lichnng des Gehe!mprotokolls erfolgt ist. kann das Kölner klerikaleÄlalt aber gar nicht wissen. Die Herren Boonelamp-Underberg,Witter. Noeren usw. hatten doch sicherlich kein Interesse an der Wer-ösfentlichung. sondern lediglich die»Köln. WollSztg.* und ihreFreunde._Das Zengniszwangsverfahrett»daS(wie der„Vorwärts� in seiner Nummer 173 mitteilte) boreinigen Tagen vom Schöffengericht in Opladen(Kreis Solingen)gegen den verantwortlichen Redakteur der.Bergischen Arbeiter-stimme", Genossen HanS Deisel, in zwei Fällen verhängt wurde,begegnet auch in bürgerlichen Preßorganen schärfster Verurteilung.So wird beispielsweise der„Frankfurter Zeitung", anscheinend voneinem im Gerichtssaale anwesenden Juristen, zu der Affäre u. a.folgendes geschrieben:.Den bereits zahlreichenGroßtatendesZeugnis«Zwangsverfahrens ist eine neue hinzuzufügen, die den Um-ständen, unter denen sie zustande kam, eine besonders krasseBeleuchtungvcrdankt. Während man nämlich bisher nochglauben konnte, daß die richterliche Aufforderung zur Verletzung desBerussgeheimnisses wenigstens auf solche Fälle beschränkt bleibenwürde, Ivo ein Zeitungsartikel den Gegenstand eines Prozessesbildet, also die Ermittelung des Verfassers oder seiner GeivährS-männcr irgendein direktes Interesse bietet, so ist man jetzt einesBesseren, oder richtiger gesagt, eine? Schlimmeren belehrt: diePresse ist dem ZcugniSzwangSverfahrcn auch dann schon aus-gesetzt, wenn in einem Privatbeleidigungsprozesseeine der Parteien den Wunsch äußert, die Herkunst eines Artikels(bezw. die Gewährsmänner) kennen zu lernen, der nur inmittelbarer Weise in den schwebenden Prozeß hineinspielt.So lagen die Dinge in der Tat in dem vorliegenden Prozeß.Nach Besprechung der materiellen Seite der Sache kommt dieFrankfurterin zu dem Schluß: Es ist zu hoffen, daß dievon dem Redakteur eingelegte Beschwerde zu der juri-bischen Feststellung führen wird, daß es sichhier um einen offenkundigen Mißbrauch dcS Zcugnis-zwangSverfahrenS handelte, gegen das der Redakteur i ndem vorliegenden Falle schon durch daS straf-prozessualische Prinzip hätte geschützt seinsollen, daß niemand zu einer Aussage in einerSache gezwungen werden kann, in der er selberzur strafrechtlichen Verantwortung gezogenwerden kann."Außerordentlich interesiant ist die Haltung der Zentrums-presse in diesem Falle. Man wird sich wohl noch der mutigenWorte erinnern, die die Zentrumspresse fand, als seinerzeit dasZeugniszwangsverfahren gegen den ZentrumSredaktenr Erzbergereingeleitet wurde und wo daS Zentrum vorgab, eine Aktion gegenden ZcugniSzwang der Redakteure vorzubereiten und Material indiesem Sinne zu fummeln. Heute schweigen alle Flöten und soetwas wie Scham scheint die schwarzen Schnapsblockblätter erfaßtzu haben, denn die Tatsache, daß zwei Zentrumsjuristen(Vorsitzenderdes Gerichts und Anwalt des Beklagten) daS ZeugniSzwangSverfahrenbeantragten bezw. beschlossen, scheint ihnen nicht gerade angenehmzu sein. Der»Opladener Bote". daS offizielleZentrumSorgan für den unteren Kreis Solingen,dessen Redakteur Herr Stoffels in der fraglichen Schöffen-gerichtssitzung anwesend war und sich fleißig Notizen machte, hat esbis heute, nach mehr als einer Woche, noch nicht über sich bringenköimen, seine Leser über die Vorgänge in der genannten Gerichts-Verhandlung zu unterrichten. Wie es heißt, hat der erzbischöflicheStuhl in Köln seine Hände im Spiel, der die Affäre am liebstentotschweigen möchte._Landratliche Funktionen.Wie so manche anderen Beamtenkategorien