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über diesem Objekt des Kampfes kann der Sieg fcufftt ztt teuer erfochten werden. m Das Landesselretanat der schwedischen Gewerkschaften hat am Sonnabend ein neues Rundschreiben an die Arbeiterschaft erlassen, worin die bisher zur Unterstützung der Ausgesperrten erhobenen Extrabeiträge aufgehoben und allen den Mitgliedern, die nach der allgemeinen Arbeitsniederlegung am 4. August noch genötigt sind, die Arbeit fortzusetzen, eine wöchentliche Extra st euer von 4 Kronen für die vollzahlenden und 2 Kronen für die halbzahlenden Mitglieder auferlegt wird. Selbst unter den Arbeitern der BeleuchtungS -, der Wasserwerke und der Strabenreinigung, die ja nach der Massenstreikproklamation weiterarbeiten sollen, scheint die Neigung vorzuherrschen, sich dem Streik anzuschließen. Auch die StaatSarbeiter wollen sich trotz aller Drohungen der Vorgesetzten nicht abschrecken lassen, mit in den Kampf zu ziehen. Eine Massenversammlung der Telegraphenarbeiter Stockholms hat sich ein- stimmig für die Arbeitsniederlegung erklärt. Der Generaldirektor hat ihnen für diesen Fall die Entlassung in Aussicht gestellt, was auch dem für sie geltenden Arbeitsreglement entspricht. Aber das gleiche war bei dem politischen Massenstreik von 1902 der Fall, den die Telegraphenarbeiter ebenfalls mitgemacht haben, und zwar ohne entlassen zu werden. Der Eisenbahnerverband hält eine besondere Konferenz ab. um über seine Stellung zur Massen st reik» Proklamation zu beschließen. An mehreren Orten, wie auch in Stockholm und Göteborg , haben die Eisenbahner sich schon für die Arbeitsniederlegung ausgesprochen. Das Landessekretariat der Gewerkschaften fordert m einem zweiten Rundschreiben sämtliche Ange st eilten der Arbeiter- bewegung, also der Partei, der Gewerkschaften und der Arbeiter- genossenschaften. auf, für die Zeit des Generalstreiks zur Unterstützung der Opfer ihren vollen Lohn beizusteuern. Von den Unternehmerorganisationen hat nun auch der »Zentrale Arbeitgeberverband ', der hauptsächlich die Bauindustrie umfaßt, seine Stellung zum Generalstreik kundgetan. Er droht mit Gegenmaßregeln, was um so merkwürdiger ist, als in dem vor kaum einem Monat abgeschlossenen Reichstarifvertrage für das Baugewerbe auf Drängen der Unternehmer ein Passus ein- gefügt ist, wonach Streiks und Aussperrungen, wenn fie von der einen oder anderen der vertragschließenden Organisationen gut- geheißen wurden, auch während der Vertragsdauer zulässig find, so daß also die Teilnahme am Generalstreik für die Arbeiter dieser Beruf« keinen Vertragsbruch in sich schließt. Vom Auslande sind der schwedischen Arbeiterschaft bereits hohe Unter st ützungsbeiträge zugesichert. Die Landesorganisation der norwegischen Gewerkschaften hat beschlossen, in jeder Woche 20 009 Kronen zu senden, und ungefähr die gleiche Summe werden die norwegischen Gewerkschaften für ihre schwedischen Vruderorganisationen direkt aufbringen, so daß allein aus Nor- wegen auf einen wöchentlichen Beitrag von 40 000 Kronen zu rechnen ist. Stockholm , 2. August. Dreißig Fachveretne haben gestern Niederleguug der Arbeit beschlossen. Zur Leitung des Streiks wurde ein Kontitee von 23 Mitgliedern ernannt. Das Landessekretariat hat an die nicht organisierten Arbeiter eine Aufforderung zum Anschluß an die Organisation gerichtet. Jeder, der sich bis zum 13. August in die Organi- sation