kämpf mit einer starken Zunahme von Mitgliedern abschließen, lindsoweit nicht die zimehmeude Auswanderung ihren Einfluß geltend»nacht, wird daS deutlich auf dem bevorstehenden Kongresse derLandesorganisation zutage treten, der nun neuerdings wegen des janoch immer fortdauernden Kampfes auf den 22. bis 28. Novemberverschoben worden ist.Unser hiesiges Parteiorgan„Sozialdemokraten' erscheint jetzt inK3000 Exemplaren. Vor dem Massenstreik betrug die Auflagezwischen 40 und 50(XX). Auch hierin zeigt sich, wie dieser gewaltigeKampf aufkläreud und anfeuernd auf die Volksmassen gewirkt hatund wirkt. Eine Boykottbeweguug gegen die bürgerliche Presse, diehier zum Teil noch, soweit sie sich halbwegs freisinnig zeigte, durchKauf und Annoncen von der Arbeiterschaft unterstützt wurde, ist imGange, und die Frauen der Arbeiterklasse sind dariir vorangegangen.Jene Blätter haben während des Massenstreiks ihren im Grundearbeiterfeindlichen Charakter zu sehr verraten.Die Frauen der Arbeiterklasse haben ja als Ar-beiterinnen und Hausfrauen in diesem Kampf die größten Opfer zu bringengehabt und noch zu bringen. Ihre Tapferkeit und Ausdauer müßteein besonderes Kapitel in der Geschichte des schwedischen Großstreiksbilden. Einige wohlmeinende Damen aus dem Bürger-tum versuchten einmal während des Massenstreiks Gelder zurSpeisung armer Kinder der Ausgesperrten und Streikenden zusammeln, es kam jedoch eine so lächerlich geringe Summe zusammen,daß nichts irgendwie erwähnenswertes damit anzufangen war.Gestern abend sand nun hier in Stockholm eine vom„Frauen-Diskussionsklub" einberufene große Frauen Versammlungstatt, um über die Frage zu beraten, was die Frauen indem sozialen Streit tun könnten. Es wurde eine Ne-solution angenommen, die besagt, daß in Zeiten starker sozialerInteressengegensätze Frauen aller Parteien und Gesellschasts-klasten sich die Kenntnis der sozialen Verhältnisse er-werben sollten, die notwendig zur Beurteilung der sozialenStreitfragen ist, sowie für ein besseres Verständnis derKlassen unter einander, und für eine Milderung der Folgenwirken sollten, d.ie die sozialen Kämpfe für das heran-wachsende Geschlecht mit sich bringen.— Man wählte ein Komitee,das Mittel zur Speisung von Kindern sammeln und dergleichenmehr Gutes tun soll.— Uebrigens fand in der Versammlung aucheine Diskussion statt. Unsere Parteigenossin Ruth Gustafssonführte aus, wie die Oberklasse in diesen Tagen des Kampfes denKlasscuhaß gepredigt hat, wie aber die Arbeiterklasse zwischen demK l a s s e n h a ß und dem Klassenkampf, der ja bestehenwird, so lauge es Klassen gibt, zu unterscheidenweiß. Wollten die sozial interessierte» Frauen die Not lindern, sosollten sie auch dafür sorgen, daß die Kinder nicht durch Armen-pflege und Wohltätigkeit das Gefühl erhalten, daß sie außerhalb derGesellschaft stehen. Schließlich sprach auch Ellen Key einigeWorte: Der Streit gelte die neue Menschlichkeit, und die Frauenmüßten Partei hierbei nehmen und sich entscheiden, ob sie mehrGerechtigkeit und mehr harmonische Verhältnisse wollten.Viel kann man natürlich auch jetzt nach der Einschränkung desgroßen Kampfes von der Wohltätigkeit der Damen der bürgerlichenKlasse durchaus nicht erwarten. ES wird nach wie vor Sache desinternationalen Proletariats sein, für weitere Unterstützung derschwedischen Arbeiterschaft und damit auch der Kinder zu sorgen.Wenn das Proletariat im Auslande wie bisher seine SolidaritätS-Pflicht erfüllt, kann es nicht schwer sein, die noch im Kampfe stehendenIM 000 Arbeiter vor der bittersten Not zu schützen.