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gläubigem Slnne in erster Sink die Persönlichkeit des SeljrerS von ausschlaggebender Bedeutung ist, muh die Vorbildung der katholischen Lehrer und Lehrerinnen in Seminarien verlangt werden, die in katholischem Geistegcleitet werden. (5. Gegenüber der bedauerlichen Tatsache, dah sich auch in Lehrer- kreisen immer mehr ein Geist bemerkbar macht, der der christlichen Weltanschauung widerstreitet, ist der erfolgt« Zusammcnschluh der für die Grundsätze der katholischen Kirche eintretenden Lehrer und Lehrerinnen von hoher Bedeutung. Es ist Pflicht der ka- tholischcn Lehrer und Lehrerinnen, sich dem katholischen Lehrer- verband beziehungsweise dem Verein katholischer deutscher Leh- rerinnen anzuschliehcn." Auch die am Nachmittag abgehaltene dritte öffentliche Versammlung bot wenig Interessantes. Gleich nach der Eröffnung verlas der Vizepräsident Graf Ballestrcm folgende kaiserliche Depesche: Ich habe mich über die Begrüßung der dortigen Versamm- lung der deutschen Katholiken gefreut und danke für den AuS» druck treuer patriotischer Gesinnung. Wilhelm l. R. Graf Ballcstrem brachte hierauf ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus, in das die Versammelten begeistert einstimmten. Dann redete Rechtsanwalt Numpf-München über die deutschen Katholiken und die Kunst", indem er die Verdienste des Katholizismus um die Kunst pries und gegen die unsittliche Afterkunst wetterte. Ferner sprachen Pfarrer Ka- p i tz k a über denAlkoholismus in sozialer Bezie- h u n g", Landtagsabgeordneter de Witt über diePress e", Schriftsteller Mumbauer über»die deutschen Katho» liken und die Literatur". Inzwischen war folgendes Antworttelegramm de» Papstes eingelaufen: Sc. Eminenz, dem Fürstbischof, Kardinal Dr. Kopp, BreS- lau. Der Heilige Vater nahm erfreut die Kundgebungen lind- lichen Gehorsams und der Treue entgegen, die die dort zur SS. Generalversammlung in Breslau vereinigten Katholiken Deutschlands durch ihren Präsidenten Herold dargebracht haben. Er wiederholt seine Wünsche, es möge die Generalversammlung reichste Früchte bringen und erteilt dazu allen Teilnehmern und jedem Einzelnen als Pfand himmlischer Gnade aus ganzem Herzen den apostolischen Segen. Merry dcl Val." Präsident Abg. Herold: In tiefgefühltestem Dank für die huldvolle Begrüßung und für die Erteilung de? apostolischen Segens erneuern wir das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue und unerschütterlichen Gehorsams für den Heiligen Vater auf PetriS Stuhl. Zum Zeichen dessen bitte ich Sie einzustimmen in den Ruf: Se. Heiligkeit, Papst Pius X. lebe Hoch! Hochl Hoch! Die Ver- sammlung stimmte begeistert in den Ruf ein. Schklilsle eines fozlaliffllchen Offiziers. Paris , 29. August.(Eig. Ber.) In der französischen Armee fehlt es nicht an Offizieren von aufrechter demokratischer Gesinnung und sozialer Erkenntnis. An der freienHochschule für Sozialwissenschaften" ist ein eigener Kursus für das ThemaArmee und Demokratie" eingerichtet.wobei aktive Offiziere auch höheren Ranges als Vortragende tätig sind. Seit einigen Jahren erscheinen auch Militärzeitschristen, wie Armee et Democratie" undPortc-Voix", die die Interessen und Forderungen der fortgeschrittenen Demokraten im Offizierskorps vertreten. Diese Erscheinung nimmt nicht wunder, wenn man die Herkunft und die soziale Lage eines nicht unbedeutenden Teile» der Offiziere ins Auge faßt. Nicht nur die Rekrutierung zahlreicher Offiziere ans dem Mannschaftsstand, sondern auch die Aufhebung der Heiratskaution hat hier einen starken Einfluß ausgeübt. Offi- ziere, die unbemittelte Frauen heiraten, führen oft einen Haushalt von ausgesprochen proletarischem Zuschnitt. Sie können natürlich mit ihren, der alten Militärkaste oder der bereicherten Bourgeoisie entstammenden Standesgenoffen im gesellschaftlichen Auftreten nicht Schritt halten. Diese soziale Scheidung drückt sich auch im politi- scheu Gegensatz zwischen konservativem, mehr oder minder offen antirepublikanischem Traditionalismus und demokratischem Radi- kalismus mit sozialistischen Sympatien aus. Vereinzelt sind re- publikanische Offiziere auch zu ausgesprochen sozialistischen An- schauungen vorgedrungen. Zu ihnen gehört der Jnfanteriehauptmann Gerard in Beauvais . Dieser Offizier, dem seine Vorgesetzten durchwegs das glänzendste Zeugnis für feine militärischen Fähigkeiten und Lei» stungen ausgestellt haben, veröffentlichte in derHumanite" unter dem PseudonymOberst Rossel" eine interessante Artikelserie über die Rolle der Armee in der sozialistischen Bewegung. Bor einigen Monaten ist er dann mit einem Regimentskameraden, der seine aus einem früheren freundschaftlichen Verkehr stammende Kenntnis dieser Autorschaft unrühmlich verwertet hatte, in der Ka- ferne hart aneinandergeraten. Der Zusammenstoß hatte zur Folge, daß beide Offiziere in Untersuchung gezogen wurden. Die Unter- suchung, die noch nicht abgeschlossen ist, wird mit unverkennbarer Parteilichkeit geführt. Um ihren Abschluß und die Entscheidung des Untersuchungsrats abzuwarten, hatte Gärard einen Urlaub er- wirkt. Da dieser Urlaub indes ablief, bevor die Entscheidung erfolgt war, suchte Genosse Gerard um eine Verlängerung nach. Er be. gründete sein Begehren auch mit der durch die Aufregungen des Konflikts verursachten Ermüdung. Die Militärbehörde erwiderte. daß seinem Ansuchen nur Folge geleistet werden könne, wenn er im Militärspital vom Val-de-Grace seine» Zustand ärztlich konsta- tieren lasse. Gerard begab sich ahnungslos dahin und nun begab sich eine Ungeheuerlichkeit, die an die ärgsten Infamien heranreicht, deren sich die jesuitische Militäclique in der Draifußaffäre schuldig ge- macht hat. Er war kaum in die HauSmeisterloge eingetreten, als er ergriffen und ohne weitere Erklärung in das für Wahnsinnige bestimmte Zimmer mit Gitter- fcnstern geschleppt wurde. Dort entkleidete man ihn vollständig und sperrte ihn ein. Die Gefahr er- kennend unterließ er mit außerordentlicher Selbstbeherrschung jeden Widerstand und Protest, der den gesuchten Vorwand zu einer Jnternierung als Geisteskranker hätte liefern können. Als die Acrzte zur Untersuchung kamen, waren sie von seiner Ruhe und von der Klarheit seiner Antworten überrascht. Sie erzählten ihm, daß man ihn ihnen als sehr überreizt bezeichnet und von seiner S e l b st m o r d a b s i ch t gesprochen habe. Als Grund seiner Entkleidung war ihnen die Wegnahme seines Revolvers er hatte in Wirklichkeit gar keinen bei sich gehabtl bezeichnet worden. Aus seiner Zelle richtete Gerard einen Brief an Jaures , der aus den Andeutungen des Hauptmanns den Ernst der Situation erkannte. Jaurös eilte in Begleitung der Genossen Renaudel und Dubreuilh sofort nach dem Hospital, wo sie Gevard schon halb befreit fanden, da die Militärärzte sofort das Fehlen jeder geistigen Störung festgestellt hatten. Jaures nahm Rück, spräche mit dem Oberstabsarzt, der die vollkommene Geistesklarheit Gerards bestätigte und mit einiger Verwirrung davon sprach, daß der Hauptmann ihm alsNeurastheniker" zugewiesen worden sei. Unter dem Begriff Neurasthenie seien aber Störungen jeglicher Art bis zum ausgebrochenen Wahnsinn zu rechnen und Lifliiün£ej die Beobachtung gerechtfertigt gewefen. JauröS fordert von der Regierung eine Untersuchung der offenbar von einer Clique im Kriegsministerium oder vom Pariser Militärgouvernement bewirkten Schändlichkeit und droht mit einer parlamentarischen Intervention. Der Ministerwechsel hat ver- hindert, den General Piquart, unter dessen Regime sich die Begebenheit zugetragen hat, zu fragen, was er gegen diese in der Aera derWahrheit und Gerechtigkeit" in derrepublikanischen Armee" begangene verbrecherische Bedrohung der persönlichen Freiheit tun wolle. Da die Intrige gegen Gerard ihren Fort- gang nimmt, appelliert Genosse Jaures an alle ehrenhaften Ele- mente der Bürgerschaft und der Armee. Im Kriegsministerium hat man einem Redakteur desMatin" erklärt, die von Jaures veröffentlichten Tatsachen seien dort voll- ständig unbekanntl Auch habe Hauptmann Gerard gar keine Beschwerde eingereicht. Diese Behauptung ist aber unwahr. Denn Gärard hat am Tage nach seiner Jnternierung durch einen Rechtsanwalt einen Protest beim Kriegsministerium eingereicht, der auch die sofortige Freilassung des Hauptmanns und eine Untersuchung forderte. Diese Untersuchung wurde zu- gesagt. In der Presse hat Jauräs' Appell vorläufig erst ein schwaches Echo gefunden. Die großen Gcrechtigkeitsphrasen des DrehfuS- rummels interessieren seine im Fett sitzenden Nutznießer nicht mehr._ politifche GcberHcbt. Berlin . den 1. September 1809. Der Reichsfinanzsumpf. Selbst die imperialistischenHamburger Nachrichten", das Blatt der für die Vermehrung der deutschen Kriegsflotte schwärinenden Hamburger Reeder und Exporteure, fühlen sich in Anbetracht der stetig steigenden Ausgaben des Deutschen Reiches bewogen, ernstlich zur Sparsamkeit zu mahnen. In einer Betrachtung über die not- wendigen neuen AuZgabeerhöhungen des ReichShauShaltSetatS für 1910 schreiben sie: Nicht bloß die Gestaltung der Einnahmen, sondern auch die der Ausgaben zwingt zur Befolgung des Sparsamkeitsgrundsatzes im Reiche. Schon im Reichshaushallsetat für 1910 wird es sich um die Einsetzung einer ganzen Reihe durchaus notwendiger Ausgabeerhöhungen handeln. Zunächst kommen dabei d i e Besoldungserhöhungen in Betracht. Sie sind durch Gesetz verbürgt und werden, wie ganz natürlich, hauptsächlich auf die Etats der Betriebsverwaltungen, in denen die große Mehrzahl det Beamten beschäftigt ist, ungünstig einwirken. Es müssen aber noch weit mehr AnSgabeerhöhungen eingestellt werden. Einmal erfordern die sozialpolitischen Ausgaben alljährliche Erhöhungen. Sind sie nicht beim Reichszuschuß für die Invaliden- Versicherung unmittelbar notwendig, so erfolgen sie bei den Kosten für das Reichsverficherungsamt. Nun aber müssen doch auch die Ausgaben für die Hinterbliebenen- Versicherung ins Auge gefaßt werden. Daß zu ihrer Bestreitung die bisherige Einrichtung mit dem Hinter- bliebencnversichcrungsfondS und den Mehreinnahmen der land - wirtschaftlichen Zölle nicht ausreicht, braucht wohl nicht noch näher bewiesen zu werden. Dann ist zu bedenlen, daß auch für 1910 wieder eine Steigerung der Ausgaben für die Veteranen zu erwarten ist, die ja überhaupt noch einige Zeit anhalten wird. Fällt diese Ausgabesteigerung schon für 1910 ins Gewicht, so ist von 1911 ab damit zu rechnen, daß die bis dahin aus dem Rcichsinvalidenfonds mit einigen 30 Mill. Mari zu be- streitenden Ausgaben dem allgemeinen Etat zur Last fallen tverden. Im Jahre 1911 ist bekanntlich der Jnvalidenfonds aufgezehrt. ES ist drittens darauf hinzuweisen, daß jährlich bisher die Pein ionsbe- träge gewachsen sind und daß in diesem Prozeß auch in der nächsten Zeit eine Acnderung nicht eintreten wird. Weiter wird die Zin S- l a st nicht kleiner, wenn die Schulden des Reiches, wie dies bisher doch noch immer der Fall gewesen ist, größer werden. Schon im Etat für 1909 war ja für die Reichsschuld eine fortdauernde Ausgabe von über 170 Millionen Mark zum Ansatz gebracht. Die Schulden- tilgun g wird 1910 fortgesetzt, von 1911 abbeträchtlich erhöht werden müssen. Andere Ausgabcerhöhnngen und Neuausgaben, wie die für die Marine, sind durch Gesetz festgelegt und müssen in den Etat für 1910 und in die nächstfolgenden Etats eingesetzt werden. Kurz, die Enttvickelung, die in nächster Zeit den ReichSauSgaben bevorsteht, ist durchaus nicht für den ReichSfäckel günstig. Gewiß ist diese Entwickelung der Ausgaben für die letzte Reichsfinanzreform maßgebend gewesen und die Höhe der neuen Einnahmen nach ihr bemessen worden, aber ebenso sichert st auch, daß die vorauszusehende nächste Gestaltung der Reichs- ausgaben es nottvendig macht, zu sparen, wo es nur möglich ist. Wenn dieser Grundsatz schon bei der Auf« stellung des ReichShaushaltSetats für 1910 im vollsten Um- fange zur Anivendung gelangt, so kann man um so sicherer sein, daß die Reichsfinanzen endlich werden in gesunde Bahnen über- führt werden können. Die Hoffnung, daß die Reichsfinanzwirtschaft ingesunde Bahnen" einlenken wird, teilen wir nicht. Dazu wäre erste? Er- fordernis, daß die stetig zunehmenden HeereS« und Flotten- rüstungen eingestellt würden, und zu solchen Maßnahmen wird sich die nach Ausdehnung des deutschen Kolonialbesitzes lüsterne. völlig ins weltpolitische Fahrwasser geratene deutsche Bank-, Handels- und Jndustriebourgeotsie nicht verstehen. Einige kleine Abstriche an nebensächlichen AuSgabeposten aber nützen wenig. So geht die Mißwirtschaft weiter. Schon nach zwei, drei Jahren wird es voraussichtlich wieder heißen, daß, um der traurigen Finanzlage des Reichs abzuhelfen, ein neuer Aderlaß der deutschen Steuerzahler nötig ist, wahrscheinlich wiederum um 400 bis 500 Millionen Mark. Herrliche Aussichten. Ans August Scherls Anfänge». August Scherl stand nicht immer auf der Höhe seiner jetzigen Macht und Größe. Er hat, wie so maitcher andere auchklein angefangen", und er hat damals, als er zuerst von sich reden machte, ganz gewiß nicht daran gedacht, daß er dereinst berufen sei, der geistige Erzieher des deutschen Philistervolkes zu werden und die Welt mit Unternehmungen und Projekten wie der Sparlotterie, dem Schnellbahnsystem und der Emporlese-Bibliothek zu überraschen. Scherls An- sänge verlieren sich in die siebziger Jahre; in Köln , der Stadt, aus der mancher anschlägige Kopf zum Gipfel des Wohlstandes emporgestiegen ist, war es, wo August Scherl seine ersten geschäftlichen Anschläge machte. Er hat in Köln nicht sonderlich gut abgeschnitten, es sind ihm mehr Projekte mißlungen als geraten, aber jedenfalls hat er hier gelernt, wie man es machen oder auch nicht machen muß, um seinen Weg und sein Glück zu machen. Wie sauer es dem jetzigen Zeitungskönig, der seinem Volke neue, ungeahnte Bahnen der Kultur weist, damals ge- worden ist, wie er mit Unverstand und Böswilligkeit zu kämpfen und unter Verfolgungen der Verständnislosen und Neidischen zu leiden hatte, dafür ein Beispiel aus den Werde- jähren des großen, damals noch sehr kleinen Mannes. Mitte Dezember 1876 brachte dieB a r ni e r Zeitung" unter dem Titel:Eine neue Spekulation auf die Dummheit" folgende Notiz: Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir nnS im Laufe jbieseZ Jahres veranlaßt sahen, das Publikum vor dem von dem Grundbesitzer" und' ,,V e r l a g s h ä n d l e r" August Scherl in Köln herausgegebenen