aufnehmen läßt, soll alle moralischen und ökonomischen Unterstützungen erhalten, die die alten Mitglieder zu beanspruchen haben und die den Folgen vorbeugen sollen, die diese große Kraftprobe mit sich führen dürfte. Stockholm , 2. August. Die von der Arbeitgebervereinigung ins Werk gesetzte Aussperrung, die bisher 50(XX) Mann um- faßte, ist heute auch auf etwa 30000 Eisenhütteuarbeiter aus- gedehnt worden. Sie spanische Revolution. Die amtlichen Meldungen versichern immer wieder, daß 'in Barcelona Ruhe herrsche..Ein spanisches Blatt, das natürlich nur amtlich zugelassene Nachrichten verbreiten darf, brachte am Sonntag nach wochenlanger Unterbrechung die ersten Depeschen aus Barcelona . Danach fehlt es noch immifc an Lebensmitteln; solche, die auf dem Seewege ein- treffen, werden zu unerschwinglichen Preisen verkauft. Der Generalkapitän von Catalonien hat der Regierung mitgeteilt, daß Verstärkungen nicht mehr notwendig seien. Die letzten amtlichen Nachrichten aus Barcelona besagen gleichfalls, daß die R u h e /wie d er h e r g est e l lt ist, namentlich in der inneren Stadt, wo die meisten Läden wieder geöffnet sind. Auch in einigen Fabriken wurde die Arbeit schon aufgenommen. Die Zahl der Opfer ist noch nicht genau bekannt. Gegenwärtig ist man dabei, dje übrig- gebliebenen Teile der Barrikaden zu beseitigen. Die Zahl der Opfer ist aber sicherlich eine furchtbar hohe. Nach privaten Angaben soll das Artilleriefeuer, das gegen die von der Kavallerie zusammengedrängten Menschen- Massen eröffnet worden war, allein 3000 Personen ge» tötet oder verwundet und 23 Häuser zerstört haben. Mit dem Massenmord der Artillerie scheint sich aber die spanische Regierung nicht begnügen zu wollen. In der Festung Montjuich sollen 40 Aufständische, darunter Emiliano Jglesias. ohne vorhergegangenes gerichtliches Verfahren erschossen worden sein. Und neue Ordnungsbestialitäten sollen folgen. Sind doch bereits Kriegsgerichte eingesetzt worden, die die Blut- arbeit fortsetzen sollen. Und doch hat all das Morden nicht vermocht, den Wider- stand dieses heldenhaften Volkes zu brechen. Nach einem Be- richt desDaily Telegraph ", den uns ein Privattelegramm unseres Londoner Korrespondenten übermittelt, sind zahl- reiche Revolutionäre aus Barcelona entkommen und wirken in der Provinz. Viele sind auch in die Gebirge entflohen, und ihre Zahl nimmt rasch zu. In Catalonien selbst hat die Zentralgewalt aufgehört zu funktionieren. Die Provinz ist in selbständige Kommunen auf- gelöst, die von Republikanern und Revolutionären geleitet werden. Die Führer der Revolution haben den König und den Mini st erPräsidenten Menza zumTodeverurteilt. So müssen die Truppen anstatt nach Melilla nach Catalonien geschickt werden. Die spanische Sozialdemokratie hat den Generalstreik in ganz Spanien proklamiert, der Montag in M a d r i d begonnen hat. Die Regierung hat mit der Verhaftung unseres Genossen Pablo Jglesias und mit der von anderen 130 Vertrauensmännern des Prole- tariats geantwortet. Gleichzeitig soll auch in Bilbao und im Vergwerksdistrikt von La Rionja der Generalstreik be- ginnen. Die Zensur. San Sebastian , 1. August. Der Zivikgouberneur hat den Straßenverkauf von französischen Zeitungen untersagt und erklärt, er werde eventuell die Zeitungen an der Grenze mit Beschlag belegen lassen mit der Begründung, daß in ihnen ungenaue oder übertriebene Meldungen über den Krieg enthalten seien. Der Eisenbahnverkehr. San Sebastian , 2. August. Der Eisenbahnverkehr zwischen Barcelona und Cerböre, Saragossa und Valencia wird Diens- tag wiederhergestellt sein. Der Nahverkehr um Barcelona ist bereits wieder in Betrieb. Die Nachricht, daß Massenhinrichtungen vollzogen seien, ist unzutrefiend. Die Urteile des Kriegsgerichts harren noch der Bestätigung des Ministers. Vor Melilla . Madrid , 1. August. Amtlich wird aus Melilla vom gestrigen Tage gemeldet: Ein Proviantzug wurde in der Nähe der zweiten Station am Abend vom Feinde angegriffen, doch konnte der Zug ohne Zwischenfall nach Melilla zurückkehren. AuS ver- schiedenen Batterien wurden die Schluchten des Gurugu, wo zahl- reiche Gruppen der Harka sich fortdauemd ansammeln, beschossen. Melilla , 2. August. Bei einem Angriffe auf einen Proviantzug in der Nähe der ersten Station der Bergbahn wurde ein spanischer Hauptmann getötet und zwei Soldaten verletzt. Die Angreifer wurden in die Flucht geschlagen. Eine bevorstehende Schlacht. Melilla , 2. August. Zwei Züge mit Lebensmitteln und Munition, die von einer starken Truppenabteilung geschützt waren, und drei Gebirgsbatterien find gestern aufgebrochen, um die vorgeschobenen Posten mit Proviant zu versehen. Zahlreiche Kabylen- abteilungen haben sich vereinigt und schicken fich, wie man glaubt, an, die Harka zu verstärken, um eine größere Schlacht zu liefern. Englische Torpedos. Cadix, 1. Augnst. Mehrere englische Torpedoboote d nach der Küste von Melilla in See gegangen. Mkchulclig An der Iflklczyner Prügelwlrttchaft ist die Weisenverwaltung der Stadt Berlin . Mit» schuldig ist sie. weil sie demEvangelischen Verein für Waisen» pflege in der Ostmark" und seinem Pastor Breithaupt die Berliner Fürsorgezöglinge nach der Anstalt Mielczhn gab, ohne sich viel darum zu lümmern, wie sie dort behandelt wurden. Als im März. d. IS. unsere Stadtverordnetenversammlung dem mit diesen ..Deutschtumsförderern" abzuschließenden Vertrag zustimmen sollte, wurde von sozialdemokratischen Stadtver. ordneten aufs eindringlichste davor gewarnt, einem solchen Verein die Fürsorgezöglinge Berlins auf Gnade und Ungnade auszuliefern. Aber vom Leiter der Waisenverwaltung wurden alle möglichen Zusicherungen gegeben, es wurde erklärt, daß man alles tun werde, um eine geordnete Erziehung zu gewährleisten und so kam der Vertrag zustande. Wie diese Versprechungen gehalten worden sind, daS hat sich nunmehr gezeigt. Nach§ 4 des Vertrages sollte dieDienstvor- schrift für die Berliner Anstalt zu Lichtenberg auch in der An st alt zu Mielczynsinngemäß" an- gewendet werden. Der Stadtverordnetenausschuß, der den Vertrag vorzuberaten hatte, wurde belehrt, daß in dieser Dienst. Vorschrift folgende Strafen für die Zöglinge festgesetzt seien: 1. Versagung des Besuches der Angehörigen. 2. Strafarbeiten, 3. Entziehung der Arbeitsbelohnung, 4. Entziehung des Urlaubs, 5. Arreststrafen= und erst beim Versagen all dieser Strafmaß. regeln 6. körperliche Züchtigung mit einem Rohrstock bis zu zehn Hieben, in besonders schweren Fällen bis zu 20 Hieben. In diesen Fällen und bei schwächlichen oder kranken Zöglingen müsse zuvor der Anstaltsarzt gehört werden. Alle Strafen seien in ein Register einzutragen, daS halbjährlich dem Vorsitzenden der Waisendeputation zu übermitteln sei. Und nun sehe man sich an, was der Pastor Breithaupt getan hat! Hat er erst beim Versagen aller