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an die durch dke FeuerSvrunst Geschädigten die eigentlichen Not- leidenden meist schlecht weggekommen seien, während viele> Wohl- habenden weit mehr erhalten hätten, als ihrem Schaden entsprach. In dem bunten Wechsel der Tagesereignisse schliefen indes diese Vorwürfe bald ein. Jetzt werden sie durch einen Brief des Zentrumsabgeordneten Wittemann wieder ans Licht gezogen. An diesen Herrn Witteinann richtete nämlich ein liberales Blatt die Frage, ob es richtig sei, daß er, Wittemann, von den zur Linderung der Not der Brandgeschädigten auf öffentlichen Aufruf hin ge- sammelten Hilfsgeldern sich habe auszahlen lassen, und daß er nicht nur den Anteil, der seinem Versicherungsbetrag(17 000 SP?.) ent­sprach, sondern noch mehr<42000 SP?.) haben wollte. damit aber abgelviesen worden sei. Herr Wittemann hat darauf in Form einer mich vom Karlsruher   Zentrumsblatt reproduzierten preßgesetzlichen Berichtigung folgendes geantwortet: Es ist nicht wahr, daß ich nach dem Brande in Donau  - eschingen.ohne Not".als begüterter Landtagsabgeordneter" und als gut bezahlter höherer badischer Richter" von den gesammelten Hilfsgeldern noch mehr haben wollte, als meinem Versicherungs- betrag entsprach, damit aber abgewiesen wurde. Wahr ist. daß ich dem Hilfskomitee, so wie dasselbe die Angaben verlangte, meinen vollständigen Brandschaden, gerade so wie liberale höhere Beamte lind reiche Donau  « eschin ger Einwohner auch.nachdem Brande anmeldete, und daß ich gerade wie diese zum Teil in führender liberaler Stellung befindliche Staats- und Kommunal- beamten, welche überdies wohl ein höheres Einkommen hatten, den mir von den Hilfsgeldern zugewiesenen, Anteil annahm. Es ist nicht wahr, daß ich nach Be- schränkung meiner Forderung auf den versicherten Betrag mich noch dahin bemüht habe, einen höheren Prozentsatz als die Haus- besitzer zu erhalten. Wahr ist, daß vor der Festsetzung, wie die Hilfsgelder verteilt werden sollten, ohne mein Wissen von zwei höheren Staatsbeamten, die selbst brandgeschädigt waren, eine Versammlung der Fahrnisbrandgeschädigten einberufen und hier ein Vorschlag über die Verteilung der Hilfsgelder zur Be- schlußfassung unterbreitet wurde und daß ich diesem Vorschlage lediglich zustimmte. Die Berichtigung des Herrn Wittemann stellt nicht nur den beteiligten wohlhabenden Staats- und Kommnnalbeamten sondern auch dem Verteilungskomitee eine miserable Zensur auö. Ist tat- fächlich so verfahren worden, wie Herr Wittemann behauptet, dann hat das Hilfskomitee ganz eigenartig gewirtschaftet. Dazu, um die Profitsucht einer Anzahl.reicher Donaueschinger  " zu befriedigen und ihnen die SP?ittel zu liefern, sich schöne neue Häuser zu bauen, sind die Gaben nicht im ganze» Reiche zusammengebettelt worden. Die Geberschaft kann verlangen, daß die Angelegenheit gründlich unter- sucht wird, und zwar von Unparteiischen und Unbeteiligten, nicht von Mitgliedern des sogenannten VerteilungSkomiteeS. DieLeipziger Volkszeitung  " in Ruhland verboten! Unser Leipziger Parteiorgan erhielt folgendes Schreiben: Kaiserliches Postamt 10. Leipzig, den 20. August 1909. Konto Nr. S beim Postscheckamt Leipzig  , Da laut Schreiben von Riga   dieLeipziger Volkszeitung  ' von der Zensur in Rußland   verboten worden ist, wird gebeten, bis auf weiteres für Rußland   bestimmte Exemplare nicht mehr liefern zu wollen. I. V.: Portaszewicz." DieLeipziger VolkSzeiwng" bemerkt dazu: Die SS Exemplare, denen hier die russische Zensur den Eingang in Väterchens Blutreich verwehren will, sind selbstredend nur die. die ans legalem Wege nach Rußland   gehen. Unsere