„Ueber Verdrehungen im„Vorwärts" beklagt sichwieder einmal die schwedische Arbeitgebervereinigung, nämlich wegeneiner, vielleicht nicht ganz wortgerechten Wiedergabe des Satzes vonder Bearbeitung der Auslandspresse aus einem ihrer Zirkulare. DasSchriftstück soll gelautet haben:„Die ausländische Presse, die zu Anfang auf vielen Seiten Ein»drücke von sozialistischen Angaben und Schilderungen nahm, scheintnun, natürlicherweise mit Ausnahme der reinen Arbeiterpresse, zueiner richtigeren Auffassung der Verhältnisse gedrängt zu sein. Vonfeiten der schwedischen Arbeitgcbervereinigung ist einesehr große Arbeithierauf verwendet worden, und es scheint, daß daS nun Frucht ge-tragen hat."„Die Ausgaben der schwedischen Arbeitgebervereinigung für dieseSache bestehen ausschließlich in Post» und Telegraphporto", heißtes schließlich in der gestern abend von„Aftonbladet" abgedrucktenBerichtigung. Man wird beim besten Willen nicht viel Unterschiedzwischen jener kurzen Wiedergabe und dem Wortlaut des hier an-geführten Rundschreibens entdecken können. Daß die Arbeitgeber-Vereinigung ihre Nachrichten nur unentgeltlich zu versenden braucht,um sie weit und breit in der Unternehmerpresse des Auslandes ab'gedruckt zu sehen, ist gewiß nicht in Zweifel zu ziehen. DasUnternehmertum, das in allen Ländern den Patriotismusherauszukehren pflegt, ist ja in Wirklichkeit internationaleinmütig, wenn es gilt, die Arbeiterklasse irgend eines Landes nieder-zuschlagen. Im übrigen konnte ja festgestellt werden, daß die„sehrgroße Arbeit" zur Beeinflussung der Auslandspresse doch nicht immer soganz fruchtbar war, wie man wohl wünschte. Haben doch Blätter wiedas„Berliner Tageblatt" und die„Frankfurter Zeitung" hier und danebenher die Mitteilungen der Arbeitgebervereinigung angezweifeltund manchmal der Wahrheit die Ehre gegeben.•lieber die Lage in Schweden am heutigen Sonnabendunterrichtet folgende Privatdepesche:Stockholm, 11. September 1W9.(Privatdepesche des«Vor-wärts") Die Ncgieruig erklärt heute zur Begründung des nichterfolgten vermittelnden Eingreifens ihrerseits, daß die Berichtellber die Lage dcS Kampfes unklar sind. ES ist natürlich nurein B o r w a n d, um nicht vermittelnd eingreifen zu brauchen,weil Herr von Südow noch große Hoffnungen auf den Montagsetzt. Er glaubt, daß, nachdem einige Gruppen von Unternehmerndie Erklärung abgegeben haben, daß sie ohne Borbehalt alle ihreArbeiter wieder aufnehmen wollen, dies die Arbeiter im allge-meinen wankelmütig machen soll. So wie die Stimmung in derArbeiterschaft ist, handelt es sich hier sicherlich um eine ebensofalsche Kalkulation, wie die Kalkulation war, die auf dievorhergehenden Montage rechnete.Dieser neue Versuch der Unternehmer, die Arbeiterorgani-sationen zu sprengen und die Einigkeit der Arbeiter zu unter-graben, kann schon heute als zurückgeschlagen angesehenwerden.,Die bürgerliche Presse setzt ihren Kampf gegen die Leitung�der Arbeiter mit den Argumenten der Anarchisten fort. Ansich hat das nichts zu bedeute», weil die bürgerliche Presse durchihr Verhalten während des großen AuSstandeS jeden Kredit in derArbeiterschaft verloren hat.politische üeberfiebtBerlin, den 11. September 1909.Der Deutsche Kaiserals Schüler des Professors Stengel.Wilhelm II. hat wieder eine Rede gehalten. In einerErwiderung auf eine Ansprache des Oberbürgermeisters vonVarlsruhe meinte er unter Mdepem:»Der heutige Tag gilt, wie Sie richtig erwähnt haben, derProbe eines Teils unserer Wehrkraft. Wir Deutsche sind einWaffe ii freudiges und krieg spielfreudiges