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ivei! Sfe Mrieipolitischs KokstellaliM in Frage koiiMShdefl Kreise sich toeii näher mit der des westlichen als der des östlichen Westfalen berührt, und weil des weiteren die Zugverbindungen nach dein Kreise von Dortmund   aus günstiger liegen als von Biele- ifeld aus. Nach einem Referat des Genossen König legten die ÄreiSvertreter die Beschlüsse der drei WahlkreiSvcreine dar, welche übereinstimmend sich für den Anschluß an das westliche Westfalen erklärten. Der Beschluß soll zur Kenntnis und Beschlußfassung des Provinzialparteitages für das westliche Westfalen, welcher im Herbst in Annen   zusamnientritt, gebracht werden. Als Zeitpunkt .für die Abtrennung wurde der 1. Januar 1910 bestimmt. Längere Beratung erforderte die Frage der Parteipresse, die alsdann auch durch einstimmigen Beschluß, die Dortmunder  «Arbeiterzeitung" zum Organ zu wählen, geregelt wurde. Die Jahresversammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins für den Wahlkreis Hanau-Gclnhausen-Orb fand am Sonntag, den 8. August, in Langenselbold   statt. Im Berichtsjahr ist die Zahl der Mitglieder, trotz der wirtschaftlich ungünstigen Verhältnisse, von 3820 auf 5928 oder 55,02 Proz. gestiegen. Organisiert sind 5144 männliche und 784 weibliche Mitglieder, welche sich auf 64 örtliche Organisationen verteilen. Das sechste Tausend ist durch die am 1. August ,im Kreise vorgenommene Flugblattverbreitung und Hausagitation überschritten. Diesen erfreulichen Fortschritt verdankt der Kreis dem seit dem 1. Oktober 1008 ins Leben ge- rufenen Parteisekretariat, mit dem Sitz in Hanau  , und der um- fangreichen agitatorischen Tätigkeit des Parteisekretärs Genossen Robert Dißmann  . Von allgemeinem Interesse ist auch die Ent- Wickelung der Parteiorganisation in dem bisher rückständigsten Gebiet unseres Wahlkreises, im Kreise Gelnhausen  . Dort waren vorhanden am 1. Juli 1903 in 6 Filialen 62 Mitglieder, am 1. Oktober 1908 in 6 Filialen 34 Mitglieder, am 1. Januar 1909 in 15 Filialen 175 Mitglieder, am 1. April 1909 in 21 Filialen 359 Mitglieder, am 30. Juni 1909 in 24 Filialen 441 Mitglieder- Stellt man die bei der letzten Reichstagswahl im gesamten Wahl- kreise abgegebenen Stimmen in Vergleich zu unserer Gesamtmit- gliedschaft im Kreiswahlverein, so ergibt sich, daß bei 17 923 sozial- demokratischen Stimmen 5928 Mitglieder oder 33,07 Proz. der Parteiorganisation angehören. In der Diskussion über den Parteitag in Leipzig  , über welchen Genosse Reichstagsabgeordncter H o ch referierte, wurde in scharfer, aber sachlicher Weise von allen Rednern die Meinung ausgesprochen, daß man unter keinen Um- ständen eine Stimmung in der Reichstagsfraktion die Oberhand gewinnen lasse, die darauf hinausgehe, es mit den bürgerlichen Parteien nicht zu verderben. Unser altbewährter Grundsatz: Diesem System keinen Mann und keinen Groschen I gelte auch noch heute für die Partei. Den Hofgängern müsse in Leipzig   gesagt werden, daß ihr Verhalten mit dem der gesamten Parteigenossen- schast nicht mehr in Einklang zu bringen sei. An der Maifeier müsse unter allen Umständen festgehalten werden. Als Partei- tagsdelegierte würden Dißmann, Lamm und Richter gewählt.