«n!» Kinder zu schießen, die in die Reihen eindrangen und dieSoldaten bei.den Waffenröcken zurückhielten. Die Sol-daten gehorchten nicht. 17 von ihnen mit einemUnteroffizier an der Spitze wurden deshalb stand recht-lich erschossen. Darauf wurde der Generalstreik prokla-miert und die Arbeiter veranstalteten Straßendemonstrationen.Tie Bürgergarde und die Polizei schritten in der brutalstenWeise ein und schössen auf die Demonstranten. Am nächstenTage, Dienstag, begann der Barrikadenbau und derStraßenkampf. Viele Soldaten warfen sich zu Bodenund taten, als wären sie verwundet, um nicht an dem Angriffauf die Barrikaden teilnehmen zu müssen. In der VorstadtSan Martin de Provenjals zogen die Arbeiter Stachel-d r a h t in dichtem Netze über die Straße. Die Guardia zuPferde konnte dieses Hindernis nicht überwinden. Die Pferdeverwickelten sich in den Draht und stürzten, und die amBoden liegenden Guardialeute wurden von den Arbeiternerdolcht'. Die Wut gegen die Guardia und die Polizei warfurchtbar. Die Truppe dagegen wurde vom Volk überallmit Hochrufen empfangen. Sie schoß meistens ind i e L u f t.In der Nacht zum Mittwoch brannten 15Klöster.Der Himmel war von der Lohe bis weit in die See hinausrot. Die ganze Nacht tobte der Kampf um die Barrikaden.Mittwoch früh ließ der Generalkapitän ankündigen, daß jederEinwohner, der sich nach 10 Uhr abends auf der Straßebetreffen lasse, sofort erschossen würde. Die Generale B r a n-d s i s und B o n e t, die in Barcelona befehligten, wurden aufder Straße mit Hochrufen begrüßt. Frauen küßten ihrePferde und umdrängten sie und riefen ihnen zu:„LaßtEure Soldaten nicht auf ihre Brüderschießen!" Das Volk achtete das rote Kreuz undunternahm nichts gegen die Läden und private Häuser.Seine Wut richtete sich nur gegen die Polizei unddie Guardia, gegen die Kirchen und Klöster.Alle Geistlichen, die beim Sturm aus den Gotteshäusernauf die Straße liefen, wurden wie wild gehetzt. Alle Kirchen-geräte, Heiligenbilder, Altarornamente, deren die Mengehabhaft werden konnte, wurden zerrissen und zerbrochen.Donnerstag und Freitag dauerten die Straßenkämpfe fortund die Artillerie trat in Aktion. Ueber diese Vorgängeund ihr Resultat aber liegen nur die amtlichen Meldungenvor, aus denen nux_die wilde Grausamkeit der Herrschendenzutage tritt.Aber die spanische Regierung ist mit der Arbeit desMassenmordes noch nicht zufrieden. Ganz wie einst dieKommunekämpfer, so werden jetzt auch die Revolutwnärevon Barcelona mit den frech st en Verleumdungenverfolgt. Der offiziöse Draht verbreitet folgende Lüge einesenglischen Blattes: � � � i,Der Speziallorrespondent des„Daily Telegraph" in Barce-lona drahtete am Mittwoch: Dutzende von Priestern undNonnen sind erbarmungslos hingeschlachtet worden, einige amAltar, das Kruzifix umklammernd, andere in tapferer Verteidigungihrer Heiligtümer gegen die Revolutionäre, die allenthalbenFeuer anlegten. Der Mob verhinderte die Wagen des»toten Kreuzeö am Eintritt in die Klöster und stieß die Nonnen,die an den Fenstern der brennenden Gebäude erschienen,wieder zurück, so daß sie bei lebendigem Leibe verbrennen mußten.Niemand half ihnen, sie blieben ihrem Schicksal überlassen. Vonder Höhe des Monjuich gesehen glich ganz Barcelonaeinem Flammenmeer. Die Zahl der Toten übersteigt 120,die der Verwundeten 300. Allenthalben sind Abteilungen desRoten