8t 178. 26. Iahrganz.1 f tilnw des Jomärts" Serlim3.Der Krel$wal)lvereln für lilederbarnimhielt feine Generalversammlung am Sonntag in Rummelsburg ab.Der Borsitzende Brühl erstattete den Geschäftsbericht für das letzteHalbjahr. Daraus ist folgendes hervorzuheben: Der Mitglieder-bestand ist trotz der schlechten Konjunktur nicht zurückgegangen,sondern hat sich noch ein wenig gehoben. Am 31. Dezember v. I.betrug die Mitgliederzahl 11 103, am Schluß des ersten Halbjahres1909 waren 11132 Mitglieder vorhanden. Die Zunahme kommtjedoch nur auf Rechnung der weiblichen Mitglieder, die Zahl dermännlichen dagegen hat abgenommen. Es sind 9927 männliche und1223 weibliche Mitglieder. Wenn auch die Zahl der weiblichen Mitglieder nicht den gehegten Erwartungen entspricht, so ist ihre Zu»ahme doch erfreulich.— Die geichäftlichen Angelegenheiten desKreises wurden erledigt in zwei Generalversammlungen, siebenKreiskonferenzen, elf Vorstandssitzungen, außerdem fanden noch vieleSitzungen in den Bezirken statt.— In sechs Orten desKreises find Bildungsausschüsie vorhanden. Es würde sichempfehlen, daß das Bildungswesen von Grotz-Berlin aus ein-heitlich geregelt wird. Jugendausschüsse bestehen in neun Orten,doch zeigt sich meist, daß ihre praktischen Arbeiten durch Mangel anGeldmitteln sehr beeinträchtigt werden. In drei Orten bestehen Kinder-schutzkommissionen. Da dieselben sehr wichtig sind, so ist zu wünschen,daß auch diese Angelegenheit von Groß-Berlin geregelt würde.Eine gedruckt vorliegende Aufstellung weist nach, daß denGenossen im Kreise 203 Versammlungslokale zur Verfügung stehen.In der Zeit vom 1. Juli 1908 bis 30. Juni 1909 fanden 138 öffent-liche und 231 Mitgliederversammlungen statt. Bei 18 Flugblatt-Verbreitungen kamen 361 900 Exemplare zur Verteilung. 113Agitationstouren wurden unternommen. In 22 Orten des Kreiseshaben wir 100 Vertreter in den Gemeindevertretungen.— Im Kreisebestehen 24 Bibliotheken mit 4923 Bänden.Die Diskussion drehte sich fast ausschließlich um die Frage, wiedas Bildungswesen und die Jugendagitation am besten zu organisieren ist. Vereinzelt wurde vor einer Zentralisation der Bildung�und Jugendausschüfie über Groß-Berlin gewarnt, da einezu weit gehende Zentralisation leicht ihren Zweck verfehlen könnte.Auch dem Bibliothekswesen müsse der Bildungsausschuß seine Auf-merksamkeit widmen. Es müßten Einrichtungen getroffen werden,die es ermöglichen, daß allen Orten des Kreises gute Bücher, darunterauch Jugendschristen zugänglich gemacht werden.— Zu dieser An-gelegenheit wurde ein von M i r u S gestellter Antrag angenommen.Er lautet:.Die Generalversammlung möge beschließen, daß ein Bildungs-auSschuß für Groß-Berlin, bestehend aus Delegierten von der Parteiund den Gewerkschaften, eingesetzt werde."Im übrigen ist auS der Diskussion noch anzuführen, daß Wessel,dem sich auch Käming anschloß, die Ansicht vertrat, die durch dieReichsfinanzreform geschaffene Situation hätte agitatorisch viel mehrausgenutzt werden müsse.Hieraus erstattete Seikel den Kassenbericht. Derselbe verzeichneteinschließlich des alten Bestandes eine Einnahme von 14768,46 M.,eine Ausgabe von 12 445,21 M.. bleibt ein Bestand von 2323,23 M.Der Kassierer wurde entlastet.Der Parteitag i» Leipziglautete der nächste Punkt der Tagesordnung. Der ReferentStadthagen führte hierzu unter anderem aus: Aufgabe unsererParteitage ist es, unsere Waffen zu prüfen und zu schärfen. Unterdiesem Gesichtspunkt müssen wir auch die Arbeiten des bevorstehendenParteitages betrachten. Es scheint, daß bei der Debatte über denBorstandsbericht die Frage im Vordergrund stehen wird, ob die vongewisser Seite gemachten Versuche, unseren Kampf ab-zuschwächen und die Partei nach rechts zu drängen, gebilligtwerden sollen. Es wäre verkehrt, wenn man glauben wollte, daßdie Liberalen, nachdem sie aus dem Block hinausgedrängt sind, eineentschiedenere Haltung einnehmen werden, und daß wir uns deshalbfreundlicher zum Liberalismus stellen müßten. Wir haben keineUrsache, uns den liberalen Parteien zu nähern. DaS schließt natür-lich nicht aus, daß wir in gewissen Fragen mit ihnen zusammen-gehen, beispielsweise wenn sie für Verbesserung des Wahlrechts ein-treten sollten. Zu einer Aenderung unserer Taktik haben wir keineUrsache. Ich glaube, daß der Parteitag dieser Meinung AuS-druck geben und aussprechen wird, daß wir nicht darandenken, unsere Taktik abzuschwächen. Wie alljährlich, so wird auchder diesjährige Parteitag zur Maifeier Stellung nehmen. Ich würdees lebhast bedauern, wenn die Arbeitsruhe, nachdem wir sie einmalfestgelegt haben, abgeschafft würde. Das Aufgeben der Arbeitsruhewürde uns einen Rückschlag in der polittschen und gewerkschaftlichenBewegung bringen. Wer die Abschaffung der Arbeitsruhe verlangt.der vergeht sich nicht nur an der nationalen, sondern auch an derinternationalen Arbeiterbewegung. Wenn auch in einem Jahre dieBeteiligung an der Arbeitsruhe geringer ist, wie sie in früherenJahren war, so darf das kein Grund sein, die Arbeitsruhe aufzuheben,sondern es muß uns veranlassen, sie noch mehr zu propagieren.—Einen breiten Raum wird der parlamentarische Bericht auf dem Partei-tag einnehmen. Unsere Aufgabe im Parlament ist in erster Linie,agitatorisch zu wirken. Bei der Beratung der Finanzreform wäreeine Obstruktion am Platze gewesen, doch die Liberalen waren dafürnicht zu haben ugd wir allein hätten sie nicht durchführen können.Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob wir nicht schon in derzweiten Lesung gegen die Erbschaftssteuer hätten stimmenmüssen. Es kam für uns nur darauf an, wie wir dieFinanzreform sprengen können. Durch unsere Abstimmung hattenwir uns im Prinzip für die Erbschaftssteuer erklärt, ohne unshinsichtlich unserer Abstimmung in der dritten Lesung zubinden. Für die dritte Lesung hatten wir uns unsere Stellungvorbehalten. Zur dritten Lesung der Erbschaftssteuer ist es ja nichtgekommen, und die Fraktion hat deshalb keinen Beschluß über ihreStellung gefaßt. Ein Teil der Fraktion, dem auch ich angehöre,hätte in der dritten Lesung gegen die Erbschaftssteuer gestimmt odersich der Stimme enthalten, selbst wenn die Fraktion beschlossen habensollte, für dieselbe zu stimmen. Wir sind der Meinung, daß dieErbschaftssteuer nur ein Sprungbrett bilden sollte, um dem Volke400 Millionen indirekter Steuern aufzuerlegen.— Es fragt sich, obwir im Parlament mehr hätten erreichen können, wenn draußeneine rührige Agitation entfaltet worden wäre. Zu einer Auf'lösung des Reichstages wäre es nicht gekommen und zu einer Ab-lehnung der Vorlage auch nicht. Es fragt sich also nur, ob wir dieGelegenheit nicht hätten benutzen sollen, um durch eine lebhafteAgitation den MassenZIklarzumachen, was auf dem Spiele stehtund sie für den Gedanken des Klassenkampfes zugänglich zu machen.Weiter bemerkte der Redner, anstatt der Reichsversicherungsordnunghätte er lieber die Landarbeiterfrage auf der Tagesordnung desParteitages gesehen. Im übrigen erwarte er, daß der Parteitagunsere Waffen schärfe und daß die Delegierten des Kreises in diesemSinne wirken.(Beifall.)Sonnenburg erstattete den Bericht der MandatprüfungS'kommission: Es find anwesend 114 Delegierte, und zwar 16 Vorstandsmitglieder, 23 Bezirksleiter. 73 Delegierte. Es fehlen je einDelegierter aus Mahlsdorf, Pankow und Stralau, je ein Bezirks'leiter auS Herzfelde und Oberschöneweide.Hierauf wurde die Diskussion über den Parteitag eröffnet.Kämering begründete einen Antrag des Bezirks Mahlsborf:»Der Parteitag findet alle zwei Jahre statt."Sasse befiirwortete einen Anttag des Bezirks Pankow:»Der Parteitag wolle die Frage entscheiden: Ist ein Kreis'Wahlverein berechtigt, einen Bezirkswahlverein auszulösen?"Der Redner führte aus, daß dieser Antrag aus den verflossenenPankower Streitigkeiten entstanden ist. Die Genossen, welche jetztnoch abseits stehen, wollen eine grundsätzliche Entscheidung der imAntrage ausgedrückten Streitfrage herbeigeführt wissen.Masfa: Ich hoffe, daß auch das Verhalten der Hofgängerauf dem Parteitage gewürdigt wird. Eigentlich haben wir keineVeranlassung, uns über die Hofgänger zu beschweren, solange esvorkommt, daß Leute aus bürgerlichen Kreisen, die erst ganz kurzeZeit in unserer Partei sind, Mandate und andere Ehrenämter er-halten.— Die Maifeier wird dadurch geschädigt, daß sie von derUnterstützung abhängig gemacht wird.S e v i ko w: Ich teile nicht die Hoffnung des Genossen Stadt'Hägen, daß der Parteitag unsere Waffen schärfen werde, denn esscheint, daß in der Reichstagsfraktion die Stimmungdie Oberhand gewinnt, es mit den bürgerlichenParteien nicht zu verderbe n. � Zur Maifeier hatte sonstRich. Fischer das Referat. Jetzt ist Genosse Müller als Referentaufgestellt. Das läßt darauf schließen, daß an Stelle der bisherigenunklaren Beschlüsse noch unklarere gefaßt werden sollen. Es kannleider dahin kommen, daß der Parteitag dem Maifeierbeschlußdes Metallarbeiterverbandes Rechnung tragen wird. Aber diegroße Masse der Parteigenossen ist nicht gewillt, sich die Maifeiernehmen zu lassen. Die große Masse muß auf dem Parteitag be-stimmen. Deshalb müssen wir einen Wahlmodus einführen, der esgestattet, daß der Wille der großen Masse auf dem Parteitag zurGeltung kommt. Den Hofgängern muß gesagt werden: Ihr habtin der Partei nichts mehr zu suchen. Unsere Delegierten sollendahin wirken, daß die Partei nicht nach rechts, sondern nach linksgeschoben wird.N i t s ch k e: Den Maifeierbeschluß des Metallarbeiterverbandeshalte ich für voreilig und kann ihn nicht billigen. Ichbezweifle aber, daß es die größte Niederlage für uns wäre,wenn die Arbeitsruhe beseitigt würde. Wer sind denn dieGegner der Arbeitsruhe? Sind es die Leiter der Gewerkschaftenoder sind es die Arbeiter selbst? Als Mitglied einer großen Gcwerk-schaft, welche sich stets für die Arbeitsruhe erklärt hat, habe ich ge-sehen, daß es die Kollegen in den Werkstätten undabriken waren, welche im Gegensatz zu demeschluß ihrer Gewerkschaft ein paar Tage vordem 1. Mai beschlossen, die Arbeit nicht ruhenzu lassen. Die Massen wollen eben nicht feiern.(Widerspruch.) Darankleines feuilleton.LUiencrouS Popularität. Nach den Nachrufen der Zeitungen zu«echnen, müßte man LiliencronS Werken eine sehr große Verbreitungzusprechen. In Wirklichkeit ist es aber damit nicht so weit her. Dasmeistgekaufte Buch LiliencronS sind seine Kriegsnovellen, von denenmehr als 100 000 Exemplare verbreitet sind. Die übrigen Prosa-werke, darunter vier Roman- und drei Novellenbände erlebten ins-gesamt gegen vierzig Auflagen. Hiervon erreichte LiliencronSletztes(ziemlich schwaches) Werk, dem er den Titel»Leben undLüge, em biographischer Roman", gab, die größte Verkaufsziffer.Den Prosabüchern gegenüber steht die Verbreitung seiner Lyrik zurück.obivohl doch gerade der Lyriker Liliencron am meisten gefeiert wurde.Immerhin haben auch seine Gedichtbände, von denen vier zu der imJahre 1904 veranstalteten Gesamtausgabe gehören, gegen 100000Käuser gesunden. Am meisten aber lag dem Dichter an einemwirklich machtvollen Durchdringen seines kunterbunten EpoS„Pogg-sred", dessen achte Auflage Ende vorigen Jahres in einer gegen denursprünglichen Umfang fast verdoppelten Stärke erscheinen konnte.„Kriminal- Preisausschreiben". Wir lesen im»Kunstwart":Unter der Ueberschrift»Verschlungene Spuren" veröffentlicht dasverbreitetste Volksblutt, das es wohl in Deutschland überhaupt gibt,Scherls»Allgemeiner Wegweiser", ein»Kriminal-Preisausschreiben",das»über einen Zeitraum von fünfzehn Wochen" die»männlichenund weiblichen Bewerber'»in den Geist und die Lage vonprattischen Kriminalisten zu versetzen suchen' soll. Die Preis-bewerber sollen der Redaktion von Etappe zu Etappe mit-teilen:»was ist nun zu tun?" immer mit drei Wochen Zeit, umüber die neueste Sachlage nachzudenken.»Erster Abschnitt: An dersächsisch-böhmischen Grenze, auf königl. sächsischem Gebiet, ist in denersten Tagen des September ein grausiger Fund gemacht worden.(Es folgt nun eine genaue Beschreibung des»grausigen Fundes" mitallen Begleiterscheinungen, die so gewählt sind, daß das Hirn desLesers aus der Spannung und dem Gruseln nicht herauskommt.Die Red. d.„Vorw.".) Die beiden ersten Fragen lauten nun:1. Welches Motiv kann für das Verbrechen m Betracht kommen?2. Welche Maßnahmen resp. Recherchen wären zuerst vorzunehmen?Ueber dieses Preisausschreiben ist nun der.Kunstwart" sehr ent-rüstet. Umsomehr, da sein Herausgeber bisher alle Scherlschen„Kultur-Projekte" für bare Münze genommen hat und sogar jetzt noch dieEmporlesebibliotheken für»eine vortteffliche Leistung ernstestenvollScrzieherischen Willens" hält. In der Naivität des echtenScherlschwärmers, dem die gemeinnützige Ehrlichkeit dieses»Industrie-kapitänS" unwiderlegt gilt, richtet die gute Seele eine sehr beweg-liche Aufforderung an den Gewaltigen in der Zimmerstraße, dochseine Illusionen ja nicht länger zu stören.Auf die Bekehrung Scherls zur reinen Ethik wird man ebensolange warten können, wie aus die Fähigkeit bürgerlicher Ideologen,die Anpassungsfähigkeit kapitalistischer Unternehmungen zu durch-schauen. Zeitungsunternehmer im Stile Scherls haben nur das eineInteresse der höchsten Profitrate; ob sie katholische oder jüdischeGeschäfte machen; ob sie vornehme Tageszeitungen oder erbärmlichenSchund produzieren, spielt dabei gar keine Rolle. Das gleiche Unter-nehmen kann gleichzeittg den„Tag", die„Woche", den„Wegweiser"betreiben, es könnte auch ebenso gut Kolportageromane oder christ-liche Traktätchen verlegen. Das einzige Geschäft, das das Kapitalhaßt, ist das schlechte Geschäft.Elektrische Fahrrichtnngsweiser. Jedem Berliner sind die aufallen Stadtbahnstationen befindlichen Fahrrichtungsweiscr bekannt,die dem Publikum anzeigen, nach welcher Richtung der nächst fälligeZug fahren wird. Diese Apparate werden vom Bahnpersonalauf den Bahnsteigen mit der Hand bedient. Falls nunaus irgend welchen Ursachen die fahrplanmäßige Zugfolgegeändert wird, muß dieses Personal erst entsprechend ver-ständigt werden. Bei der dichten Zugfolge und den weiten Ent-fernungen dieser Fahrrichtungsweiscr, die oft auch auf verschiedenenPunkten der Bahnsteige stehen, haben sich oft Unzuträglichkeiten er-geben und das Publikum wurde dann durch falscheSchilder irregeführt. Um dem abzuhelfen, sind vor-läufig auf dem Wannseebahnhofe in Berlin zweihundertMeter von einander entfernte elektrisch betriebene Fahr-richtungsweiser aufgestellt worden. Sie werden nach einer Mit-teilung von Schwerin in der„Elektrot. Zeitschrift" vom Stellwerkaus elektrisch betättgt. Der elektrische Antrieb geschieht durch kleineMotoren, ähnlich wie bei dem Betrieb von Weichen und Signalenin elektrischen Stellwerksanlagen. Im Stellwerk befindet sich einekleine Schalttafel mit verschiedenen Schaltknebeln, die dieden Schildern der Fahrrichtungsweiser entsprechende Aufschristentragen. Durch Umlegen dieser Knebel wird das gewünschte Signalgezogen, wobei noch der Stellwerkwärter durch Verlöschen einerKontrollampe davon benachrichtigt wird, daß das entsprechendeSchild auch tatsächlich gezogen wurde. Der Stellwerk-Wärter, der über die Zugfolge jeweils vollkommen orientiertwird, ist nun in der Lage, immer das richtige Schild erscheinen zulassen. Der für den Betrieb erforderliche geringe elektrische Stromwird für diese Anlage, die die erste in ihrer Art ist, der nahe ge-legenen Kraftanlage für das elektrische Stellwerk auf dem Pots-damer Fernbahnhofe entnommen.sind die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Taktik der Unternehmerschuld. Gegenüber den großen Kämpfen, die unsvon den Unternehmern drohen, treten die Massender Arbeiter in den Hintergrund. DaS wollenwir ruhig zugestehen und über die Maifeier sachlich dis-lutieren.Schmidt- Pankow: Bei unserem Antrage handelt es sich nichtum die Frage, wer in dem Pankower Streit recht hat. DerAntrag soll nicht die Streitfrage selbst wieder aufrollen, sondernnur eine bindende Entscheidung darüber herbeiführen, ob ein ort-sicher Wahlverein durch den Kreisvorstand aufgelöst werden darf.Sasse- Pankow vertrat denselben Standpunkt. Dann wurdeein Schlußantrag angenommen.Stadthagen(Schlußwort): Der Wert der Maifeier gehtverloren, wenn ihr der Grundgedanke: die Arbeitsruhe genommenwird. Die Feier ist notwendig für unser Vorwärtskommen. ImReichstage können wir nicht viel mehr leisten wie bisher, deshalb istder außerparlamentarische Kampf notwendig. DaSallgemeine Wahlrecht kann nicht nur im Parlament erobert werden.Ein Mittel, die Massen zur Aktton außerhalb des Parlaments zuerziehen, ist die Maifeier. Wenn wir dies Mittel, das wir unsselbst geschaffen haben, aus der Hand geben, so ist das ein Selbst-mord der Partei und Gewerlschaft. Ich bin der Ansicht, daß es zumGeneralstreik kommen wird, um politische Rechte zu erobern. Wiesoll die dazu nöttge Opferfreudigkeit und AgitattonSmöglichkeiterlangt werden, wenn versucht wird, das waS wir haben, aufzugeben.Leisetreterei ist hier nicht angebracht. Ohne Opfer kein Sieg.(Bravo I)Der Antrag Mahlsdorf wurde abgelehnt, der Antrag Pankowangenommen.Ueber den Entwurf des neuen OrganifationS-st a t u t S referierte B ü h l e r. Nach einer kurzen allgemeinen Be-trachtung ging er auf die Einzelheiten des Entwurfes ein. Er sagteunter anderem, die Festsetzung eines Mindestbeitrages sei berechtigtund werde dazu führen, daß den in Süddeutschland hervorgetretenenBestrebungen, durch Festsetzung eines niedrigen Beitrages undeines Lokalzuschlages die Parteikasse zu schädigen, derBoden entzogen werde. Die Lieferung der„Gleichheit" andie weiblichen Mitglieder setze höhere Beittäge derselben voraus.Die Lieferung der.Gleichheit" müsse aus dem Statut gestrichen werden.Die Wahl der Delegierten nach einem gemäßigten Proporz sei an-nehmbar. Die Wahlen müßten aber durch Urabstimmung vorgenommen werden. Das Recht der Reichstagsabgeordneten, ohneAusnahme am Parteitage teilzunehmen, sollte man nicht beschränken.Der Redner sprach zum Schluß die Hoffnung aus, daß die Parteieine immer straffere Zentralisation bekommen möge.Es lagen eine Reihe von Anträgen zu verschiedenen Paragraphendes Statuts vor. Nachdem die Anträge der Reihe nach eingehenddiskutiert worden waren, wurden die folgenden Anttäge angenommen:Im H 5 sind die Worte zu streichen:»den weiblichen Mitgliedernist die.Gleichheit" gratis zu liefern".Im ß 7 hinter dem ersten Absatz als zweiten Absatz anzufügen:»Die Wahlen werden innerhalb der Wahlkreise durch Urabstimmungvorgenommen. DaS Wahlreglement sowie Bestimmungen über dasVorschlagsrecht werden vom Parteivorstande ausgearbeitet und mitBekanntgabe der Tagesordnung des Parteitages veröffentlicht."Zu§ 12, Absatz 3 anstatt ,15 Landesorganisationen" zu setzen»der Bezirks- beziehungsweise 10 Landesorganisationen".Zu§ 23. Der zweite Absatz soll lauten:„Auch kann derAusschluß eines Mitgliedes erfolgen, wenn eS die Parteiinteressenschädigt".§ 23 soll lauten:„Der Antrag auf Wiederaufnahme eines ausder Partei Ausgeschlossenen ist an die Kreisorganisatton seinesWohnsitzes zu richten. Vor der Entscheidung ist die Organisation.die den Ausschlußantrag gestellt hat, zu hören".Gewählt wurden als Delegierte zum Parteitag: Brühl, Massaund Wessel, als Ersatzmann Hirschmeier.— Delegierte zur Provinzial-konferenz: Rühl, Teuber und Becker, als Ersatzmann Koppenhagen.An Stelle des Genossen Dentzer, der verzogen ist, wurde Seikelzum zweiten Vorsitzenden gewählt.Auf einen von der Genossin Arendsee begründeten Anttag wurdebeschlossen, daß die Genossinnen berechttgt find, in einer besonderenVersammlung eine Delegierte zum Parteitag zu wählen.Damit waren die Arbeiten der Generalversammlung erledigt.Hus der Partei.Ein Zeugniszwangsverfahren wurde am Sonnabend vor demSchöffengericht Opladen(Kreis Solingen) gegen den verant-wortlichen Redakteur der„Bergischen Arbeiterstimme" zu So-lingen, HanS Deisel, verhängt. Ende April 1909 erschienenin der»Bergischen Arbeiterstimme" eine Reihe Artikel, die sichgegen den katholischen Pfarrer Gießen, der in der GemeindeHumor und Satire.Juli 1909.Die Schöpfung Gottes ist dieses JahrEin niederträchtiges Pissoir.Schnecken und Frosch' und Wasserwürm'Brauchen sogar einen Regenschirm.In der verschleimten SommerflurRotzt die gesamte Kreatur,Und das weise WeltensystemIst aus Dreck und aus feuchtem Lehm.Auch im Himmel schweigt GotteS Lob.Dieses Wetter ist viel zu grob.Georg, Michel und GabrielMöchten miteinander in die Höll',Denn sie meinen, es wär' wohl gutIn der ewigen Flannnenglut.Oven frieren die Zehen starr,PetruS hat einen Blasenkatarrh.Und dem Erzvater AbrahamWächst am Hintern ein Fliegcnschwamm.(Peter Schlemihl im»Simplicisflmus".)Notizen.— Dr. H. Kretzschmar ist zum Direktor der akademischenHochschule für Musik in Berlin ernannt worden. Kr. tvarals Lehrer und Dirigent lange Jahre tättg, zuletzt bekleidete er eineProfessur für Musikgeschichte m Leipzig.— Das Richard-Wagner-Theater in Berlin, überdas kürzlich einige Enthüllungen laut wurden, soll bereits bis zumErwerb eines Bauplatzes(Ecke Friedrich- und Puttkamerstraße) ge«langt sei».— DiePfaffen-Zensur. Im bayerischen Bade Brückenauwurde nach dem»Verl. Tagebl." Max Halbes„Jugend" ver-boten. Einige katholische Geistliche hatten gegen die AufführungStimmung gemacht.— DaS größte Bild der Welt. Bisher konnte als diegrößte Malerei das Paradies von Tintoretto gelten, das im Dogen-palast von Venedig den Saal des großen Rates ziert und das eineGröße von 22: 7 Metern hat. Diese Maße werden jetzt überbotendurch das große dekorative Gemälde, das Malo-Nord für das Rat-haus in Paris geschaffen hat. Mit einem Flächeninhalt von nichtweniger als 300 Quadratmetern wird dieses Werk dekorativerMaleret einstweilen das größte Gemälde der Welt sei»,