MNttarjustizlicheS.Der Musketier Walter Kohllöffel vom IS. Jufanterierezimentwar vom Kriegsgericht der neunten Division wegen Meuterei zudrei Jahren s e ch s M o n a t en F e st u n g verurteilt worden.Auf die Berufung de- Verurteilten ermäßigte das Oberkriegs-gericht des fünften Armeekorps die Strafe auf einJahr drei Monate Festung. Das Ncichs-Militärgericht, dassich infolge des großen Strafunterschiedes mit der Sache zu befassenhatte, hob dieses Urteil auf und verwies die Angelegenheit zur noch-maligen Verhandlung an das Oberkriegsgericht de- sechsten Armee-korps. Dieses hat nun den Musketier mit— vier Wochenstrengen Arrest bestraft. Also erst S'/z Jahre, nachher vierWochen. Wenn sich der Mann bei dem erstinstanzlichen Urteil be-ruhigt hätte Z_Die griechische Militärrevolte.Die unblutige Militärrevolte, der am Sonnabend dasMinisterium Rhallys zum Opfer fiel, trägt einen aus-gesprochen chauvinistischen und zugleich a n t i d y n a st i-s ch e n Charakter. Als Rhallys die Annahme der Offiziers-deputafion verweigerte, zog Sonnabend früh fast die ganzeGarnison, verstärkt durch Marinetruppen nach dem Vorort Gudiaus, wo sie, über 3000 Mann stark, ein Lager aufschlugenund dem Könige die Mitteilnng sandten, daß sie seineAbdankung verlangen. Äun gab Rhallys nach undtrat von seinem Posten zurück. An seine Stelle trat Mar-wonischalis. Der König mußte ein Dekret unterzeichnen, ivorinden aufrührerischen Truppen A m n e st i e zugesichert werde.Tatsächlich ist die Armee Herr der Lage und der Thron desdänischen Prinzen, der die griechische Krone trägt, wackelt be-denklich. Wie unbeliebt er und sein Haus in der Armee undwohl auch sonst im Lande sind, geht daraus hervor, daß dieunzufriedenen Offiziere in der Liste ihrer Forderungen andritter Stelle anführen: Entfernung der könig-lichen Prinzen aus den Reihen der aktivenArmee. Tie übrigen Forderungen der Liste sind samt undsonders Verbesserung und Verstärkung des Heers und derFlotte, wobei zugleich größere Sparsamkeit verlangt wird.Nach Verkündung der Amnestie sind die Truppen ruhigin ihre Kasernen zurückgekehrt. Doch glaubt man die Dynastieimmer noch gefährdet, und vor allem fürchten die Diplomateninternationale Verwickelungen und Friedensstörungen, da dieBewegung ja auch einen Protest gegen die Haltung dergriechischen Negierung in der Kreta- und mazedonischenAffäre darstellt.Das neue Ministerium kündet innere Reformen und Er-sparnisse an. Woher es aber das Geld für die von der Armeegeforderten Reformen der militärischen Rüstungen nehmenwill, ist unklar. Das arme Land ist tief verschuldet und dasVolk seufzt unter erdrückender Steuerlast.-Ocrtcrmch.Der Nationalitätenstreit.In Tirol wird in diesen Tagen die Jahrhundertfeier derErhebung des Landes gegen Bayern und Frankreich gefeiert. Nachbürgerlichem Brauch läuft sie in eine Huldigung vor dem greisenKaiser aus. Die italienischen Tiroler nehmen wegen ihrer feind-lichen Stellung zu den Deutschtirolern an der Feier nicht teil.Ayl Sonnabend kam es in Trient zu heftigen Demonstra-t i o n e n der Welschtiroler gegen die deutschen Schützenvereine, diezur Feier nach Innsbruck abfuhren. Die Wiener„Neue Freie Presse"meldet, daß ungefähr 3000 Italiener unter der Führung desReichsratsabgcordneten Avancini am Bahnhof die deutschenSchützenvereine beschimpften und bedrohten. Einzelne Schützenwurden angeblich gezwungen, zurückzubleiben. Die Gendarmerieschritt ein und verhaftete viele Demonstranten, darunter denAbgeordneten Avancini.»Dänemark.Die Demoustration gegen