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15. Etreiftage: 284 418. Das hiesige Telegrammbureau, das ja auch die Auslandspresse bedient, ist natürlich bestrebt, die Wirkung dieser Tatsache abzuschwächen und behauptet dabei unter anderem, daß die Zählung am S. August infolge Zeitmangels zu niedrig ausgefallen sei. Das ist ja damals schon in Arbeiterlreisen überall und auch imVorwärts" gesagt worden, daß die Zahl der Streikenden gewiß bedeutend höher sei. Damals hatte man auf feiten der Arbeitgeber natürlich keine Ursache, dergleichen Vermutungen aufkommen zu lassen. Nun aber liegt Grund genug vor. anzunehmen, daß auch diesmal die offiziellen Zahlen hinter den Tatsachen zurückbleiben. Sie geben übrigens für einzelne Bezirke noch eine erhebliche Zu nähme der Streikenden an, z. B. für Stockholm   von 42 000 auf 44 000, für Malmölän von 34 907 auf 37 657. Im allgemeinen aber bildet diese Streikstatistik eine durchaus beweiskräftige Wider legung der vom Unternehmertum nach dem bekannten Rezept, nur für seine Partei günstige Nachrichten zu verbreiten, in alle Welt hinausposaunten Schwindeleien vom Rückgang oder Fiasko des Massenstreiks und ein Beweis für die ungebrochene Kraft der kämpfenden Arbeiterschaft de? ganzen Landes. Als ein weiterer Beweis fiir diese bewundernswerte Ausdauer und Kampfesfreudigkeit sei auf die Tatsache hingewiesen, daß die Ansprüche, die in den einzelnen Orten an die Notstands- Unterstützung gestellt werden, im Verhältnis zu der langen Dauer des Niesenkampfes sehr bescheiden find. Das Landes- fekretariat hat gestern die aus 450 Orten vorNegenden Berichte geprüft und heute die Mittel abgesandt, die verlangt wurden. AuS mehreren Orten war übrigens berichtet, daß man noch keine * Unterstützung nötig habe. Andere verlangten nur einen kleinen Zu- schuß zu am Orte vorhandenen Mitteln, während aus solchen Orten, wo man zuvor schon unter langwierigen Kämpfen und Arbeitslosig- keit zu leiden hatte, natürlich auch mehr verlangt wurde. Im allgemeinen liegt die Sache so, daß die Streikenden in den Landstädten und-Orten sich weit leichter über die Notlage hinweg- helfen können, als die großstädtischen Arbeiter, weil jenen die Beeren, die die fteie Natur jetzt in großer Fülle bietet, die Fische in den Gewässern weit mehr zur Verfügung stehen, und ihnen auch im übrigen daS Leben weniger Unkosten bereitet, als dem Großstädter. Aber selbst hier in Stockholm  , der teuersten Stadt Schwedens  , find die Streikenden größtenteils äußerst bescheiden in ihren Ansprüchen. So ist z. B. hier eine Gewerkschaft mit 1200 Mitgliedern, die sämtlich seit dem 4. August tapfer und unverzagt mitgekämpft haben und kämpfen, von denen jedoch nur 80 bis jetzt die Notstandsunterstützung verlangen. Selbstverständlich wird das Bedürfnis in der nächsten Woche überall bedeutend stärker hervortreten. Daß aber die Arbeiterschaft bislang so außerordentlich bescheiden in ihren Unterstützungsansprüchen ist, daS ist ein leuchten­des Beispiel ihrer Opferwilligkeit, ohne die ja überhaupt dieser un- geheure, im Verhältnis zu seiner Ausdehnung langwierige Kampf nicht durchführbar wäre. Man redet hier nicht viel von Opfermut, von Idealismus innerhalb der Arbeiterbewegung, man hört der- gleichen Worte kaum, aber man beweist durch die Tat, daß diese Eigenschaft und Gesinnung der Arbeiterschaft in Fleisch und Blut übergegangen ist. DaS Unternehmertum will sich nun offenbar, soweit eS möglich ist, auf Drohungen mit