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mitarbeiten. Parteigenossen, ich bin doch nicht der erste beste. Ich sagte mir also, du gehörst nicht mehr dahin und habe nicht mehr für de»Vorwärts" gearbeitet. Dann versuchte ich eS mit dem Neuen Montagsblatt". Vor der Herausgabe desselben habe ich mich mit den Parteigenossen verständigt. Einer Vertrauensmänner- Versammlung habe ich befriedigende Erklärungen gegeben und sie hat mir erklärt, gegen mein Unternehmen sei nichts einzuwenden. Später hat aber eine Versammlung im vierten Kreise(Ost) be- schlössen, die Genossen sollten mein Blatt nicht durch Kauf unter- stützen. Zwischen den Zeilen war zu lesen, sie sollten lieber bürger- liche Montagsblätter kaufen. Diese Erklärung ist von der gegne- rischen Presse ausgenutzt worden. Ich kann das Vorgehen des vierten Kreises(Ost) nur als eine gegen meine Person gerichtete Handlung ansehen. Mein Blatt ging ein; ich muhte mir andere Arbeit suchen. Materiell leide ich keine Not. Aber man sucht mich als Schrift. steller totzuschweigen. Das ist es, worüber ich mich beklage. Nun zur politischen Seite der Debatte. Ich habe mit der frei- sinnigen Partei keine persönlichen Beziehungen. Meine Vorschläge sind nur auf die Sache gerichtet. Ich sehe immer deutlicher, daß unsere deutsche EntWickelung in eine Sackgasse läuft. Man kann sagen, gut, dann kommt eS zum Brechen. Aber was dann kommt, das ist doch zweifelhaft. Es ist höchst zweifelhaft, ob unsere Partei es außerhalb des Parlaments mit den Gegnern aufnehmen kann. Ich kann auf einen solchen Erfolg außerhalb des Parlaments keine Rechnung stellen. Noch ist ja die Zeit nicht da, um über die Lehren des großen Generalstreiks in Schweden   ein Wort zu der» lieren. Aber so viel darf man schon heute sagen: Es hat sich ge- zeigt, wie außerordentlich schwer diese Waffe zum Erfolg führt, wenn uns die Gegner geeint gegenüberstehen. Deshalb darf man den Generalstreik nicht als entscheidendes Mittel in Rechnung stellen. (Zuruf.) Ich habe schon gesagt, eS gibt Dinge, welche die Arbeiter- schaft nicht stillschweigend hinnehmen darf. Aber das sind Dinge, die man nicht in die politische Bewegung einstellt. Nun frage ich, wie ist es möglich, aus der politischen Sackgasse herauszukommen. WaS hier gegen die Freisinnigen gesagt ist, das sind mir keine un- bekannten Dinge. Durch das Anwachsen unserer Partei hat der Freisinn an innerer Kraft verloren. ES ist kein Wunder, daß er sich deshalb nach rechts angelehnt hat. Wenn aber nun außer dem Freisinn keine andere bürgerliche Partei da ist, die in der Wahlrechtsfrage Interessen gegen die Konservativen zu vertreten hat, dann muß unsere Politik darauf gerichtet sein,- diese Partei für die Zukunft wenigstens zu neutralisieren und unsere Gegensätze zu ihr nicht mit unnötiger Schärfe zum AuStrag zu bringen. Genosse Hackelbusch sagt, das verwirrt die Massen. Das ist nicht zu befürchten. Die Form des Kampfes soll man so halten, daß, wenn die Möglichkeit kommt, für die andere Partei zu stimmen, man eS auch tun kann. Daß hier kolossale Schwierigkeiten liegen, daß zunächst von einem Zu- sammengehen mit den Freisinnigen keine Rede sein kann, erkenne ich an. Aber es gibt doch noch Möglichkeiten der EntWickelung. ES können Verhältnisse kommen, die jenen das Zusammengehen mit der Sozialdemokratie als das kleinere Uebel erscheinen lassen. Damit rechne ich. Das wird mich aber nicht hindern, den Freisinn zu bekämpfen. Unsere moderne Zeit bringt uns noch Situationen, wo unsere Selbsterhaltung uns dahin führt, Fühlung mit der bürgerlichen Linken zu suchen. Heute ist es schwer. Das erkenne ich an. Ich werde nach Wie vor im Interesse der Partei mit- kämpfen, mich der Disziplin fügen, aber daß ich meine Ueber- zeugung geltend mache in ehrlicher, anständiger Weis«, davon werden Sie mich nicht abbringen.