klagen auch die Land-räte über Ueberbürdung. Das ist begreiflich, denn ein preußischerLandrat hat viele Aufgaben; er ist sozusagen das»Mädchen füralleS". Er hat die konservative Agitation in seinem Kreise zu leiten,den konservativen BereinSversammlnngen beizuwohnen und gute Rat-schlüge zu erteilen, auf den Jagd- und sonstigen Festen der Ritter-gutSbesitzer würdig die Staatsgewalt zu repräsentieren, dasKreisblatt zu instruieren und dessen Redaktion zu über-wachen, auf Kriegcrfesten für die nötige patriotische Be«geisterung zu sorgen usw. usw. Außer dieser nichtamtlichenpolitischen Tätigkeit ist der Landrat aber auch noch mit allerleiamtlichen Funktionen geplagt. Und wie mannigfaltig diese sind, daszeigt folgender hübsche Bericht des freisinnigen.Hamb. Fremden-blattS":Der Landrat des Kreises Pinneberg ist beauftragt worden.dem Häuptling einer in HagenbeckS Tierparksich gegenwärtig produzierenden Somalitruppedas Allgemeine Ehrenzeichen anzuheften. Angeblichhat der gute schwarze Mann bei der Beschaffung von Kamelnfür die Schutztruppe beim südwestafrikanischcn Aufstand Hilfe ge-leistet. Wir glauben aber, daß diese um mehrere Jahre verspäteteAuszeichnung unterblieben wäre, wenn nicht der Häuptling einneues Verdienst seinem früheren hinzugefügt hätte. Er produziertenämlich seine Knnststückchen vor wenigen Wochen vor dem Kaiser.Der Landrat reiste von Pinneberg nach Stellingen, um demHäuptling die kaiserliche Auszeichnung persön«lich zu uberreichen. Es wird nicht mitgeteilt, obdem Landrat.befohlen" war, diese Form der Ueber-reichung zu wählen, oder ob er aus eigener Macht-Vollkommenheit die Gelegenheit ergriff, sich seines Auftragesin dieser Form zu entledigen. Der Landrat hat aberauch die Gemeindevertretung von Stellingen-Langenfelde zu der feierlichen Ueberreichungeingeladen! Der stellvertretende Gemeindevorsteher tat denGcmeindeverordneten in einem besonderen offiziellen Schreibenkund und zu wissen, daß der Herr Landrat persönlich„eine kaiser-liche AuSzeichrnmg" dem Herrn Häuptling überreichen werde,und der Gemeindediener wurde bemüht, um von einem Stadt-verordneten zum anderen zu pilgeni und die Einladung zur Teil«nähme an der Ucberreichungszeremonie. die sich im Tierparkabspielen sollte, zu überbringen. ES fand sich wirklich derstellvertretende Gemeindevorsteher mit einigenanderen Gemeindevertretern ein, und in ihremKreise entledigte sich der Landrat mit Worten, die für den Häuptlingsehr schmeichelhaft waren, deS kaiserlichen Auftrages.Vielleicht wird»nancher denken, die Auszeichnung des edlenSomalihäuptlings durch das Allgemeine Ehrenzeichen wäre besserunterblieben, oder wenn doch einmal die Brust des Häuptling?dekoriert werden sollte, dann hätte ihm das Ding per Post zugeschicktwerden können, doch alle, die so profane Gedanken hegen, kennennicht die Würde deS preußischen KulturstaateS.Goldene Jugend.Der Bonner»Volksmund", ein kleines klerikales Blatt,bringt folgengen Bericht über einen von Bonner Husaren-Einjährigenund Korpsstudenten verübten Ueberfall und Angriff auf einen inBonn, Nordstraße öS, wohnenden Husaren-Einjährigen-Unteroffizier,den Sohn eines Linzer Gewerbetreibenden:»In besagter Nacht— es war gegen S'/z Uhr fuhr vorseinen, Hause eine Droschke vor. ES cntsticgcn ihr nicht wenigerals zehn Mann: halb Husaren-Einjährige, halb Angehörige einesBonner Korps mit den bekannten weißen Stürmern.Und nun ging ein Hexensabbat lo-Z, der aller Beschreibungspottet. Unter wüstem Lärm und Geschimpfe drang man auf