Schadenersatzklagen verlegen, um die Streikenden zur Arbeit zu zwingen. Die hiesigen Zeitungsverleger und Buchdruckereien erheben, wie derVorwärts" schon berichtete, Schadenersatzerklage gegen den Typographenverband wegen Ver- tragsbruch. Wahrscheinlich werden sie aber im ganzen Lande froh sein, wenn sie ihr Personal wieder im Betriebe haben Dein Prozeß sieht der Typographenverband übrigens mit aller Ruhe ent- gegen, und das Gleiche gilt für die Straßenbahner, denen heute die Neue Straßenbahngesellschaft mit einer Schadenersatzklage droht, für den Fall, daß sie die Arbeit nicht sofort wieder auf- «ehmen. Offenbar hat die Arbeit auf der Straßenbahn für die Herren Streikbrecher aus derbesseren Gesellschaft" den Reiz der Neuheit verloren, und im übrigen reichen fie noch lange ,iicht für alle Linien aus, sondern kaum für die Hälfte, und oabei nur für einen sehr eingeschränkten Betrieb. Dazu kommt, daß die große Maffe des Volkes die Streikbrecherstraßenbahn boykottiert, die meisten Wagen stets nur sehr schwach besetzt sind. Auch möchte man natürlich die Polizeibesetzung los sein, die die Gesellschaft bezahlen muß. Aber das Personal hält fest und ein- mütig im Kampfe aus und wird nicht eher zurückkehren, als dieser auf der ganzen Linie beendet ist. Der König sucht fortdauernd seinen Einfluß zur Beilegung des Kampfes geltend zu machen, aber offenbar ohne Erfolg. Vorläufig liegt nichts vor, was auf eine irgendwie erfolgreiche Vermittelung zwischen den Parteien schließen läßt oder zur Beendigung des Kampfes führen könnte. In der Betätigung ihrer internationalen Solidarität haben vor allem die norwegischen Arbeiter Großes geleistet. Aus diesem ja kaum 21/a Millionen Einwohner zählenden Lande sind bis heute schon 114 353 Kronen fiir Unterstützung der schwedischen Arbeiter- schaft eingesandt. Mittel werden natürlich fortdauernd gebraucht. und je länger der Kampf dauert, um so mehr. Auch werden sicherlich nach Beendigung des Streiks noch viele übrig bleiben, die der Hilfe ihrer Kameraden und der internationalen Arbeiterschaft bedürfen, denn so ohne weiteres werden ja all die großen Industriebetriebe nicht wieder in Betrieb kommen. « Der Verrat Les gelbenArbeiterverbandes" hat, wie heute schon festgestellt werden kann, im großen und ganzen seinen Zweck verfehlt. Innerhalb der Streikleitung war man über die Unzuverlässigkeit dieser Leute nie im Zweifel: ihre geringe Zahl spielt für den Ausstand keine Rolle. Wir hatten uns in Anbetracht des Jubels eines Teiles der bürgerlichen Presse Deutschlands  , besonders aber aus Anlaß der tendiös- verlogenen Berichterstattung desBerliner Tageblattes", gestern abend an die Stockholiner Zentralstreikleitung ge- wendet, mit der Bitte um Auskunft darüber, wie man dort den Verrat der Gelben bewertet. Wir erhielten folgende telegraphische Antwort: Stockholm  , 21. August. Werte Genossen l Der Beschluß des VorstnndcI der Gelben» seine Mitglieder zur Wiederaufnahme der Arbeit aufzufordern, läßt uns voll- ständig kalt Die ganze Gesellschaft zählt kaum 8009 Mann, da- von sind schon viele vorher an ihre früheren Arbeitsstätten zu- rückgekehrt, ein anderer Teil wird wahrscheinlich im Streik be- harren. Das Manöver der bürgerlichen Presse, diesen von uns längst erwarteten Umfall der Gelben gegen den Ausstand aus- zuschlachtcn» ist zu durchsichtig um ernst geuommeu zu werden. Der Beschluß ist für de» Gang der Dinge bedeutungslos. Eine Privatdcpesche von heute meldet uns folgendes: Stockholm  , 21. August. Der Verrat des gelbrn Verbands- liorstandes erweckt hier nur Erbitterung. Tie Unzuverlässigkeit dieser Leute ist wohlbekannt, daher konnte ihr Beschluß keine Ucberraschung bringen. Ter kommende Montag wird mit großer Spannung erwartet. Tie Gegner erhoffen ein größeres Abbröckeln; sie werden wahr- schcinlich sehr enttäuscht sein. Liberale Politiker und Männer aus der HandelSwclt ver­suchen, eine Aufforderung an die Regierung, vermittelnd ein- zugreifen, zustande zu bringen. Der Versuch kann als gescheitert angesehen werden, weil die Leute selbst nicht einig waren. Sie forderten in ihrer Machtlosigkeit gegenüber der Unternehmer- zentrale von der Arbeiterschaft, diese solle zuerst ein Gesuch um Vermittelung einreichen, wozu indes nicht der geringste Anlaß vorliegt. Diese Depesche zeigt deutlich, doß die Position der Ar- bciter seit voriger Woche in keiner Weise ungünstig beeinflußt worden ist. Die Unternehmerzentrale ist in ihrem Lager allev dings auch noch im Besitze der ausschlaggebenden Macht Sie erhofft vom kommenden Montag eine größere Zersplitterung der Ausständigen, zu welchem Zweck der Verrat der Gelben als neuer Bluff dienen soll. Aber die gleichen Hoffnungen hatte man ini Unternehmerlager auf den letzten Montag auch gesetzt. Vergeblich, die Arbeiter standen, trotz der versprochenen Aktien und Lohnerhöhungen, fest. Es ist kaum anzunehmen, daß es viel anders kommen wird an diesem Montag. Auf jeden Fall stehen die Organisierten fest, worauf es in erster Linie an kommt. Ueber die diesbezügliche Auffassung der Gewcrkschafts leitung spricht sich ein Aufruf des Landessekretariats der Gewerkschaften an die Ausständigen aus, der in der Donners tagsausgabe desSparet" veröffentlicht wird. Der Aufruf tritt der Auffassung vieler Streikenden entgegen, als ob die durch den Beschluß der Gewerkschaftsvorstände vom Ausstande ausaenommenen Arbeitergruppen in verschiedenen öffent­lichen, sanitären und charitativen Diensten die Arbeit ein- stellen müßten. Gegen die Pflege kranker Menschen sowie der Tiere hat sich Widerspruch nicht erhoben. Dagegen hätte man hier und da den Anschluß der Wasserwerksarbeiter, der Ar beiter in der Straßenreiuigung usw. gewünscht. Der Aufruf erklärt nun, daß die Straßenbeleuchtung notwendig ist im Interesse der öffentlichen Ordnung, die mit den Interessen des Großstreiks zusammenhängt. Das Wasser ist für die Streikenden mindestens so notwendig, wie für andere Be- Völkerungsschichten: die Straßenreinigung zu inhibieren, wäre, heißt es im Aufruf, unverantwortlich gegenüber den. Arbeitern selbst in erster Linie. Die Gefahr der Epedimien ist für die Arbeiterschaft aber am größten. Sodann aber wird klar und deutlich ausgesprochen, um was es sich handelt und gegen wen der Kamps geführt wird. An den Beschluß bezüglich der obigen Arbeiterkategorien muß unverbrüchlich festgehalten werden.Außer, daß die ursprünglichen Gründe für die obigen Ausnahmen," wird im Aufruf erklärt,noch in voller Kraft bestehen, müssen sich die Arbeiter darüber klar sein, daß ein Streik der Straßen- reinigungsarbeiter in keiner Weise die Position der Arbeiter stärken würde. Bor allem aber: die Erfolge des Riesen- kampfes im ganzen Lande beruhen nicht auf einen mehr oder weniger effektiven Streik der Straßenreinigungsarbeiter in Stockhalm oder eventuell in irgendeiner anderen Stadt. Der Kernpunkt liegt vielmehr... nicht in den Straßen- Verhältnissen oder ähnlichem, sondern in der Frage, ob