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wälzen. In diesem Besireven leisten ihnen die Gastwirte tatkräftige Hilfe. Die Herren wissen allerdings, daß ihr Borhaben starken Widerstand auslösen wird, und sie sind deshalb auf eine höchst eigenanige Idee verfallen. Wie die»Tonderner Nachrichten" mitteilen, haben sie an die Zeitungen Schleswig-HolsteinS   ein Zirkular gerichtet, das als vertraulich bezeichnet wird und in dem gebeten wird, die Zeitungen möchten die Bierpreisfrage nicht er- örtern und auch keine Berichte über etwaige Versammlungen der Konsumenten bringen. In einigen Städten wird es voraussichtlich zu einem Bierkrieg kommen z. B. in Köln  . Mehrmalige Verhandlungen zwischen Brauereibesitzern und Wirten unter dem Borsitz des Syndikus der Handelskammer. Prof. Dr. WirminghauS, waren dort ohne Er- gebnis. Die Brauereibesitzer wollen an einem Aufschlag von 5 M. pro Hektoliter unter allen Uniständen festhalten; die Wirte aber er- klären, daß nach Abwägung der steuerlichen und sachlichen Lasten nur ein Aufschlag von 3 M. berechtigt sei. Die Wirte fürchten einen Boykott deS konsumierenden Publikums. Das Kölner   Gewerkschafts- kartell hat bereits feine Stellungnahme zu den drohenden un« berechtigten Aufschlägen angekündigt. Abgeordneter Giesberts als freiwilliger Regierungs- kommissar. DerKölnischen Volkszeitung" wird aus parlamentarischen Kreisen geschrieben: Die sozialdemokratische Presse wehrt sich gegen die Fest- stellung, daß die sozialdemokratischen Abgeordneten im Reichs- tage bei der dritten entscheidenden Beratung des Tabaksteuer- gesetzes gegen die Bewilligung der 4 Millionen Mark Zuwen- düngen an arbeitslos werdende Tabakarbeiter gestimmt haben. Wahr ist daran nur, daß die Regierung dem Abgeordneten Giesberts bestimmt erklären ließ, daß zunächst über 4 Millionen Mark nicht hinausgegangen werden könne, und daß infolge dieser Haltung der Regierung der Zentrumsantrag entsprechend ab- geändert worden ist. Der Abgeordnete Giesberts hat indessen im Plenum deS Reichstages zur Begründung seines abgeänderten Antrages ausdrücklich erklärt, daß es sich eventl. nur um eine vorläufige Entscheidung handeln kann. Sollte sich im Herbst herausstellen, daß 4 Millionen nicht ausreichen, so würde der Reichstag mit einer Nachforderung an die Regierung heran- treten müssen. Die Linke fiel sofort über den neuen Antrag Giesberts her und stellte eine Reihe Anträge auf Erweiterung der Unterstützung." Damit steht fest, daß der Antrag Giesberts auf Bewilligung von 4 Millionen Mark in Wirklichkeit ein Antrag der Regierung war. Anstatt, daß das Zentrum wegen der völligen Unzulänglich- keit der 4 Millionen Mark darauf beharrt hätte, daß eine erheb- lich höhere Summe zur Unterstützung eingesetzt worden wäre, hat man sich ohne weiteres dem Diktum der Regierung gefügt. Wäre das Zentrum damals fest geblieben, so hätte die Regierung, wie die ganze Situation öamals lag, einfach nachgeben müssen. Es ist eine faule Ausrede, daß, wenn die 4 Millionen Mark nicht ausreichen, mit einer Nachforderung an den Reichstag heran- getreten werden könne. Die Einnahmen aus den neuen Steuern werden so erheblich hinter den Voranschlägen zurückbleiben, daß die Regierung jeden solchen Antrag damit beantworten wird, daß sie erklärt, es seien keine Mittel dafür vorhanden. Aus der Erklärung derKölnischen Volkszeitung" geht klipp und klar her- vor, daß das Zentrum die Interessen der Tabakarbeiter mit Füßen getreten hat, bloß um sieh der Regierung gefällig erweisen zu können. Militärjustiz! Ein eigenartiger Fall von Insubordination. der die unhaltbaren Zustände in unserem Militarismus aufzeigt, war dieser Tage Gegenstand einer Verhandlung vor dem