Christensen.Kopenhagen, 29. August. Als Protest gegen den EintrittI. E. EhristensenS in das Kabinett veranstaltete die Bevölkerungder Hauptstadt heute mittag einen D e m o n st r a t i o n s z u g, andem viele tausend Personen teilnahmen. Daran schloß sicheine Versammlung, in welcher nach mehreren Ansprachen einstim-mig beschlossen«wurde. König und Folkething zu ersuchen, denjetzigen Verteidigungsminister I. C. Christensen vor dasReichsgericht zu stellen zur Untersuchung desoffiziellen Verhältnisses Christensens zu demehemaligen Justiz mini st er Albert i.OrKei.Die Ausstiiniie in Albanien«nd Bemen.— Uesküb, 30. August. Von Regovo wird berichtet, daß dieKämpfe im Erlöschen begriffen sind. Auf albanesischerSeite seien große V e r l u st e zu verzeichnen. Die Truppenhatten bisher elf Tote und zahlreiche Verwundete.London, 30. August. Der„Daily Telegraph" meldet ausKonstantinopel: Die Lage in Demen ist nach wie vorsehr e r n st. Der Wali verlangt die dringende Entsendung von5000 Mann Truppen und vier Gebügs- und vier Schnellfeuergeschützbatterien. Sechs türkische Bataillone sindvon den Arabern bereits aufgerieben worden.Die Regierung befindet sich in sehr mißlicher Lage, dadie Soldaten nicht nach Jemen abgehen wollen.Amerika.Polizeikorruption in New Jork und Chicago.New Jork, 17. August.(Eig. Ber.)sEx-Polizeikommissar B i n g h a m, der bis vor wenigenWochen anderSpitzedesNewIorkerPolizei Wesensstand, veröffentlicht im Septemberheft von„Hampton's Magazine"einen hochsensationellen Artikel über Polizei, Polizei-., Grast",systematische Brandschatzung der Bevölkerung New Jorks,namentlich der Wirte, Spielhöllenbesitzer, Bordellbesitzer undStraßendirnen durch die Polizeiorgane, und über das Schutz- undTrutzbündnis zwischen der Polizei und den Magistraten(Richter,die über leichte Vergehen zu befinden haben) und den Politikern.Bingham behauptet in dem Artikel, daß die von der NewJorker Polizei erpreßten Schmiergelder sich auf100 000 000 Dollar(4 00000000 M.) per Jahr belaufenund fügt bei, daß 1500 bis 2000 Polizeibeamten der aus insgesamt10 000 Köpfen bestehenden Polizeimannschaft New Jorks„skrupel-lose„Grafters" sind, nur darauf bedacht, auf„leichte Art" Geldzu erwerben". An der Hand von Beispielen weist Bingham nach,daß einfache Schutzleute, deren Gehalt zwischen 1400 Dollar bis2000 Dollar per Jahr beträgt, neben ihrer städtischen Wohnungeine Sommerwohnung auf dem Lande besitzen und daß ihr Auf-wand mindestens ein Jahreseinkommen von 5000 Dollar bedingt.Das Manko zwischen Gehalt und Aufwand wird durch Schmier-gelder gedeckt. Ihm(Bingham) selbst wurden während feinerAmtszeit wibderholt Bestechungsgelder angeboten; hätte er sich aufdie im Polizeidepartement üblichen krummen Praktiken eingelassen,so hätte er pro Jahr mindestens 600 000 Dollar Schmier-gelder in die Tasche stecken können, wahrscheinlich"nber1 00 0 00 0 Dollar. Durchaus neu sind ja diese Angaben nicht;da sie aber von solch berufener.Seite stammen� verdiene� sie, ZierxeL'ftxiert z« Werden.°',Nebrigens liegen die Verhältnisse in Chieago nicht anders.Seit Wochen führt unser dortiges Parteiblatt„The Chicago DailySocialist" einen schneidigen Kampf gegen die Chicagoer Polizei-korruption, und was das Blatt aus dem Polizeisumpfe zutageförderte, war solcherart, daß die Distriktsanwaltschaft, allerdingssehr gegen ihren Willen, sich zum Einschreiten veranlaßt sah. Vor-läufig haben die Grotzgeschworenen gegen ein halbesDutzend Polizeibeamte Anklagen erhoben, sogegen den Polizeiinspektor McCann und gegen den Polizei-sergeanten Griffin. Beide haben in dem dem Inspektor McCannunterstellten Bezirk seit Jahren die Erpressung systematisch be-trieben und von Bordellbesitzern und so weiter den amtlichen Fest-stellungen zufolge 150 000 Dollar per Jahr eingetrieben.Jede Straßendirne mußte, wie die Untersuchung ergeben hat,mindestens 20Dollar per Monat an McCann abliefern, umsich die Freiheit, ihren Leib zu verkaufen, zu sichern. In denanderen Polizeidistrikten Chicagos herrschte natürlich das gleicheSystem, und wenn auch dort die Gesamtsumme der Brand-schatzungen keine 100 000 000 Dollar erreicht, so geht sie doch Zweifel-los ig dix Billionen.Hiis der parte!*VernstcinS Hinauswerfen ans der„Neuen Zeit".Die„Chemnitzer Volksstimme" hatte behauptet, Bernstein seiaus der„Neuen Zeit"„hinausgebissen" worden. Auf meineAufforderung, offen herauszusagen, was damit gemeint sei, meldetsich jetzt Bernstein selbst, um zu erklären, daß mein Verhalten ihmgegenüber seinen Austritt unvermeidlich gemacht habe, was Auerund„ein Parteigenosse in hervorragender Stellung" ihm bestätigten.Das bedeutet weder eine Zurücknahme der Beschuldigung, nochihre Aufklärung, sondern öffnet erst recht allen möglichen Deu-hijtgen und Mißdeutungen Tür und Tor.Es war nicht mein„Verhalten", was Bernsteins Zusammen-wirken mit mir in der„Neuen Zeit" schließlich unmöglich machte,sondern sein Frontwechsel, der unsere ursprüngliche völlige Neber-einstimmung in allen entscheidenden Fragen der Theorie, derTaktik, der Redaktionsführung durch den schroffsten Gegensatz verdrängte.Wohl aber darf ich es meinem„Verhalten" zuschreiben, wenntrotz dieses Gegensatzes aus allen Gebieten, die für unser gemein-sames Arbeiten in Betracht kamen, trotz seiner steten polemischenHervorkehrung und Zuspitzung noch fast drei Jahre lang ein Zu-sammenarbeitcn Bernsteins mit mir möglich wurde.Ueber mein Verhalten Bernstein gegenüber ist mir bisher vonniemand ein Tadel ausgesprochen worden, auch nicht von jenenbeiden Genossen, auf die sich Bernstein beruft, ohne sie wörtlich zuzitieren. Ebensowenig von jenen Instanzen, deren Ueberwachungdie Redaktionsführung der„Neuen Zeit" untersteht und die berufenwaren, Bernstein zu schützen, wenn ich ihn ungebührlich behandelte.Die einzige, erste und letzte, Beschwerde, die Bernstein übermein„Verhalten" an den Parteivorstand richtete, im März 1900,wurde von diesem mit allen Stimmen, auch der Auers, alsunberechtigt zurückgewiesen._ Karl K a u t s k y.Die Landeskonferenz der sozialdemokratischen Partei des Herzog-tums Braunschweigfand am Sonntag, den 29. August, in S e e s e n am Harz statt. Siewar von 69 Genossen und Genossinnen besucht. Der Parteivorstandhatte den Genossen W e n g e l s- Berlin entsandt. Nach dem Be-richte des Vorsitzenden der Landcsorganisation, des GenossenRicke und des Parteisekretärs A n t r i ck waren im Lande Braun-schweig am 1. Juli d. I. insgesamt 7431 organisierte Parteimit-glieder vorhanden, davon 1150 weibliche. Die Landesorgcnrisationhat um 1155 Mitglieder gegen das Vorjahr zugenommen, um 786weibliche und 369 männliche. Die Landeszcntralkasse hatte eineGesamteinnahme von 14 336,79 M., eine Ausgabe von 11101,12 M.und am 1. Juli d. I. einen Kassenbestand von 3285,67 M. DieLandesorganisation umfaßt 47 Ortsvereinc, die eine Gesamt-jahreseinnahme von 28 741,18 M. hatten. In den Bürgerschafts-Vertretungen von 6 Städten hat unser? Partei 24 Stadtverordnete,in 27 Landgemeinden insgesamt 53 Gemeinderatsvertreter gegen63 Stadtverordnete bczw. Gemeindevcrtretcr im Vorjahre. Flug-blätter sind im letzten Jahre 242 000 verbreitet worden. Die Lau-desorganisation hat außerdem ein besonderes� Agitationsblatt„E m p o r" gegründet, das ollmonatlich unter der ländlichen Be-völkerung gratis verbreitet wird. Der„Volksfreundkalen-d e r" ist in 36 000 Exepmlaren auf dem Lande verteilt worden.Die Jugendorganisation hatte am 1. Juli d. I. 176Mitglieder, jetzt über 200. Die Bildungsbestrebungenwurden von der Partei nach Kräften gefördert. De:„Volks-freund" wird in 80 Orten in über 9000 Exemplaren gelesen, der„Wahre Jakob" in 3509. die„Gleichheit" in 331. die„Neue Zeit"in 57, die„Kommunale Praxis" in 15 und die„Arbeiterjugend"in 240 Exemplaren. Der Parteitag faßte folgende Beschlüsse:Sofern der Parteitag in Leipzig den monat»lichen Mindestbeitrag auf 3 0. Pf. festlegt, soerhält Z 31, Absatz 1 der Landessatzung folgenden Zusatz: Vonjedem Beitrage eines männlichen Mitgliedes verbleiben den ort-lichen Verwaltungsstellen 10 Pf.Sofern der Parteitag in Leipzig eine anderweit? Regelungder Beitragszahlung beschließt, so ermächtigt die Landeskonferenzden LondeSvorstand, gemeinsam mit den drei Kreisvorständcn dieVerteilung der Beitrage zwischen Landes-, Kreis- und Orts-organisationen bis zur nächsten Landeskonferenz provisorisch zuregeln. � tDer Landesvorstand hat mit Unterstützung d:r KreisvorstandeEinrichtungen zu treffen, die Vorstandsmitglieder derOrtsvereine und Parteifunktionäre besser auszu-bilden.<...Tie Wahl der Delegierten zum deutschenParteitage wird mittels Urabstimmung vorgenommen.In derselben Weise muß über wichtige Partei.fragen abgestimmt werden, wenn dieses von mindestens 10Ortsvereinen bezw. Mitgliedschaften beantragt wird.— Pflichtder Genossinnen.ist es. unter dem weiblichen Proletariate zuagitieren. Hierzu soll den Genossinnen vom Vorstand respektiveden Bezirksfiihrern ein Verzeichnis der Genossen des betreffendenBezirks verabfolgt werden._Schnapsboykott.Durch die Parteipresse geht ein Artikel des Genossen Aug.N e u m a n n- Hamburg, Vorsitzenden des Arbeiter-Abstinenten-bundes, der dem Parteitag empfiehlt, den Schnapsboykott zu be»schließen. Er befürwortet den Boykott als eine ÄrtSteuerver-Weigerung. Nachdem er ausgeführt, daß der Boykott desBieres auf die Dauer noch nicht durchzusetzen ist, weil der„Glaube an das Bier" noch zu groß sei, legt er dar. daß dieZahl der Verteidiger des Schnapses stetig abnimmt, ebenso wie dieZahl derer, die ihn gewohnheitsmäßig genießen. Der Schade, dener anstiftet, sei unbestritten; auch ohne besonderen Anlaß wäre eineKriegserklärung gegen den Schnaps des Beifalls und der durch-schlagenden Wirkung in der organisierten Arbeiterschaft sicher.Dann fährt der Artikel fort:„Jetzt aber liegt solch ein besonderer Anlaß vor. Jetzt handeltes sich darum, durch einen Schnapsboykott das Steuererträg-nis fühlbar zu vermindern, die Liebesgabe derJunker aber womöglich ganz zu vernichten. Um diesesZieles willen wird mancher Widerspruch verstummen, werden auchviele, die noch glauben, damit ein Opfer zu bringen, dem Aufrufefolgen. Natürlich wird es nötig sein, in diesem Kampfe den Massenzu zeigen, daß es kein Opfer ist, was wir verlangen; daß der Ver-zicht auf den Schnaps eine Erhöhung der Lebenshaltung nach jederRichtung bedeutet; daß die Preisgabe des Schnapses gesundheit»lichen« muterirllui,. MwalischLli Gewinn iL.Wils mit sich bru�t.Selbstverständlich wird' dabei die Darlegung der sozialen Ursachen,die zum Branntweingenuß treiben, die leicht wie eine Verteidigungseines Genusses wirken