Leser in Rußland   werden aber auf die Lektüre derLeipziger Bolkszeitung" nicht verzichten wollen, und so werden wir ihnen ihr Blatt auf anderem Wege zustellen. Die Zwirnsfäden der russischen Zensur existieren für uns ebensowenig, wie für die deutsche Sozialdemo- kratie zur Zeit des Ausnahmegesetzes die Zwirnsfäden der Reichs- postverwaltung existterten. Augenscheinlich ist der russischen Zensur die treffliche Charakte- ristik des Blutzaren auf die Nerven gefallen, die unser Genosse Liebknecht   in Kiel   neulich vorgenommen hatte." Unter dem neuen Vereinsgesetz. DaS Landgericht T h o r n hat am 17. August als BerufnngS- instanz die Zahlstelle des Verbandes der Töpfer für politisch er- klärt und den Vorsitzenden zu 10 Mark Strafe verurteilt, weil er trotz Aufforderung die Vorstandsmitglieder nicht angemeldet hat. Diese Anklage ist zustande gekommen auf Grund von zusammen- getragenen Berichten der Polizei aus überwachten Versammlungen unter dem alten Vcrcinsgesetz. Die Staatsanwaltschaft hat sich bei der Anklage namentlich darauf gestützt, daß nach dem Bericht eines Polizeibeamten in einer Mitgliederversammlung kurz vor den ReichstagSwahlen ISO? der Vorsitzende auf die Wahlen hinwies. 'Ergo schlußfolgert man. daß in der Zahlstelle der Töpfer Politik ge- trieben wird, diese ein politischer Verein sei und der Vorstand ge- meldet werden müsse. Das ist die Praxis deS liberalen Vereins- gesetzes._ AuS dem Prügelstift Mielczyn hat die n e u e st e Unter- suchungskommission, die in voriger Woche dorthin ab- gegangen war, jetzt das Ergebnis ihrer Studienreise nach Verlin mit- gebracht. Die Teilnehmer werden nun zunächst ihrer vorgesetzten Be- Hörden darüber berichten, dem preußischen Ministerium des Innern der Geheimrat Schlosser, dem Berliner Magistrat der Stadtrat Münsterberg. Wir fürchten indes, daß die Herren in Mielczyn nicht mehr viel zu untersuchen gefunden haben werden. Inzwischen soll nämlich eine beträchtliche Zahl Zöglinge sich der Fürsorge deS Pastors Breithaupt entzogen haben, so daß es der neuesten Untersuchungskommission nicht mehr möglich gewesen sei, auch diese zu vernehmen. Die Fluchtversuche haben, so hören wir, in den letzten Wochen sich in Mielczyn ganz ausfällig gemehrt. und nicht wenige davon sind überraschend geglückt. Ge- wissen Leuten wird daS sehr erwünscht gekommen sein. Einmal wird auS der Mehrung der Fluchtversuche der Beweis" hergeleitet werden, daß Pastor Breithaupts Methode nötig" gewesen sei, um von Fluchtversuchenabzuschrecken". So- bann aber ist durch die geglückten Entweichungen die Anstalt just manchen der Zöglinge losgeworden, die über Vreithaupts Erzieher- tätigkeit sehr viel hätten bekunden können. Die sind nun unschädlich" geworden. Bei den ersten Untersuchungen hat übrigens die Furcht vor Herrn Pastor Breithaupt noch manchen Zögling gehindert, gegen ihn die volle Wahrheit zu sagen. Ist dieser Einfluß auch jetzt noch wirksam gewesen, so dürften die beiden Herren nicht viel Neues zu berichten haben. Was nunmehr der Minister tun wird, muß abgewartet werden. Der M a g i st r a t wird voraussichtlich nichts tun wollen. Einstweilen aber wird ihm, wie wir bereits meldeten, Gelegenheit gegeben werden, in der Stadtverordnetenversammlung den sozialdemokratischen Stadtverord- neten Rede und Antwort zu stehen. Eine Null zu viel. Bürgerliche Blätter wußten dieser Tage zu melden, daß der Empfang auf der Hohensyburg   einen Betrag von 700 OOO.Mark ver­schlungen habe. Zur Beruhigung wird jetzt mitgeteilt, daß es sich bei Angabe der Summe uni einen Druckfehler gehandelt habe, denn nicht 700 000 Mark, sondernnur" 70 000 Mark sollen bei der Ge- legenheit draufgegangen sein. UnS dünkt, daß eine Ausgabe von 70 000 Mark unter den heutigen Verhältnissen auch noch eine ganz unverantwortliche Geld- Verschwendung bedeutet.