st a. M.— einer Stadt, die durch die Blsmarck'sche Revolution gegen den alten deutschen Bund 1333 an Preußen kam— wurde der Parteigenosse Wilhelm aus Rödelheim zu 6 Wochen Haft wegen„groben Unfugs" verurtheilt, weil er in der am 23. Februar in Sossenheim abgehaltenen Versammlung ein Hoch auf die„internationale revolutionäre völkerbefreiende Sozialdemokratie" ausgebracht hat. Gegen das merkwürdige, aber keineswegs neue Urtheil ist natürlich Berufung eingelegt. — Wenn der sozialdemokratische Arbeiter einmal gegen das Gesetz verstößt, so muß er's meist auf härteste büßen. In dem kleinen, in der Provinz Sachsen gelegenen Orte A l t- S a l z e gründeten vor kurzem mehrere Parteigenossen einen Wahlverein. Dieser Verein hat schon schwere Zeiten durchlebt. 7 Genossen wurden wegen Vergehen gegen das Vereinsgesetz zu lvö M. Strafe und etwa ebenso viel Kosten verintheilt. Was das für einen kleinen Ort zu bedeuten hat, kann sich jeder denken. Lolmles. Die Mitglieder des sozialdemokratischen WahlvereiuS im 4. Berliner Reichstags- Wahlkreise werden hierdurch nochmals auf die heul Abend 8>/s Uhr in den Konkordia- F e st f ä l e n. A n d r e a s st r a ß e 34, stattfindende außer- ordentliche Generalversammlung verwiesen, und ersucht, infolge der dort zu fassenden wichtigen Beschlüsse mög- lichst zahlreich zu erscheinen. Der Vorstand. Professor Schi» oller hat der„Staatsbürger- Zeitung" folgende Zuschrift geschickt:„Ich lese eben in der „Täglichen Rundschau" vom 22. d. M., daß Sie in der„Staats- bürger-Zeitnng" meine Aeußerungen über die Judenfrage, welche Herr Bahr in der Wiener „Deutschen Zeitung" veröffentlichte, in einer Weise wiedergeben, die ich nicht unwidersprochen lassen kann. Ich muß Sie daher bitten, in Ihrer Zeitung folgende Berichtigung aufzunehmen: Ich habe nicht gesagt, daß die Ver- schiedenheit der Sitten und der Moral der Germanen und Semiten so groß sei, daß sie ungünstig wirken müsse; ebenso wenig, daß die Juden als gleichberechtigte Staats- bürger nie hätten zugelassen werden sollen. Ich habe nur historisch betont, daß, wo die Rassenverschicden- heit zu groß sei, die Beimischung von zu viel fremden Blutes große Geiahren für das Volksthum in sich schließe. Ich habe aber daneben betont, daß bei geringen Zusätzen fremder Rasse eine Mischung sogar Vortheile habe, sowie, daß die Juden manche Eigenschaften besitzen, deren Aufnahme in die Sitten der Germanen'nur wünschenswerth sei. Die gesetzliche Gleichstellung der Juden habe ich ausdrücklich gebilligt, mit dem Hinzufügen, daß ich die sittlichen Grundanschauungen unserer Pastoren und Rabbiner, wie sie unter dem Einflüsse der Philosophie des 18. Jahrhunderts sich gebildet, für so ziemlich ähnliche oder gleiche halte. Mit diesen Vordersätzen erhält auch meine Bemerkung über gewisse wirthschastliche Mißvräuche jüdischer Bankiers, Wucherer, Viehversteller je. eine ganz andere Bedeutung als der Auszug Ihrer Zeitung derselben giebt." Das „Berliner Tageblatt" weist nun aus der Zusammenstellung des Interviews, wie es Bahr in der„Deutschen Zeitung" veröffent- licht und wie es das Ahlwarvt-Blatt„exzerpirt" hat, nach, daß die „Staatsbürger-Zeitung" in keckster Weise gefälscht hat. Herr Schmoller hat sich so geäußert, wie er in seiner Richtig- stellung mtrtheilt. Nur das Eine berichtigt er nicht, was uns am meisten interessirt, seine erbauliche Auslassung über die„ver- wandtschaftlich"-„sympalhischen" Gefühle, die ver arische Ar- b e i t e r für den arischen Kapitalisten hege. Die „Deutsche Zeitung" läßt ihn sagen: „Ich glaube nur nicht, daß der arische Kapitalist irgendwie sympalhisaier ist, als der semitische. Vielleicht doch— oder er wird wenigstens von dem arischen Arbeiter sympathischer empfunden, weil er doch