dieHäustür ein. Ohne daß von innen geöffnet wurde, erlangte manEinlaß ins Haus. Im Flur wurde die erste Tür bestürmt. Sieführte iudss nicht zur Wohnung des Gesuchten. Ein Fahrrad, daSunten an der Treppe stand, ging in Stücke. Währendeiner bor der Haustür Wache hielt, stürmten die übrigendie Treppe hinauf. Die Tür zum Salon deS Unteroffiziers wurde eingetreten, im Innern alles drunter und drübergestürzt, Möbel beschädigt, Bücher am Fenster hinausgeworfen.Weithin hörte man Rufe wie:„Du bist nicht satiSfaktionsfähig I"„Der Waschlnpp, der Wasserkopp." Und dann klangen durch dieNacht Hilferufe. Unteroffizier Feith stieß sie aus, denn mittler-weile waren die Eindringlinge in sein Schlafzimmer gestürzt,hatten an ihm ihren Rlut gekühlt und das Bettzeug zum Fensterhinausgeworfen.Dann verließ der nächtliche Besuch das HauS wüst undlärmend. Und als Hausbewohner ihnen Vorhaltungen machten,warfen die Herrschaften mit Stücken Basalt- und Ziegelsteinen."Und was war die Ursache dieses niederträchtigen Ueberfalles?Der Ueberfallene, ein strenger Katholik, soll sich wegwerfend überdas Duell und das KorpZstudententum ausgesprochen haben.Wir sind sicherlich für die Fürsorgeanstalten und ihre Straf-Praxis nicht eingenommen; aber den Teilnehmern an diesem Ueber-fall könnte eS wirklich nichts schaden, wenn sie für einige Zeit derAnstalt in Mielczyn als Fürsorgezöglinge überwiesen würden.Eine Leuchte des Nntionalliberalismus.Der Reichstagsabgeordnete Dr. S e m l e r, der nachBerichten Her JentrumSpresse— i die Abkommandierung einesnationalliberalen Abgeordneten angeboten hatte, um die im Jnter-esse der Beamten von der eigenen Fraktion in der Budgetkommissiongestellten Anträge zu Fall zu bringen, hat auch bei einer anderenGelegenheit seine zur Schau getragene Veamtenfreundlichkeit mitseiner inneren/Ucberzeugung nicht in Einklang zu bringen vcr-mocht. Es mat in einer der letzten Sitzungen, der Kampf tobteum die Einreihung der verschiedenen Beamtenkategorien in dieihrem Range entsprechende Gehaltsklasse. Bei einem von densozialdemokratischen Mitgliedern der Kommission gestellten Antrage.eine Kategorie von Unterbeamten in eine höhere Gehaltsstufe zubringen, als in der Regierungsvorlage vorgesehen war, erhob beider Abstimmung auch der Abgeordnete Dr. Semler als letzterzaghaft die Hand und seinem Mund« entrangen sich die Worte:„Nun, hoffentlich wird der Antrag abgelehnt."— Der Wunschdieses Gemütsmenschen, der für einen Antrag stimmte, dessenAbehmmg er wünschte, ist in Erfüllung gegangen, der Antragwurde richtig abgelehnt._Annahme des württembergischen Volksschulgesetzes.Die Erste Kammer hat heute das Volksschulgesetz unter Zu-stimmung zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer mit 23 gegen8 Stimmen angenommen. Die Mehrheit erklärt, daß sie von demGedanken durchdrungen sei, daß das Scheitern des Gesetzes imHinblick auf das Wohl der Volksschulen zu beklagen wäre. DieBeschlüsse des anderen Hauses bedeuteten ein so weites Entgegen-kommen, daß die Mehrheit angesichts der dem Gesetzentwurf drohen-den Gefahren ihm zustimmen könne, wenn auch mancher Wunschunerfüllt bleibe. Das Gesetz ist damit endgültig angenommen.Militärjustiz.DaS Kriegsgericht in Hanau verurteilte den Schriftsetzer OskarNuschke aus Creußen i. Th. wegen Achtungsverletzung, Drohung vorversammelter Mannschaft und Preisgabe von Dtenstklcidern zu2Vs Jahren Gefängnis.Der Mann war lange Zeit außer Arbeit und drei Tage nach-dem er endlich wieder Arbeit gefunden hatte, wurde