---_ CUrhci. ..- Aufstand in Albanien  . Konstantliiopel, 24. August. Da die in V e r i s s o w i tz ver­sammelten Sil Baues en der Aufforderung des Mutessarifs von Prischtina  , sich zu zerstreuen, nicht Folge leisteten, eröffnete Militär am 22. Feuer gegen sie, worauf sie sich ins Ge- birge zurückzogen, ohne das Feuer zu erwidern. Am 23. kam es abermals zu Zusammenstößen, wobei die Artillerie in Aktion trat. Aus UeSküb   und Kumanovo   gingen drei Bataillone mit drei Maschinengewehren nach Berissowitz ab. Köln  , 23. August. DerKölnischen Zeitung  " wird aus Uesküb  vom 22. telegrahiert: Die Albanesen lehnten es ab, VerHand- lungen anzunehmen. Infolgedessen wurde um 10 Uhr vormittags von der Station Verissowitsch aus mit Schnellfeuergeschützen die Säuberung des umliegenden Geländes von Albanesen begonnen. Der Bahnverkehr wurde eingestellt. Ueber die Verluste ist noch nichts bekannt. Amerika. Blutbad unter Streikenden. In P i t t s b u r g ist es abermals zu Bluttaten des Militärs gegen streikende Arbeiter gekommen. Am Sonntag kam eS zu fünf Zusammenstößen. Im Vorort Mackeers Rock blieben 11 Tote. Ueber den Ort ist der B e l a g e r u n g s z u st a n d verhängt. Alle Häuser werden nach Waffen durchsucht und viele Ver- dächtige werden verhaftet. Alle Straßenecken sind von Sol- daten besetzt, die die Paffanten durchsuchen. Wer sich weigert, wird niedergeschossen. Die Behörde ist zu den schärfsten Maß- nahmen entschlossen. Die Mahnahmen werden um so rigorosere sein und werden von der Presse gutgeheißen, da es sich um aus- ländische Arbeiter(I) handelt. Man will vor den blutig st en Mitteln nicht zurückschrecken. Bisher sind neben den Toten 40 Verwundete Opfer des Kampfes geworden. In Pittsburg   treffen noch immer Truppenverstärkungen ein. ein Soläichi'eibei' lies klaternehmertums. Gestern spielte L e b i u s vor Gericht wieder eine Rolle, um die ihn niemand beneiden wird. Als Kläger gegen unseren verant- Ivorllichen Redakteur Weber trat er auf. Bald aber sah er sich durch eine lange Reihe begründeter Beweisanträge, die Rechts- anwalt Dr. Kurt Rosenfeld als Verteidiger Webers stellte, in die Rolle eines Angeklagien gedrängt, der mit leidenschaftlichem Eifer, aber ohne den gewünschten Erfolg, sich gegen die Beschuldi- gungen zu wehren suchte, die Rechtsanwalt Rosenfeld gegen ihn erhob und unter Beweis stellte. Ein Gerichtsbericht, den wir über eine Klagesache LebiuS' gegen Weber am 13. Januar veröffentlichten, bringt nebenbei eine für das Verständnis der Prozeßverhandlung notivendige Kennzeich- nung der Persönlichkeit des Lebius sowie seiner journalistischen Leistung, die den Gegenstand der damaligen Klage bildete. Der Bericht über jene Verhandlung veranlaßte Lebius zur Erhebung einer neuen Beleidigungsklage. Diese wurde gestern vor dem Schöffengericht verhandelt. Bekanntlich hat das Kammergericht aus Anlaß einer früheren Beleidigungsklage des Lebius gegen den Vorwärts" entschieden, der Wahrheitsbeweis über die moralische Qualität deS Klägers Lebius müsse zugelassen werden, da diese für die Beurteilung einer Beleidigung von wesentlichem Einfluß sei. Weber machte also von seinem guten Recht Gebrauch, indem er durch seinen Verteidiger eine Reihe von Anträgen stellte, um zu beweisen, daß Lebius ein Mann sei, dem in bezug auf Ehre nicht derjenige Schutz gebühre, auf den sonst jeder an- ständige Mensch Anspruch habe, und daß selbst die schärfsten Ausdrücke nicht scharf genug seien, um LebiuS und