immer ein gewisses verivandtschaftliches Gefühl für sie behält, das den Juden fehlt, und darum auch wohl mit einer größeren Schonung, mit einer geringeren Härte zu verfahren eher geneigt ist." Die deutschen Arbeiter werden über diesen verspäteten Aprilscherz des Herrn Schmoller, so Mit- glied des Staatsraths, der Akademie der Wissenschafte» und Professor der Staatswissenschasten an der ersten deutschen Hoch- schule ist, ein homerisches Gelächter übrig haben. Ob hebräischer, ob arischer Ausbeuter, für sie gilt der Donna Bianca Urtheil, daß sie alle beide stinken. Als„eine Geschäftsordnung, wie sie nicht sein soll", bezeichnet selbst der„Konfektionär" die Geschäftsordnung einer „vielgenannten Firma in der Leipzigerstraße"(Werthmann e), deren Bestimmungen er„unerhört rücksichtslos" nennt und die er „jeder Humanität ins Gesicht schlagen läßt". Wir geben hier eine kleine Blüthenlese dieser Geschäftsordnung wieder: § l- Zur Zeit der Geschäftsöffnung haben sich die Angestellten du jour, die Lehrlinge und Lehrmädchen, sowie die Hausdiener pünktlich einzufinden, während den übrigen Mitgliedern ein Zeit- räum von 10 Minuten gewährt ist, innerhalb dessen sie sich im Geschäft einzustellen haben. s 2. Diejenigen Angestellten, welche sich in der gewährten Frist von 10 Minuten nicht einstellen, werden an diesem halben Tag nicht mehr eingelassen und wird der Betrag für den halben Tag vom monatlichen Salair gekürzt. Kommt dieses dreimal im Laufe eines Monats vor, so wird dem Betreffenden am l. des nächsten Monats gekündigt. s S. Unredlichkeit eines Angestellten oder des dringenden Ver- d achtes Schuldige, müssen sofort zur Kenntniß des Chefs ge- langen resp. demselben namhaft gemacht werden. Wer dies wissentlich unterläßt, kann nachgewiesenen Falles ohne voran- gegangene Kündigung sofort entlassen werden. s 10. Ist ein Angestellter behindert zur rechten Zeit sich im Ge- schüft einzustellen, so hat er innerhalb zwei Stunden den Grund hierfür anzugeben, und für den Fall der Erkrankung innerhalb zehn Stunden ein ärztliches Attest einzureichen. Bleibt er aus dem Geschäft fort, so wird ihm jeder Tag, selbst im Krankheits- fall in Abzug gebracht, auch kann er jede vorangegangene Kündi- gung sofort entlassen werden. Fehlt derselbe Nachmittags, so wird der Ganze Tag dafür abgezogen. ß II. Die Mittagszeit wird für jeden bez. des Gehens und Kommens bestimmt und darf IVe Stunden nicht überschreiten. Für jede fünf Minuten des zu langen Ausbleibens wird ein Geldabzug von 30 Pf. gemacht. Die Tischzeit kann auch bei lebhaftem Geschäftsverkehr, vor Ostern, Pfingsten und den Weihnachtsfeiertagen auf 30 Minuten beschränkt werden. In diesem Falle soll den Angestellten eine Entschädigung von 1 M. für Herren, und 75 Pf. für Damen pro Mittag zukommen, welche jedoch wegfällt, falls die Au- gestellten 5 Minuten über die festgesetzte Zeit fortbleiben. § 13. Beschädigung an den Einrichtungen oder den Verkaufsgegen- ständen, welche muthwillig oder unnützer Weise geschehen sind, werden dem betreffenden Angestellten zur Last gelegt, und der ent- standcne Schaden von seinem Gehalt in Abzug gebracht, auch kann er infolge derartiger Handlungen oder sonstigen verübten Unfugs ohne Kündigung sofort entlassen werden. Wird der Thäter nicht ermittelt, so werden die Angestellten der Abtheilung, in welcher die Sachbeschädigung vorgekommen, zu gleichen Theilen zum Ersatz herangezogen. s 16. In keinem Räume des Hauses darf geraucht werden, auch dürfen brennende Zigarren mcht mitgebracht oder bei Verlassen des Hauses angezündet werden, und soll für jeden Fall der Zu- widerHandlung' ein Geldabzug von 2 M. eintreten. § 19. Die Kündigungsfrist ist, insofern nicht speziell andere Ab- machungen getroffen werden, eine