~ Zum deutschen   Parteitag in Leipzig  ttahmen mm auch die München  « Genossen in einer gutbesuchten Generalversammlung des sozialdemokratischen Vereins für die ReichstagSwahlkreise München I und II Stellung. Nachdem Genosse Franz Schmitt den Rechenschaftsbericht des Parteivorstandes be- sprachen hatte, führte er folgendes aus: Einige Zeit habe es den An- schein gehabt, daß der diesjährige Parteitag von häßlichen Stänkereien verschont bleiben werde. Doch hätten die letzten Tage gezeigt, daß es Genossen gebe, die offenbar ohne Stänkereien nicht leben können und immer wieder die kostbare Zeit des Partei- tageS mit persönlichen Streitereien vergeuden. Die Münchener Delegierten müßten deshalb mit allem Nachdruck dafür eintreten, daß nicht wieder durch überflüssige Zänkereien am Schlüsse wichtige Fragen in Bausch und Bogen abgehandelt werden müßten. Neoner spricht unter allgemeiner Zustimmung den Wunsch aus, daß der diesjährige Parteitag nicht ein Parteitag des Zankes, sondern ein Parteitag fruchtbringender Arbeit werde. Angenommen wurde ew Antrag, den§ 13 des Organisationsstatuts dahin zu erweitern, daß der Parteitag auch auf Antrag der Reichs- tagS-Fraktion einzuberufen ist. In 8 23 soll der Satz ge- strichen werden:Auch kann der Ausschluß erfolgen, wenn das Mit- glied wiederholt in bewußter Weise das Parteiinteresse schädigt." Genosse Sänger führte aus, die Ausführungen in den Berliner  Versammlungen müssen auf jeden, der mit Idealismus zur Partei kommt, geradezu deprimierend wirken. Der dort aufgestellte Grund- satz, daß derjenige schon auS der Partei ausgeschlossen werden muß, der auch nur fahrlässig die Parteigrundsätze schädigt, stehe im krassen Widerspruch zu dem Grundsatze der Freiheit, wodurch die Sozial- demokratie groß wurde. Nicht scharf genug könne man sich gegen einen Antrag der Berliner   wenden, die einen Boykott der Mitarbeiter an denSozialistischen Monatsheften  " fordert. Redner wendet sich hieranf gegen eine Resolution des Genossen Schmöger, die das Lorgehen der Württemberg er Hofgänger scharf verurteilt. Das sollte man den württembergischen Parteigenossen überlassen. der Parteitag habe damit nichts zu tun. Es handle sich hier nicht um eine Frage der Taktik, sondern um eine Frage des guten Geschmacks. Genosse Kemmer begründete eine Resolution,«vonach die Münchener Delegierten beauftragt werden, energisch dafür einzutreten, daß sich jeder sozial- demokratische Abgeordnete unbedingt und unter gllen Umständen den Mehrheitsbeschlüsse» der Fraktion zu fügen habe. Der Redner befürchtet, daß es auch diesmal nicht ohne den üblichen Krach auf dem Parteitag abgehen werde. Es habe den Anschein, daß eine gewisse Richtung in der Partei wichtige Frafjen im Handumdrehen erledigen und nebensächliche Dinge aus reiner Skandalsucht heraus zu emer Staatsaktion auf- bauschen möchte. Die Hofgangerei der sieben Schwaben sei eine Dummheit gewesen, aber warum soll die kostbare Zeit des Parteitages damit vertrödelt und dadurch die Aufmerksamkeit von weit wichtigeren Fragen abgelenkt werden? Notwendig wäre es, daß sich der Parteitag mit der neuen GewerbeordnungZnovelle und der Frage des Arbeiterschutzes beschäftige. In dieser wichtigen Frage habe beispielsweise Genosse Stadthagen  , der doch zu den Ultraradikalen zähle, tn der Kommission gegen den Genossen Robert Schmidt, der den gewerlschaftlichen Standpunkt ver- trat und die Beseitigung der Frauenarbeit ver- langte, gesprochen und gestimmt.