die Industriellen die lähmenden Wirkungen des großen Aus- staudes vertragen können. Mit den Industriellen wird der Kampf der Arbeiter ausgefochten, mit jenen Industriellen, die die Aussperrungsdrohungen als ständige Waffe benutzt haben, um den Arbeitern das in jahrelangen Kämpfen errungene Mitbestimmmipsrecht über die Arbeitsbedingungen zu entreißen. Hier steht die Entscheidung des Riesenstreiks, sonst nirgends... Der zweiwöchige Kampf hat in keiner Weise die Solidarität der schfoedifchen Arbeiterklasse ge­brochen. Die Ausdauer so weiter fortgesetzt, und der große Abwehrkampf wird mit Ehre durchgekämpft und das Mit­bestimmungsrecht der Arbeiter über die Arbeitsbedingungen für die Zukunft gesickert sein." Hier ist klar und deutlich ausgesprochen, um was die Ar- beiter kämpfen. Sie wollen nicht, wie es in der Absicht der Unternehmer liegt, als Marionetten an den Verhandlungen iiber die Arbeitsbedingungen teilnehmen, die nur die Gebote der Unternehmer zu akzeptieren oder aber Massenaussper- rungen in Kauf zu nehmen haben. Wie groß die Solidarität in allen der Arbeiterschaft nahe- stehenden Kreisen ist, zeigt ein Aufruf des Vorstandes des Zentralverbandes der schwedischen Konsumvereine' an die An- gestellten und Arbeiter in den Genossenschaftsbetrieben. Der Vorstand des genannten Verbandes fordert die Genannten auf, gleich den Angestellten der Partei und der Gewerkschaften ihren vollen Lohn für die Dauer des Ausstandcs an die Streikkasse abzuführen.Es kann nur eine Pflicht des Per- sonals der Genossenschaften sein, in diesen: Falle den kämpfenden Arbeitern eine intensive Unterstützung zu gc- währen. Denn die Arbeiter Ind   es, die zum großen Teile Mit- glieder der Konsumvereine sind," schließt der Aufruf, der ein erfreuliches Zeugnis dafür ist. daß die Z e n t r a l l e i t u n g des schwedischen Konsumgenossenschafts. Wesens nicht vergessen hat, in wessen D i e n st e n sie sieht. Dem schwedischen Arbeitgeberverein scheint sein schwin- deudes Ansehen in deutschen   Kapitalistenkreisen sehr auf die Nieren zu fallen. Erberichtigt" in derFrankfurter   Ztg." die durchaus zutreffenden Angaben des Korrespondenten dieses Blattes betreffend die von ihm beabsichtigten Lohn- Herabsetzungen. Allerdings mit wenig Glück. Der Korrespondent erklärt, er habe die jetzt geltenden Lohnsätze in der Zellulose- industrie mit den Forderungen der Unternehmer verglichen und findet nur. daß die letzteren erheblich niedriger sind. Ueber die Lohnkürzungen im Schneidergewerbe schweigt sich der Ärbeitgeberverein vollständig aus. Und die spielen doch auch eine kleine Rolle unter den Vorwänden dieses Kampfes. Die schwedische Geistlichkeit sollte am 24. August in Stock­ holm   zu ihrem zehnten allgemeinen Kongreß zusanimentreten. Der Kongreß ist nun in letzter Stunde wegen des Streiks vertagt worden. Unser Kopenhagener Brudcrorgan fragt verwundert nach den Ursachen der Vertagung:Die Eisen- bahnen sind im Betrieb: die Hotels haben Plätze genug frei und Essen auch. Das einzige, was fehlt, ist der Spiritus. Es ist doch wohl nicht deshalb, daß die Pfarrer nicht nach Stock- Holm wollen?" Von der Schnollpressenfabrik Frankcnthal, Albert u. Co., A.