poUtiFcbe ücbcrficbt. Berlin , den 13. August 1909, Ostmarkenpolitik. Die Vielseitigkeit, die die Regierung im Reiche und in Preußen im den Tag legt, wenn es gilt, den Agrariern Liebesgaben zuzu. schanzen, ist schon vielfach Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen, ohne daß dieser tollen Wirtschaft bis jetzt hätte Einhalt getan werden können. Preußen ganz speziell treibt eine beson- dere Licbesgabenpolitik, die sich unter dem Namen»Ansied- lungspolitik" versteckt. Die Ansiedlungskommission in den Ost- marken hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die polnischen Be- sitzer verdrängt werden und deutsche Besitzer an ihre Stelle treten. In der Regel wird das so gemacht, daß diese Ansiedlungskommission Güter ankauft, sie dann zertrümmert und eine Anzahl deutscher Kolonisten, denen die weitgehendsten Vorteile gewährt werden, seßhaft macht. Obwohl schon Hunderte von Millionen für diesen Zweck ausgegeben worden find, muß doch amtlich konstatiert werden, daß ein Erfolg bisher so gut wie gar nicht zu verzeichnen war. In den meisten Fällen kauft die Ansiedlungskommission nämlich nicht polnische, sondern deutsche Güter, und die Junker in der Ostmark haben das Vergnügen, ihre Güter zu enormen Preisen los zu werden, weil sie gelegentlich darauf hinweisen, daß sie andernfalls ihre Güter an polnische Kapitalisten verkaufen werden. Von den 323 346 5)12 M.. die bisher für diesen Zweck ausgegeben worden sind, sind in deutsche Hände geflossen 237 099 991 M. Aus polnischen Händen wurden Güter erworben im Werte von 86 247 474 M. Mit diesem Gelde kaufen die Polen dann wieder deutsche Güter in Schlesien , so daß der polnische Grundbesitz nicht kleiner, sondern größer wird. Im polnischen Besitz tritt eigentlich nur eine Verschiebung ein. In Westpreußen und Posen kauft man sie aus und in Schlesien kaufen sie sich mit dem Gelde wieder an. Gegen den Gamaschendrill. Die Einsicht, daß bei unserer militärischen Ausbildung eine lknmenge Zeit mit ganz überflüssigen Exerzitien vergeudet wird. greift auch unter den deutschen Offizieren mehr und mehr um sich. So unternimmt in dem Juli-Heft der Keimschen.Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine* ein Offizier einen lebhaften Borstoß gegen den Gamaschendrill. Der Exerzier- marsch, die Paradegriffe, daS Einüben mancher geschlossener Forma- tionen, die nur auf den Parade- und Exerzierplätzen vorkommen, im Felde aber ausgeschlossen sind, endlich das peinlich genaue Drillen der Griffe verwirft der Verfasser mit Entschiedenheit. Dieser Drill sei zur Erziehung eines Soldaten keineswegs erforderlich, auch sei es unrichtig, daß er auch nur die Mannschaften innerlich gefestigter und disziplinierter mache. Die Anforderungen, die das Gefecht mit modernen Waffen stelle, seien ganz andere als stüher. Der Soldat trete nicht mehr als Maschine in eng� geschlossenem Rahmen auf, sondern als selbständig denkender und handelnder Einzelkämpfer. Die moralischen Faktoren hätten namentlich an Bedeutung gewonnen, diesen Faktoren trage aber die noch immer geübte alte Form der Ausbildung nur un- genügend Rechnung. Das alles fei ja nichts Neues. Er glaube aber, daß immer erneutes Sturmlaufen notwendig sei, um den Drill in seiner jetzigen Form zu beseitigen. Dabei macht der Verfasser ein Geständnis, das alles andere als ein Kompliment für unseren Militarismus ist: .Ein Offizier, der den Drill für überlebt hält, läuft