Kolportageroman Um ein H a a r" zu warnen. Herr Scherl, dem wir in hiesiger Gegend das Geschäft so ziemlich verdorben hatten, was wir zu unserer Genugtuung konstatieren können, ging darauf bekanntlich dazu über, gegen dieBarmer Zeitung" einen Ver- leumdungsprozeß anzustrengen, jedoch wurde er in beiden Instanzen abgewiesen. Aber Herr Scherl scheint auf dem Gebiete der Ausbeutung einfester Charakter" zu fein, der absolut seinen Willen durchsetzen will. Es liegt unS nämlich ein Zirkular vor, Inhalts dessen' Herr Scherl den Roman Um ein Haar" jetzt unter dem TitelDer Polizei-Spion, Kriminal-»Erzählung aus dem Jahre 1848, von Ferdinand Becker" herausgibt! Alseine noch nie dagewesene Prämie" erhält jeder Abonnent mit dem Schlußhefteeine hochfeine echte Pelz- garnitur(bestehend aus Muff und Boa), modern, schön und dauerhaft gefertigt" gegen Nachzahlung von drei Marl ! In einem uns ebenfalls vorliegenden, für das Publikum be- stimmten Prospekte heißt es in der Einladung zu diesem Originalwcrk" folgendermaßen:Diese von dem so beliebten Roman-Schriftsteller neuerdings verfaßte Erzählung deruht auf einer wahren Begebenheit" usw. Die hier beabsichtigte Täuschung, dem Publikum einen alten Roman unter dem neuen Titel anzuhängen, ist so niederträchtig, daß es eigentlich keine Bezeichnung dafür gibt. Um zu beweisen, daß die Pelzgarnitur nicht echt sein kann, wollen wir hier noch anführen, unter welchen Bedingungen Herr Scherl an seine Unterhändler das Werk verkauft. Heft 1 und 2 gibt er gratis und die übrigen 24 berechnet er mit 30 Pf. pro Stück, macht im ganzen 7,20 M.; dazu kommen noch 3 M. für die Prämie, so daß also Herr Scherl für das ganze Werk und die Prämie 10,20 M. erhält. Wie demnach diee ch t e P e l z- garnitur" beschaffen fein muß, kann sich jeder selber sagen. Möge daher das Publikum den Kolporteuren, wenn sie mit demPolizei-Spion" kommen, nur einfach die Türe weisen. Schließlich sei noch daran erinnert, daß die auSUm ein Haar" undD e r Polizei-Spion" verwandelte Sudelei, wie seinerzeit vor Gericht konstatiert wurde, zu den schlüpfrigsten und unsittlichsten der Schund» und Schandliteratur gehört." Es wäre ungerecht, wenn man verkennen wollte, daß Herr Scherl unterdes etwas gelernt und heute nicht mehr mit Mitteln arbeitet, die vor einem Menschenalter das rheinische Blatt in dieser Weise kennzeichnen konnte. Herr Scherl führt seine Unternehniungen heute nicht mehr mit dem Versprechen ein, den Abnehmern für 3 M. einehoch- feine echte Pelzgarnitur" zu liefern. Ob sein Publikum heute besser fährt als damals, ob der Schaden, den er heut? mit seinem publizistischen Großbetrieb auf geistigem und materiellem Gebiet anrichtet, nicht unendlich viel größer ist, als derjenige, den er vor dreißig und einigen Jahren niit seinen Kolportage-Sudeleien" anstiftete, das sei der Beur- teilung des einsichtigen Lesers überlassen. Wie steht's mit der Reichsversicherungsordnung? Die KronSbeinschePost" bringt die Aufsehen erregende Mit- teilung, daß der Bundesrat beträchtliche Aenderungen des Entwurfs der Reichsversicherungsordnung beschlossen hat, und zwar so be- deutende Aenderungen, daß die ganze JRefom" als imnoiig erscheine. Wie dem Blatt der Scharfmacher geschrieben wird, habe der jetzige Reichskanzler die Posadowskysche ErbschaftReform der Arbeiterdersicherung" nicht gerne an. getreten. Die Reichsregierung war jedoch festgelegt; es mußte etwas geschehen. Und sohätte nach langen Beratungen Anfang April dieses Jahres der Entwurf der Reichsversicherungsordnung das Licht der Welt erblickt. In den letzten Jahren hätte der Reform- eifer jedoch erheblich nachgelassen, und