-G.. erhalten wir solgeirde Zuschrift, der toir gerne Raum gewähren: Ii. Nr. 189 Ihres geschätzten Blattes vom 15. August wird in dem ArtikelDer Riesenkampf in Schweden  " u. a. erwähnt, daß einige Deutsche als Streikbrecher in Stockholm   tätig seien, darunter zwei Monteure beiDagens Nyhetcr", die aus Frankenthal   in der Rheinpfalz gekommen seien, um eine Maschine aufzustellen, nun aber als Maschinenmeister fungierten. Wir sehen unS veranlaßt, um falschen Auslegungen vorzu- beugen, Ihnen mitzuteilen, daß wir eine Maschine an die «DagenS Nyheter  " geliefert haben; die Maschine ist allerdings aufgestellt, jedoch noch nicht vollständig ausprobiert und kann ins- besondere noch nicht übergeben tSerden, da dieselbe SerkragL- mäßig eine bestimmte Zeitlang eine vereinbarte Leistung er- zielen muß. Damit sind die Monteure noch beschäftigt und so- bald die Maschine vertragsmäßig übergeben ist, werden unsere Monteure sofort abreisen. Wir dürfen wohl freundlichst ersuchen, diese Richtigstellung in Ihrem geschätzten Blatte aufzunehmen und zeichnen Hochachtungsvoll Schnellpressenfabrik Frankenthal Albert u. Cie., Aktiengesellschaft. Wir müssen es unserem Korrespondenten überlassen, sich dazu zu äußern. An sich will das Schreiben der Frankenthaler  Schnellpressenfabrik nicht viel besagen. Es kommt doch in erster Linie darauf an, was die beiden Monteure dort tun. nicht was sie tun s o l l e m Heber die Unterstützungsaktion der deutschen   Arbeiter erhalten wir vom Kassierer der Generalkonnnission, Ec- Nossen Hermann Kube, folgende Mitteilungen: Für den allgemeinen Ausstand in Schweden   gingen bei der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands bis Sonnabend, den 21. August, einschließlich, insgesamt 433 053,60 M. ein. Davon sandten ein: Die Vorstände der Zcntralverbände 192 050 M., Ortsverwaltungen der Zcntralvcrbände 15 482,62 M., Gewerkschaftskartelle 185 730,50 Mark, Parteiorganisationen 35 859,37 M., Ausland 2181,87 M., sonstige Sammlungen 1749,24 M. Der Gewerkschaftlichen Landes- zentrale in Stockholm   wurden bisher in 3 Raten 350 000 M. über- wiesen. Die folgende Rate wird in den nächsten Tagen abgesandt werden. Ueber die Beträge im einzelnen quittiert das»Cor- respondenzblatt der Generalkommission" laufend. Die deutschen   Arbeiter haben in diesem Kampfe unsere Erwartungen nicht getäuscht. Trotzdem ist es not- wendig, noch mehr Eifer in die Sammlungen zu setzen. Ans Mangel an Mitteln darf die schwedische Arbeiterschaft nicht unterliegen. Das sonstige Ausland enttäuscht uns freilich, wenn wir von Norwegen   und Dänemark   absehen. Wir vermissen vor allem England und Frankreich   mit an der Spitze. Wir meinen, man sollte etwas weniger durch Sympathiekund- gedungen und etwas mehr durch opferwillige Taten seineu Internationalismus bekunden. * Ueber weitere Bewilligungen von Geldern seitens deut- scher organisierter Arbeiter erhalten wir folgende Mit- teilungen: Der Verband deutscher Textilarbeiter, Filiale Barmen- Elberfeld   und Umgegend, bewilligte aus Lokalmitteln für die schwedischen Arbeiter 1000 M. Die Mitgliedschaft Hamborg   des Metallarbeiter- Verbandes hat, obwohl 1100 ihrer Mitglieder durch den Kampf im Baugewerbe in Mitleidenschaft gezogen bezw. ausgesperrt sind, eine zweite Rate von 6000 M. an die ausgesperrten und streikenden schwedischen Arbeiter abgeführt. Auf Sammellisten haben die Hamburger Metallarbeiter ebenfalls 6000 M. aufgebracht, so daß sie bislang für diesen Zweck insgesamt 18 000 M. bewilligt bezw- aufgebracht haben. Ein erfreuliches Zeichen internationaler Soli- darität. Amtliche Abwürgung des ßdchsvefeins- getetzes. Den Solinger Parteigenossen wurde von der dortigen Polizei- Verwaltung am 21. April die schriftliche Genehmigung zur