sein Treiben zutreffend zu kennzeichnen. Ausgehend von dieser Ansicht, stellte der Verteidiger folgende Beweisanträge: Es solle bewiesen werden, daß LebiuS gleichzeitig für Zeitungen verschiedener Parteirichtung,- und zwar eine nationalliberale, eine unparteiisch-zentrumsfreunb- lichc und eine sozialdemokratischr geschrieben habe. Nicht etwa, wie Lebius behaupte, unpolitische Lokalnotizen, sondern Artikel politischer Tendenz. Es solle bewiesen werden, daß Lebius, als er Redakteur einer in Bochum   erscheinenden parteilosen Zeitung gewesen sei, zu dem Verleger einer gleichfalls in Bochum   erscheinenden national. liberalen Zeitung gegangen sei und sich erboten habe, in der nationalliberalen Zeitung gegen die Zeitung zu polemisieren, deren Redakteur er zu jener Zeit noch gewesen sei. Auf diese Weise so habe Lebius dem Verleger gesagt könne die Zeitung, an der er angestellt sei, kaput gemacht werden. Es solle besviesen werden, daß Lebius während der Zeit, wo er journalistisch, vielleicht auch noch während der Zeit, wo er bereits als sozialdemokratischer Redakteur tätig gewesen sei, mit der Polizei in Verbindung gestanden und ihr Berichte geliefert habe. 1 Es solle bewiesen werden, daß Lebius zu einer bestimmten Zeit sich selber nicht zu den ehrenhaften Menschen gerechnet haben könne, denn er habe, lvas ebenfalls erwiesen werden könne, gesagt: Gesetz, Humanität, Moral, das sei alles Unsinn, daS Geld regiere die Welt, Geld stehe höher als alle Ideale, der Grundsatz der Journalisten sei: wer uns am meisten zahlt, der hat uns." Es solle bewiesen werden, daß Lebius in einem früheren Prozeß gegen denVorwärts" zum Beweise dafür, daß einfluß- reiche Führer der Sozialdemokratie anders über ihn denken, wie derVorwärts", die unwahre Behauptung aufgestellt habe, daß der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Südekum ihm bor   kurzer Zeit eine Glückwunschkarte gesandt habe. Es solle bewiesen werden, daß Lebius als Herausgeber einer Zeitung bei einem Preßprozeß den Verfasser des unter Anklage gestellten Artikels nicht genannt habe, daß er aber nach Jahren, als derselbe Verfasser gegen ihn als Zeuge vor Gericht geladen werden sollte, denselben bei der Dresdener Polizeibirektion als Verfasser de? Artikels denunziert habe, der sich gegen einen Dresdener   Polizeibeamten gerichtet habe. Es solle bewiesen werden, daß Lebius durch seine Frau ver- sucht habe, einen Zeugen, der in einem früheren Prozeß gegen ihn geladen gewesen sei, zum Meineid zu verleiten. Es solle bewiesen werden, daß Lebius in einem früheren Prozeß einen Dresdener   Journalisten wahrheitswidrig als Polizei- spitze! bezeichnet habe. Es solle bewiesen werden, daß Lebius unter falschen Vor- spiegelungen einen jungen Mann zur Abfassung einer Broschüre besvogen habe, die Lebius nachher so zurechtgestutzt habe, daß sie lediglich eine bestimmte Person vernichten sollte, die als Zeuge gegen ihn vor Gericht zu erscheinen hatte und daß es dem Lebius darauf angekommen sei, diese Broschüre noch vor dem betreffende» Gerichtstermin erscheinen zu lassen, um dadurch den ihn belasten- den Zeugen als nicht einwandfrei hinzustellen. Es solle bewiesen werden, daß Lebiizg als Führer der gelben > ArbeitervereinH die Arbeiter tSusche, indem er ihnen vorspiegele, er vertrete ihre Interessen, während er tatsächlich die Interessen der Unternehmer vertrete, die ja auch die Geldmittel für die gelben Vereine und deren Blatt auf- brächten. ES solle bewiesen werden, daß Lebius bei einer in einem gelben Verein vorgekommenen Unterschlagung sich der Begünstigung schuldig gemacht hat. Es solle bewiesen werden, daß Lebius die verschiedensten