Dresdener   Kriegsgericht. Wegen Achtungsverletzung, Ungehorsams, Beharrens tm Ungehorsam, Gehorsamsverweigerung und Drohung, begangen vor versammelter Mannschaft und unterm Gewehr war der U l g n Lorenz vom Ulanen-Regiment Nr. 17 in Oschatz   angeklagt. Der Angeklagte war längere Zeit zur Militär- reitanstalt abkommandiert, von wo er im Mai wieder zur Truppe zurückversetzt wurde. Hier fiel ihm der Dienst anfangs sehr schwer und wegen eines ganz geringfügigen Versehens wurde ihm eine» Tages Strafexerzieren zudiktiert. An diesem mußten mehrere Soldaten teilnehmen und es wurde an einem regnerischen Tage bei völlig aufgeweichtem Boden auf der sandigen Reitbahn abgehalten! Die Soldaten wurden unheimlich herangenommen. Nachdem eine längere Zeit exerziert worden war, will der Sergeant auf einmal gehört haben, daß Lorenz im Gliedeknurrte"! Gleich darauf hörte er, wie Lorenz zu einem Kameraden äußerte:Ich weiß überhaupt nicht, warum ich das Strafexerzieren mitmachen muß!" Gleich danach soll Lorenz, obgleich es ihm verboten worden war, abermalsgeknurrt" haben. Durch die Auf- regungen beim Strafexerzieren war Lorenz erschöpft und bekam Seitenstechen, infolgedessen konnte er den danach komman- dierten Laufschritt nicht so schnell ausführen. Schon vorher mußten die Soldaten längere Zeit Laufschritt pnachen und sich öfters in den völlig durchnäßtenSand werfe nll Wegen feines langsamen Laufschritts zur Rede gestellt, äußerte der Angeklagte:Ich habe Seitenstechen, ich kann nicht anders"! Dabei soll Lorenz einefreche",un­militärische" undherausfordernde" Haltung eingenommen haben. Auf dem Wege nach der Kaserne hat dann der Angeklagte abermals in etwas lautem Tone zu einem Kameraden gesagtIch weiß gar nicht, warum ich das Strafexerzieren mitmachen muß I" Während der Meldung beim Wachtmeister soll er sich zu rechtfertigen versucht haben, und als ihm dieser die Weitermeldung in Aussicht stellte, er- klärte er:Wenn der Herr Wacht n, ei st er die Sache meldet, dann werde auch ich dem Herrn Rittmeister melden, wie mit uns beim Strafexerzieren um- gegangen worden ist!" Darin wird eine-- Drohung erblickt... Dies der Sachverhalt. Vor Gericht gab Lorenz an, er habe nicht geknurrt, sondern infolge der Anstrengungen g e st ö h n t. Er habe tatsächlich Seiten st echen gehabt und bald danach sei ihm auch unwohl geworden, so daß er sich erbrechen mußte. Einige Aeußerungen habe er aus Erregung über die unmenschlichen Anstrengungen getan. Bon einem Ulan wurde bekundet, daß das Strafexerzieren eine große Anstrengung war.Ich habe schon viel mitgemacht, aber so schlimm war eS noch nie!" sagte der Zeuge. Der Arzt, der den Angeklagten untersuchte, bekundete, daß Lorenz in einem Zustande war, der darauf schließen ließ, daß dieser Seitenstechen gehabt hat. Der Anklagevertreter gab zu, daß da» Strafexerzieren an- strengend gewesen sein möge.Das soll es auch, denn es ist kein Vergnügen, sondern eben eine Strafe l l" meinte er. Als vor- schriftswidrige Behandlung stelle sich das Strafexerzieren keinesfalls dar. Zugunsten deS Augeklagten könne lediglich sprechen, daß dieser sich angestrengt gefühlt habe. Das Urteil lautete dem Antrage gemäß auf-- 12 Wochen Gefängnis!! Zugunsten deS Angeklagten wurde dessen Erregung. zuungunsten aber seineUnbotmäßigkett" und«Frechheit" in Betracht gezogen._ Ocftcmicb. Die tschechisch-nationalen Antimilitariste«. Prag  , 31. Juli. Im A n t i m i l itar ist en p roze ß wurden von 45 Angeklagten elf verurteilt, die übrigen freigesprochen. Das Höchstmaß der Strafen betragt fünf Monate Gefängnis. Das Gerichtsgebäude war durch ein großes Aufgebot von Wachmann- schaften geschützt, es kam jedoch zu keinerlei Ruhestörung, franhrdcb. Gegen