(Hört l) Das sei eine weit größere Dummheit, als diejemge, die die sieben Schwaben gemacht hätten.(Lebhafte Zustimmung.) Und bei der Erbschaftssteuer habe Stadthagen   öffentlich erllärt, wenn es zur dritten Lesung gekommen wäre, hätte eS eine Spaltung innerhalb der Fraktion gegeben, und ein Teil, zu dem auch er gehört hätte, würde gegen die ErbschaftS- steuer gestimmt haben. Das fei geradezu ungeheuerlich, seine Be- gründung eine höchst sonderbare Logik. In der Partei sei eine kleine Gruppe vorhanden, die sich gegen die produktive Arbeit unserer Genossen in fortgesetztenOuertrewereten" gefalle. Die ganze Aktion der Fraktion werde beeinflußt von dieser Minorität. Schließlich wurde die Resolution Kemmer einstimmig angenommen. Zum Schluß wurde beschlossen, die sechs Delegierten durch UrWahl zu wählen und für die UrWahl 12 Kandidaten aufzustellen. Der Genosse Kemmer hat mit seiner Behauptung. Genosse Stadthagen   habe gegen die Beseitigimg der Frauenarbeit gestimmt, unrecht. Der Vorfall, um den es sich dreht, war wie unseren Lesern erinnerlich ist, folgender. Stadthagen   bekämpfte in der ersten Lesung der Gewerbeordnungskommisfion einen Zentrums- antrag, der nur Beseitigung der Beschäftigung von Arbeiterinnen auf Bauten verlangt, als ni cht weit genug gehend. Not- wendig sei eS, alle den« weiblichen Organismus schädliche Arbeiten zu verb' ten. zu denen nicht nur das Tragen auf Bauten, soudern beispielsweise das Tragen von KokLsäcken usw. gehöre. Schmidt erklärte sich für den ZentrumSantrag. Nachdem dieser Antrag angenommen war, stimmte Stadthagen   in zweiter Lesung der Kommission für den leider ungenügenden Antrag des Zentrums. In beiden Lesungen stiminten die KommissionS- fnitgliedtt gemeinsam für die Beseitigung der Frauenarbeit in Kokereien und im Bergbau. Dem törichien Gerede der Zentrumspresse, als habe Stadihagen gegen die Beseitigung auch nur der Frauenarbeit auf Bauten sich gewendet, trat bereits der vom Zentrumsabgeordnetcn Pieper verfaßte Bericht der Kommission und u« der zweiten Lesung des Plenums Stadthagen   entgegen. Es wäre nicht zu viel gewesen, wenn der Genosse Kemmer vor dem von ihm erhobenen Angriff sich unterrichtet hätte. Unrichtig ist auch, daß Stadthagen   erklärt habe, er würde, falls die Fraktion für die Erbschaftssteuer in dritter Lesung zu stimmen beschlossen hätte, dagegen gestimmt haben. Er hat in der Niederbarnimer General- Versammlung erllärt. daß er dann von dem Recht, das stets in ihrer Ansicht von der Mehrheit abweichenden Fraktionsmitglicdern zustand, sich der Stimme zu enthalten. Gebrauch ge­macht hätte._ Em Induftm und FtandeL Aschinger walzt auch ab. Bei den ersten Nachrichten über Preissteigerungen in den Casss wurde behauptet, Aschinger werde die sehr lukrative aber auch uu- verschämte Steuerabwälzung durch Aufschlag von 5 Pf. für die Portion Kaffee nicht mitmachen. Anscheinend hat man aber im AufsichtZrat der Gesellschaft die Bedenken wegen einer möglichen Konkurrenz tapfer überwunden, denn bei Aschingers kosten die Kännchen nun auch 80 Pf. 5 Pf. pro Portion, das macht pro Pfund Kaffee 1,50 bis 2 M. Mehreinnahme, während der Steuer- aufschlag nicht eimnal auf 15 Pf. sich stellt. Das ist ein Geschäft, das wohl zu einem kühnen Attentat auf die Konsumenten reizen kann. Aber hoffentlich lassen diese die Plünderung sich nicht ge- fallen. Für die Konkurrenz böte sich eine selten