Wandlungen durchgemacht habe, von einer Partei zur anderen gegangen sei,, als er unter Hinterlassung von Schulden die Sozialdemokratie verlassen habe, sei er in Dresden   zu den Nationalsozialen gegangen; nachdem er auch von diesen abgeschüttelt wurde, fei er unter Hinterlassung eines beträchtlichen Schuldenkontos plötzlich aus Dresden   verschwunden. Wenn diese Beweise erhoben würden sagte der Ver- teidiger, dann werde der Kläger als ein Mann gekennzeichnet, dessen Gemeinschaft jeder anständige Mensch meide, und der sich durch Acußerungen, wie sie imVorwärts" gegen ihn gebraucht worden seien, nicht beleidigt fühlen könne. Angesichts dieses wuchtigen Beweismaterials mag dem Kläger  Lebius jedenfalls nicht wohl zumute gewesen sein. Als er sich zu den Beweisanträgen äußern sollte, spielte er eine recht klägliche Rolle. Vieles von dem, was der Verteidiger angeführt hatte, be- zeichnete Lebius als unwahr, und wo er bereits erwiesene Tat- fachen nicht abstreiten konnte, suchte er ihnen eine möglichst harm- lose Deutung zu geben. Der Umstand, daß seine bewegte Ver- gangenheit durch seine eigene Schuld nun vor Gericht beleuchtet werden soll, brachte den Kläger Lebius in eine verbissene Wut, die ihn mehrmals szu groben Ausschreitungen im Gerichtssaale hinriß, welche der Borsitzende entschieden rügte. Zunächst suchte LebiuS dadurch Stimmung zu machen, daß er sich als eine von den Sozialdemokraten verfolgte Unschuld auf- spielte. Mit unverfrorener Dreistigkeit stellte Lebius die Be- hauptung auf, es werde in diesem Prozeß mit Meineiden gegen ihn operiert. Die gegen ihn benannten Zeugen Schrift- steller May aus Dresden   und dessen Frau bildeten mit einem dritten Zeugen, dem Militärschriftsteller Dietrich zusammen einen Meineidsklüngel, sie schwören im gemeinsamen Interesse Meineide  . Weiter brachte der Kläger   die schon oft als bodenlose Verleumdung erwiesene Behauptung vor, in der Sozialdemokratie gelte es als Pflicht, politische Gegner durch Meineide zu vernichten. Als Weber zu den Beweisanträgen eine Bemerkung machte, bezeichnete LebiuS diese als unwahr und richtete an Weber die Frage, ob er das auch beschwören wolle. Als Weber das bejahte, zischte LebiuS wütend:Dann sind Sie Ihrer Parteigenossen würdig. Pfui Deubel!" Da diese Aeußerung des Lebius unmittelbar hindeutete auf seine Behauptung, in der Sozialdemokratie gelte der Meineid gegen den Gegner als Pflicht, so forderten Weber und seine Ver- teidiger den Schutz des Gerichts vor solchen infamen Be- leidigungen. Der Vorsitzende stellte dem Lebius denn auch eine Ordnungsstrafe in Aussicht, falls er seine Schmähworte nicht zurücknehme. Das tat LebiuS. Ein ähnlicher Vorgang hatte sich übrigens schon zu Beginn der Verhandlung abgespielt. Da be- zichtigte Lebius den Verteidiger R o s e n f e l d der U n- glaubwürdigkeit. Doch mußte er diese Verunglimpfung auf Veranlassung des Vorsitzenden ebenfalls zurücknehmen. Als später Zeugen für die einzelnen Beweisanträge benannt wurden, kam Lebius wieder auf seine Meineidsphantasien zurück. Ich bitte sagte er, keinen Sozialdemokraten als Zeugen zu laden, da diese alle Meineide leisten. Ich werde ein Buch von K a u t s k y borlegen, worin gesagt wird, daß den Sozialdemokraten im poli- tischen Interesse Meineid und Diebstahl gestattet sind. Der Vor­sitzende wies diesen Ausfall mit der Bemerkung zurück: Die Glaub- Würdigkeit eines Zeugen könne doch erst dann angefochten werden, wenn der Zeuge vor Gericht stehe. Die Verhandlung kam nicht zum Abschluß. Das Gericht be- schloß, Beweis darüber zu erheben, ob Lebius gleichzeitig für Zeitungen verschiedener politischer Richtungen