den Zaren. Paris  , 31. Juli. Gestern abend fand in der Tivolihalle eine Prote st Versammlung gegen den Besuch des Zaren in Frankreich   statt. Ueber 2000 Kundgeber wohnten dieser Versammlung bei. Es wurden sehr heftige Reden ge- halten, schließlich gelangte eine Tagesordnung zur Annahme. worin der Haß gegen deu Tyrannen zum Ausdruck gebracht wurde. Die Hoffnung wurde ausgedrückt, daß der Regierung des Zaren bald ein jähes Ende bereitet werde. Nach der Versammlung kam es zwischen Kundgebern und der Polizei zu einem Handgemenge, da die Kundgeber die Straßen durchziehen wollten. Nachdem die Polizei Ver- stärkungen erhalten hatte, gelang es. die Kundgeber zu zer- streuen. Dänemark  . Ministerkrise. Kopenhagen  , 31. Juli.  (Privatdepesche deSVorwärts".) DaS Ministerium Neergaard, das seine Hauptaufgabe darin erblickte, die vielumstrittene Landesverteidigungsfrage zu lösen, ist am Ende seiner Laufbahn angelangt. Im heute abgehaltenen Mi- nisterrat hat das Kabinett seine Demission eingereicht. Der König nahm die Demission an. Nachdem Neergaard mit seinem ungeheuerlichen Plan, Kopen- Hägen von der Landseite aus mit einem Gürtel vorgeschobener Festungen zu versehen und dafür 40 Millionen Kronen zu opfern, kein Glück hatte, war er ebenso unablässig wie vergeblich bestrebt,.einen Ver- gleich zwischen den militärfreundlichen Parteien zustande zu bringen. Am Mittwoch legte er den: Folöethingsausschuß einen Kompromiß- Vorschlag vor, wonach die von ihm selbst früher als zwecklos bezeichneten bestehenden Festungswerke Kopenhagens   bis zum Jahre 1820 in Verteidigungszustand gehalten werden sollen; dann soll durch Volksabstimmung über ihr Weiterbestehen entschieden werden. Wird 1320 die Desarmierung beschlossen, so soll der Reichs- tag ein Finanzgesetz über die dazu nötigen Mittel beschließen. Wenn in diesem Vorschlag wieder einmal von einer in der dänischen Ver« fassung nicht vorgesehenen VolkSabstinmmng die Rede ist, so deswegen, um die Sache der Folkethingsgruppe des vorigen Ministerpräsidenten Christensen schmackhaft zu machen. Sie wäre ja übrigens zwecklos, wenn der dänische Reichstag nach zehn Jahren noch ebenso militaristisch sein sollte wie jetzt und demgemäß die Mittel zur Niederlegung der Festung verweigerte. NeergaardS neuester und letzter Vorschlag hat denn auch nur bei fünf Mitgliedern des Folke- thingS Beifall gefunden, während zehn Sozialdemokraten, Radikale und Christensens Gruppe ihn zurückwiesen. Es fragt sich jetzt nur noch, wer der Nachfolger NeergaardS werden soll. Man redet da viel von Cyristensen. Aber er ist zu sehr von Albertis Schwindeleien kompromittiett, weil er dem diebischen Justizminister l1/« Millionen aus der Staatskasse zu- kommen ließ. Das konservative BlattBort Land" droht ihm jetzt mit einer Reichsgerichtsanklage, obwohl die Konservativen ihn noch am 12. Juli im Folkething zum 1. Vizepräsidenten wählten. Wenn ihm, der sicherlich die Reichsgerichtsanllage verdient hat, jetzt auch die Konservattven an den Kragen wollen, so nur deswegen, weil er ihnen nicht militaristisch genug ist. 6nglancL Die Konfiskation derJnftice". London  , 29. Juli. fEig. Ber.) Die von der Polizei bei der letzten Demonstration am Trafalgar Square   konfiszierteJustice" enthielt eine Karikatur mit der UeberschristDaS Alpdrücken des Zaren". Sie stellt den Zaren dar, als würde er im Traum alle verbrechen seiner Dynastie und all die Schrecken seiner Ne« gierung wie in einem höllischen Panorama sehen; plötzlich hört er eine Dynamitcxplosion und bricht vor Panik zusammen. Die Polizei hatte den Austrag, den Verkauf dieser Nummer in Trafalgar Square  zu verhindern, da siedie Ucberzeugung gewonnen hatte, die Karikatur könnte irgendeinen revolutionen Hitzkopf zur Borbereitung eines Attentats aufreizen." Der sozialistische Arbeiierabgeordnete William Thorne brachte gestern die Angelegenheit vorS Parlament, aber der Minister des Innern G l a d st o n e hielt die polizeiliche Maßnahme für ge- rechtfertigt. In der Presse haben sich vorläufig nur wenige Stimmen gegen diesen gefährlichen Eingriff in die Preßsteiheit erhoben. Die links- liberalenDaily NewS" bringen heute hierüber einen recht scharfen Arttkel, in dem die polizeiliche Tat wie die ministerielle Billigung getadelt wird. Die Konfiskation derJustice" ist eine Bestätigung deS Sprich- Wortes:Schlechte Gesellschaft verdirbt gute Sitten". perllen. Russische   Regicrungslügen. Petersburg, 31. Juli. Die Petersburger Tclcgrophenagentur meldet aus Teheran  : Im Gegensatz zu Blättcrmeldungen aus Teheran   ist zu konstatieren, daß das Verhalten der neuen persischen Regierung Rußland   gegenüber durchaus nicht feindselig ist. Unter den Nationali st en bildete sich im Gegenteil eine Partei der russisch  -persischen Annäherung. Das Teheraner Komitee dieser Partei erließ an die Endschumcn der Provinz die kategorische Weisung, die russenfeindliche Agitation einzustellen. Von der Auflösung der Kosnkenbrigade ist keine Rede, sie tut wie früher ihren Dienst uni> genießt volles Ver­trauen und die Achtung der Regierung(nämlich der russischen). stiiguit Leib. ß 1. August 1879. Der Besten einer, August Geib. hat uns verlassen", so klagte der im Herbst 1879 in Zürich   gegrüüdeieSozialdemokrat", als er bei seinem Erscheinen einen Rückblick über die öffentliche Tätigkeit der Partei in Deutschland   unter dem Sozialistengesetz entwarf und dabei die Hamburger   Vorgänge berührte. Ja, der besten einer lvar es gewesen, ein Mann, dessen Andenken in der deutschen   Arbeiter- bewcgung dauernd fortlebt und dessen Todestag sich heute zum dreißigsten Mal« jährt. Wilhelm Leopold August Geib   wurde am 10. April 1342 in Duchroth   in der Rhcinpfalz geboren. Hier verlebte er seine Kindheit und besuchte die Heimatliche Dorfschule, erhielt dann Privat- Unterricht und damit bessere Bildimg. In einem kleinen Geschäft zu Meiscnheim lernte er als Kaufmann, kam dann nach Hamburg  und war hier in seinem Berufe tätig. 1864 begründete er eine Buchhandlung mit Leihbibliothek. Er vermählte sich, doch blieb seine Ehe kinderlos. Von jeher neigte er sozialistischen Anschauungen zu, begeisterte sich für Lassalles Lehren und wurde Mitglied des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins  . Schon in jungen Jahren wirkte er in Wort und Schrift agitatorisch, machte sich schnell beliebt und wurde mit Parteiämtern betraut. Von guter Mittelgröße, wohlgebaut, mit schmalem Gesicht, hoher Stirn, länglicher Nase und dunklem Vollbart, legte er in seinem Wesen einen gewissen freundlichen Ernst an den Tag. Als Redner ragte er hervor und wußte ebensosehr Widersacher und bisher Gleich- gültige zu packen, wie Gegner durch Schlagfertigkeit zu entwaffnen. Seine große Ruhe und Besonnenheit, namentlich auch bei Handhabung der Geschäftsordnung, machten ihn zum Vorsitzenden in Versammlungen und auf Kongressen, seine kaufmännischen Gaben zum Verwalter und Kassierer im Parteibetriebe geeignet. Mit seiner herrlichen Bäritonstimme wußte er die Genossen zu ent- zücken; auch war er dichterisch tätig. AuZ seinen erzählenden und betrachtenden Dichtungen, wieDer alte Demokrat",Der Tod des Rebellen" und anderen spricht echter Freiheitsdrang und warmes Gefühl für das arbeitende Volk, die für manche Mängel in der Form entschädigen. Von seinen Liedern haben sich einige, wieArbeiterlied",Hand in Hand",Lassalles Geister« stimme", in unseren Liederbüchern behauptet. WaS ihn aber be- sonders angesehen machte, das war der mächtige Fleiß, die Ueber- zeugungstreue, die Ausdauer und der Opfermut seines goldreinen Charakters. Nach alledem ist es wohl erklärlich, daß der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein   ihn, den kaum Wahlsähigen. bei der Wahl zum ersten ordentlichen Reichstage deS Norddeutschen Bundes  (1867) in Hamburg  ausstellte, doch war die Bewegung dort noch so wenig vorgeschritten, daß er nicht viel über 2000 Stimmen erhielt. Die Differenzen zwischen dem Arbeiterverein und den Anhängern der Internationale, die bei jenen Wahlen noch mit der sächsischen Volkspartei gingen, wurden jetzt immer bemerkbarer, zumal da der Präsident des ersteren, Dr. v. Schweitzer, durch sein diktatorisches Auftreten und sein Kokettieren mit der preußischen Regierung das wachsende Miß- trauen der freiheitlicheren Elemente, auch unter ausgesprochenen Lassalleanern, erregte. Zu ihnen gehörte in erster Linie Geib. Als aus der Generalversammlung zu Barmen 1869 über Schweitzers Verhalten gerichtet wurde, enthielt er sich mit dreizehn anderen Dcle- gierten der Abstimmung über das Vertrauensvotum. Dieses Votum kam zwar zustande, doch wurde der Diktatur des Präsidenten durch Einsetzung einer Kontrollkommission entgegengewirkt. Als nun Schweitzer sich dieser Kommission durch einen raschen Handstreich ent- ledigte und durch Urabstimmung unter den Vereinsmitgliedern die alte Lassalleanische Berfassung mit der beinahe un- umschränkten Gewalt deS Präsidenten wiederherstellte, sagten viele ehrliche Genossen, barunter die Hamburger Uork, Praast und Geib. sich vom Arbeiterverein los und veranstalteten im Bunde mit den Führern der Internationale den Kongreß in Eisenach  . Auf ihm wurde Geib neben Bebel zum Vorsitzenden gewählt und erwarb sich große Verdienste um die Organisation der hier geschaffenen Sozial- demokratischen Partei Deutschlands  , auchPartei der Eiseuacher Ehrlichen" genannt. Während er und die anderen Hamburger   Führer sich somit zur Richtung der Internationale bekannten, verharrte die Masse der Arbeiterschaft in der alten Handelsstadt beim Lassalleanischen Stand­punkte, und als Geib in Hamburg   imEnglischen Garten  " über den Eisenacher Kongreß Bericht erstattete und seinen Austritt aus dem Arbeiterverein motivierte, wurde er durch einen Sturm des Unwillen« zum Abbreche» seiner Rede genötigt I Unbeirrt durch solche Erfahrungen wirkte er im Sinne der neuen Partei so auf dem Stuttgarter Kongreß 1870 und wurde in ihren Ausschuß gewählt. Die Internationale wie später die Pariser Kommune   feierte Geib in Dichtungen. Während deS fran­ zösischen   Krieges protestierte er gleich den meisten Parteiführern nach der Katastrophe von Sedan   gegen die Fortsetzung deS Kampfes, wurde dafür gleich vielen anderen auf Befehl des Generals Vogel v. Falckenstein verhaftet und in Ketten ans die Festung Lötzen   ge- bracht, und eS währte ziemlich lange, bis die Reklamation des Hamburger   Senats ihm zur Freiheit verhalf. In den ernsten Tagen, da die Anhänger der Internationale als vaterlandslose Gesellen verschrien wurden und die ganze Be- wegung einen vorübergehenden Rückstoß erlebte, wirkte Geib un- erschütterlich weiter und erntete unter anderem mit seinen Vortragszyklen über die französische   Revolution bei den Hamburger Arbeitern viel Betfall. Bei der ReichStagswaHl von 1874 wurde er von den Eisenachern im neunten sächsischen Kreise(Freiberg  ) auf- gestellt und im ersten Gange gewählt. Schon bald, am 12. Februar, hielt er im Reichstage bei der Diätenvorlage seine Jungfernrede. Am 20. desselben Monats ging er dem Gesetz- entwurf über die Presse zu Leibe und