er zu einertägigcn Reserveübung eingezogen. Vor Wut darüber trank eretwa 3l) Glas Bier und eine Ouantität SchnapS und beleidigtedann in seiner Trunkenheit den Unteroffizier, der ihn einkleidensollte. Er erklärte, diese militärischen Uebungen seien sein Ruin.Einige Tage später flüchtete er. stellte sich aber an der französischenGrenze der Behörde und wurde in Haft genommen.Der Anklagevertreter, GerichtSassesior Laubersbach- Frankfurt,ließ zunächst die Anklage wegen Widerstandes fallen, wetterte dannaber in seiner Rede gegen die revolutionäre Sozialdemokratie, dieallein für die Taten des Nuschke verantwortlich zu machen sei. DerAngeklagte sei daS Opfer der systematischen Verhetzung durch dieInternationale, er beantrage 2'/. Jahre Gefängnisund Versetzung in die zweite Klasse des Soldaten-st a n d e s. Das Gericht erkannte auf diese Strafe,nachdem ein Antrag des Verteidigers, den Angeklagten auf seinenGeisteszustand zu untersuchen, abgelehnt worden war. Der Ge-richtsassessor Laubersbcrch hat sicher noch eine große Zukunft borsich. Er scheint sein Beispiel an dem ehemaligen StaatsanwaltRomen genommen zu haben, der in öffentlicher Gerichtsverhand-lung die Sozialdemokratie des Meineides bezichtigte, und der esheute bereits bis zum Geheimen KriegsgerichtSrat gebracht hat.Ein Soldatenschinder.Vor dem Kriegsgericht der 12. Division in Neiße hatte sich derUnteroffizier Karl Kacse vom 23. Jnf�Reg. zu verantworten. Inder Verhandlung wurden 103 Mißhandlungsfälle festgestellt. Haupt-sächlich waren es Rekruten, die er gcgnält hatte. Der sauberePatron wurde zu fünf Monaten Gefängnis und De-gradation verurteilt._Kreta.Ueber den türkischtgriechischen Konflikt laufen nur spar»liche Mitteilungen ein. Die türkische Negierung hat diegriechische Entgegnung auf ihre Note entgegengenommen, abernoch nicht darauf geantwortet. Der Ministerrat wird sicherst heute mit der griechischen Antwort befassen, doch wirdschon im voraus angenommen, daß er sie als unbefriedigend be-zeichnen wird. Die Lage wird dadurch erschwert, daß diePforte sich von Ansang an auf ihr weiteres Verfahren fest-gelegt hat, indem sie die Abreise des türkischen Gesandtenaus Athen androhte. Die Absicht einer Kriegserklärungscheint aber auf türkischer Seite nicht mehr zu bestehen.Kanca, 11. A u g u st.(Meldung der Agence HavaS.) Diekretische Regierung scheint im Prinzip geneigt, den Forderungender Schutzmächte in betreff der Flaggenfrage auf der Festung vonKanea zu entsprechen, doch sei es mit Rücksicht aus innereSchwierigkeiten wünschenswert, ihr eine gewisse Frist zu ge-währen.__Cnglsncl.Die Wiederaufnahme der EtatsberakungLondon, 0. August.(Eig. Ber.) Für die britischen Parka.mentsmitglieder gibt es vorläufig keine Aussicht auf Ferien. DieSession hat bereits ö Monate gedauert und doch ist kaum einSiebentel der Finanzvorlage durchberaten. Heute werden dieBeratungen wieder aufgenommen.Die Finanzvorlage ist eine Spezifikation der im Etat bor-gesehenen Steuern. Sie besteht aus 74 Klauseln und mehrerenBeilagen. Bis jetzt wurden nur 10 Klauseln, die die neuen Grund.und Bodensteuern behandeln, erledigt. Es bleiben noch folgendeKlauseln:10. Steuer auf den Wert von Bauplätzen, die(aus Speku»lationsgründen) brach liegen. 11. Die zu berücksichtigenden Aus-nahmen. 12. Steuer auf Berggerechtsame. 13. Steuer»exekutionen. 14 bis 21 behandeln Steuereinschätzungen von Grundund Boden und Mineralien. 22 und 23 betreffen Einlegung vonBerufung gegen Einschätzung. 24 und 25 handeln von Ländereien,die von öffentlichen Behörden verwaltet werden. 27. Definitionen.28. Anwendung der Vorlage aus Schottland. 29 bis 38 Schank-lizenzen.'40 bis 45 Erbschaftssteuer. 46 bis 51 Einkommensteuer.52 bis 59 Stempel und Börse. 60 bis 66 Zölle und Verbrauchssteuern. 67 bis 70 Lokalregierung und Straßen..71. Staats-schuldendicnst. 72 bis 74 Allgemeines.—Es dürfte sich bei dieser Gelegenheit empfehlen, die neuenSteuern, die der Etat zum Zwecke der Deckung deS Defizits vorschlägt, ins Gedächtnis zu rufen:Steuer auf unverdiente Einkommen, sowie auf alle Ein»kommen von über 8000 Pfund Sterling: 1,20 M. pro 20 M.Zusatzsieuer auf Einkommen von über 5000 Pfund Sterling:0,50 M. pro 20 M.; diese Steuer beginnt schon bei demjenigen Ein-lommenSteile, der über 3000 Pfund hinausgeht,.Erhöhung der Erbschaftssteuer, der Automobilsteuer, derSchanklizenzen, der Stempel- und Vörsensteuer, des Tabakzolls,der Verbrauchssteuern auf Spirituosen. 20 Prozent Steuer aufunverdienten Bodenwertzuwachs; 10 Prozent Steuer bei Rück-Übernahme deS Grund und Bodens durch den Grundherrn nachAblauf deS Pachtvertrages; unentwickelter städtischer Boden: vierPfennig pro 20 M. des Wertes.— Ueber die letztgenannte Steuerbeginnt heute die Beratung.—Um der Mutlosigkeit zu steuern, die in der konservativen Parteieingerissen ist, sollen die Parteiführer demnächst Agitationstourenim Lande unternehmen. Der Feldzug wurde letzten Sonnabendvon Lord Lansdowne eröffnet. In seiner Rede sprach erdie Ansicht aus, die Lords sollten eS auf eine Verwerfung des Etatsund auf eine Parlamcntsauflösung ankommen lassen:„Wir er-kennen an," sagte Lansdowne,„daß der Wille deS Volkesin unserem Lande maßgebend ist. Und wir verlangen,daß dem Volke volle Gelegenheit gegeben wird, seinen Willen mitvollständiger Kenntnis deS Gegenstandes auszusprechen- Das istkein unvernünftiges Verlangen; und in dieser Frage sind wkr bereit,den Kampf aufzunehmen."Am selben Tage sprach der Handelsminister W i n st o nChurchill für den Etat. Aus seiner Rede ist folgende Stellebemerkenswert:„Die Regierung ist sich des Ernstes der Lage be-wüßt. Sie ist entschlossen, ihre Politik durchzuführen. Das Schick-al der liberalen Regierung ist mit dem Schicksal des Etats ver-nüpft. Wir bewerten unser Amt nach dem Maße der Gelegen-heit, die eS uns gibt, unsere Politik zu verwirklichen. Wir setzenunsere Hoffnungen auf die Unterstützung des Volkes und nicht aufparlamentarische Manöver. Wir haben Vertrauen zum Volke; wirrechnen auf das Volk, und mit Hilfe deS Volkes werden wirsiegen."Spanien.Erlast deS Generalkapitäns boa Barcelona.Daß zwar zurzeit in Barcelona wieder die heiligeOrdnung regiert, aber im stillen die Volkserbitterung fort-glimmt, zeigt folgende Proklamation, die der Generalkapitänvon Barcelona an allen Straßenecken anschlagen ließ:„Mir ist zu Ohren gekommen, daß von den Feinden deröffentlichen Ordnung fortgesetzt Versuche gemacht werden, dieordentlichen Arbeiter zu überreden, die Arbeit niederzulegen.Da ich aber fest entschlossen bin, nicht die gering st eRuhestörung zu dulden, so?ufe ich meine Kundgebungvom 26. Juli in aller Gedächtnis zurück und erkläre, daß ichgegen jeden Versuch, die Ruhe und Ordnung zu stören, mit allenmir zur Verfügung stehenden Mitteln rücksichtslos einschreitenwerde. Wer auf frischer Tat bei Arbeits st örun-gen. Plündern nglen oder B.ranvleguugen er-tappt wird, den stelle ich sofort vor daS Hin.richtungspeloton. Darum erwarte ich, daß jeder sich seinTun und Handeln überlegt und sich der Verantwortung dabeibewußt wird. An die friedliebenden Bürger von Barcelonaaber wende ich mich mit der Mitteilung, daß sie stets bei mirSchutz finden werden."_Zur Charakteristik des spanischen KlcrnS.Der Madrider Korrespondent der»Voss. Ztg." berichtet seinemBlatt:„Oft ist in klerikalen Blättern die im Volke herrschende Mri-nung, daß die Jesuiten moderne Rcpetiergewehre und sogarSchncllfeuergeschütze besitzen, um sich gegen BolkSangriffe zu ver-teidigcn. als blödsinnige Fabel bezeichnet worden. Stun hat eS sicherwiesen, daß eines der wenigen Klöster, die in Barcelona demVerderben entgingen, das in der Calle de Cospe gelegene Jesuiten-klostcr war, dessen Insassen, Patres und Zöglinge, jeden An-griff mit Gewehrschüssen zurückwarfen. In einemklerikalen Blatte(„El Pucblo Vasco") liest man unter der Ueber-schrift:„Rechtmäßige Verteidigung" folgende Zeilen:„EinemBrief eines Kapuzinermönchs entnehmen wir nachstehendes: Hierin Jgnalavla hat die Revolution fünf Tage gedauert. Der Mobwollte unser Kloster stürmen, aber er sah davon ab, als er dieWahrnehmung machte� daß wir bewaffnet waren und entschlossen,ihm eins auf den Pelz zu brennen. Ich bin im Handhaben vonWaffen nicht sehr bewandert, habe mich aber genötigt gesehen, dieRolle eines Anführers zu übernehmen und die Befestigungswerkedes KlosterS zu leiten. Vier Nächte hintereinander habe ich mitden Waffen in der Hand verbracht und jede Nacht bloß zwei oderdrei Stunden geschlafen. In diesem Augenblicke, während ich Dirschreibe, habe ich in meiner Zelle drei Flinten undvier Revolver mit dem entsprechenden Schieß»bedarf...Also nicht allein die Jesuiten, auch die Kapuziner, wahrschein-lich die meisten Ordensgenossenschaften besitzenWaffen. ES ist dies eine unumstößliche Tatsache.Sie sind ihrer Beliebtheit im Volke bewußt und richten sich danachein. Seit den blutigen Vorgängen in Osera, die in ganz Spanienso große Erbitterung hervorbrachten, dürften die Klöster ihre Be-waffnung vervollständigt haben.Friede auf Erden den Menschen, die Mauser-gewehre abzuschießen willens sind und die froheAotschafjt In die Majssen hanieinlnaDUnr*Italien.Ein Nefcrcndum über den ZarcnprotestRom, 9. August.(Eig. Ber.) Das Exekutivkomitee der Kon.federation der Arbeit hat sich angesichts der zweifelhaften Auf.nähme, die die Tagesordnung des Ausschusses der Konfederationgesunden hat, entschlossen, unter den konfederierten Arbeitskam-mern und Zentralverbänden ein Referendum anzusagen. DaSReferendum enthält die folgenden Fragen:Seid Ihr der Ansicht, daß am Tage des ZarenbesuchZ in ganzItalien und in allen Gewerben und allen öffentlichen Dienstender Generalstreik zu proklamieren sei?Im Falle einer beiahenden Antwort könnt Ihr den Erfolg deSGeneralstreiks in dem Bereich Eurer Arbeitskammer gewähr-leisten?Habt Ihr anderweitige Vorschläge zu machen?Dieser Fragebogen ist an 60 Arbeitskammern, 15 Zentralver-bände und die 30 Mitglieder des Ausschusses der Konfederationversandt worden. Als äußerster Termin für die Antwort ist der16. August angesetzt worden. Wer bis dahin nicht anwortct, wirdals Verfechter der Thesis der Konfederation angesehen, also alsGegner des Generalstreiks. Es ist dies eine durchaus willkürlicheund, unseres Erachtens. ganz unstatthafte Interpretation derStimmenthaltung.Die Organisationen von A p u l i e n haben bereits für den Falldes Zarenbesuches in ihrer Region den Generalstreik beschlossenund alle Vereinbarungen auch mit den starken Landarbeiter,organisationen getroffen.