geschrieben habe; ob er sich in Bochum   zur Bekämpfung des Blattes, an dem er an- gestellt war, erboten habe; ob er als Sozialdemokrat mit der Polizei in Verbindung gestanden habe; ob er die bezeichnete Karte von Südekum erhalten habe; ob er die Aeußerung:Moral ist Mumpitz" usw. gemacht habe; ob er einen Zeugen zum Meineid zu verleiten gesucht habe, und ob er von den Nationalsozialen ab- geschüttelt worden sei und Dresden   nach Hinterlassung eines größeren Schuldkontos plötzlich verlassen habe. Es wird also wieder einmal vor Gericht in die Vergangen- heit des Lebius hineingeleuchtet werden. Angenehme Bilder sind es nicht, die man da zu sehen bekommen wird. Doch ihre Aufrollung ist nötig, um die Person eines Schützlings der Unternehmer gebührend zu zeichnen. Iiigenclbevveginig. Die Gewerkschaften und die Jugendbttvcgnng. DasCorrespondenzblatt der Generalkommission deutscher Gewerkschaften" schreibt: Der Buchdrucker-Korrespondent  " beschäftigt sich in einer seiner Artikelserien neuerdings mit der Frage der Jugenderziehung. Schon im zweiten Artikel beginnt er, gegen die von Partei und Gewerkschaften in vielen Orten ein- gesetzten Jugendausschüsse Sturm zu laufen. Er fordert die Verbandsmitglieder auf, die Buchdruckerlehrlinge von dem Besuch der Veranstaltungen der Jugendausschüsse und vom Beitritt in die Jugendorganisation abzuhalten. Den Gewerkschaften und besonders der Generalkommission wird der Vorwurf gemacht, sie lassen sich in allen ivichtigen Fragen von der Partei das Messer aus den Händen winden". Und der Partei wird das Zeugnis ausgestellt, ihre Taktik gehe dahin:Wie kompromittiere ich die Gewerkschaften nach außen, um ihnen den Nimbus der Neutralität und Unabhängigkeit gründlich zu rauben?"(I) Das Blatt be- zeichnet dann schließlich diesozialdemokratisch-gewcrkschaftliche Jugenderziehung als für die Gewerkschaften gemeinschädlich", die unbedingt abgelehnt werden" müsse. Wir haben keine Ursache, die Gewerkschaften bezw. die Generalkommission gegenüber diesen ebenso takt- als Verständnis- losen Anwürfen zu verteidigen, Sveil sie in sich selbst zusammen- fallen. Uns ist nicht bekannt, daß dieKorrespondent"-Redaktion jemals irgendivelche Schritte zur Erziehung der Buchdruckerjngend unternommen hätte. Solange derKorrespondent" nicht mit praktischen Resultaten auf diesem Gebiete aufwarten kann, wird er sich mit dem Schicksal abfinden müssen, daß die Gewerkschaften auf dem von ihnen nun einmal als richtig erkannten Weg weiter gehen. Die gewerkschaftliche Neutralitätsfrage hat wirklich nichts damit zu tun, da die eingeleitete Organisation der Jugend- erzrehung außerhalb des gewerkschaftlichen und politischen Kampfes vor sich geht. Die gewerkschaftlichen Interessen können dabei nur durch die Mitarbeit der Gewerkschaften geioahrt werden. Das Recht der einzelnen Verbände, besondere Abteilungen für ihre jugendlichen Arbeiter und Lehrlinge zu errichten, wird durch die Mitarbeit gewerkschaftlicher Kreise in den Jugendausschiissen nirgends angetastet; es ist im Gegenteil recht erwünscht, daß in dieser Richtung mehr als bisher geschieht. Die Gewerkschaften haben ein sehr großes Interesse daran, daß die nun einmal vor- bandenen Bestrebungen der jungen Generation nach Schulung und Betätigung in Bahnen gelenkt werden, die zu ersprießlichen Resultaten führen. Sie haben dagegen kein Interesse daran, die Jugenderziehung den konfessionellen Jünglingsverelnen oder deren Extrem, anarchistelnden Phraseuren, zu überlassen. DerKor- respondent" wird es also den Gewerkschaften gefälligst uberlassen müssen, selbst darüber zu entscheiden, was für siegemelnschadlich ist oder nicht."