Gefahr, sich in den Augen älterer Offiziere, seiner Bor - gesetzten, eine Blöße zu geben... Der Untergebene, auch wenn er anders denkt, ist schon auS Nützlichkeit«- gründen gezwungen, sich anzupassen... Di« Aus- bildung mit und durch den Drill macht verhältnismäßig die g e r i n g st e Mühe, ist am l e i ch t e st e n zu beherrschen, verlangt nicht vielNachdenken." In ähnlichem Sinne wie dieser Offizier verlangt auch Major v. Schreibe rS hosen in derselben Zeitschrift eine individuelle AuS- bildung der Mannschaften im Feuergefecht. Jeder Mann müsse so ausgebildet werden, daß er im Gefecht auch nach dem Berlust aller Führer und Chargen selbständig und ohne Befehl zweckmäßig zu handeln versteht. Eine derartige systematische Ausbildung der Soldaten zum selbständig denkenden und handelnden Einzellämpfer stehe freilich im Gegensatz zu der drtllmäßigenExerzier- auSbildung. Das gleiche hat Bebel seit Jahrzehnten im Reichstag ausgeführt. vergeblich I Ob die militärischen Kritiker mehr Erfolg haben werden? Verkrachter Diamantenschwindel. DaS offiziöse Depeschenbureau meldet unterm 13. August: »Nach dem neue st en amtlichen Berichte haben der frühere Vorstand der Kaiserlichen Bergbehörde in Süd- w e st a f r i k a Bergassessor Pasel und Professor Dr. Scheibe am Fischfluß bei AiarS auf den angeblichen Diamanten- feldern der South African TerritorieS mehrere Tage lang nach Diamanten gesucht und Waschungen vor« g e n o m m e n. Die Tätigkeit der beiden Sachverstandigen ist rrgediliSloS verlaufen.* Bekanntlich hatte sich die Kolonialbehörde durch den Schivindeltrick etlicher Hintermänner von Börsenwölfen zu einer amtlichen Reklame für die angeblichen neuen Diamanten- funde verleiten lassen.— Im übrigen sieht es nach der bis- herigen Ausbeute an Diamanten so aus, als ob der ganze südivestafrikanische Diamantensegen zu neun Zehnteln auf Sch>vindel beruhe._ Die Zuschläge znr preustischen Einkommen- und Ergänzungssteuer werden in der ersten Hälfte des laufenden Monats, also des zweiten Vierteljahre», erhoben. Die Erhebung gestaltet sich diesmal der- schieden von anderen, weil zum ersten Male die durch daS neue Gesetz festgelegten Zuschläge eingezogen werden. Das Gesetz, das rückwirkende Kraft bis zum 1. April 1999 hat, war erst später zustande gekommen. Infolgedessen konnten die Zuschläge für daS erste Vierteljahr nicht in diesem selbst eingezogen werden. Sie werden sich demgemäß diesmal auf ein halbes Jahr beziehen. Für die Einkommensteuer der physischen Personen mit einem Einkom- men von 1299 bis 3999 M. macht der Zuschlag b Proz., von mehr als 3999 bis 19 S99 M. 10 Proz., von mehr als 19 b99 bis 29 699 M. 16 Proz., von mehr als 29 699 bis 39999 M. 2 Proz. und von mehr als 80 500 M. 25 Proz. aus. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, für Aktiengesell. schaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Berggewerk- schaften sind besondere ZuschlagSsätze vorgesehen. Der Zuschlag zur Ergänzungssteuer beträgt durchweg 25 Proz. Diese Steuer- zuschlage sind nicht als dauernde Einrichtung gedacht. Bekanntlich ist eine organische Neuordnung der direkten Steuern in Aussicht genommen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage wird von der StaatSrcgierung beim Landtage so zeitig eingebracht werden, daß sie spätestens im Jahre 1912 wird in Kraft treten können. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aber die obigen Zu- schlage zur Einkommen, und Ergänzungssteuer in Preußen, gezahlt werden müsse» Die Krise. Auch im Wirtschaftsleben Sachsens macht sich die Krise immermehr geltend, während man schon auf eine allgemeine Besserung hoffte. Dieser Tage sind in den Granitsteinbrüchen der K a m e n z e r Gegend umfangreiche Arbeiterentlassungen erfolgt. Ein größerer Betrieb hat seine Arbeiterzahl um 69 vermindert und dem- nächst sollen noch 149 aufs Pflaster geworfen werden. In ver- Ichiedenen Bautzener Fabriken wird jetzt erneut der Bei rieb ein- geschränkt und die ArbeitSoauer auf vier Tage in der Woche reduziert. Dazu kommt, daß die in Sachsen stark vertretene Tabakindustrie infolge der Wertsteuer zu Hunderten zunächst den Heimarbeitern gekündigt hat, doch ynd mich schon Arbeitern in den Betriebswerkstätten in großer Zahl Kündigungen in Aussicht gestellt worden. Das sind nuyerst trübe Aussichten, wenn das schlimmste aller sozialen Uebel, dw Arbeltslosigkeit, in so schlimmer Weise überhand nimmt. Der nervöse Militarismus! Im guten Glauben hat sich der Soldat bekanntlich niemals zu befinden; er hat vielmehr dem blinden Kadavergehorsam des Militarismus unbedingt Folge zu leisten. Dies zeigt wieder ein- mal ein Fall, mit dem sich jetzt das Dresdener Kriegs- gericht beschäftigte, welches einen harmlosen Vorfall, der zu alledem noch durch das überstrenge Vorgehen eines Unteroffiziers verursacht worden ist, mit der ganzen Strenge des Gesetzes sühnte. Ter Grenadier Krause vom Leibgrenadierregiment war anlaßlich des Pfingstfestes bis mit 3. Juni nachts 12 Uhr be- urlaubt. Er mußte aber seinen Urlaub am 2. Feiertag unter- brechen, um auf Wache zu ziehen. Er zog es vor, nach Beendigung der Wäche den Rest seines Urlaubs in der Kaserne zu verbringen. Wie alle beurlaubten Soldaten bekam K. trotz seiner Anwesenheit in der Kaserne kein Essen und auch keine Löhnung; er mußte sich auf seine Kosten verpflegen. Am 3. Juni früh saß K. in der Mannschaftsstube, als ein Unteroffizier hereintrat und dem Grenadier den Befehl erteilte, dasReviermitzureinigen. K. blieb aber in der Annahme, daß er, da er noch beurlaubt war, keinen Dienst tun brauche, sitzen und reagierte nicht auf den Befehl. Obgleich der Unteroffizier wußte, daß der Grenadier beurlaubt war. drang er auf Ausführung des Befehls..Ich bin noch beurlaubt, ich brauche kein Revier zu reinigen," antwortete schließlich der Soldat. Er blieb sitzen und schlief ein. K. wurde wegen AchtungsvieSletzung, Gehorsams- Verweigerung und Beharrens im Ungehorsam vor das Standgericht gezerrt und dieses erkannte wegen dieser Lappalie auf die ungemein harte Strafe von 18 Tage» strengem Arrest!! Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein mit der Begründung, daß er sich nicht für verpflichtet g e- halten habe, den Befehl zu befolgen, da er beurlaubt war. Er habe im guten Glauben gehandelt. Aber auch der Gerichtsherr hat das Urteil angefochten; ihm war die Strafe mit Rücksicht auf die„Schwere des Vergehens* zu gelinde!! Vom Anklagevertreter wurde dem Angeklagten plausibel ge- macht, daß ein Soldat nicht im guten Glauben zu handeln, sondern nur Befehle zu befolgen habe! Wenn er sich betroffen fühlte, dann stand es ihm frei, sich hinterher zu beschwere nl Dem Antrage gemäß gab das Kriegsgericht der Berufung des Gerichtsherrn statt und verurteilte den Angeklagten zu— 22 Tagen strengem Arrest!! Bei der Strafausmessung hat das Gericht die„F r e ch h e i t" und„D i S- ziplinlosigkeit* ftrafverschärfend berücksichtigtl t— Ein Freund des Mittelstandes. Im Wahlkreise LandSberg-Soldin haben die bereinigten Libe» ralen für die bevorstehende Reichstagsersatzwahl den Sekretär der Freisinnigen Vereinigung , Weinhausen, aufgestellt. Herr Weinhausen wirbt jetzt in allen Versammlungen um die Gunst der Mittelständler und versichert diese seiner besonderen Sympathie. Wie es mit seiner Sympathie aber in Wirklichkeit aussieht, beweist ein Schreiben. daS die„Deutsche Tageszeitung" veröffentlicht. Das Schreiben lautet: Bureau des WahlvereinS der Liberalen, Berlin . Berlin , den 23. November 1995. Sehr geehrte Herren! Durch besondere Vereinbarungen bin ich in den Stand gesetzt. künftig energischer als seither die Agitation der Mittelstands- belvegung zu bekämpfen. ES wird möglich sein, überall, wo große, städtische Versamm. hingen oder ausgesprochene Agitationsreisen der Mittelständler auf dem Lande geplant sind, rednerische Kräfte entgegenzuschicken. Um nun dies zu können, ist eS notwendig, daß in jedem einzelnen Falle möglichst sofort bei Bekanntwerden geplanter Versamm. lungen hierher berichtet wird, im Notfalle tclegraphisch. Ich werde dann versuchen, Mittel und Redner mobil zu machen. Mit der Bitte um Ihre freundliche Usiterstützung und mit besten Grüßen ergebenst Fr. Weinhausen. Kreta . Die Nachrichten des heutigen Tages schränken die des gestrigen, die von der Sicherung einer friedlichen Lösung des türkisch -griechischen Konflikts redeten, wieder ein. Aus Kon- st a n t i n o p e l wurde gemeldet, daß am Abend des Donners- tags eine weniger zuversichtliche Auffassung der Kretakrisis die Oberhand gewonnen hat. Man fürchtet, die Regierung werde kaum imstande sein, die Erregung des Landes zurück- zuhalten. Der Großwesir hat am Donnerstag dem griechischen Gesandten die griechische Note für un- befriedigend erklärt. Aus den Provinzen laufen fortgesetzt Meldungen über Kretademonstrationen ein. An einer Versammlung in Adrianopel nahmen 30 000 Personen teil. S ch ew k e t- P a s ch a soll mit Demission gedroht haben, da die Erregung der Truppen und des Offizierkorps unmöglich zu be- schwichtigen sei. Zwei Versammlungen in Jpek und D j a k o v a nahmen einen erregten Verlauf. Es wurde eine Resolution angenommen, in der die Re- gierung aufgefordert wird, gegen Athenvorzugchen, in welchem Falle Jpek und Djakova bereit seien, 40 000 Mann zu stellen. Auf den Botschaften der Schutzmächte hält man jedoch an der H o f f n u n g fest, eine friedlicheLösung der Krisis zu finden. Da daS jungtllrkische Komitee fortfährt, zum Kriege zu drängen, beschlossen die Botschafter der Schutz- mächte in ihrer Donnerstagskonferenz, neuerdings energische Schritte im Sinne des Friedens bei der Pforte zu unternehmen. Die neue türkische Note ist bereits am Freitag in Athen überreicht worden. Ihren Hauptinhalt bildet das Verlangen, daß die angeblich aus den Listen dcS grie- chifchen Heeres gestrichenen Offiziere aus Kreta zurückgezogen weiden. Die Note verlangt ferner eine bündige Versicherung der innerhalb der Grenzen des otto- manischen Reichs beamteten griechischen Konsuln, daß sie sich künftig nicht mehr an einer großgriechischen Propaganda be- teiligcn werden. Die Antwort der griechischen Regierung wird in kürzester Frist erwartet. In Peru soll ein verkleideter griechischer Offizier verhaftet worden sein, der Papiere über Kreta bei sich führte. Nach Athener Moldungen aus Canea ist die dortig« Bevölkerung entschlossen, auf keinen Fall in der Flaggenfrage nachzugeben und eventuell unter der Führung des Parteiführers Kunduros gegen ganz Eu- ropa(l) zu kämpfen. Die türkische Flotte ist in Karpathos , vierzig Meilen von Kreta , eingetroffen. Saloniki , 13. August. Hier sind alle Maßnahmen getroffen, um den Boykott gegen griechische Schiffe und Waren von morgen ab in Kraft treten zu lassen, obgleich ein Befehl des Ministeriums vorliegt, daß die Behörden den Boykott verhindern sollen. Rom , 13. August. Der Vorsitzende der kretischen Kammer hat ein Telegramm an den Abgeordneten Galli gerichtet, worin er die Notwendigkeit ausdrückt, eine Volksabstimmung über die Kretafrage abhalten zu lassen. Ocrtemicb. Eine grofiarti,ge Protestdemonstration veranstaltete die klassenbewußte Arbeiterschaft von Karlsbad am Sonntag. Das Pascharegiment des Karlsbader Bezirkshaupt- mann» Jordan und des Bürgermeisters Dr. Pfeiffer, die sich in Schikanen gegen die Arbeiterbewegung überbieten und mit der Hungerpeitsche Arbeiter für die deutschvölkische Organisation zu pressen suchen— die Karlsbader Stadtvertretung verlangt von jedem städtischen Arbeiter, daß er sich mit einer Legitimation des deutschvölkischen Streikbrechersekretariats ausweise— war der Anlaß dieser Explosion tiefer Erbitterung. Ein Zug von mehr als 2999 Mann zog am Nachmittag vom Marktplatz auS über die alte Wiese zur Bezirkshauptmannschaft, wo eine Deputation vorstellig werden sollte. Aber die Polizei ließ sie nicht ein: Unter unaufhörlichen Pfuirufen auf die Behörden bewegte sich der Zug der über diese bru- tale Abweisung erneut aufgebrachten Arbeiter zurück. Vor dem Hause des Bürgermeisters bedurfte es des ganzen Aufgebots der Autori - tät der Vertrauensmänner, um die Massen zum Weitergehen zu bewegen. Die wuchtige Demonstration endete mit dem Gesang des Liedes der Arbeit im Kurpark, wo die Kurgäste erstaunt nach dem Grunde der großen Kundgebung fragten. Genosse Abgeordneter Löw hielt dort eine Ansprache, die tosenden Beifall fand. Er er- klärte darin:„Wir kommen wieder! Keine Ruhe im Kurorte, bevor die Behörden uns das Brot wiedergeben, daS sie uns geraubt!" „Der Volkswille", das Karlsbader Parteiorgan, sagt am Schlüsse seiner Schilderung der Vorgänge:„Ob dieser eine Be- weis des VolkszorncS bessernd auf die hiesigen Behörden wirken wird? Wir glauben nicht.— Die Karlsbader Behörden werden mehr erleben müssen, um einzusehen, daß auch die Arbeiter Menschen sind, die sich mehr als krümmen, wenn sie ge- treten werden." Italien . Der Zar in Messina und Reggio . Rom , 11. August.(Eig. Ber.) Der„Tribuna* wird aus Messina berichtet, daß der Zar mit dem italienischen König im Jonischen Meere zusammentreffen werde. Nikolaus werde Messina und Reggio besuchen. In Messina sollte den russischen Matrosen ein feierlicher Empfang bereitet und ihnen eine goldene Medaille überreicht werden. ES scheint also wirklich, daß der Zar die beispielslose Unanständigkeit und Schuf- tigkeit haben werde, sich hinter der Sympathie zu verstecken, die die russischen Matrosen auf den Trümmern von Messina unter Nichtachtung ihres' Lebens und durch Taten heroischer Aufopfe- rung gewonnen haben. Um die ungeheure Gemeinheit dieser Spe- kulation zu ermessen, mutz man die dankbare und fast ehrfürchtige Begeisterung gesehen haben, mit der die wackeren Mannschaften des