Volk:deshalb tragen wir unsere Rüstungen leicht und gern, weilwir wissen, daß wir unseren Frieden bewahren und erhaltenmüssen, in dem allein unsere Arbeit gedeihen kann... Solangees Menschen gibt, wird es Feinde und Neidergeben und solange es Feinde und Neider gibt, wirdman sich dagegen zu schützen haben. Infolgedessen wirdes auch Kriegsaussichten und Krieg gebenund wir müssen auf alles gefaßt fein. Daher bildet unserHeer vor allem den rocflsr de bronce, aus den sich der FriedenEuropas begründet und mit dem niemand anzubinden dieAbsicht hat. Um diesen Frieden zu erhalten, um unsereStellung in der Welt zu wahren, die uns zukommt, dazudient unser Heer, dazu dienen auch die Ta-ge derAnstrengung, die ihm zugemutet werden. Ich bin aberfest überzeugt, daß es seine Probe gut bestehen wird, daß unserdeutsthes Vaterland beruhigt sein kann, � daß wir auf der Wachtsind und nnt Gottes Hilfe und unter Gottes Schutz unS nichtszustoßen wird."Das ist ganz der alte Ton. Die Rovembertage scheinengründlich vergessen. Es wäre aber die Pflicht des verant-wörtlichen Kanzlers, den Kaiser darüber zu unterrichten,daß das deutsche Volk durch die Lasten der Rüstungenimmer mehr an seinem kulturellen Aufstieg gehindert wirdund daß die Ansicht, es trage die kolossalen Ausgaben fürden Moloch„leicht und gern", durchaus nicht r i ch t i g ist.Nachversteuerung des Branntweins.Ueber die vom Bundesrat erlassene Branntwein-Nach-steuerordnung sind jetzt folgende Einzelheiten bekanntgeworden:Branntwein, der sich am 1. Oktober dieses Jahres in Brenne-reien, Verschlußlagern usw. befindet, unterliegt außer den Ab-gaben nach dem geltenden Branntweinsteuergesetze einer Nach-st euer von 0,35 Mark für das Liter Alkohol.—Wichtig für Apotheker und Drogisten ist die Bestimmung, daß nichtzum Genuß geeignete Fabrikate, die nur aus versteuertem Brannt-wein hergestellt werden dürfen, der Nachsteuer nicht unterliegen,wenn sie einen Alkoholgehalt von nicht mehr als 20 Gewichtsteilenhaben. Branntwein in Fruchtsäften ist nur dann nachsteuer-pflichtig, wenn der Alkoholgehalt mehr als 14 Hundertteile de-trägt.— Von der Nachsteuer befreit ist Branntwein im Besitzvon Gewerbetreibenden mit Erlaubnis zum Ausschankoder Kleinverkauf in Mengen von nicht mehr als 20 Liter, imBesitz von Haushaltungsvorständen in Mengen vonnicht mehr als 10 Liter Alkohol. Für den Handverkauf her-gerichtete Branntweinfabrikate von mehr als 1 Kilogramm Ge-wicht der Einzelpackung, wie Mundwässer,-Tinkturen usw., sindebenfalls nicht nachzuversteuern.— Für die Anmeldung zur Nach-Versteuerung ist einem Wunsche der Interessenten entsprechendauch die Angabe in Raum Prozenten zugelassen.—Bei Branntwein in Flaschen kann von einer Oeffnung abgesehenwerden, wenn der Alkoholgehalt angemeldet ist und dagegenZweifel nicht bestehen. Der Beamte darf also die Angaben alsmaßgebend für die Besteuerung annehmen. In anderen Fällenkann die Oeffnung der Flaschen unterbleiben, wenn der Besitzersich mit der Annahme einer Alkoholstärke von 40 Gewichtsteileneinverstanden erklärt. Einem Wunsche der Interessenten ent-sprechend wurde dieser früher auf M Proz. normierte Satz auf40 Proz. ermäßigt.— Wird Branntwein unter Steuer-kontrolle ausgeführt, so werden die daraus ruhenden Abgabenerlassen und die Maischbottichsteuer, sofern der Branntwein nach-weislich dieser unterlegen hat, mit 0,16 M. pro Liter vergütet.Hiernach scheint, daß die Identität des auf Lagern liegendenBranntweins nicht festgehalten werden soll, sondern daß für dieGewährung der Maischbottichsteuervergütung der buchmäßige Nach-weis maßgebend sein wird.