(Beifall.) Gntmann wendet sich gegen die Ausführungen Bernsteins. Seine Rede wird von lebhafter Unruhe der Versammlung begleitet, öfter von Schlußrufen unterbrochen und am Schluß ironisch applaudiert. BSSke: B e r n st e i n sagte, die Erklärung des Aktionsausschusses habe ihm bittere? Unrecht getan. Nachdem drei Parteizeitungen behauptet hatten, B e r n st e i n werde ausgehungert, mutzten wir zu der Sache Stellung nehmen durch unsere Erklärung. Ost ist Bernstein   von uns zu Referaten aufgefordert worden und hat abgelehnt, weil es seine Zeit nicht erlaubt. Auch als wir ihn er- suchten, das Buch über die Berliner Arbeiterbewegung bald fertig- zustellen, sagte er, er habe noch andere Arbeiten. Das erkennen wir an. Aver wir konnten erwarten, daß Vernstein die Bemerkung vom Aus« hungern zurücknahm. Wegen desNeuen Montagsblattes" trat B e r n st e i n erst an die Vertrauensleute, nachdem die Herausgabe bereits feststand und alles erledigt lvar. Wir haben ihm nichts in den Weg gelegt, aber wir haben ihm gesagt, es ist seine Privatsache und keine Parteisache. Der Aktionsausschutz kann nicht zusehen, wie täglich Seitensprünge gemacht werden. Wir verlangen, daß Genosse Bernstein   den Gegnern energisch erklärt, ich brauche Eure Unterstützung nicht. Nach der Stellungnahme der drei Parteizeitungen konnten wir nicht anders, als die Erklärung abgeben. Wenn Bernstein  sich beklagt, daß über seine Versammlungen keine Berichte im Vorwärts" erschienen sind. so geht eS etwa 200 Referenten ebenso. Dem Genossen Bernstein  kann keine Extrawurst gebraten werden. Wir wünschen, daß B e r n st e i n nicht in seiner Stellung als Ein- gänger bcharrt, sondern daß er seine Kraft der Partei zur Ver- fügung stellt uird nicht durch Seitensprünge die Partei schädigt. (Beifall.) Block: Genosse Bernstein   beschwert sich über Boykott durch den Vorwärts". Ich bin überzeugt, jeder in Deutschland   tätige Parteigenosse kann eine ebenso große Leporelloliste aufstellen, wie die, welche Bernstein   hier entrollt hat. DerVorwärts" kann manches nicht bringen, weil er nicht den Raum dazu hat. Auf die von Bernstein   vorgebrachten Einzelheiten kann ich nicht eingehen. So lange ich in der Redaktion desVorwärts" bin, hat Bernstein   keine Artikel eingesandt. Hätte er eS getan, dann wäre er zum Wort gekommen, ebenso wie manche andere Genossen, die schon Streitigkeiten mit demVorwärts" ausgefochten haben. Der Aushungerungsartikel in derBerliner Volkszeitung" war nicht, wie Bernstein   glaubt, eine Folge des Artikels derLeipziger Volkszeitung  *, sondern dieBerliner VolkSzeitung" hat sich auf die Brandenburger Zeitung" berufen. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß Genosse Baron   von derBrandenburger Zeitung" glaubt, sich auf Auslassungen Bernsteins stützen zu können. Ich bin erstaunt, daß Genosse Bernstein   auch heute nicht rund heraus erklärt hat, daß es keine Elemente in der Parkt gibt, die 'ihn aushungern wollen. Durch sein Schreiben an dieBerliner Volkszeitung" hat er diese Legende nicht aus der Welt geschafft» sondern erst zu neuem Leben erweckt. DieBerliner Volkszeitung", die die Parteia<"rLssen so schändlich beschimpfte, hat Bernstein  in der verbindlichsten Form behandelt, aber gegen die Parteigenossen ist er in schärfster Weise vorgegangen. DemDlutuS" und der ..Voss. Ztg.", die auch von dem ÄushungerungSartikel Notiz nahmen, hat Bernstein   keine Berichtigung gesandt. Er hat die Partei nicht gegen die lügenhaften und infamen Angriffe dieser Blätter verteidigt. Jeder Genosse müßte in solcher Lage empfinden, daß es die Ehre und Würde der Partei.rheischt, solche Angriffe zurückzuweisen. Daß B e r n jt e i n dgS»W tut» muß ich bedgpein, Dernstei«: Ich habe doch gesagt, ich halte keinen Parteigenossen für fähig, mich materiell auszuhungern, aber es gibt auch eine geistige Aushungerung. Nur die habe ich gemeint. Ich habe nicht verlangt, daß derVorwärts" alle?, was ich tue, berichten soll. Weil hier gesagt wurde, Bernstein   arbeitet nur gegen die Partei, deshalb habe ich darauf verwiesen, daß die Ge- nossen ja von meiner Tätigkeit für die Partei nichts erfahren. Ich habe dem Aktionsausschuß keine Referate abgelehnt, außer, wenn ich durch andere Parteiarbeit in Anspruch genommen war. Man kann ja fragen, warum ich mich nicht gegen denVorwärts" be- schwort habe. Zu dem Gerechtigkeitsgefühl der Parteigenossen habe ich volles Vertrauen. Aber wenn ich mich an die Preßkommission wende, so wird die Redaktion nicht verlegen sein um Gründe, welche ihr Verhalten in den Augen der Genossen rechtfertigen. So würde schließlich alles beim alten bleiben. Käme ich dann wieder mit Beschwerden, dann würde man mich für einen Querulanten halten. Aus dem Gefühl, daß derVorwärts" doch nichts von mir nimmt, habe ich meine Artikel anderen Blättern geschickt. Als Demokrat lasse ich mir alles gefallen, was die Parteiinstanzen be- schließen. Aber wenn mich die Redaktion desVorwärts" wie einen dummen Jungen behandelt, dann bedanke ich mich für solche Redaktion. Geitner: Als Vorstandsmitglied der Arbeiter-Bildungsschule erkläre ich, baß niemals im Auftrage oder mit Einwilligung deS Borstandes mit dem Genoffen Bernstein   wegen der Abhaltung von Bortrögen unterhandelt worden ist. Genosse Z a ch a u hat sich an Bernstein   gewandt, ohne daß er vom Vorstande dazu autorisiert war. Wels: In einer Art und Weise, die ich als unqualizifierbar bezeichnen muß, hat Bernstein   die Instanzen der Berliner   Genossen herab- gesetzt, indem er sagte, er glaube nicht, mit Beschwerden an die Preßkommission Glück zu haben. Wenn die Redaktion die Möglich. keit hat, Gründe für ihr Verhalten geltend zu machen, so gibt es doch auch Gegengründe, welche in der Preßkommission ebenso ge- wissenhast geprüft werden wie die Gründe der Redaktion. Wenn Bernstein   glaubt, die Prcßkommission sei so abhängig von der Redaktion, daß sie prinzipielle Gründe nicht anerkennt, so ist das eine Annahme, gegen die ich im Namen der Preßkommission mit aller Entschiedenheit Verwahrung einlege. Der alten Redaktion die die Artikel des Genossen Bernstein  zurückwies hat doch die Preßkommission erklärt, daß sie die redaktionelle Haltung nicht billigt, weil sie nicht im Einklang steht mit der prinzipiellen Anschauung der Berliner   Genossen. Hiernach muß Bernstein   wissen, daß die Preßkommission unabhängig. genug ist. um seine Gründe zu prüfen. Allerdings fordern wir von der Redaktion, daß sie nur solche Artikel auftrimmt, die unsere Prinzipien klar vertreten und die Arbeiter nicht verwirren, sondern sie aufklären und für den Klassenkampf fähig machen. Meine Meinung über die heutige Generalversammlung ist: Bernstein  hat versucht, wieder von sich reden zu machen und das ist ihm ge- lungen.(Beifall.) ___ Ströbcl(Schlußwort): Ich hatte erwartet, daß mein Referat eine etwas andere DiS- kussion finden würde als die, welche wir heute erlebt haben.(Sehr richtig!) Wir Radikalen, heißt es, sollen immer persönliche Mo- mente in die Diskussion tragen. Ich frage Sie: War es nicht die heutige Rede des Genossen B e r n st e i n, die von persönlichen Angriffen strotzte?(Zustimmung.) In der vorigen Versammlung hat er sachlich gesprochen Heute hat er ein über das andere Mal persönliche Momente in die Debatte gezogen, ohne daß er dazu provoziert war.