erregte wiederholt durch Beleuchtung der reaktionären Seiten der Vorlage große Unruhe, namentlich durch den Hinweis auf ihre bedenklichen materiellen Folgen. Als er den Enttvurf als Ausnahmegesetz bezeichnete und die Sozialdemokratie alsnur geduldete Partei" hinstellte, rief ihn der Präsident v. Forckenbeckzur Sache" I Scharf äußerte Geib sich noch über den Reptilienfonds und über Bismarck   persönlich, doch hielt der Reichskanzler,'obwohl er gleich nach Geib zu Worte kam, es nicht für nötig, ihm zu antworten. Seine dritte, längste und letzte ReichStaaSrede hielt Geib am 3. Februar 1376 über denEut- Wurf eines Gesetzes betreffend Abänderung der Gewerbeordnung und über gegenseitige Hilfskassen". Weit mehr noch als durch seine parlamentarische Tätigkeit er« warb Geib sich Ansehen durch seine Verdienste um die Einigung der beiden sozialdemokratischen Parteien. Nachdem sowohl die prin- zipiellen Gegensätze wie die persönlichen Reibereien zwischen Lassalleanern und Eisenachern der Hauptsache nach überwunden waren, drängte man von beiden Seiten immer mehr auf Versöhnung und Verschmelzung. Geib war dafür ganz besonders tätig und ließ sich gleich den anderen Beteiligten durch Karl Marx  ' abmahnendes Schreiben nicht beirren, sondern wirlte nach Kräften bei den Borverhandlungen in Gotha   und führte auf dem dortigen EinigungSkougresse im Mai 1875 neben dem Lassalleaner Hasenclever den Vorsitz. Die beiden Parteien ver- schmolzen zur s o z i a l i st i s ch e» Arbeiterpartei Deutsch  - landS. In den gentralvorstand, der in Hamburg   tagte, wurde Geib als Kassierer geivählt und verwaltete dies niciit gerade leichte Amt fortan in gediegenster Weise. Sein und Derossis Name prangte unter den meistenMitteilungen aus der Partei", namentlich unter den Ouittungen. Als'nun bei dem großen und. stürmischen Anlauf der Bewcgung die ge- werkschaftliche Seite etwas allzusehr über der politischen vernachlässigt wurde, erkannte Geib diesen Fehler mit klarem Blick und nahm sich der Gewerlschaften an; 1878 ließ er eine Statistik über sie erscheinen und empfahl ihre Zentralisation. Schon plante man für Pfingsten einen Gewerischaftskongreß in Magdeburg  , doch wurde seine Abhaltung durch die Atleutate und die ihnen folgende große Sozialistenhetze verhindert. In der schweren Zeit des Ausnahmegesetzes, Ivo in Hamburg-Altona die. Gerichts- Zeitung" einen dürftigen Ersatz für ein Parteiorgan bildete, hatte Geib sebr unter Verfolgungen zu leiden, und seine Gesundheit wurde, namentlich auch durch ernste pekuniäre Sorgen, arg erschüttert. Doch hielt er unverzagt aus und war für geheim« Organisation in hohem Maße tätig. Dem Plane, im Ausland ein ossiziellcs deutsches Parteiorgan zu schaffen, stand er anfangs skeptisch gegen« über, lernte aber doch die große Wichtigkeit eines solchen einschen und willigte in die Gründung deSSozialdemokrat". Dessen Er­scheinen allerdings sollte Geib nicht mehr erleben, da am 7, August 1879 unvermutet oin Herzschlag dem Schaffen deö erst Siebenunddreißigjährigen ein Ziel setzte. Sein Tod erregt« in den Arbeiterlreiscn die außerordentlichste Teilnahme; diese äußerte sich namentlich bei seiner Beerdigung am 3. August. Die Riesen- demonstration überbot sogar die bei den Begräbnissen der Genossen Heinsch, Dentler und Reinder». Die Hamburger   Polizei verhielt sich verhältnismäßig human und duldete rote Abzeichen im Massen- zage, desgleichen den Gesang derLiedertafel" und die Reden der Genossen Liebknecht  , Hasenclever, Bios und Auer am offenen Grabe. Geibs Ruhestätte auf dem St. Pauli- Kirchhofe ist den Hamburger  Genossen eine Art Wallfahrtsort geblieben, und sein Andenken wird ihnen wie uns allen unvergänglich sein. M.,