anderen Strafmittel geprügelt? Hat er die Prügel- strafe mit einem Rohrstock vollstreckt? Hat er sich an zehn und in besonders schweren Fällen an 20 Hieben genügen lassen? Hat er zuvor einen Arzt über die Zulässigkeit seiner Prügelexekutionen befragt? Und hat er der Waisenverwaltung durch Führung eines Registers die Kontrolle ermöglicht? Nichts von alledem! Hiebe waren das Mittel, zu dem er schon bei geringen Ver- fehlungcn griff. Hiebe teilte er aus mit der Peitsche und mit dem Spazierstock. Hiebe sausten auf die Jungen nieder in einer Zahl, die weit über 20 hinausging, hinaufging bis zu bv, ja, man behauptet: bis zu 100. Kein Arzt wurde zuvor gefragt, und kein Register wurde über die Prügelleistungen geführt. Warum unter- blieb das alle»? Weil der peitschenschwingende Pastor die In- struktion für Lichtenberg gar nicht kannte. Weil der Leiter der Waisendeputation sich nicht darum gekümmert hatte. ob sie dem bewährten Gottesmann zugeschickt worden war. Daß der jetzt seine Taten hiermit noch entschuldigen darf, das ist eine Schmach für die Waisenverwaltung unserer Stadt. Und wie steht eS um die psychiatrische Untersuchung der Zöglinge von ihrer Ueberweisung an Privatanstalten? Sie wurde versprochen, als damals Stadtverordneter Genosse Dr. Bernstein forderte, daß auch dem Irrenarzt ein Mitbestim» mungsrecht eingeräumt werde. Haben solche Untersuchungen stattgefunden? Sind ihre Ergebnisse dem Pastor Breithaupt mit- geteilt worden? Da ist ein fünfzehnjähriger Junge, der Anfang Juni aus der Anstalt Mielczyn entlaufen war und zerhauen in Berlin ankam. Als der im Februar d. Js. durch Gerichtsbeschluß zur Fürsorgeerziehung verurteilt wurde nach den Mielczyner Vorgängen muß man in der Tat sagen: verurteilt! wurde in der schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses gesagt:Bei der Ausführung der Fürsorgeerziehung wird zu berücksichtigen sein, daß sowohl sein Lehrer wie der Strafrichter von ihm den Ein- druck psychopathischer Veranlagung gehabt haben, auch die Mutter ihn als von Kindheit an schwach beanlagt be- zeichnet hat." Tatsächlich war der Junge mit dem 14. Lebensjahre aus einer Nebenllasse für Schwachbefähigte abgegangen. Pastor B r e i t h a u p t selber hat uns jetzt bei unserem Besuch in seiner Anstalt erklärt, daß er von all dem nichts gewußt habe. Die Waisenverwaltung hatte ihm keine Instruktion geschickt, sie hatte ihn auch nicht hinreichend über das Vorleben solcher Zöglinge informiert. Aber das entschuldigt freilich nicht ihn! Gerade da, wo er über das Vorleben eines Zöglings im Unklaren war, hätte er eS sich versagen müssen, zu dem stärksten Mittel schwerer Körperstrafe zu greifen. Gerade daß er das tat, daS kennzeichnet ihn und das Rlaß seiner Befähigung zum Erzieher. Jetzt will man ihm die schwer zu behandelnden Zöglinge abnehmen und ihm die leichter zu behandelnden lassen. Soll er an ihnen lernen, wie man Mrlargezöglinge erzsthtj Daß die berankMrtlichen Männer unserer StaMerwaltung sich selber mitschuldig fühlen, das verrät sich in den Ver- tuschungsversuchen der liberalen Presse. Die Art, in der da von manchen Blättern des Liberalismus die Prügel- leiswngen des Pastors beschönigt werden, ist teils albern, teils perfide. Aus dem Rathause lassen sie sich erzählen, es habe fich dortganz zufällig" ein von Mielczyn beurlaubter Zögling ein- gefunden, wirklichganz zufällig", und der habe, als man ihn fragte, die