Kreuzes in Tätigkeit. Zehntausend Revo«lutionäre zogen in langem Zuge mit den verkohlten Ueber-resten ihrer Opfer, mit Leichnamen, einzelnen Körperteilen undKöpfen an langen Stangen in den Händen, Vivat rufend und dieMarseillaise brüllend, durch die Straßen, unter den Augen desGeneralkapitäns, der nicht wagte, das Kommando zum Feuern zugeben.Nach einer anderen dem„Daily Telegraph" aus Genua zu-gegangenen Schilderung sollen bis Dienstag früh übertausend Menschen auf beiden Seiten getötet und die Szenen aufden Straßen furchtbar gewesen sein. Noch am Dienstagabendlagen überall in den Straßen Tote und Verwundete.Wären diese Schilderungen wirklich wahr, wären sienicht die furchtbarste Anklage gegen das Spanienverelende System des Klerikalismus, der Pfaffen-Herrschaft und der Volksverdummung? Welch entsetzlicheErbitterung müßte die klerikale Herrschast erzeugt haben.was wäre das Resultat der klerikalen Erziehungsarbeit, wennMenschen selbst in größter Verzweiflung zu solch furchtbarerRache schritten. Aber es ist kein Zweifel und die Berichtevon anderer Seite beweisen es unwiderleglich, daß so sehrsich die Volkswut auch gegen die Klerikalen richtet, wie wütendauch die Verzweifelten gegen die Festungen des Klerikalismus,gegen die zahllosen, das Land aussaugenden Klöster vorgehen— diese Schandtaten sind Erdichtungen und schändlicheUebertreibungen, mit denen die Herrschenden die Aufmerk-samkeit von den Orgien der Mordsucht, die sie selbst veran-staltet haben, ablenken wollen, durch die sie nachträglich einenTeil der Schuld ihrer furchtbaren Greueltaten vyn sich ab-wälzen wollen.Wie immer aber die Kämpfe in Barcelona enden mögen,der revolutionäre Widerstand im übrigen Landedauert fort. Die Reservisten rücken nicht ein, in � denanderen Jndustriebezirken hält der Generalstreik an.Die Regierung und die Dynastie bleiben bedroht und derAusgang ist ungewiß.In Barcelona.Paris, 31. Juli. Der Vertreter einer fremden Macht in Spantenerklärte, es fei richtig, baß die Truppen von BarcelonaHerr der revolutionären Bewegung geworden seien.Diese Tatsache wird auch vom Ministerpräsidenten Maurabestätigt. Der Anblick der Stadt ist greulich.Die Fassaden der Häuser sind von Geschossen durch«löchert; die Ruinen der eingefallenen Häuser verhindernden Verkehr in den Straßen. Ueberall trifft man auf Blut-spuren. Die Zahl der getöteten Aufrührer ist s« h r g r o ß. TSheißt, daß 70 Personen, die mit den Waffen in der Hand an-getroffen wurden, standrechtlich erschossen worden seien.Militärteleqraphisten bemühen sich, die telegraphischen Leitungenwieder in Ordnung zu bringen. Der Aufruhr in Saragossa istbeendet.Der Reservifienstrelk,FigueraS, 30. Juli. Hier haben sich von 300 Reservisten,die zur Fahne einberufen waren, n u r z w e i gestellt.In GranollerS plünderten Aufständischen die Kirche,schleppten Holzstatuen und Stühle fort und verbrannten sie auf demMarktplätze.Generalstreik in dem BergVaudistrikt.Pari», 81. Juli. In Bilbao ist der GeneralausstandVerkündet»vorden. Die Erregung in der Provinz B i s k a y a wächst.Bor Melilla.Melilla, 31. Juli. Der Ort ist ruhig. Zwei Jäger-Bataillone sind gelandet. Der Luftschiffpark ist angekommen, dieVerproviantierung ohne Zwischenfall von statten gegangen. DasKanonenboot, Meente Janez Pinzon" bombardierte die Stellungender Feinde.politilcbe üebevlicbt.Berlin, den 31. Juli 1909,Das Zentrum und die katholische Weltanschauung.Der Kampf im rheinischen Zentrum um die stärkere Be-tonung der„katholischen Weltanschauung" treibtimmer kuriosere Blüten. Täglich bringt jetzt die.