l4tägige, und zwar vom 1. zum 15. desselben Monats resp. vom 15. zum 1. des nächstfolgenden Monats. Die Kündigungsfrist ist eine gegenseitige. Wir halten es überflüssig, über diese Geschäftsordnung noch ein Wort der Kritik zu verlieren. So lange die Hanlllungs- gehilfen in ihrer großen Mehrheit sich selbst über ihren Proletarier- Charakter hinwegtäuschen und den Anhang der Bourgeoisie bilden, müssen sie sich auch die Behandlung, welche diese ihnen bietet, sich gefallen lassen. Wenn sie sich nur etwas weniger auf den feinen" Herrn aufspielen wollten, aber etwas mehr Arbeiterstolz besäßen, würde den Prinzipalen bald die Lust vergehen, auf ihren Angestellten herumzuspielen. Eine prächtige Jllnstratio» zur Behandlung Kranker in unter kirchlicher Leitung stehenden Krankenhäusern bietet ein all, der jetzt, wie so oft passirt, und für dessen Wahrheit Schreiber dieses bürgt: „Vor ungefähr 3 Wochen brachte ich meine schwerkranke Schwester nach einem hiesigen, wegen seiner guten Behandlung Kranker berühmten katholischen Krankenhause in der Niederwall- straße. Da die Kranke ihres schweren Leidens wegen vom Arzt dringend vor irgendwelcher Ausregung gewarnt wurde, so glaubte ich in dieser Beziehung speziell beruhigt sein zu können, als das Haus der„frommen Schwestern" in dem Rase steht, seine Kranken äußerst vorsichtig und liebevoll zu behandeln. Es ging auch alles so weit ganz gut, bis die Kranke sich auf dem Wege der Besserung befand. Dies mochte man nur abgewartet haben, um sie mit den in diesen Häusern üblichen seligmachenden Einflüssen zu beglücken. In der ruhigsten sachlichsten Weise wies die Kranke den Gollesmann zurück, doch Beharrlichkeit führt zum Ziele, so mochte auch dieser wohl denke» und setzte seine Bekehrungsversuche in einer Weise fort, die nicht nur für den Zustand der Kranken bedenklich erschien, sondern die, wenn man keinen schärferen Ausdruck gebrauchen will, mindestens sehr aufdringlich waren. Anstatt daß man der Kranken ruhig ge- währen lassen sollte und eine einmalige Abweisung des geistlichen Zuspruchs genügen müßte, um ihn von dem Krankenlager fern- zuhalten, dedrückt und quält man die Kranke fortwährend mit frommen Reden und pfäffischen Wünschen. Jedermanns Sache ist es eben nicht, sich dafür zu erwärmen, und dem nachzukonimen, was nach geistlicher Anficht zum Wohle und zur Genesung des Kranken nothwenvig ist. Aber wehe dem Kranken, der sich mit all' diesen Dingen nicht befreunden kann, er bekommt es zu fühlen alles aus christlicher Liebe! Als ich mich meiner Schwester annahm und darauf be» stand, daß ich sie nicht in das Haus gebracht, um sie geistig" gesunden zu lassen, sondern daß man vor allen Dingen darauf zu sehen habe, daß das leibliche Wohl der Kranken hergestellt werde, wofür ich pro Tag 5 M. bezahle, wurde mir einfach von den„frommen Schwestern" bedeutet, daß sie keine Belehrung brauchen und wünschen, und jeder Kranke sich ihrem Wunsche zu fügen habe. Und so habe» denn diese Wünsche sogar die Blüthe gezeitigt, daß man daselbst einen Kranken protestantischen Glaubens zur Ablegung einer Beichte unter katholischen Religionsformalitaten genöthi'gt hat. Unter diese» Umständen und um die Kranke eventuell vor einem Rückfall zu bewahren, nahm ich sie aus dem Krankenhause, um sie in ihrer Behausung einer sicheren Genesung entgegen zu führen. Die Baumbliithe in Werder war vorgestern das Ziel zahl- reicher Ausflügler. Bon Berlin aus wurden Extrazüge ver- anstaltet, von Potsdam aus fuhren Dampfer, und sogar aus Brandenburg langten zwei gutbesetzte Dampfer,„Südivest" und „Westens, in Werder an. Die Kirschen haben ihre Blnthen schon vollständig entfaltet, ebenso Pfirsiche und Aprikosen; auch die
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