Anstalt gelobt. Er selber war allerdings nicht geschlagen worden, da mag das begreiflich scheinen. Er soll auch erklärt haben. die den anderen Jungen verabreichten Prügel seien nicht schlimm gewesen. Dieser Junge wird nun als Ehrenretter für die Berliner Waisenverwaltung und ihren Schützling Breithaupt ausgespielt W i e arg in Mielczyn gehauen worden ist, das könnte einwandfrei fest- gestellt werden, wenn die Waisenverwaltung den Mut hätte, die Staatsanwaltschaft um Untersuchung zu bitten. Auf Be- schönigung und Vertuschung zielen auch jene aus dem Rathaus versandten Zeitungsnotizen ab, die das Vorleben der Mielczyner Zöglinge in schwärzesten Farben schildern. Nicht darauf kommt es hier an, was zu ihrer Ueberweisung in Fürsorgeerziehung ge- führt hat, sondern darauf, weshalb sie in der Anstalt Mielczyn zcr- schlagen worden sind. Und da ist es nicht aus der Welt zu schaffen. daß zugehaue» worden ist auch wegen ganz ge- ringe r Vergehen, die mit einem verwestenoen Wort er- ledigt werden konnten. Wir wollen übrigens öffentlich feststellen, daß schon in der ersten Hälfte des Juni der Waisendeputation von unserem Genossen Bernstein mitgeteilt wurde, wie zerhauen ein aus Mielczhn entlaufener Zögling in Berlin angekommen war. Man antwortete ihm mit der empörten Frage, woher er denn wisse, daß es der Pastor sei, der den Jungen so zerhauen habe? Der Berliner Liberalismus, der die Mielczyner Prügel- Wirtschaft zu beschönigen und zu vertuschen sucht, findet liebevollstes Verständnis bei dem führenden Blatt der A g r a r i e r, der«Deut- schen Tageszeitung" Knuten-Oertels.Viel Lärm um zu wenig Schläge!" so überschreibt Knuten-Oertel eine Beschönigungsnotiz, die er aus dem Rathause bezogen hat. Die Ueberschrift könnte ebenso gut im Rathause selber verfaßt sein, so sehr trifft sie die Meinung und Stimmung, die dsrt herrscht. ver fkliich bei Wilhelm II. von Württemberg. Die Kreisgeneralversammlung des 1. württembergischen ReichStagöwahlkreises, die am Sonntag, den 1. August in Stuttgart tagte, beschäftigte sich unter anderem mit dem Besuch der sieben sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten im Schloßgarten zu Friedrichshafen und dem Gabelfrühstück bei Wilhelm II. von Württemberg. Genosse Hilden b ran d hatte die Aufgabe über- nommen, die Frage nach den Gründen der Beteiligung zu beant- Worten. Er schlug sofort einen stark persönlichen Ton an: Man sei schon daran gewöhnt, daß solche Gelegenheiten benützt würden, um MißtrauenScrklärungen anzubringen. Die Kritik der Partei- presse baue sich nur auf Aeußerungen und Berichte der bürgerlichen Presse auf usw. Verschiedene Male kam es infolge der aggressiven Tektik des Genossen Hildenbrand zu stürmischen Szenen. Das schon wiederholt erprobte Rezept, den Parteigenossen die Mandate zur Verfügung zu stellen, gelangte auch wieder zur Anwendung, diesmal allerdings will Genosse Hildenbrand den Ablauf der Mahl- Periode abwarten. Die Kritik der Genossen in der Versammlung suchte Hilden - brand dadurch zu entkräften, daß er die Kritiker als Kandidaten zum Landtag ansprach. Die sachlichen Gründe, die er vor- brachte, um die Teilnahme an der Fahrt zu rechtfertigen waren sehr widerspruchsvoller Art. So führte er aus, eS habe sich keines- Wegs um eine hurrapatriotische Festlichkeit gehandelt, sondern nur um eine gesellschaftliche Veranstaltung, wie sie die beiden Kammern deS Landtages alle zwei Jahre regelmäßig arrangieren, wie sie jede Stadtverwaltung und auch ein Konsumverein bisweilen veranstalte.... Das Fernbleiben von jener Festlichkeit würde nichts genützt haben und von den bürgerlichen Parteien nur un- angenehm vermerkt worden sein. Die Gelegenheit. Zeppelins Werft zu besichtigen, hätte man nicht ungenützt vorübergehen lassen wollen. Uebrigens sehe die württembergische Verfassung den König bezw. das Königtum als Institution vor, wie den Landtag auch! Wenn man in den Landtag eintrete, sei man gezwungen, sich der Ver- fassung zu unterwerfen. Es habe sich schließlich nur um den ge- sellschaftlichen Anstand gehandelt! Als seinerzeit Bebel in Stutt- gart sprach, habe er(Bebel) eine Einladung zum bürgerlichen Reichstagsabgeordneten Siegle erhalten, und dieser Einladung habe Bebel Folge geleistet. Kein Mensch werde Bebel daraus einen Vorwurf machen. Das Präsidium des Landtages habe, ohne das; die sozialdemokratische Fraktion zunächst Kenntnis davon gehabt habe, Verhandlungen gepflogen, um auch der sozialdemokratischen Fraktion die Teilnahme an dem Ausflug nach Friedrichshafen zu ermöglichen. Deshalb sei jede offizielle Form des Besuches des SchloßgartenS, jeder politische Charakter ausgeschlossen worden. Man habe gewußt, daß esSpektakel" in der Partei geben werde, wenn sich Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion an der Fahrt beteiligten. DerLeipziger Volkszeitung " sei man aber keine Rechenschaft schuldig. Es handle sich hier um die Frage, ob die sozialdemokratische Fraktion nicht nur bei politischen, sondern auch bei gesellschaftlichen Aktionen beiseite gestellt werden solle. Sollen die Sozialdemokraten sich von jedem gesellschaftlichen Verkehr mit den Gegnern ausschließen? Wie sollen denn die Massen gewonnen werden? Die Sozialdemokratie könne ihre Macht nicht voll aus- nützen, wenn sie sich von den bürgerlichen Gegnern derart abschließe. So naiv, wie der Stuttgarter Korrespondent desVorwärts" an- nehme, sei die Fraktion aber nicht, daß sie etwa beabsichtigt haben sollte, durch ihre Teilnahme an der Fahrt Einfluß ausüben zu wollen. Die Teilnahme an der rein gesellschaftlichen Veranstal- tung habe ihm persönlich keinen Spaß gemacht, die Parteigenossen hätten eS aber nicht verstanden, wenn sich die sozialdemokratisch�: Fraktion ausgeschlossen hätte; denn es sei doch etwas ganz anderes, ob es sich um Wilhelm II. von Preußen oder um den württem- bergischen Wilhelm II. handle. Es sei abgemacht worden, daß in Konstanz beim Miiiagsmahl keine Reden gehalten werden sollten. Als das dann doch der Fall war. haben sich die Sozialdemokraten beim Hoch auf den Großherzog von Bade» als anständige Männer erhoben, in das Hoch aber nicht mit eingestimmt usw. In der Diskussion sprachen sich die Genossen Schu- macher, Schäfer, Hammer und We st meyer scharf gegen die Teilnahme der Abgeordneten an der Fahrt aus. Leider machte die Annahme eines Antrags, der während der Debatte ge- stellt wurde(die Redezeit auf fünf Minuten zu bemessen) sowie der kurz darauf zur Annahme gelangte Antrag auf Schluß der Debatte eine genügende Aussprache unmöglich. Sodann wurde, hauptsächlich durch die ländlichen Delegierten, ein Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung angenommen. Damit war eine Resolution, die die Teilnahme der betreffenden Abgeord- neten an der Fahrt bedauert, gegen eine starke Minderheit für exledW erklärt--