— Ueber die für die Nachvcrsteuerungfestgesetzte, bis zum 31. März 1L10 laufende Frist hinaus kannbereits vor dem 1. Oktober 1909 durch längere Lagerung unterSteuerkontrolle veredelten Branntweinsorten eineweitere Frist zugestanden werden.— Schließlich ist noch eine Be-stimmung von Wichtigkeit, nach der Fehlmengen zu den vonden Besitzern des Lagers beantragten Abgabesätzen im Lagerbuchabgeschrieben werden sollen«Ei« anständiges Blatt.Das„Berliner Tageblatt" gibt sich anscheinend dieerdenklichste Mühe, aller Welt klar zu machen, daß es stets bereit ist,die Sozialdemokratie hämisch und gehässig anzugreifen, wo sich nurirgendwo die Möglichkeit dazu bietet.Einen Beweis dafür bringt das„B. T." durch die Bericht-erstattung über eine am Donnerstag, den 9. d. Mts., stattgefundeneVersammlung des Zentralverbandes der Handlungsgehilfen, die so„wahrheitsgetreu" ist. daß wir sie hier wörtlich wiedergeben wollen:„In den Arminhallen fand gestern abend eine Versammlungdes sozialdemokratischen Handlungsgehilfen-verbände? statt, zu der auch Mitglieder des Wer-bandeS der deutsch-nationalen Handlung s-gehilfen erschienen waren. Zwischen beiden kam eszu so argen Differenzen, daß der Versammlungsleiter diedeutschnationalen Handlungsgehilfen zum Verlassen des SaaleSaufforderte. Dieser Aufforderung leisteten die Deutschnationalensofort Folge und gingen unter Absingung deS Liedes:„Deutschland,Deutschland über alles" hinaus. Hierbei wurden mehrere vonihnen von Mitgliedern des sozialdemokratischen Verbandes an-angegriffen und mit Faustschlägen und Hieben mit Gummi-schläuchen traktiert. Einige warfen Biergläser nach den Abziehenden,so daß mehrere von ihnen Verletzungen davontrugen. Fünf alsHauptschläger bezeichnete Personen wurden der Polizeiwachezugeführt. Die deutschnationalen Handlungsgehilfen begaben sichnach dem Deutschen Hof in der Luckauerstraße."Soviel Worte der Bericht enthält, soviel Lügen! WaS hierdie verlogene Phantasie eines Polizeispitzels zum besten gibt, glaubtdas anständige bürgerliche Organ als seinen eigenen Berichtwiedergeben zu sollen l Unsere Leser haben den wahren Sachverhaltgestern im„Vorwärts" gefunden. Aber auch eine Reihe bürgerlicherBlätter hat einen ziemlich objektiven Bericht gebracht. Das„Tage-dlatt" jedoch hielt eS für nötig, in holder Gemeinschaft mit denreaktionärsten Blättern den obigen verlogenen Bericht zu bringen.UnS hat es nicht gewundert I—_Gegen die Verbesserung der Lebenshaltung.Bekanntlich haben die Schutzzöllner der VereinigtenStaaten bei der letzten„Tarifreform" einen vollständigenSieg davongetragen. Der Bund der Kndustriellenläßt nun erklären, daß die einzige Möglichkeit, dem zumgrößten Teil erhöhten Zolltarif der Vereinigten Staaten, dernamentlich die deutsche Klein eisen- und Textil-i n d u st r i e schwer treffe, wirksgm zu begegnen, darin zuerblicken sei, daß die G e st e h u n g s k o st e n auf Grund derbei uns bislang noch billigeren Lebens-Haltung wesentlich geringer bleiben müßten.Die Entschließung aller beteiligten Kreise in Deutschland, dieErzeug ungsko st en weder direktnoch indirektzu erhöhen, erweise sich als die beste Abwehr der amerikanischen Einfuhrerschwerungen. Diese Entschließung müssenicht nur bei der deutschen Regierung und beim Reichstag,sondern auch bei den deutschen Arbeitern Platzgreifen.Die deutschen Industriellen wollen also den Konkurrenz»kämpf statt durch verbesserte Technik und Erhöhung derArbcitsqualität durch Verkürzung der Arbeitszeit mittelsHungerlöhnen