günstige Gelegen- heit zur Gründung eines flotten, hoch rentablen KaffeehausbetricbeS. Gerade wegen der Verteuerung des Bieres wird die Frequenz in den Cafös bei kräftig anwachsendem Umsatz sich heben, wenn man dem Bedürfnis mit akzeptablen Preisen entgegen kommt. Und das ist sicher: die Preise, die bisher bei AschingerS üblich waren, garantieren einem Betriebe großen Stils glänzende finanzielle Resultate. Die Konkurrenz der kleinen Konditoreien und Cafes kommt da gar nicht in Frage, weil diese keinen Massenbesuch wollen und solchem schon mit ihren räumlichen Einrichtungen nicht ge- wachsen find. Zweifellos fehlt es in Berlin   an Kaffeehäusern, die das Gegenstück bilden zu den großen Bierhäusern Schultheiß, Patzen- hofer usw. We>«n andere Unternehmen, wie zum Beispiel in den Zelten, Kännchen Kaffee zu 30 Pf. abgeben und dazu zwei Konzert- kapellen unterhalten, dann«miß ein planmäßig betriebenes Kaffee- Haus, das ohne solche besonderen und nicht geringen Unkosten arbeitet, bei einem Preise von 25 Pf., trotz der Zollerhöhung, groß- artig florieren können._ Gegen die Biervertenerung. In Mühlhansen i. Th. beschloß nach demHann. C." eine von 1200 Personen besuchte Versammlung, alle die Brauereien und Wirte zu boykottieren, die einen Preisaufschlag von 2 Pf. für das Vier- zehntellitcrglas haben eintreten lassen. ES wird verlangt, daß das Vierzehntelliter Lagerbier auch in Zukunft für 13 Pf. ab­gegeben werde. In Saalfeld   i. Th. protestierte eine don 8001000 Personen besuchte Vollsversammlung ebenfalls gegen die Abwälzungspraxis. Eine Resolution, nach welcher sich die Anwesenden verpflichten, so lange kein Bier zu trinken und in diesem Sinne auch in anderen Kreisen zu agitieren, bis die Brauereien und Wirte bereit find, ein für die Konsumenten günstigeres Uebereinkommen zu treffe««, fand gegen eine Stimme Annahme. Die Saalfelder   Wirte verlangen jetzt für einen halben Liter Lagerbier 16 Pf. Die Arbeiterschaft hält aber eine Erhöhung von 12 auf 13 Pf. für ausreichend. ... In«mserer gestrigen Notiz mutz eS, wie ja schon aus dem Vorsatz hervorgeht, heißen:«n der 8. Spalte 6. Zeile von oben »obergäriges" und in der 8. Zeileuntergäriges" Bier. Zu den obergärigen Bieren, die meist in kleinen Städten und auf dem Lande gebraut werde««, gehölen z. B. Braunbier. Einfach- bier, ferner daS Berliner Weißbier, das Grätzer Bier, daS Lichten- hainer, das Zerbster   Bittcrbier, verschiedene Malz- und Weizenbiere, Doppclbier, Potsdamer Stangenbier u. a. m. Bei diesen Bieren schwankt der Malzverbrauch zwischen 5 12V, Kilogramm pro Hekto­liter Ausstoß. Für untergäriges Bier Lagerbier darf nach dem Brausteuergesetz vom 3. Juni 1900 nur noch Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden. Thyssen rüstet für die nächste Hochkonjunktur. August Thyssen möchte in dem Kampfe um den stärksten Anteil an der nächsten Hochkonjunktur nicht zu kurz wegkommen. Deshalb sorgt er schon jetzt dafür, daß er dann gerüstet ist. Sein Streben nach möglichst großem Einfluß in den zukunftsreichen lothringischen und luxemburgischen Eisenerzdistriltcn ist bekannt. Mit der Ver- grvßerung der von ihm kontrollierten ErzProduktion wird eS auch im Zusammenhang stehen, daß jetzt die«hm gehörende Gewerkschaft Deutscher Kaiser sich auf eine größere Roheisenproduktion vorbereitet. Dort sollen� im ganzen vier neue Hochöfen mit je 500 