stimmung im Hannoverschen Parteiblatt, dem„V o l k s w i l l e n".erfreulicherweise deutlich hervor.Ostelbische Zustände.Zu der Bluttat in Wolfshagen bei Drangfurt im Regienmgs-bezirk Königsberg(Ostpreußen), über die wir in Nr. 205 vom Frei-tag, den 3. September, berichteten, wird uns noch mitgeteilt, daß dererschossene Fleischergeselle Borschewski und dessen Freunde gar nichtauf dem Grund und Boden des Besitzers MakowSki badeten I Diejungen Leute badeten vielmehr an einer Stelle des Sees,die zu dem Gute des Besitzers Krause gehörte. BesitzerKrause hatte das Baden gestattet, weil die jungen Leuteihm bei den Erntearbeiten behilflich gewesen waren. Sostellt sich die Tat des Besitzers Makowski und seinesSohnes also noch ungeheuerlicher dar. Die Staatsanwaltschaftist jetzt eingeschritten, und auf deren Anordnung wurde endlichMakowSki jr., der den tödlichen Schutz auf Borschewski abgegebenhat, verhastet. Der Vater des Schützen, der den Befehl zumSchießen erteilte, befindet sich aber noch auf freiem Fuß. Uebrigensist es eine echt bürgerliche Preßlüge, wenn geschrieben wird, daßder schießende Besitzersohn über die Tat„untröstlich" ist. Diebeiden Täter ließen ihr Opfer am Boden liegen, nachdemder verhängnisvolle Schuß gefallen war, und erst die Freundedes Erschossenen holten eiligst einen Arzt aus der nahen StadtDrangfurt herbei.Das Opfer von Wolfshagen ist kaum erkaltet, da wirdschon wieder aus West Preußen ein Fall von gleicherBesitzerwillkür gemeldet. In der Nacht zu Sonntag wollte derachtzehn Jahre alte Arbeiter Julius Koschmieder aus Gischkau einenZaun deS Mühlenbesitzers Scheffler in Prangschin bei Danzig über-steigen, um sich den Heimweg abzukürzen. Der Besitzer soll den armenMenschen, ohne zuvor einen Anruf getan zu haben, einfach über denHaufen geknallt haben. Der Revolverschuß durchbohrte dem Arbeiter dieBrust, und der Schwerverletzte mußte nach dem Danziger Stadt-lazarett geschafft werden, wo er hoffnungslos darniederliegt. Andersals mit Revolver und Flinte scheinen in Ost- und Westpreußen dieBesitzer Arbeitern nicht mehr gegenüberzutreten.Aufdecken von Steuermogelei ist„grober Unfug".Unser Parteiblatt„Görlitzer Volkszeitung" ver-öffentlichte im Mai dieses Jahres einen Artikel, in dem an einigenBeispielen gezeigt wurde, wie der preußische Staat von reichenLeuten um die Steuern bemogelt wird. Jetzt istdem verantwortlichen Redakteur, Genossen Taubadel,'mit-geteilt worden, daß ein Strafverfahren gegen ihn ein-geleitet ist. Er soll durch die Veröffentlichung deö Artikels».groben Unfug" begangen haben.Soll etwa durch solche Prozesse verhindert werden, daß dieSteuermogeleien der Neichen öffentlich gebrandmarkt werden?Die Auflösung des RcichsinvalidenfondS.Nach dem Reichsgesetz vom 1. Juni 1909 geht mit dem1. Oktober d. I. die Verwaltung des Reichsinvalidenfondsund des nnt diesem verbundenen Hinterbliebenenversicherungs-fonds auf das Reichsschatzamt über und hört mit dem gleichenTage die bisher unter dem Namen„Verwaltung des Reichs-invalidenfonds" bestehende Behörde zu existieren auf. Die zurUeberleitung des Invalidenfonds in die allgemeine Reichsver-waltung erforderlichen Anordnungen sind bereits getroffen. DieUebernahme wird im Laufe der nächsten Wochen stattfinden. DerInvalidenfonds selbst besteht noch aus etwa 125 MillionenMark, von denen allerdings ein erheblicher Teil schon durchVorschüsse belastet ist. In den Hinterbliebenenversicherungs-fonds, der nach Z 15 des Zolltarifgesetzes zur Anbahnung derWitlven- und Waisenversicherung gegründetwurde, ist bekanntlich nur in einem einzigen Jahre die Summevon etwa 47 Millionen Mark gelangt. Auch für daslaufende Jahr ist es zweifelhaft, ob irgend eine Ueberweisungan ihn erfolgen kann.