führen. Die Arbeiter können daraufnur eine Antwort geben: f e st e r e n Zusammenschlußin ihren gewer kschaftlichenOrganisationen.Zugleich sieht man, wie der Schutzzollwahnsinn des einenLandes seine verderblichen Wirkungen ans das Proletariataller Länder ausdehnt. Auch der Kampf gegen den Schutz-zoll kann also nur erfolgreich werden, wenn er inter-national geführt wird._„Loyale" Handhabung des Reichsvereiusgesetzesin Hamburg.Auch in Hamburg kann sich die Polizeibehörde mit den Be»stimmungen des Reichsvereinsgesetzes nicht abfinden, denn sie hateine öffentliche Versammlung der Handlungsgehilfen für„politisch"und daher anmeldepflichtig erklärt, weil deren Tagesordnunglautete:„Der Reichstag und die Forderungen der HandlungS-gehilfenschaft". Die Polizeibehörde nahm an, daß es sich in derVersammlung um Erörterung politischer Angelegenheiten handelte,und stellte dem Einberufer eine Strafverfügung über 6 M. zu,weil er es unterlassen habe, die Versammlung anzumelden oder siein zwei Zeitungen öffentlich bekannt zu machen.Das Schöffengericht bestätigte die Strafe, indem es be»gründend ausführte: Dem Standpunkte des Angeklagten, die Ver-sammlung sei eine solche im Sinne des§ 6 Abs. 3 des Reichsvereins-gesetzes und habe daher einer Anzeige nicht bedurft, sei nicht bei-zutreten. Der§ 6 Abs. 3 betreffe nach seiner Entstehung undFassung nur die Versammlungen von Arbeiter- oder Angestelltengruppen, die durch ihre Zugehörigkeit zu bestimmten gewerblichenoder kaufmännischen Unternehmungen bereits in einem engerenZusammengehörigkeitsverhältnis ständen, dergestalt, daß unterihnen„Verabredungen" und„Vereinigungen", d. h. persönliche Ab-machungen, wie Arbeitseinstellungen möglich, ausführbar seien.Es handelte sich bei den Vereinigungen und Verabredungen imSinne des Z 6 Abs. 3 nur um solche, welche durch„direkte' Ein-Wirkung auf den anderen Teil Lohnverbesserungen usw. in einemoder mehreren bestimmten Unternehmen uns bestimmten Arten zumZiel hätten. Um nichts dergleichen handelt es sich bei dieser Ver-sammlung. Hier sei der Gegenstand der öffentlichen Erörterungoer Prüfung gewesen, was bislang die Reichsgesehgebung für dieGesellschaftsklasse der Handlungsgehilfen geleistet habe, die Kenn-Zeichnung dieser gesetzgeberischen Leistung als einer ungenügenden,die Forderung nach vermehrtem gesetzlichen Schutz der Handluugs-gehilfenschaft Deutschlands und endlich die Werbung zum Beitrittzu einer über ganz Deutschland verbreiteten sozialpolitischen Or-ganisation. Hiermit sei festgestellt, daß die Versammlung einesolche zur Erörterung politischer Angelegenheiten gewesen sei.Denn unter„politische Angelegenheiten" seien nach der Judikaturdes Reichsgericht alle Angelegenheiten zu verstehen, welche Ver-fassung, Verwaltung und Gesetzgebung des Staates in sich begreifenoder in Beivegung setzen.Vor der Berufungsinstanz, Strafkammer V, führte derVerteidiger, Dr. Herz- Altona, unter anderem aus, daß alleStände und Klassen— Kaufleute, Aerzte, Anwälte, Richter usw.— sich organisieren und die Frage der Selbsthilfe oder Staatshilfeerörtern, und Forderungen an die Gesetzgebung stellen, aberkeiner dieser Vereinigungen werde es einfallen,ihre Versammlungen bei der Behörde anzu-zeigen. In der Reichstagskommission wie im Plenum sei auS-drücklich darauf hingewiesen, daß die Tendenz des neuen Vereins-gesetzes dahin ziele, diese Kontrolle zu beseitigen. Der jetzigeReichskanzler habe damals ausdrücklich betont, handle es sich umberufliche Angelegenheiten, dann kämen die herangezogenen Be-stimmungen nicht in