da die Unternehmer sich völlig ablehnend gegen das Projekt verhielten, wäre er jetzt ganz erkalte:. Wörtlich heißt eS in derPost": Wie verlautet, hat der Bundesrat auf Grund dieser Stellung- nähme der Beteiligten in manchen Punkten bedeutsame Aenderungen des Entwurfs beschlossen. Man kann daher gespannt sein auf die Fassung deS Entwurfs, wenn er Ende dieses Jahres dem Reichs- tage vorgelegt wird. Der Reichstag wird wohl auch noch manche Wünsche und Forderungen der Interessenten zur Geltung brinycn. Ueberschaut man dann, was von der großen Reform geblieben ist, so wird man zu der von weiten Kreisen ver- tretenen Ansicht kommen, daß dieReform" überhaupt nicht erforderlich war. Die Lücken und Mängel hätten sich im Nahmen der bestehenden Gesetze bewirken lasten: Ausdehnung des Kreises der Versicherten, Beseitigung der Herr- schaft der Sozialdemokratie in den Ortskranlenkassen, Regelung des Verhältnisses zwischen Krankcnlassen und Kerzten, geordnete Rechtsmittel und Instanzen in der Krankenversicherung , Hinter- bliebenenversicherung und einige Punkte von geringerer Bedeutung. Vielleicht kommt der Reichstag auch zu dieser Ansicht, lehnt den Entwurf der ReichsversichcrimgSordnung ab und beschränll sich darauf, hervorgetretenen Mängeln unv Bedürfnissen durch Novellen zu den verschiedenen Versichcrungsgcsetzen zu entsprechen. Der Reichskanzler kann seinem Vorgänger im Reichsamt des Innern aber das Sprüchwort entgegenhalten: Vorgetan und nachbedacht, hat manchem schon viel Leids gebracht l" Der deutsche Friedensdelegierte als Kriegsverherrlicher. Zu den Delegierten, die Deutschland nach dem Haager Friedenskongreß entsandt hatte, gehörte bekanntlich der Münchener Universitätsprofessor Stengel. Und es ist ja nicht minder bekannt, wie wenig sich dieser famose Friedens- delegierte damals bemüht hat, im Interesse des internationalen Friedens zu wirken. Dieser Anti-Friedensdelegierte hat nun ein Buch veröffentlicht, in dem er dem Chauvinismus und der Deutschtümelei das Wort redet und nicht nur denbe- waffneten Frieden" feiert, sondern auch ganz unverblümt den Krieg als Kulturhebel verherrlicht I Zur Kennzeichnung der professoralen Leistung mag folgendes Zitat dienen: Die Friedensfreunde haben schon wiederholt mit Bedanern festgestellt, daß in anderen Ländern die Friedensbewegung größere Fortschritte zu verzeichnen hat, als in Deutschland . Man wird aber vielmehr dem deutschen Volke Glück w ü n s ch e n können. daß diese Bewegung es nicht mehr ergriffen hat. als eS der Fall ist. Wohin Friede ii Sd u felei und kosmopolitischer Schwindel einen Staat führen kann, hat Preußen in den Jahren 1803/07 erfahren müffen, denn mit Recht wird ein großer Teil der Schuld an dem Zusammenbruch deS preußischen Staates in der an­gegebenen Zeit der unkriegerischen, unmännlichen, jeden nationalen Bewußtseins entbehrenden Gesinnung zugeschrieben, die sich infolge der kosmopolitischen, humanen und schönaeistigen Richtung der Zeit gerade in den maßgebenden Kreisen breitgemacht hatte. In national so gefestigten und geschlossenen Völkern, wie eS die Franzosen und Engländer sind, wird ja wohl die Friedens- Propaganda keinen besonderen Schaden anrichten. In Deutsch - land haben wir aber allen Anlaß, sie nicht bloß mit Miß- t r a n e n zu betrachten, sondern sie auch ernstlich zu be- kämpfen, da in der Friedensbewegung ein kosmopolitischer. der nationalen Gesinnung feindlicher Zug liegt, derartig- Richtungen aber leider gerade in Deutschland auch jetzt noch viel mehr Anhänger und Anerkennung finden, als anderswo. Allerdings scheint, wie namentlich unsere Helden in Süd-