kann, zurücktreten hinter der Aufklärungüber seine Gefahren und die Notwendigkeit, ihn zu meiden."Genosse Neumann glaubt, daß es der Sozialdemokratie möglichsein wird, einen Schnapskonsumrückgang zu erzielen, groß genug,um das Steuersoll von 200 Millionen wesentlich zu schmälern, undzu bewirken, daß die Kontingentshöhe nicht mehr erreicht wird unddie Liebesgabe zum Teufel geht. Er schätzt, daß die Partei aufetwa ein Viertel der erwachsenen männlichen Bevölkerung Einflußgenug besitzt, sie für den Boykott zu gewinnen. Er sagt darüber:„... Wenn man diese Zahl zu hoch findet, vergesse man nicht,daß der Branntweinverbrauch in der Arbeiterschaft größer ist, alsin den anderen Kreisen; ferner, daß wir weit über den Nahmender organisierten Arbeiterschaft hinaus auf andere wirken. Mandenke daran, daß der Trunk bei der Arbeit, auf Bauten und inFabriken unter den Augen aller geschieht, daß jeder hier praktischeArbeit leisten kann.Man vergesse auch nicht, welch bedeutenden Einfluß hierbei dieFrauen ausüben können und werden. Mit Freuden werden sieden Kampfruf aufnehmen.Einmal in die Masse geworfen aber wird der Boykott auchweitergreifen. Auch in den ch r i st l i ch e n Gewerkschaften mehrensich die Stimmen gegen den Alkohol. Und der Groll gegen die neuenSteuern ist dort nicht geringer als bei uns. Ich glaube daher, nichtzu hoch zu schätzen, wenn ich den Ausfall, den wir erzielen können,auf etwa ein Viertel des heutigen Konsums bemesse. Das würdeeinen Steuerausfall von rund 50 Millionen ergeben, dazuden Wegfall der Liebesgabe! Und selbst, wenn es weni-ger wäre: es würde sicher ein fühlbarer Ausfall.Es wäre dann ein Schauspiel, wert, erlebt zu werden, wenndann die Regierung, wenn die herrschenden Klassen sich anschickenwürden, unseren Schlag abzuwehren; wenn sie gar dem Schnaps-genuß das Wort reden würden= natürlich dem„mäßigen"."Der Artikel schließt:„Möge der Parteitag diesen Wegbetreten! Möge er diese eminent praktische Arbeit leisten—und Leipzig wird in der Geschichte der Partei stehen als ein Ort,an dem eine Befreiungsschlacht des Proletariats seinen Anfangnahm."mEine sozialdemokratische Versammlung in Magdeburgnahm eine Resolution an, deren Schluß lautet:„Die Arbeiterschaft wird... aufgefordert, durch Enthaltungdes Branntweingenusses in jeder Form dazu beizutragen, dieseAusbeuterkreise(die Agrarier), dort zu treffen, wo sie am empfind-lichsten sind, das ist am Geldbeutel.Die Enthaltung vom Branntweingenuß muß zugleich eineDurchkreuzung der Steuerpolitik der Regierung erwirken. AlsoKrieg dem Branntwein, den geschlossen und energisch zu führen,Ehrensache der Arbeiter sein muß."Em Industrie und Kandel.Bou der Not der Landwirtschaft.Wie ein hinterpommersches Lokalblatt berichtet, hat der Ritter»guisbesitzer Ludden sein 1600 Morgen großes Gut zum Preise von415 000 M. verkaust. Da er das Gut vor zwei Jahren für320 000 M. erwarb, hat er pro Jahr 47 500 M. für Nichtstun„der»dieni". Der Besitzer des Gutes Ermielen bezahlte für dieses vordrei Jahren 50 000 M., jetzt hat er es für 120 000 M. losgeschlagen.Der Aufschlag macht 140 Proz. aus. An dem kleinen Objekt„ver-diente" der Verkäufer in drei Jahren 70000 M. Den neuen Be-sitzern wird es vielleicht nicht schwer fallen, auszurechnen, daß trotzder Wucherzölle die Erlöse noch keine genügend hohe Rente abwerfenund daß sie keine höheren Löhne für die Landproletarier zahlenkönnen. Bei der steigenden Grundrente wird die Landwirtschastimmer notleidend bleiben und die Junker machen Bombengeschäfte.Gegen den Biertrust.Eine am Montag abgehaltene Versammlung der Genossen-schaftler und Abnehmer der„Ersten Genossenschafts-Brauerei"erklärt sich einsfimmig mit den Matznahmen der Verwaltungeinverstanden. Unter keinen Umständen werde man sich vonden Grotzbrauereien durch billige BierPreiSangebote einfangenlassen. Den von der Genossenschaftsbraucrei festgesetzten Preisvon 18 M. werde man gern zahlen, um so mehr, als er mitdazu dienen solle, kampffähig gegen den Ring zu sein. Esmüsse alles daran gesetzt werden, die Vertrustung der Bier-Produktion zu verhindern, andernfalls würden die Wirte zueinfachen Schenkknechten der Brauereien herabsinken.' Daswar die einmütig bekundete Ansicht, der zufolge man denKampf aufnehmen werde._Z» leicht befunden.In Karlsruhe hat die Polizeidirektion mehr als die Hälfte allerBäckermeister mit Strafen von 10 bis 50 M. belegt, weil das ver-kaufte Brot im Widerspruch mit dem im Schaufenster befindlichenAushang nicht das richtige Gewicht zeigte. Auf Veranlassung derBückerinnung legten die bestraften Bäckermeister Berufung'beimAmtsgericht ein. Das Gericht erkannte das Recht der Polizeibehördean, im Falle einer Nichtübereinstimmung zwischen tatsächlichem Ee-wicht und den Angaben im Schaufenster Strafen zu verhängen,setzte aber das Höchstmaß der Strafen von 50 M. ans 20 M. herab.Brote, die zu leicht sind, kann man auch au anderen Plätzen finden.Wenn überall ein leistungssähiger gntgeleiieter Konsumverein miteiner eigenen Bäckerei bestände, würden die Herren Bäckermeisterwahrscheinlich mehr auf richtiges Gewicht halten.Sozialee.Wegen fahrlässiger Tötung � o.....war der Pächtersohn Garb? aus Barvin angeklagt. Der 75 Jahrealte Arbciterinvalide Schramm hatte sich eines Tages im Stalledes Angeklagten zum Schlafen niedergelegt. Dieser forderte ihnauf, den Stall zu verlassen. Dieser Aufforderung suchte Schrammnachzukommen, er stürzte aber nieder. Garbe brachte ihn dannauf die Straße und überließ ihn dort seinem Schicksale. Amanderen Morgen wurde der Greis dort tot aufgefunden. Da derTod nach ärztlichem Gutachten durch Lungenlähmung eingetretenist, und der Tod auch im Stalle hätte erfolgen können, wurde derAngeklagte freigesprochen.— Im Staate der christlichenNächstenliebe!_,Die Verwertung gewerblicher Schutzrechte.Die Patentverwertnng ist bei den derzeit an die Hand gegebenenMitteln für viele Erfinder mit recht erheblichen Kosten verknüpft.Es ist häufig unmöglich, bei einem Fabrikanten ein Interesse füreine Erfindung zu erwecken, wenn der Erfinder ihm die Erfindungnicht so vorführt, daß die Vorteile möglichst klar hervortreten. Einsolches Vorgehen, richtig durchgeführt, kostet natürlich Geld und istschon aus diesem Grunde für manchen Erfinder überhaupt nichtausführbar. Ein mechanisches Anerbieten der zu verwertendenErfindung durch Offertbriefe hat, wie die Praxis ergibt, keinenWert. Solche Offertbriefe sind selten überzeugend, und der Fabri-kant wird heutzutage von solchen Anerbietungen derart überhäuft,daß sie meistens nngelesen in den Papierkorb wandern.Die kgl. Württembergische Zentralstelle für Gewerbe undHandel in Stuttgart beabsichtigt nun, den Versuch einer staatlichenAusstellung zwecks Einleitung der Verwertung von gewerblichenSchutzrechtcn. Die Veranstaltung soll dem Erfinder nur geringeKosten verursachen, welche lediglich zur Deckckng der Selbstkostender Behörde bestimmt sind, und es sollen gänzlich unbemittelte Er-finde: kostenfrei ausstellen dürfen. Die Aufforderung zur Ein«reichung ve» Anmeldungen wird binnen kurzer Zeit ergehen,