�KölnischeVolksztg." Zuschriften anonymer„alter Zentrumsparla-mentarier", in denen mit halbverstecktem Jesuitismusauseinandergesetzt wird, daß ja die Zentrumsführer, wenn sieAnspruch auf den Namen Katholik machten, gar nicht anderskönnten, als eine der katholischen Weltanschauung entsprechendePolitik zu treiben, daß es aber taktisch verfehlt sei, dasZentrum als katholisch konfessionelle Partei zu bezeichnen,da dann sich auch die Protestanten zu einem protestantischenBlock zusammenschließen könnten, demgegenüber das Zentrumfast inlmer in der Minorität sein würde.Doch den Teilnehmern an der Osterdienstagskonferenzund dem hinter ihnen stehenden hohen Klerus gefällt solcheVertuschung aus taktischen Gründen nicht; sie verlangenoffenes Bekenntnis zum römischen Katholizismus. So ent-gegnet z. B. der Reichstagsabgeordnete Geh. Justtzrat Roerenin der„Köln. Ztg."(Nr. 635), indem er sich gegen einen vorkurzem in demselben Blatte erschienenen Artikel„NochmalsPolitik und Konfession" wendet:„Nicht um eine Aktion gegen das Zentrum handelt es sich,sondern— und dies kann ich wohl im Namen aller Unterzeichnererklären— einzig und allein um die Bekämpfung des in Presse undsonstigen Druckschriften nun schon seit Jahren hervortretenden Be-strebens, den wirklichen Charakter des Zentrums zuverwischen. Die fortgesetzten Erörterungen darüber, ob das Zentrumeine politische oder eine konfessionelle Partei sei— zwei Begriffe übrigens,die sich keineswegs notwendig einander ausschließe», da auch einepolitische Partei satzungsgemäß konfessionell sein kann— habenbereits in manchen Kreisen der Wählerschaft zu einer Verwirrunggeführt, die eine verhängnisvolle Entfremdung und eine Erkaltungder Sympathie gegenüber dem Zentrum zur Folge haben muß...Der Verfasser des Artikels glaubte Anstoß nehmen zu sollenan den Worten„im! Einklang mit den Grundsätzen der katholi-schen Weltanschauung", in denen eine zu engherzige Konfessionali-sierung des Zentrums gefunden werden könne, und möchte stattder Worte„katholischer Weltanschauung" die Worte„christlicherWeltanschauung" gesetzt haben. Ich möchte demgegenüber die Fragean ihn richten, worin denn hier in diesem Zusammen-hange der Unterschied zwischen christlicher undkatholischer Weltanschauung bestehen soll. Fürden Katholiken ist christliche Weltanschauung doch die aufkatholischer Glaubens- und Sittenlehre be-ruhende Weltanschauung, und wenn er von christlicherWeltanschauung spricht, so meint er damit eben die katholische Welt-anschauung....In dem Artikel heißt es ferner,„daß die Gründer und größtenFührer des Zentrums dasselbe mit boller Ueberlegung und aus-gesprochenermaßen auf den Boden einer allgemeinen christlichen,aber nicht auf den Boden der spezifisch katholischen Welt-anschauung gestellt haben". Die hier beliebte Gegenüberstellungder beiden Weltanschauungen legt die Annahme nahe, daß derVerfasser unter„allgemein christlicher" Weltanschauung eineWeltanschauung versteht, die auf den bei beiden Konfessionenübereinstimmenden religiösen Grundsätzen beruht. Dann aberdrängt sich sofort die Frage auf, welche Grundsätze denngemeinsam sind und wer darüber zu entscheidenhat, und die nicht minder schwierige Frage, wie es denn nunmit den spezifisch katholischen Grundsätzen be-stellt sein soll, die doch auch wegen ihrer ttefeingreifendenBedeutung im kirchlich- politischen Leben und wegen ihrer oft sehrscharfen Gegensätzlichkeit zu den Anschauungen auf evangelischer Seite derVertretung im politischen Leben bedürfen. ES sei hier nur auf das Gebietdes EherechtS mit seinen Bestimmungen über die Auflösbarkeit der Ehe,der Wiederverheiratung und ihren gesetzlichen Folgen, auf die Grund-sätze in betreff der kirchlichen Hierarchie, der Disziplinargewalt, derKonkordate usw. hingewiesen, die durchweg die vitalsten Interessender Kirche berühren und alle bereits in der Politik und den Parla-menten zu denkwürdigen Debatten und Entscheidungen geführthaben. Glaubt denn der Verfasser des Artikels wirklich, wie esallerdings nach der Gegenüberstellung von allgemein christlicher undspezifisch katholischer Weltanschauung den Anschein hat, daß eineZentrumspolitik möglich sei, die nicht im Einklang mit diesen Grund-sätzen, im gegebenen Falle also auch im Widerspruch mit ihnen steht?"Die„Köln. Volksztg." weiß auf diese folgerichtigen Ausführungen nichts anderes zu erwidern, als daß es ganz selbst-verständlich sei, daß ein Katholik sich in setner Politik von derkatholischen Weltanschauung leiten lasse; aber, meint sie,„das Selbstverständliche spricht man nichtaus, besonders nicht in feierlichen Leit-sätzen". Ferner gäbe es doch aber auch politischeFragen, bei welchen die Weltanschauung nicht in Betrachtkäme.Doch diese Einwendungen des Blattes find bedeutungs-loS; wichtiger ist, daß es zum Schluß zurückiveicht und selbstzugibt, daß es manchmal den nichtkonfessionellen Charakterdes Zentrums allzusehr betont habe:„Wenn demgegenüber gesagt wird, der nichtkonfesfionelleCharakter des Zentrums sei an einzelnen Stellen neuerdings zustark betont worden, so wissen wir, daß diese Ansicht von manchenSeiten geteilt wird, welche im übrigen mit der Roerenschen Attiondurchaus nicht einverstanden sind. Hier wird man hauptsächlichdie„Kölnische Volkszeitung" im Auge haben.Man muß aber dabei festhalten, daß die„Kölnische Volkszeitung"niemals ohne besondere Veranlassung denpolitischen, nichtkonfessionellen Charakter desZentrums betont hat. Sie hat es immer nurgetan und dann tun müffen, wenn mit dem angeb-lich rein konfessionellen Charakter des Zentrums gegen dieFraktion operiert, richtiger gehetzt wurde, wie das insbesonderewieder mit besonderer Schärfe und nicht ohne Erfolg zuBeginn der Blockära und während der Blockära geschehen ist.Der Block lebte von der Ausschlachtung des angeblich reinkonfessio-nellen Charakters des Zentrums, und insbesondere wußte sich die„Köln. Zeitung", deren Bekämpfung naturgeniäß an erster Stelleder„Kölnischen VolkSzeitnng" obliegt, darin nicht genug zu tun.Und zudem hat die„Kölnische Volkszeitung" einen wohlgeschultenLeserkreis, bei dem fie gar nicht in den Verdacht kommen kann, alswolle sie die Konfession und die katholische Welt-anschauung auch da ausschließen, woihre Geltend«machung Pflicht oder am Platze ist."Wenn Worte euren Sinn haben, besagen diese Sätze nichtsanderes, als daß das Zentruni tatsächlich eine k o n-fessionelle Partei ist, sogen,„besondere Veranlassungen",besonders aber die Rücksicht auf die Argumentation derZentrumsgegner, verbieten, das offen zuzugestehen.Der Block der Linken.In einer letzter Tage gehaltenen Rede machte der Reichstags-abgeordnete Genoffe Dr. F r a n k- Mannheim folgende Aus-führungen:„Das nächste Ziel muß sein, die Herrschaft der Junker undAgrarier in Preußen und Deutschland zu brechen. Es istuns klar, daß wir in den nächsten Jahren nicht darandenken können, dieses Ziel allein zn erreichen. Wir habenimmer gezeigt. daß. wenn die bürgerlichen Parteiendieselben Ziele verfolgen, wir bereit sind. B ü n d-nisse niit ihnen z» schließen. Die Arbeiterschaft und diejenigenTeile des Bürgertums, die sich noch genügend politischeDenk- und Willenskraft bewahrt haben, werdensich zusammenschließen können. Die Sozialdemokratiewird sich immer mehr als der Magnet erweisen, der allesan sich zieht, was in Deutschland noch Eisen in sich hat.Wir begrüßen es, daß daneben auch das liberale Bürger-tum seine Scharen sammelt und Fortsckritte macht. InEngland hat die gleiche Welle Sozialismus und bürgerlichenRadikalismus gehoben. Allerdings, wenn das auch bei uns ge-schehen soll, so muß ein anderer Ton angeschlagen werden.als ihn Ernst Bassermann noch in den letzten Wochenangeschlagen hat.Die R e i ch s t a g s a u f l ö s u n g ist unterblieben, nicht wevdie Regierung eine rein sozialdemokratische Mehrheit gefurchte'hätte, denn ein Anwachsen von 43 auf 200 Sitze hielte auch dc,größte Phantast nicht für möglich, sondern weil sie eineMajorität von Sozialdemokraten und Liberalerverhindern wollte wegen ihrer Abhängigkeit im Süden vomZentrun, und im Norden von den Junkern. Vornehmlich de:preußische Landtag ist es, der dem Reichskanzler das Leben schwermacht. Deshalb ist der rücksichtslose Kampf gegen das b a h e r i s ch rZentrum und vor allem gegen das preußische Drei-klassenwahlsystem und Junkerregiment für uns eine ge-bieterische Aufgabe der Reichspolitik."Das, Berliner Tageblatt" wundert sich darüber, daßder„Vorwärts" zu diesen Ausführungen noch keine Stellung ge-nommen habe. Wir verstehen dies Erstaunen nicht recht. Hat nichtder„Vorwärts" selbst unzählige Male erklärt, daß die Sozial-demokratie jeden Augenblick bereit ist, mit den Liberalen gegen dieReaktion gemeinsam anzukämpfen, sobald sich nur der Liberalismusdurch die Tat irgend bündnisfähig erweist?Nichts anderes vermögen wir auch aus den Worten deS GenoffenFrank herauszulesen. Warum sollte nicht auch er dem Liberalismussagen: Es ist ganz undgardeineSchuld, wenn es nichtzu einem Kampf der gesamtm Linken gczen die agrarisch-pfäffischeReaktion kommt!?Daß sich Genoffe Frank irgendwelchen Illusionen überden Liberalismus hingäbe, vermögen wir run so weniger anzunehmen,als in der letzten Nummer des„Blaubuches" der bürg er-l i ch e Demokrat Wirth die Stellung der„DemokratischenVereinigung" zum Freisinn folgendermaßen motiviert:„Eduard Bernstein kann doch nicht wünschen, daß man nun,da die Konservativen dem Freisinn die Türe gewiesen haben,den Führern des Freisinns all ihre Kurzsichtigkeit undUnfähigkeit vergeben müßte? Wen wir das täten, wärenwir allerdings Ideologen, phantastische, weltfremdeMenschen. Noch kein Anzeichen rst dafür da, daß derFreisinn seinen Blockgerst aufgegeben hat. HerrWiemer erklärte erst neulich, er hätte„auch gar keinen Anlr.