(Zuruf: Hoffmann hat provoziert.) Hoff- man n hat nur gesagt, was imVorwärts" stand. Es war B e r n- st e i n S Recht, auch darauf zurückzukommen. Er ist aber weiter gegangen und hat eine Reihe persönlicher Momente hineingetragen, die gar nicht kontrolliert werden können. Das tat derselbe Bern  - st e i n, der dem Aktionsausschuß den Vorwurf macht, er habe eine Erklärung abgegeben, ohne ihn zu hören. Wer kann denn jetzt feststellen, ob daS alles stimmt, was Bernstein   hier angebracht hat. Bernstein   wird von unS gut genug behandelt. Aber feine fortwährenden Bekrittelungen der Partei nötigen uns, baß wir uns mit ihm auScinandcrseven, mehr als seiner geistigen und politischen Bedeutung entspricht. (Beifall.) Was für ein Politiker B e r n st e i n ist, das hat er in der vorigen Versammlung durch seine hilflose Rede bewiesen, die von der bürgerlichen Presse mit Beifall aufgenommen worden ist. Wir gönnen Bernstein   das Vergnügen, von der bürgerlichen Press« gelobt zu werden. Bernstein   sollte sich hüten, Anklagen gegen die Partei zu erheben, daß sie seine Tätigkeit nicht genügend gewürdigt habe. Ich liebe solche Diskussionen wie die heutige nicht und bedaure, daß wir statt ihrer nicht eine prinzipielle De- batte gehabt haben. Wenn auch Bernstein   hier Beifall fand, so bedaure ich das nicht, aber es ist ein Beweis dafür, daß innerhalb unserer Partei größere Meinungsverschiedenheiten herrschen als zwischen uns und den bürgerlichen Demokraten. Solckie MeinungS  - Verschiedenheiten müssen zum Austrag gebracht werden. Dazu ist die Generalversammlung von Groß-Berlin eine geeignete Stelle. Zu den von Bernstein   vorgebrachten Einzelheiten habe ich zu sagen: DerVorwärts" hat erklärt, daß gegen den Artikel über die Kieler Affäre nichts zu sagen ist. Nur daß Vernstein denselben imTageblatt" veröffentlichte, wird verurteilt. Bernstein  glaubt, imTageblatt" werde sein Artikel einen größeren politischen Einfluß haben wie in einem Parteiblatt. DaS ist eS, was uns von Bernsten trennt: Er glaubt das bürgerliche Publikum zu gewinnen» wenn er mit guten Gründen an eS herantritt. Wir Radikalen dagegen sind der Meinung, daß die bürgerlichen Blätter die Mitarbeit eines Sozialdemokraten als eine kleine Sen- sation betrachten. Die politische Wirkung einer solchen Mitarbeit aber ist gleich Null.   Wir gestehen zu, daß dasVerl  . Tageblatt" eine relativ vernünftige Auffassung von sozialpolitischen Angelegen- hcitcn bekundet hat. Aber in der Behandlung des schwedischen Generalstreiks hat dasVerl  . Tageblatt" das Gegenteil getan. So ist eS immer: Wenn vitale bürgerliche Interessen in Frage stehen, dann vertritt auch das beste bürgerliche Organ den kapita- listischen Standpunkt und wendet sich gegen die Arbeiter. Daß Bernstein imVorwärts" sagte,keine nennenswerte Gruppe" habe die Absicht, ihn auszuhungern, das war es. was di«Voss. Ztg." und andere Blätter ausnutzten und was die Genossen irremachen kann. Was unsere Gegner von den Radikalen zitieren, schadet uns nicht. Aber die von den Revisionisten stammenden Zitate sind es, die gegen unsere Partei ausgebeutet werden und zur Verwirrung beitragen. Deshalb haben wir unerbittlich zu verlangen: Wenn Ihr Euch bei uns nicht wohlfühlt und wenn Euch unsere Partei- taktik nicht gefällt, dann gehört Ihr nicht mehr in die sozialdemo- krotische Partei.(Beifall.) Eine Partei, die nicht wogt, ihre Grundsätze zu verteidigen, hört auf, eine Partei zu sein. Sic wird zum Spott für die bürgerlichen Parteien und ihre Gegner können sich schmunzelnd die Hände reiben. B e r n st e i n, der sich mo- raiisch entrüstet, weil derVorwärts" ihn totschweige. hat denBorwnrts" in der Angelegenheit deS«Nimm mich mit" verleumdet. Es läßt tief blicken, daß Bernstein   demVorwärts" die Infamie zutraut, ihn wider besseres Wissen der Mitarbeit am Nimm mich mit" beschuldigt zu haben. Anstatt diese Sache so. gleich richtigzustellen, hielt er damit zurück. Er hob seine Trümpfe aus, um eine Sensation zu haben.(Zuruf Bernsteins.) Ge­nosse Bernstein  , Sie, der Sie hier den unerhörtesten Skandal entfesselt haben, der hier noch nicht zu Ende ist, sondern in der ieme Fortsetzung fintal N«t>« Sie sollten sich nicht entrüstz-v über das, was ich sage. Bernstein   hak auf alle Erklärungen imVorwärts" antworten können. Nur seine letzte Einsendung (der Redner verlas sie), in der er Parteigenossen beschimpft, konnten wir nicht abdrucken. Wir würden sie aufnehmen, wenn Bern- stein ihr eine anständige Form gibt. Bernstein beklagt sich, daß er nicht berücksichtigt wird. Wir haben gehört, daß er zu Re- feraten aufgefordert wurde, aber abgelehnt bat.(Bernstein  : Weil ich durch andere Parteiarbeiten, durch Referate an anderen Stellen schon in Anspruch genommen war.) Nein, weil Sie re- visionistische Eigenbrödeleien zu vertreten hatten. Mitten im Kampf gegen die Reichsfinanzreform fiel es Bernstein   ein, einen Vortrag über die Revision des Parteiprogramm? zu halten. Nichts kümmerte ihn unser Kampf gegen die Gegner. Was hat denn Bernstein   gegen den SchnapSblock und gegen die Finanzreform geschrieben? Bernstein   entrüstet sich, daß wir über seinen Programmbor- trag keinen Bericht gebracht haben. Hätten wir das getan, dann mußten wir doch auf seinen Programmentwurf antworten. Dazu wären ein Dutzend Artikel nötig gewesen. Hierfür schien uns aber der Raum deS Blattes zu schade. Wo soll derVorwärts" über- Haupt den Raum hernehmen, um auf alle revisionistischen Spinti- sierereicn zu antworten. Genossen, lesen Sie dieSozialistischen Monatshefte". Wenn Ihnen dann keine Laus über die Leber läuft, haben Sie kein Temperament.(Beifall.) Wir können auch auf diese Sachen mit Rücksicht auf unseren Raum nichts erwidern. Bernstein   hält sich für einen großen Propheten. Das hat ihm die Mvsse- und Ullstein-Presse eingeredet und er glaubt eS. Wir glauben nicht an seine Prophetenmission. Bernstein? Buch über die Berliner Arbeiterbewegung hat derVorwärts" sympathisch besprochen. Natürlich können wir nicht über alle mög- lichen Dinge schreiben. Wenn Bernstein   in Paris   und in England Versammlungen abhält, so mag das ganz gut sein; aber wir sind froh, wenn wir unsere Berichte über die Berliner   Ver- sammlungen unterbringen können. Die Broschüre über Bern- steins Brüsseler Vorträge hat einen Inhalt, den wir gegen Bernstein   ausnützen könnten, wenn wir ihr verfolgen wollten. Wie man eine Eule zur Abschreckung ans Scheunentor nagelt, so hätten wir B e r n st e i n mit dem Inhalt dieser Broschüre an- nageln können. Er soll froh sein, daß wir diese Broschüre nicht erwähnten. Noch ein Wort zu der Rede des Genossen F r o m k e. Ich habe die Gewerkschaftsbewegung durchaus anerkannt und lediglich betont. daß das Band zwischen Partei und Gewerkschaften noch inniger sein müßte. Daß wir die gewerkschaftlich« Bewegung ebenso hoch schätzen wie die politische, das hat ja der Parteitag in Mannheim  durch eine Resolution anerkannt. Wie notwendig mein Hinweis auf die Einheit von Partei und Gewerkschaft war, das geht hervor aus einem Artikel, den Genosse L e i p a r t imCorrespondenzblatt der Generalkommission" veröffentlicht. Der Redner zitiert einen Passus aus diesem Artikel zum Beweise dafür, daß der Verfasser des Artikels die Auffassung der Radikalen von den Gewerkschaften völlig verkenne. Weiter führte Redner aus, KautSry werde mit Unrecht von gewerkschaftlicher Seite angegriffen. KautSlh habe die gewerkschaftliche Bewegung nicht herabgesetzt, sondern nur den Standpunkt vertreten, daß durch die Zollpolitik die Lohnerhöhungen wieder wirkungslos gemacht werden und daß es den Gewerkschaften nicht möglich sei, den Kapitalismus zu beseitigen und die sozia, listische Gesellschaft herbeizuführen. Partei und Gewerkschaften müssen Hand in Hand gehen, dann werden wir die Welt erobern. Bernstein hat sich hier als den verfolgten und geächteten Vertreter einer Minderheit in der Partei aufgespielt. Lassen Sie sich durch diesen Appell an die Sentimentalität nicht beeinflussen. Denken Sie daran, daß wir eine ganze Welt von Feinden zu überwinden haben und daß wir deshalb den Kampf mit aller Schärfe und Rücksichtslosigkeit zu führen haben.