Tonnen Leistungsfähigkeit gebaut werden. Thyssen hat kürzlich auch von den Stahlwerken Richard Lindenberg   die Elektrostahlpatente, System Heroult, für die Gewerkschaft Deutscher Kaiser erworben. Um sie ausnutzen zu können, ist auch noch der Bau neu« Stahlwerke erforderlich._ Gummi-Dividenden. Auch in Rußland   scheint, wie in Deutsch  - land. da? Gummiaeschäft die höchsten Dividenden abzuwerfen. Die Russisch-Amerikanische GummimanufalturTreugolnik". die ihr Aktien« kapital im vorigen Jahre um 20 Millionen Rubel verstärkt hat, verteilt für 1908 eine Dividende von 30 Prozent gegen 25 Prozent pro 1907. Beachtung verdient der Umstand, daß die im Vorjahre 34,3 Millionen Rubel betragende Bilanzsumme in der jetzigen Bilanz auf 39 Millionen Rubel angewachsen ist. Bus der frauenbewegung. Kind erzähl und Kindersterblichkeit. Im Juliheft derZeitschrift für Sozialwissenschaft" behandelt Kreisarzt Dr. Hillenberg die neuerdings viel erörterte Frage der Beziehungen zwischen Geburtenhäufigkeit und Säuglingssterblichkeit. Einige Aerzte und Bedölkerungsstatistiker waren so weit ge- gangen, zu behaupten, daß die große Kindersterblichkeit Deutsch- landS nur die Folge der zu großen Geburtenziffer sei. Be» sonderes Aufsehen erregten in letzter Zeit die auch von unS er- wähnten Untersuchungen des Berliner   Arztes Dr. Hamburger über die Verhältiiisse in großstädtischen Arbeiterfamilien. In den Jahren 1901 1907 hat Dr. Hamburger bei 1042 Arbeiterfrauen festgestellt, wie oft jede von ihnen geboren hatte. Es ergab sich, daß den Arbeiterfrauen mehr als die Hälfte aller Geborenen durch den Tod wieder entrissen wurde, bevor sie daS 16. Lebensjahr er- reicht hatten, und daß die Verluste durch Tod mit zunehmender Geburtenziffer stiegen: bei zwei- und dreikindriger Ehe starben zirka 33% Proz.» bei fünfkindriger 40 Proz., bei siebenkindriger 46 Proz. usw. Dr. Hillenberg tvendet sich gegen die Hamburgersche Schluß- folgdrung, daß an der hohen Kindersterblichkeit in erster Linie die hohe Kindcrzahl schuld sei. ES sei nicht angängig, aus auf einem immerhin beschränkten Beobachtuntzsgebiet gesammelten Material verallgemeinernde Schlüsse zu ziehen. Nur die Durchschnitts- zahlen einer ganzen Bevölkerung mit der verschieden großen Kinder. zahl in kn Mzelvea StojfcQ im MaLMMang mit den zahle reidfjSft äußeren FakkoiW, die s o n st auf die Säüglingssterblichke!! einwirken, können eigentlich zur Untersuchung herangezogen werde». Von diesen Gesichtspunkten aus sind einzelne Statistiker zu ganz anderen Ergebnissen gelangt. So sagt Geitzler: Die vielfach behauptete Abhängigkeit hoher Säuglingssterblich- keit läßt sich nur gezwungen aus unseren Tabellen herauslesen. So zeigt der Landbezirk Leipzig   eine sehr günstige Sterblichkeit der ehelichen Kinder im ersten Lebensmonat bei sehr hoher ehelicher Fruchtbarkeit, andererseits hat der Landbezirk Zittau die un- günstigste Sterbeziffer der Säuglinge, trotzdem er auch fast die niedrigste eheliche Fruchtbarkeit in Sachsen   aufweist." Einige Autoren geben die Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen Fruchtbarkeit und Säuglingssterblichkeit zu in Erwägung der Tatsache, daß zahlreiche aufeinander folgende Geburten die Mütter schwächen, daß die Kinder deshalb weniger lebensfähig sind und daß die überanstrengte Mutter den später Gebarenen nicht «nehr die nötige Pflege zuteil werden lassen kann. Ein durch- gängiger Zusammenhang zwischen Geburtenziffer und Kinder- sterblichkeit wird von den meisten entschieden bestritten. Auf einem radikal ablehnenden Standpunkt steht auch die preußische Statistik. Hillenberg zitiert aus dem 133. Bande(1901) Seite 57:Die Säuglingssterblichkeit richtet sich nicht nach der Geburtszifferz die Jahre 1880, 1883, 1884, 1886, 1892, 1895 und 1900 mit den hohen Ziffern für erstere hatten keineswegs auch die größte Geburtenhäufigkeit, und umgekehrt die Jahre 1879, 1881, 1887, 1888, 1894, 1896 und 1898 mit der niedrigsten Kindersterblichkeit hatten nicht die kleinsten Geburtsziffern." Auch eine Autorität wie Professor Mayet bekämpfte auf statistisches Material gestützt>- die Ansicht, daß je höher die Geburtenziffer, desto größer auch die Säuglingssterblichkeit sei. Zu demselben allgemeinen Ergebnis kommt Hillenberg ebenfalls auf Grund amtlicher Zahlentabellen; doch gibt er zu, daß im einzelnen, d. h. für einzelne Berufsklaffen unter besonderen Verhältnissen eine Rückwirkung der Äinderzahl auf die Sterblichkeit nicht von der Hand zu weisen sei. Dies ist in großen Zügen der Inhalt des Hillenbergschen Artikels, der für die Frauen des Proletariats zweifellos hohes Interesse hat. Indem er die Voreiligkeit der Schlußfolgerungen von Hamburger und anderen nachweist, gibt er zu, daß die Ursachen der massenhaften Kindersterblichkeit, wie wir tausendfach nachge- wiesen, in unseren sozialen Verhältnissen, in der wirtschaftlichen Not deS Volkes, in der Ausbeutung seiner Frauen ruhen. Nicht durch neumalthusianische Praktiken, durch die künstliche Beschrän- kung der Kinderzahl, diesem vielgepriesenen Allheilmittel gegen soziale Uebel, das auch von Hamburger und den Semen empfohlen wird, gehen wir der Kindersterblichkeit im Proletariat wirksam zu Leibe, sondern indem wir immer und immer wieder von Staat und Gemeinde einen durchgreifenden Kinder- und Arbeiterinrien- schütz, eine Mutterschaftsversicherung großen Stils als besten Mutter- und Säuglingsschutz fordern. Die weibliche Arbeitskraft im In- und Auslande.>>. Eine interessante Zusammenstellung über das� Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Erwerbstätigen in den ver- schiedenen Ländern enthält das soeben erschienene, vom Kaiserlichen Statistischen Aint herausgegebene Statistische Jahrbuch für daS Deutsche Reich(1909). Nach den Angaben ist. in der Vergleichung nach Geschlechtern, die weibliche Arbeitskraft am stärksten erwerbs- tätig in Oesterreich  , dann folgt Frankreich  , an vierter Stelle steht Deutschland  , das mit der absoluten Zahl die dritte Stelle ein- nimmt. Den ersten Platz hat Rußland  , den zweiten nehme«« die Vereinigten Staaten   ein, die aber mit der relativen Zahl die dritt- letzte Stelle innehaben, während Rußland   mit der Verhältniszahl weitaus zurückgeblieben ist. Die folgende Zusammenstellung enthält die am meisten«nter- essiereudLv Angaben�-' tion der Bevölkerung weibliche waren erlvcrbStätig Erwerbs- in Prozent tätige über- männ»«veib- Haupt lich lich 1907 31259 429 9 492 831 45.5 61.1 30,4 1900 13 298 015 5 684 984 51.5 60,6 42,3 1900 9 672407 2 585 235 45,1 63.7 45.1 1897 63162 673 5 276112 24,9 41.6 8.4 1901 16 320 123 5 284 064 50,1 63.0 32,4 1900 1 688 413 498 760 46,9 65,0 29.5 1901 19 533 899 6 804 510 51.3 68,2 34,8 1900 9 543 533 1351792 89,1 64,9 14,2 1900 3 363 714 948 229 45,9 63,8 28,1 1899 2 583 585 433 548 37,8 59.4 16,8 1901 1 256 092 853 980 45.2 63,1 28,1 1900 2 630 005 551021 33.4 56.3 21.0 1900 1 154 784 277 613 39,5 56.1 24.0 1901 16 799 230 1 171751 44,1 64,6 24.8 1001 2 298 348 591 624 44,3 64,0 25,8 1901 2 258 735 546 585 43,7 63,8 24,2 gShlungS- tte�e 1° völlerung Deutschland  ! Oesterreich.. Ungarn  ... Rußland  ».. Italien  .... Schweiz  ... Frankreich  ... Spanien.». Belgien  ... Niederlande  .. Dänemark  ... Schweden  ... Norwegen  ... England U.Wales Schottland.. Irland..-» Großbritannien  und Irland. Ver. Staaten von Amerika  1901 21356 313 5 809 960 44.0 64,4 L4.9 1900 37 244 145 5 329 807 38,4 61,3 14,3 Der Vergleichswert der Angaben wird der verschiedenen Zähl- jähre wegen gestört, doch unberührt davon bleibt das allgemeine Urteil: daß die weibliche Arbeitskraft im Erwerbsleben bereits eine überraschend große Verbreitung gefunden hat. In schreiendem Widerspruch zu der Bedeutung, die das weibliche Geschlecht für die Gütererzeugung erlangt hat, steht seine politische Rechtlosigkeit, seine soziale, rechtliche Unterdrückung. Die Gesellschaft, die der Frau Lasten und Pflichten auferlegt gerade so wie dem Manne, die sie aber weder in der Erwerbstätigkeit, noch überhaupt die Hausfrau, Mutter und Erzieherin als Wertfaktor berücksichtigt. weigert sich, gestützt auf ihre Macht, das weibliche Geschlecht als gleichwertige und gleichberechtigte Persönlichkeit anzuerkennen. Sache der Frauen ist es. den Kampf gegen diese Ungerechtigkeit. gegen die soziale und politische Unfreiheit der Frau«nit aller Energie zu führen. Her mit dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht, auch für die Frauen! Das muß h«S uifi VeMmmende FqMWNg sein._ Sericbts Leitung. .-> Geldheirat und Erpressuirg.'- Wie die Moralheuchelei von moralisch Minderwertig?« zu Er- Pressungen benutzt tvird, zeigt ein Jahre hindurch geführter Er- pressungSfeldzug gegen den verstorbenen Herzog von Plch und dessen nächste Angehörigen, der gestern die 3. Ferienstrafkammcr des Landgerichts I   unter Vorsitz deS LandgerichtsdirektorS Goebel beschäftigte. Aus der Untersuchungshaft wurde der Kaufmann Otto Knöpfke vorgeführt, um sich wegen vollendeter und versuchter Er. Pressung zu verantworten. Im Jahre 1875 machte der jetzige Angeklagte die Bekanntschaft eines damals 16jährigen Mädchens, namens Marie Berns«. Aus dem Liebesverhältnis ging ein Kind hervor. Knöpfte entzog sich an- fänglich seinen Alimentationspflichten«md mußte erst vom Gericht zur Zahlung gezwungen werden. Der Angeklagte bekümmerte sich dann nicht«vciter um die Mutter seines Kindes, sondern heiratete bald darauf die vermögende Inhaberin eines PutzgeschästS, die aber schon nach sechsjähriger Ehe starb. Inzwischen hatte seine ehemalige Geliebte den damaligen Fürsten zu Pleß   kennen gelernt, der zu ihr in intime Beziehungen getreten tvar. Eines Tages suchte die Bernsee den Angeklagten wieder auf und legte ihm nahe, sie doch zu heiraten, damit ihr Kind endlich den Namen des VatcrS erhalte. Sie erzählte ihm hierbei von ihrem Verhältnis zu dem Fürsten Pleß und erklärte, daß dieser sie bei der Verheiratung mit einem größeren Kapital ausstatten werde: die Heirat sollte nur eine Scheinhcirat werden. Der Angeklagte ging auch hierauf ein Wd heirgtets sejnZ ftühW Geliebte. Bon dM Fürsten Pleß