ß, aufdie Periode der Blockpolitik mit Bedauern zurückzublicken". Manschaut also gern auf die Blockära zurück und hütet sich, offen undklar seine Ansicht über die neuen Minister zu äußern, um ja nichtanzustoßen. Man meint, die müßten erst erprobt werden, unddoch erklärte Herr v. Bethmann Hollweg daks Reichstagswahlrechtfür veraltet, Herr v. Trott ist der Vater der berüchtigtenUmsturzvorlage, von Herrn Sydow gar nicht zu sprechen. Also wirwerden den Freisinn skeptisch ansehen und kritisieren,so lange bis er durch Taten beweist, daß er wirklich frei-sinnig geworden ist. Allerdings gibt es unter uns Leute, diefürchten, mancher unter den Führern des Freisinns werde seine Block-ansichten ebensowenig jemals ändern wie der Jaguar die schwarzenFlecken in seinem Fell.Wahrheit und Klarheit zu schaffen in unseren der-worrenen und verschwommenen politischen Zuständen, das Volkaufklären, das ist eine der Hauptausgaben der„D. V.".Man muß aufs Ganze gehen. Kleine Mittelchenhelfen heute nicht mehr, und wenn man sagt: ja, daS ist einbreiter Weg, den ihr uns da führen wollt, mag sein, aberes ist der einzige, der zum Ziele führt."Wir würden den Genoffen Frank beleidigen, wollten wir ihn:opportunistischere Auffaffungen zutrauen. alS.sie die bürgerlicheDemokratie bekundet!_Weitere Steuergesetze.Die„Verl. Pol. Nachr." künden an, daß die Regierung, umfür verschiedene bei der jüngsten Reichsfinanzreform unberücksich-tigt gebliebene Zwecke Geld zu schaffen, einige weitere Finanz-gesetze plant und vorbereiten läßt:Das nächste wird das Ergänzungsgesetz zurTalon st euer sein. Seine Inangriffnahme ist bereits ange-kündigt. Weiter wird man sich recht bald an die Lösungder DeckungSfrage für die aufgeschobene E r-höhung der MannschaftSlöhne machen. Diese Er-höhung wird ja formell im Etat de? Reichshseres erfolgen,die Ausgybedcckung aber wird besonders geregelt werden müffen.Wenn auch nicht gleich, so doch in absehbarer Zeit wird an dieAufstellung eines Gesetzes über die Reichswertzuwachs-steuer gedacht werden müffen. Das neue Reichsstempelgesetzverlangt ausdrücklich, daß ein derartiges Gesetz dem Reichstagebis zum 1. April 1911 vorzulegen ist. Schon aus den Verhaud-lungen über die Reichswertzuwachssteuer bei der Erörterungder letzten Reichsfinanzreform im Reichstage wird man ent-nommen haben, daß vor der Aufstellung eines derartigen Ge.setzentwurses noch mannigfaltige und langwierige Vorarbeitenwerden erledigt werden müssen. Die Inangriffnahme dieserVorarbeiten wird denn auch nicht lange auf sich warten lassen.Schließlich wird auch die Neubestimmung über den Zeitpunktder Herabsetzung der Zucker st euer ein Finanz-g e s e tz n ö t i g m a ch e n. In der Zuckersteuergesetznobelle vom19. Februar 1908 war bekanntlich bestimmt, daß die Herab-setzung der Zuckersteuer auf 10 M. dann zu erfolgen hätte,wenn ein die Einnahmen des Reichs um 3S Millionen Markjährlich erhöhendes Gesetz zustande käme. Die Herabsetzung hättealso jetzt erfolgen müssen, ihr Zeitpunkt ist aber im letztenFinanzgesetze auf den I. April 1914 verschoben worden. Bisdahin wird dann auch die Frage der Deckung von SS Millionenerledigt sein müffen._Steigerung der Bierpreise.Die Bierbrauereien in Schleswig» Holstein wollen es ihrenKollegen in den übrigen Teilen de« Reiches gleich wn und auf dieBiertrinker nicht bloß die neue Steuer, sondern auch alle anderengesteigerten Lasten inklusive eines Zuschlages auf den Profft ab-