russischen Geschwaders gleich nach dem Erdbeben in Neapel aufgenommen wurden und von demselben Volke bejubelt, das, langer Gewaltherrschaft eingedenk, mit geradezu fanatischem Haß auf den blutbefleckten Zaren blickt. Und dieser Feigling schämt sich nicht, sich anZ dem Heldenmut der Söhne seine? Volkes eine Mauer zu bilden, die ihn vor dem verdienten Haß uyd Abscheu deS italienischen Volkes sichere. Orkei. Innere Konflikte. Konstantinopel , 13. August. In der Nähe ber Ortschaft Etechmitza im Sandschak Serres überfielen moham- medanische Bulgaren fünf schlafende bulgarische Feld- arbciier, die sie für K o m i t a t f ch i S hielten, und töteten sie durch Stockhiebe. Nach einer Konsularmeldung aus Mitrowitzaerschofsen A r n a u t e n, die ver Mutessarif von Jpek wegen WaffentragenS anhielt, einen den Beamten begleitenden Gendarmen und ver- wendeten einen zweiten. perfteu. Ein Revolutionsdirektorium. DaS nationalistische Zentralkomitee in Teheran hat, wie die„Frankfurter Zeitung " meldet, heute beschlossen, nach dem Muster der französischen Revolution ein Direk- t o r i u m zu ernennen, da? die gesamte Regierung in sich vereinigen soll. Die Zahl der Mitglieder steht noch nicht fest. Der junge Schuß will auf den Thron verzichten und sich mit seinen Elten, nach Rußland begeben. Marokko. Die Stärke der spanischen Armee in Melilla . Die Spanier haben ihre Streitkräfte in Afrika dermaßen ver- stärkt, daß demnächst 38 999 Mann unter dem Kommando von 14 Generälen bereitstehen werden, um den geplanten Vorstoß gegen die in den Gurugu-Bergen verschanzten Riffkabylen zu unter- nehmen. Unter dem Befehle des Generals Del Real(Garnison von Melilla ) stehen zwei Jnfanterieregimenter und die Brigade der Straftruppen, 6599 Mann; unter dem General Tovar drei Jägerbrigaden zu sechs Bataillonen mit je 859 Mann; unter dem Kommando des Generals Uorozco vier Jnfanterieregimenter mit verstärkten Beständen, 7499 Mann und unter dem General Percira sechs Jägerbataillone, also 5199 Mann, vier Schnellfeuer-, neun Bergbatterien und eine Abteilung Maschinengewehre. An Ka- vallerie stehen drei Schwadronen mit je 159 Säbel bereit. Man erwartet noch umgehend ein Dragonerregiment(1299 Säbel) und eine Husarenschwadron(159 Säbel). An Spczialtruppcn sind zur Stelle zwei Gcniebataillone. eine Luftschisfer-, eine Telegraphisten- abteilung und mehrere Züge von Krankenwärtern und Militär- arbeitern. Paris , 13. August. Der„Matin" meldet aus Madrid : Der 11. August war nächst dem 28. Juli der verlustreichste Tag für die Riffkabylen. Einer beim Hippodrom von Melilla aufgestellten Batterie ist eS gelungen, ein in einer Schlucht des Gurugu-Ge'oirges liegendes Haus, daS von Mauren besetzt war, zu zerstören. Sodann wurde der Wall, der von Mauren errichtet war, in Brand geschossen und zahlreiche Mauren getötet. Ein Ballon zeigte die Richtung der Fliehenden an. Diese wurden von dem Feuer des FortS Kacamcllos dezimiert. Ferner wurde gegen Abend die Aeob- achtungSstation, die von den Mauren bei Mczuita errichtet worden war. durch 9 Zentimeter-Geschütze eine» Forts zerstört und begrub fast alle marokkanischen Posten unter ihren Trümmern. Auch die Eingcborenenpolizei hat an dem für den Feind verlustreichen Kampfe teilgenommen. Madrid , 13. August. Sämtliche Kriegsschiffe des spanischen Geschwaders haben den Befehl erhalten, nach Melilla abzugehen,
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