Ver- an staltung eines öffentlichen Aufzuges am 1. Mai g e st a t t e t. Am 30. April wurde jedoch Genosse B e l l e r t aus das Polizeiamt bestellt und ihm eröffnet, daß aus dem Aufzuge nichts werden könne, da der Regierungspräsident die Solinger Polizeibehörde angewiesen habe, die bereits erteilte enehmigung wieder rückgängig zu mache». runde für dieses Verbot anzugeben, war der Solinger Polizei- inspektor damals nicht in der Lage. Man setzte sich am grünen Tisch in Düsseldorf   ganz einfach iiber den klaren Wortlaut des§ 7 des Reichsvereinsgesetzes hinweg, der besagt,daß im Falle der Verweigerung seines Aufzuges) dem Veranstalter sofort ein kosten- freier Bescheid mit Angabe der Gründe zu erteilen ist". Tie Solinger Polizeiverwaltung hatte selbstverständlich keine Gründe zu dem Verbote, sonst würde sie nicht vorher den Aufzug genehmigt habe». In Preußen muß aber auch ein Oberbürgermeister parieren, und so kam die Solinger   Polizeiverwaltung dem Verlangen des Düssel  - dorfcr Regierungspräsidenten   eben nach und inhibierte den vorher von ihr genehmigten Aufzug. Die Solinger Parteileitung wandte sich am 12. Mai unter Be- nifung auf den Z 7 des Reichsvereinsgesetzes an den Regierung?« Präsidenten in Düsseldorf   und ersuchte um Angabe der Gründe für daS Verbot des Aufzuges. Der Regierungspräsident überließ die Beantwortung der Beschwerde dem Solinger Oberbürgermeister, dem- selben Oberbürgermeister, der den Aufzug wenige Tage vorher ge- nehmigt hatte, und in der Genehmigung desselben also keineGc- fahr für die öffentliche Sicherheit" erblickte. Der Düsseldorfer   Rc- gierilngSpräsident wußte natürlich viel besser wie die Solinger Polizeiverwaltung, was sich imStaate der vollendetsten Rechts- garantien" gehörte; er ging hin und ließ durch den Solinger Ober- bürgern, eister verkünden, daß daS Umzugsverbot erfolgt sei, weil bei dem demonstrativen Charakter der Veranstaltung von vornherein anzimchmen war, daß die Abhaltung eines Aufzuges mit Gefahr für die öffentliche Sicherheit  verbunden gewesen wäre." Der Düsseldorfer   Regierungspräsident spielte also eine Art Vor- sehung, die, wie sich später herausstellte, vollständig überflüsfig und nur Erbitterung unter der Arbeiterschaft hervorzurufen geeignet war. Die Solinger Parteileitung wandte sich aber auch gleichzeitig beschwerdeführend an den Minister des Innern, der mit feiner Antwort ziemlich lange auf sich warten und die Beschwerde durch den Düsseldorfer   Regierungspräsidenten beantworten ließ, der sich mit der Sache folgendermaßen abfand: Der Regierungspräsident» Düffeldorf, 23. Juli 1909. C. B. IL 299. Ihre Beschwerde vom 7. Mai d. I. ffi vom Herrn Minister deö Innern an mich zur Entscheidung abgegeben worden, weil die am 80. April d. I. durch die dortige Polizeivorwaltuug erfolgte Zurücknahme der Genebmigung zur Veranstaltung eines öffent- lichen Aufzuges der sozialdemokratische» Partei am 1. Mai d. I. sich als eine ortspolizeiliche Verfügung darstellt, gegen die nach§ 127 des Landesverwaltungsgesetzes die Beschwerde au mich stattfindet. Nachdem dann der Regierungspräsident dargelegt, daß die Be- schwerde schon wegen Frist Versäumnis znrückz n- weisen, da sie zu spät in seine Hände gelangt sei, fährt er wörtlich fort: Ihre Beschwerde ist jedoch auch sachlich unbegründet, weil, wie Ihnen der Herr Oberbürgermeister dort am 21. d. M. zutreffend(!!!) mitgeteilt hat, bei dem demonstrativen Charakter der Veranstaltung von vornherein anzunehmen