—_Wie„Insubordinationen" entstehen!Ein bemerkenswerter Fall von„Gehorsamsverweigerung" be-schäftigte dieser Tage das Dresdener Kriegsgericht. Am28. Juli kam der Sergeant Koch vom Ulanenregimeut Nr. 17 inOschatz in den Stall und ließ die zum Stalldienst kommandiertenMannschaften zum Futterschüttcn antreten. Es fehlte der sonst mitanwesende Gefreite, den der Sergeant unbedingt haben zu müssenglaubte. Er bemerkte nun den Gefreiten Rauchfutzund befahl kurzerhand diesen, obgleich er gar nichtkommandiert war. zum Futterschütten l Ganz erstaunt überdas Ansinnen, unterließ es der Gefreite, dem Be«fehle nacbzukommen. Als der Sergeant den Befehl wiederholte,äußerte R.:„Ich bin nicht zum Stalldienst konini an-diert, ich komme nicht zum Futterschütten!" DieseWorte soll R. in einem„frechen" Tone und in„unmilitärischer"Haltung gesprochen haben. Weil nun die übrigen Mannschaften denVorgang mit beobachteten und weil sich R. angeblich„frech" benahm,drang der Sergeant erst recht auf Ausführung des Befehls I R. kamder Aufforderung schließlich nach. Als er mit der Arbeit fertig warund sich entfernen wollte, wurde er vom Sergeanten zurückgehaltenund zu anderem Dienste befehligt! Diesen Befehl ließ R. anfänglichunbefolgt. Er lief in der Erregung über das Verhalten desSergeanten hin und her, woraus geichlossen wird, daß R. dadurchseine„Aufsässigkeit" zu erkennen geben wollte l I Er kam aberschließlich auch diesem Befehle nach. Damit war die Sache jedochnicht erledigt. Die Angelegenheit wurde gemeldet und R. wegenAchtungsverletzung und Gehorsamsverweigerungvor versammelter Mannschaft angeklagt!Vor Gericht gab R. an. er habe sich nicht für verpflichtet ge-halten, die Befehle auszuführen, da er nicht der komman-dierte Gefreite war; er habe das Verhalten deS Sergeantenals Schikane aufgefaßt. Der Sergeant erklärte, daß er berechtigtgewesen sei, dem Angeklagten den Befehl zu erteilen. Sonst wurdeR. als ein vorzüglicher Soldat geschildert. Nach Lage derSache wies der Verhandlungsführer den Angeklagten darauf hm.daß möglicherweise der Z ö 3 des Militär-Strafgesetzbuchs(Wenn einUntergebener durch vorschriftswidrige Behandliing zurTat gereizt wird, kann die Strafe bis auf die Hälfte ermäßigtwerden) in Frage komme. R. schilderte den Sergeanten als keinen„Guten". Seine Kameraden, wie z. B. Ulan Leupold, sind von jenemgeschlagen worden.(Leupold war als Zeuge anwesend und be-stätigte, daß er g e m i ß h a n d e l t worden sei. Er hat die Miß-Handlung auch gemeldet. eS ist aber nichts g e s ch e h e n! I> DerAnklagevertreter beantragte unter Ausschluß des§ 98 sieben WochenGefängnis...Das Kriegsgericht nahm an, daß der Angeklagte geglaubthabe, er werde schikaniert, billigte ihm deshalb den K 08 zu, erkannte aber nichtsdcstotveniger auf die unglaubliche Strafe von—k Woche» Mittrlarrcst!! Mit Rücksicht auf die„Hartnäckig-k e i t"(I) des Sünders hat das Gericht keinen erheblichen Gebrauchvom§ 98 gemacht, nur vor dem Gefängnis hat es ihn schützenwollen...O welche Lust, Soldat zu sein IMilde Strafe.Der Kanonier Weiler von der 6. Batterie des 66. Feld-«tillcrie-Regiments in L a h r(Baden) hat sich vor wenigen Wochenerhängt. Er tvurde vom Sergeanten Weber in glühenderSonnenhitze im tiefen Sande der Reitbahn herumgejagt. Auch imRemontestall ließ Weber den Weiler laufen und springen. Amnächsten Tage meldete sich Weiler krank; es tvurde ihm von einemanderen Sergeanten namens R ü l e gedroht: Er werde schonin Bewegung gesetzt werden, wenn er nicht wirk-lich krank sei! Weiler ging darauf auf seine Stube und er-hängte sich.--- Weber erhielt drei Wochen Mittelarrest.Spanien.Die Zeusurbnrbarei.Madrid, 9. September. Das Blatt„Correspondencia deEspana" ist wegen eines Artikels, in dem der Chefredakteurgegen die telegraphische Zensur protestiert, b e s ch l a g-nahmt worden. Der Artikelschreiber wird sich vor demMilitärgericht zu verantworten haben. Ein Haft-b e f e h l ist gegen ihn erlassen.Eine Protestkundgebung.Paris, 9. September. Mitglieder des Komitees der sozialenVerteidigung veranstalteten in etwa dreißig Automobilen heutenachmittag Kundgebungen auf den Boulevards, um gegendie Gefangen setz ung Ferrors in Barcelona zuprotestieren. Sie versuchten, sich nach der spanischen Botschaft zubegeben. Die Polizei zerstreute sie und nahm etlva 49 Ver-Haftungen vor.Sngland.Ein Hochverrater.Mit dem vor Jahren vielgenannten„Oberst" Lynch, derkürzlich vom irischen Wahlbezirk West-Clare ins Parlament entsendetwurde, zieht ein Abgeordneter von sehr eigentümlicher Vergangen-heit in da? Unterhaus ein. Artur Lynch widmete sich ursprünglichdem Jngenieurfach, wendete sich aber bald dem Journalismuszu. 1892 wurde er als Parnellit für Galway aufgestellt,aber geschlagen. Nach dem Ausbruch des südastikanischenKrieges trat er in die Buren arme e ein und organisiertedie zweite irische Brigade, welche dem General Bothaunterstellt war. Mit dieser nahm er an verschiedenen Gefechtengegen die englischen Truppen teil. Seine engeren Lands-leute wählten ihn bei der nächsten allgemeinen Wahl' für Galwaymit beträchtlicher Mehrheit in das Parlament. Das erregteeinem Sturm der Entrüstung in England. Seine Wahl wurdefür ungültig erklärt und er selbst nach seiner Rückkehrverhaftet und wegen Hochverrats zum Tode ver-urteilt, welche Strafe allerdings in lebenslänglichesZuchthaus umgewandelt wurde. 1904 erhielt Lynch seine Eni-lassung„auf Urlaub". Damit war er natürlich noch immer vonallen bürgerlichen Bertrauensämtem und vor allem von der Wieder-wähl ins Parlament ausgeschlossen. Als jedoch König Eduard 1907den Entschluß faßte, der grünen Insel einen Besuch abzustatten,erhielt auch Lynch völlige Amnestie, womit alle Beschränkungen feinerpolitischen Rechte aufgehoben wurden.Orkei.Die Lage im Innern.Konstantinvpel, 9. September. Die aus der Pforte einlaufendenNachrichten über die Lage im LandeSinnern melden über-einstimmend fortschreitende Beruhigung. Die aufständischenAlbanesen in Ragova haben ihre Waffen abgeliefert. DerKommandant deS Expeditionskorps in Derstm meldet, daß dieMehrzahl der K u r d e n st ä m m e fich unterworfen und zur Steuer-zahlung bereit erklärt haben. Nach Meldungen des WaliS vonZemen find auch die aufständischen Araber von den RegierungS-truppen geschlagen. Ihre Verfolgung führe noch zu vereinzeltenZusammenstößen; die Kraft deS Aufftands fei jedoch gebrochen.—pcrficn.Der verbannte Schah.Teheran, 9. September. Der ehemalige Schah ist heutenachmittag nach Nußland abgereist.JVIarohho,Nene Angriffe.Melitta, 9. September. Die R i f l e u t e beschossen gestern abendAlhucemas. Ihre Geschosse drangen in die Mauern deS Theatersein, verletzten jedoch niemand. Die spanischen Batterien erwidertendas Feuer unv beschossen die Laufgräben und die Stellungen derRifleute. die diesen zum Schutz und zum Stützpunkt für ihre nächt-lichen Angriffe dienen. Seit heute früh 7 Uhr unterhält die In-fanterie em langsames Feuer gegen das feindliche Lager. Um 2 Uhrnachmittags zeigten sich zahlreiche Gruppen von Riflcuten, die jedochdem auf sie gerichteten Artilleriefeuer nicht standhielten und sich inSicherheit brachten.Chxm.Das Abkommen mit Japan.Da? Wolffsche Depeschenburcau meldet offiziös: Nach uns vor-liegenden Informationen schließt da? japanifch-chinefifcheMandfchurei-Abkommen weder, wie von einigen Blätternbehauptet wurde, eine Militärkonvention zwischen denbeiden vertragschließenden Ländern in sich, noch richtet eS feineSpitze überhaupt irgendwie gegen eine weiße Macht. Auch die Ver-Handlungen, die zum Abschlüsse des Abkommens geführt haben,haben sich ausschließlich auf die in dem Abkommen selbst nieder-gelegten ausschließlich auf die Mandschurei und Korea bezüglichenPunkte beschränkt._Hus der Partei.Lehren der Internationalen Gewerkschaftssekretärkouferenz.In einer Vertrauensmänner-Versammlung derMetallarbeiter Wiens, die dem General st reik inSchweden gewidmet war, sprach als Hauptredner der GenosseHueber, der Sekretär der österreichischen Gewerk-schaftsko m Mission. Er forderte zu schleuniger Vornahmevon Sammlungen für die schwedischen Kämpfer auf und führte dannunter anderem aus:So notwendig diese Sammlungen, erhöhte Leistungen für dieschwedischen Arbeiter sind, so wenig haben wir uns vor denanderen Ländern zu schämen. DaS reiche England hat 40 PfundSterling den schwedischen Arbeitern gewidmet, kaum mehr als2000 kuS 3000 Fr. kamen aus Frankreich; nach Deutschland,Norwegen und Schweden kommen gleich die Oesterreicher. DieFranzosen, die jeden Augenblick das Wort Generalstreik inden Mund nehmen, haben für die Schweden, diewirklich einmal ernst mit dem Generalstreik machten, nurgute Ratschläge, aber kein Geld.'Ich war jetzt»n Paris bei der Konferenz der Gewerkschafts-fekretäre. aber ich bin froh, rasch wieder vondort weggekommen zu sein. Die französischeArbeiterbewegung hat mir gezeigt,»oie gefährlich eSist, wenn die Parlamentarier immer mehr nach rechts rücken, siehabe» dann bald die Arbeiter links gelassen. Wir dürscu den Zu-sammenhang nicht verlieren.Wir müssen auch da von Schweden lernen. Die feste Ein-heit der Arbeiterbewegung muß uns wert bleiben, wir müssennuS klar sein, daß der Stimmzettel nicht das letzte Wortsprechen wird. Gewerkschaftlich lehrt uns Schweden die Notwendig-keit weitestgehender Zentralisation der Gewerkschaften.Die Schweden sind da schon weiter als die Arbeiter aller Nationen,viel weiter als die österreichischen Arbeiter und doch wollen siedie Zentralisation noch steigern auf ihrem nächsten Gewerkschafts-kongreß. Die Schweden haben im Gegensatz zu den Franzosenbewiesen, daß der Enthusiasmus allein nicht ausreicht, daß diezähe Gewerkschaftsarbeit die Voraussetzung der großen imponie-renden Leistung ist.Man solle sich nicht einbilden, daß die U n t e r n e h m e r indem Sinne aus dem schwedischen Generalstreik lernen werden,daß sie ähnliche Kämpfe vermeiden werden. Die Unternehmerlassen uns im Gegenteil mit immer größeren Kämpfenrechnen. Das sollten wir uns fest einprägen, das sollte uns ver-anlassen, uns auf alle Eventualitäten vorzubereiten, einigend,besestigend, das Klassenbewußtsein stärkend zu wirken.Die Lehre, die Genosse Hueber aus der Betrachtung derfranzösischen Arbeiterbewegung gezogen hat, ist für die deutschenGenossen sehr wertvoll. Um so mehr, als sie den Eindruck derPariser Verhandlungen auf einen Genossen widerspiegelt, der, wieder Bericht über die Konserenz zeigt, sowohl durch und durch Ge-werkschaftler als auch durch und durch Sozialdemokrat ist, unddiese beiden Eigenschaften bei seiner Haltung auf derSekretärkonferenz stets gleichmäßig zu bekunden gewußthat. War er doch unter anderen der Wortführer jenerNationen, die sich gegen den Antrag der Franzosen auf inter-nationale Gewerkschaftskongresse in einer Erklärung wandten, in derals einer der Gründe angegeben wurde, daß die Unterzeichner aufdem Standpunkt des gemeinsamen politischen undgewerkschaftlichen Kampfes stehen. Eine Erklärung,der sich die deutschen Vertreter leider nicht an-geschlossen habev, wie wir denn überhaupt mit Bedauern habensehen müssen, daß die deutsche Vertretung in der Bekundung dessozialistischen Standpunktes auf der Konferenz nicht die Führunghatte._Eine faule Ausrede.Die Chemnitzer„Volksstimme" sucht den argen Reinfatt, den siesich mit ihrem blöden Ausfall auf den„Vorwärts" selbst bereitethat, aus der Welt zu— korrigieren. Sie will unseren Nachweisihrer glänzenden„Fähigkeit", die sie bewies, indem sie die Ver-öffenilichung der angeblich so gefährlichen„Vorwärts"- Notiz nocham Tage der Wahl vornahm, durch folgende Ausrede ent-kräftigen:„... Wer noch im 19. Kreise am Wahltage unsere Zeitunghätte lesen wollen, hätte den Wahltermin verpaßt, da sie erst inder 6. bis 7. Nachmittagsstunde heraufkommt I..."Ei, eil Deshalb bringt also die Dienstagnummer der Chemnitzer„Volksstimme", die die gefährliche„Vorwärts"- Notiz veröffentlicht,auf der ersten Seite folgenden dreispaltig gesetzten Aufruf:Die Entscheidungsstunde ist da! Wähler! Parteigenossen lArbeiterl Bürgerl Wenn dieses Blatt in Eure Hände kommt,neigt sich die Wahlzeit ihrem Ende zu. Wer noch nicht gelvählthat, eile, renne zur Wahl! Wer sein höchstes Bürgerrecht, dasWahlrecht nicht ausübt, zeigt, daß er der Ehrenrechte nicht würdigist. Nur ein überwältigender Wahlsieg der Sozialdemokratie kanndie Reaktion vor weiteren Schandtaten zurückschrecken, kann Euchund dem ganzen deutschen Volke nützen. Rächt die Steuer-schmach l Vergeltet den nationalen Wahlschwindel I Alle Mannan die Urnen! Wählt den Kandidaten der völkerbefreicndenSozialdemokratie: Georg Schöpflin!Und deshalb enthält die Nummer noch einige Spalten Polemikgegen ein Wahlflugblatt des Ordnungsbreis und gegen Wahlartikelbürgerlicher Organe! Ausgerechnet deshalb, weil, wie die Donnerstag-nummer der Chemnitzer„Volksstimme" sagt, der Wähler denWahltermin verpaßt hätte,„der noch im 11. Kreise amWahltage unsere Zeitung hätte lesen wollen"!Wir lassen es bei dieser Probe der„Fähigkeit" der Chemnitzer„Volksstimme" bewenden und schenken ihr alle Liebenswürdigkeiten,die sie in ihrer neuesten Notiz an uns reichlich verschwendet.Ludgctbcwilliguilg in Leipzig.Auf der jüngsten Landeskonferenz der sächsischenSozialdemokratie hatte Genosse F l c i ß n e r scharfe Kritikgeübt an der Haltung der sozialdemokratischen Stadtverordneten»fraktion Leipzigs bei der letzten Abstimmung über den städtischenPolizeietat. Die Fraktion zersplitterte sich dabei und einigeihrer Mitglieder stimmten zu. Auf der Landesversammlungfand sich kein Verteidiger dieses Verhaltens, nachträglich hataber die Fraktion sich in einer Erklärung in der„Leipziger Volks-zeitung" zu rechtfertigen gesucht, worauf Genosse Fleißuer ihr anselber Stelle kräftig erwiderte.Wir haben im„Vorwärts" mehrfach, so noch bei der Bewilligungde? städtischen Budgets durch die sozialdemokratischen Stadtverordnetenzu Frankfurt a. M. erklärt, daß unseres ErachtenS die Be-lvilliguiig eines Gemeindeetats nicht unter die Nürnberger Reso-lution fällt und anders zu beurteilen ist, als die Bewilligungeines Staatsbudgets, da die Gemeinde schon nicht unabhängig inder Gestaltung ihre» Etats ist. Die Frage, ob ein Gemeindcetatanzunehmen oder abzulehnen ist. ist deshalb von Fall zu Fall, nachdem Inhalt des Budgets zu entscheiden.Unbeschadet dessen ist es aber wohl selbstverständlich,daß Sozialdemokraten den Polizeietat nicht bewilligen können,weshalb die Haltung jener sozialdemokrattschen Leipziger Stadt-verordneten, die für den Polizeietat stinimten, starken Unwillenhervorrufen muß.Verschiedene Parteiblätter haben denn auch den Fall gegen dieLeipziger Sozialdemokratie ausschlachten zu sollen gemeint, die einenmehr spöttisch gegen die„radikalen" Leipziger, die derartiges am eigenenHerd erleben müssen, andere mit lebhafter moralischer Entrüstungüber diese Leipziger, die ständig andere Genossen schulnieistcrn wollenund dabei selbst soviel Dreck am Stecken haben. Namentlich die„BreSlauer Volkswacht" hat in die letztere Kerbe gehauen.Diese Entrüstung istS, die uns veranlaßt, von der Sache nochnachträglich Notiz zu nehmen. Denn eigentlich ist sie schon erledigtgewesen, als sie publik wurde. Und zwar, weil die LeipzigerParteigenossen ihre Pflicht getan und ihre vomWege abweichenden Vertreter zur Ordnung ge»rufen haben!Auf Antrag der Leipziger Parteileitung ist folgender Partei-beschluh gefaßt worden:„Die Parteigenossen empfehlen der sozialdemokratischenFraktion, den Po liz ei etat, unbeschadet ihrer Stellungnahinezu den einzelnen Positionen des Etats, die bewilligt werdenkönnen, abzulehnen."Dieser Beschluß paßt allerdings der Leipziger sozialdemo-kratischen Stadtvcrordnetenfraktion nicht und in ihrer letzten Er-klärung zielte sie auf eine EntscheidungZdes Parteitages hin, indemsie meinte, es könne erwartet werden, daß nunmehr auch derbevorstehende Parteitag sich mit der Sache beschäftigen«verde.Darauf hatte die Redaktion der„Leipziger Voikszeitmig"bemerkt, daß ihr diese Erlvartnng ganz unbegründeterscheine. Für die Leipziger Parteigenossen existiere in' diesemPunkte überhaupt keine„Frage".„Hier haben die maß-gebenden Parteiinstanzen unter Anwesenheit und gustimmniig derStadtverordnetenfraktion die„Frage" schon lange gelöst, und dasoffensichtliche Bemühen der Leipziger Stadtverordnetcnfraktion, diesegelöste„Frage" von neuem wieder aufzurollen, ist total aussichtslos."Das paßt nun merkwürdigerweise der.Breslauer Volkswacht"ganz und gar nicht. Sie schreibt dazu:„Als voriges Jahr in ganzderselben Streitsache die Süddeutschen ihre Budgetbeivilligung alsLandessache betrachten wollten, da ging ein Spektakel los. der nichtzuin Aushalten war. So werden„Prinzipienfragen" behandelt!"Die„BreSlauer Volkswacht" vergleicht hier zlvei Sacheir, dieganz verschieden sind. Wenn die süddeutschen Parteigenossen vordem Parteitag in derselben Weise wie die Leipziger Genossen ihreVertreter angewiesen hätten, das Budget abzulehnen, wennsie so dem Willen der großen Parteimehrheit ent-sprachen hätten, so hätte kein Anlaß zur Erörterung der Sacheauf dem Parteitag vorgelegen, und der„Spektakel, der nicht zumAushalten war", wäre vermieden worden!