(Starker Beifall.) Robert Schmidt erhält das Wort zu einer Erklärung: Als Mitglied der General- kommission erkläre ich auf die letzten Angriffe des Referenten: Es ist illoyal, wenn ein Referent im Schlußwort Angriffe macht, aus die sich die Angegriffenen nicht verantworten können. Hier sind viele, welche die Artikel desCorrespondenzblatt" nicht gelesen haben. Ströbel hat eine unrichtige Auffassung über die Stellung K a u t s k y s zu den Gewerkschaften vorgetragen. I» der Broschüre«Der Weg zur Macht" verlangt Kautsky   die Unter- »rdnung der Gewerkschaften unter die Partei. Das lehnen wir ab, Davon kann keine Rede sein. Es folgen persönliche Bemerkungen. Ad. Hoffmann erklärt, er habe keine persönlichen Momente in die Debatte getragen. Ed. Bernstein: Hoffmann hat recht gehandelt, als er mich kritisierte. Ich nehme dasselbe Recht für mich in Anspruch. Ich habe nicht beabsichtigt, Sensation zu machen. Was ich sagte, war notwendig, weil die Genossen nicht über meine Tätigkeit informiert sind. Ueber die Finanzreform konnte ich nicht schreiben, weil ich dem Reichstage nicht angehöre und mir deshalb da? Material nicht zur Verfügung steht. Ich habe aber bei der Finanzreform aufmerksam gemacht auf einen Trick der Gegner bei der Wertsteuer. Dieser Artikel ist durch die ganze Partcipresse gegangen; nur derVorwärts" hat ihn nicht gebracht. Wenn ich der Konfusionsrat wäre, als den mich Ströbel bezeichnet, dann müßte ich die Genossen bedauern, die mich immer wieder zur Mitarbeit auffordern.(Beifall.) Ströbel: Ich muß bedauern, daß Genosse Schmidt solchen Ton gegen mich angeschlagen hat. Dazu hatte er keine Veran» lassung. Die Stellung KautSkhs zu den Gewerkschaften habe ich nicht erst heute angeschnitten, sondern schon in meinem Refe» rat behandelt.(Sehr richtig!) Also nicht ich habe illoyal gehandelt, sondern Genosse Schmidt, der mir diesen Vorwurf machte. Lei Parts Artikel konnte ich im Referat nicht behandeln, weil er erst später erschienen ist. Ich habe ihm die denkbar größte Loyalität zuteil loerden lassen.(Beifall.) Rob. Schmidt: Ich konnte mich nur auf den Bericht desVor- wärt?" stützen. Der enthält nichts über die Stellung Kautskys zu den Gewerkschaften. Außerdem aber hat S t r ö b e l im Schluß- wort Material benutzt, was er in der vorigen Versammlung nicht benutzte. Die von ihm herangezogene Artikelserie ist noch nicht zu Ende und ermöglicht deshalb kein abschließendes Urteil. Es ist illoyal, solches Material zu benutzen. Damit war die Debatte erschöpft. Die folgende, von Adolf Hoffmann   beantragte Resolution wurde einstimmig an- genommen: «Die am S. September tagende Generalversammlung der Delegierten von Groß-Berlin erklärt eS in Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Referenten für notwendig, daß auch in Zukunft der Klassenkampf des Proletariats mit aller grundsätzlichen Schärfe zu führen ist. Die Versammlung erblickt serner angesichts des schweren Kampfes, den das deutsche Prolc- tariat gegen die Reaktion zu führen hat, namentlich des alle Energie erforikernden Kampfes um die Demokraiisierung des preußischen Wahlrechts, in der unausgesetzten Bekrittelung der Parteigrundsätze und Parteitaktik durch Parteigenossen eine schwere Schädigung d-". Partei. Die Generalversammlung er- wartet von diesen /Genossen, daß sie künftig in Reib und Glied den Kampf geg'm den gemeinsamen Feind, die Reaktion, führen. Zugleich spricht die Generalversammlung die Zuversicht aus, daß sich die Zusammenarbeit von Partei und Gewerkschaften in Zukunft noch inniger als bisher gestalte, daß insbesondere auch flMäß iyP Beschluß des Minnhcimer Parteitages jeder Gx,