Anwendung. Für die Handlungsgehilfen geltedasselbe wie für berufliche Arbeiter. Alle Versammlungen, die sichmit der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen be-fassen, ob durch Selbsthilfe oder Staatshilfe, kämen nicht in Betracht,unterliegen nicht den von der Polizeibehörde und dem Schöffeu-gericht herangezogenen Bestimmungen.Das Landgericht verwarf am Sonnabend dieBerufung. In der lakonischen Urteilsbegrirn-d u ng wurde ausgeführt, diese Versammlung seieine politische gewesen und falle daher nichtunter 8 ödes Reichsvereinsgesetze slGermanisier, mgstorhciten.In Unterverg, einem Ausflugsorte in der Nähe von Posen,hatten sich verschiedene Deutsche ansässig gemacht. Der Aufbauvillenartiger Gebäude wurde ihnen vom Regierungspräsidenten unterder Bedingung gestattet, daß sie sich unter Eintragung einerKautionshypothek im Betrage von mehreren tausend MarkKonventionalstrafe verpflichteten, die Gebäudean keinen Polen zu verkaufen. Trotz dieser Ver-fügung hatten doch eine Anzahl Polen Parzellenerworben, um sich ebenfalls in Unterberg niederzulassen. Derzuständige Distriktsamtskommissar gestattete auch den Aufbau vonWohnhäusern, aber nur solcher, die aus Fachwerk bestanden, so-genannte Gartenhäuser. Verschiedene Eigentümer besitzen schon seitzwei und drei Jahren derartige„Gartenhäuser". Zuihrer Ucberraschung erhielten sie kürzlich folgendes Schreiben desDistriktsamtslommissars Keller, des Herrn, der vorher die Er-laubnis erteilt hatte:„Königliches Distriltsamt Moschin.J.-Nr. 8987. Moschin, den 3. September 1909.Sie werden hiermit infolge Verfügung dcS Herrn Regierungspräsidenten vom 29. v. M.— P. G. II J.-Nr. 1363/09 aufgefordert,Ihr zu Wohnzwecken benutztes Gartenhaus in Unterberg sofort undzwar spätestens bis zum 10. d. M. zu räumen, sämtliches Mobiliardaraus zu entfernen und das fernere Bewohnen dieses Gebäudeszu unterlassen, widrigenfalls gegen Sie auf Grund des§ 132Nr. 2 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom80. Juli 1883 eine Geldstrafe von zunächst 30 M., an deren Stellefür den Fall des Unvermögens eine Gefängnisstrafe von dreiTagen tritt, festgestellt werden wird. gez. Keller."Der„Dziennik Poznanski" führt den plötzlichen Umschwung aufdas Einwirken eines in Untcrberg wohnenden, höheren Beamtenzurück, der wiederholt erklärt haben soll, die Niederlassung der Polendirekt vor der Nase der Deutschen nicht zu dulden und und dagegenEinspruch zu erheben, da sonst in Kürze die Polen in der Villen-kolonie die Mehrzahl bilden würden.Man darf ja nun. nach der Aufnahme der Polen in den Schnaps-block annehmen, daß sich auch unsere Konservativen gegen diese un-glaubliche Schikanicrungspolitik gegen die teure» Verbündeten wendenwerden.Ein ostpreusiischer Amtsvorsteher.Der Vorstand des sozialdemokratischen Vereins für Königs-berg-Land wollte am Sonntag, den 5. September, im DorfeKonradshorft eine öffentliche Versammlung abhalten. DieKrugwirte auf dem Lande verweigern auf„höherenBefehl" zu derartigen Veranstaltungen ihre Räumlich-leiten, deshalb sollte die Versammlung unter freiemHimmel im Gerten eines Parteigenossenstattfinden. Die Anmelüung erfolgte rechtzeitig und ordnungs-gemäß mit dem Hinweise, daß eine Verweigerung der Ge-nehmigung nur stattfinden dürfe, wenn aus der Abhaltungder Versammlung Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu be-fürchten wäre, und daß ferner die eventuelle Verweigerungmit Angabe der Gründe dem Veranstalter kostenfrei zu-zustellen sei.Vom Herrn Amtsvorsteher v. Batocki kam dann am1. September folgender Bescheid: