Nr. 214. 26. Jahrgang.
Vorversammlung.
Sonntag, den 12. September, abends 9 Uhr.
Jm großen Saale des Volkshauses in der Zeißer Straße fand heute um 7 Uhr abends die feierliche Eröffnung des Parteitages statt. Bereits mehrere Stunden vorher strömten festlich bewegte Scharen durch die freundliche Zeißer Straße, deren saftiges Platanengrün der borgerückten Jahreszeit zu troben scheint, dem prächtigen Monumentalbau zu, der in seiner kraftvollen Schönheit sich wie eine Verkörperung des unermüdlichen und unverzagten Leipziger Proletariats ausnimmt. Die Arbeiterschaft der großen sächsischen Handels- und Industriestadt, deren Namen unlöslich verwebt ist mit der glorreichen Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hat es verstanden, dem 20. Parteitag, den die deutsche Sozialdemokratie seit dem Ende des Schandgesetzes abhält, einen eben so würdevollen wie herzerfreuenden Empfang zu bereiten. Freundliches Grün umrahmt den schlichten Willkommengruß über Sem stattlichen Hauptportale des Volkshauses. In dem durch die würdige und zweckentsprechende Raumgliederung doppelt imposant wirkenden Riesensaale, der für die Verhandlungen des Parteitages bestimmt ist, siben die zirka 350 bereits angekommenen Delegierten und die Genossen und Genossinnen Leipzigs , soviele ihrer Plaz fanden. Schon vor 6 Uhr war der Saal gefüllt und bald nachher war auch auf den geräumigen Galerien kein Plaz mehr zu finden. Aus dem rotdekorierten Halbrund der Bühne schauen neben der Statue der Freiheit die Büsten Lassalles und Liebknechts auf das Gewimmel im Saale herab. Die Jahreszahl 1863 gemahnt an die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins , die im Pantheon zu Leipzig am 23. Mai 1863 erfolgte, nachdem ein paar Monate zubor an Leipzigs Arbeiter das Offene Antwortschreiben Ferdinand Lassalles ergangen war. Zur Linken der Bühne flattert das Banner des Gewerblichen Bildungsvereins aus dem Jahre 1861, das die ersten tastenden Organisationsversuche des noch nicht zum Klassenbewußtsein durchgedrungenen Proletariats versinn bildlicht, während die rechts von der Bühne flatternde Gewerkschaftsfahne der Steinhauer aus dem Jahre 1862 auf die Anfänge gewerkschaftlicher Bewegung hindeutet. Buntt 7 Uhr leitete fraftvoller Männergesang die Verhandlungen ein. Die Rühleschen Chöre, die Arbeitergesangvereine von Leipzig und Umgegend, weckten durch den formvollendeten Vortrag des Festgesanges von Baul Kurz Krönt den Tag" die Begeisterung der Versammlung.
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mehr als andere an dem politischen Leben Leipzigs regen Anteil|( Lebhafter Beifall.) Anfang Mai dieses Jahres wurde der Bau genommen hat. Der Genosse Bebel weilt zurzeit noch nicht auf begonnen, alle Beteiligten haben alles vorangefeht, es zu ermögdem Parteitage und in Leipzig , aber sein Name ist mit der Ent- lichen, daß wir den Parteitag in eigenen Räumen begrüßen können. wickelung der Leipziger Arbeiterbewegung aufs engste verknüpft.( Stürmischer Beifall.) So bitten wir Sie, über einige Rückstände Ein Berufenerer wird nach mir auf die Geschichte der Leipziger freundlichst hinwegsehen zu wollen. Arbeiterbewegung eingehen, die in allen ihren Entwickelungs- Und nun noch eine persönliche Note. Die Leipziger sind immer phasen identisch ist mit der deutschen Arbeiterbewegung. Wenn der so etwas anrüchig in der deutschen Arbeiterbewegung( HeiterParteitag erst heute in Leipzig stattfindet, dem Ausgangspunkt der teit). Das kommt daher, weil wir in Leipzig bemüht gewesen Bewegung, so liegt das an den Zuständen Leipzigs und ganz sind, eine grundsätzliche Politik zu treiben. Dadurch haben wir Sachsens . Wo immer von Polizeiwillfür und Polizeimaßnahmen es natürlich mit sehr vielen häufig verdorben. Aber nachdem Sie die Rede war da wurde Sachsens gedacht, und wie sehr wir auch hier eingefehrt sind, nachdem Sie die Leipziger einmal persönlich den Wunsch hegten, in Leipzig einen Parteitag abzuhalten, so fennen gelernt haben, werden Sie finden, daß es doch ganz nette mußten wir doch bedenken, daß der hier wütende Parteigeist den Sterle sind, mit denen sich auskommen läßt. Im Namen des Parteitag evtl. zwingen könnte, über die nahe preußische Grenze Lokalfomitees und der organisierten Arbeiterschaft biete ich den zu gehen. Dieses Opfer wollten wir der Partei nicht zumuten Vertretern der deutschen Sozialdemokratie und ihren Gästen ein und wir verzichteten auf einen Parteitag in Sachsen , bis wir ihm herzliches Willkommen. Möge die Tagung dazu beitragen, die einen besseren Boden bereiten konnten. Der Dresdener Parteitag Organisation zu festigen und zu neuem Vormarsch die Waffen blieb unbehelligt; die Polizei wollte sich offenbar nicht noch einmal zu liefern!( Lebhafter, anhaltender Beifall.). international blamieren. Jeden Fußbreit unseres Rechtes, haben Hierauf ergreift das Wort wir der Polizei, der Behörde, der Staatsregierung in mühevollem Stampfe abgerungen. Als die Sozialdemokratie sich anschickte, in Singer( mit stürmischem Beifall begrüßt): Die Stadtverordnetenversammlung einzuziehen, da beseitigte die Werte Genossen und Genossinnen! Ich möchte mir zunächst Leipziger Bourgeoisie das allgemeine Wahlrecht, führte das Drei- gestatten, dem Vorredner für seine freundlichen, warmen Be klassenwahlrecht ein und versuchte noch dazu, durch Wahlkreis- grüßungsworte herzlichen Dank abzustatten. Wie er mit einer geometrie die dritte Wählerklasse um ihren letzten Einfluß zu persönlichen Note geschlossen hat, so möchte ich um die Erlaubnis bringen. Es hat der Bourgeoisie nichts genußt. Trotz der Wahl- bitten, mit einer persönlichen Note anfangen zu dürfen, und zwar entrechtung zählt die Sozialdemokratie 19 Stadtverordnete im muß ich erklären, daß ich den lebhaften Wunsch gehabt habe, daß städtischen Parlament und 240 Gemeindevertreter. Der Polizei- heute an dieser Stelle ein anderer die Gröffnungsrede zu geist hat sich etwas zum Besseren gewendet. Ein schlagendes Bei- Ihnen halten könnte. Wir alle haben gehofft, daß unser verspiel von der Veränderung der Situation gab die Wahlrechtsdemon- ehrter August Bebel dazu in der Lage sein würde. Er selbst hat stration am 1. November v. J., zu der uns die städtischen Behörden mit vollem Eifer sich dieser Hoffnung hingegeben, und ich bin den Meßplak zur Verfügung stellten. Auf diesem Meßplaz hat überzeugt, er betrachtet es als ein widriges Geschick, daß es ihm eine Demonstration stattgefunden, die alle unsere Erwartungen aus Gesundheitsrücksichten versagt ist, heute hier zu erscheinen. weitaus übertraf, eine Demonstration von nahezu 80 000 Menschen Aber ich darf an diese, gewiß von uns allen und von mir am für das allgemeine Wahlrecht. Im Jahre 1863 gehörten meisten bedauerte Tatsache die erfreuliche Mitteilung knüpfen, 10 Mann in Leipzig dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein daß ich nach den letzten mir zugegangenen Nachrichten mit Sichers an. Die da verzagen wollten, die berücksichtigten nicht, daß der heit die Hoffnung aussprechen darf, daß wir unseren August Bebel Arbeiter wohl langsam sich neuen Ideen zuwendet, aber dann mit in den nächsten Tagen hier begrüßen dürfen.( Lebhafter Beium so unerschütterlicher Ueberzeugung an ihnen festhält. Heute fall.) Parteigenosjinnen und Parteigenossen! Dem Dant an die haben wir, wie der Vorstandsbericht ergibt, 600 000 organisierte Begrüßungsworte des Vorredners muß sich anschließen der AusSozialdemokraten in Deutschland ; über 3 Millionen Stimmen sind druck der Freude und des Glückwunsches an die Leipziger Ge 1907 für uns abgegeben worden, und die letzten Nachwahlen haben nossen, daß es ihnen möglich gewesen ist, dem deutschen Parteitag gezeigt, daß die 1907 angeblich niedergerittene Sozialdemokratie in diesen schönen, glänzenden Räumen einen Willkommensgruß fröhlich weitermarschiert. Leipzig hat starten Anteil an diesem zu bieten.( Bravo !) Wir alle wissen die energische Arbeit zu Aufschwung genommen, haben wir doch allein in Leipzig und seinen schäßen, die die Leipziger Genossen daran gesezt haben, und wir Vororten am 1. Juli 27 189 Mitglieder gezählt, darunter 3800 find ihnen aufrichtig dankbar dafür, um so mehr, als es zum Frauen. 64 Bibliotheken mit 360 000 Bänden bestehen im Leip- ersten Mal den Leipzigern vergönnt ist, die deutsche Sozialdemo ziger Bezirk, und die über 121 000 Entleihungen in einem Jahr fratie auf einem Parteitag bei sich vereinigt zu sehen. Leipzig beweisen, daß die Bücher nicht nur im Schranke stehen.( Lebhafter ist klassischer Parteiboden, von Leipzig aus ist ein Strahl des Beifall.) Im kleinen zwölften Wahlkreis haben wir eine eigene Sozialismus in die Lande gedrungen, und mit Recht hat man Zentralbibliothek mit einem besonderen Lesesaal; vor drei Jahren Leipzig als die Wiege der deutschen Arbeiterbewegung bezeichnet. Werte Genossinnen und Genossen! Zwei Zahlen bilden Marksteine haben wir ein Arbeiterbildungsinstitut geschaffen, das für Die Arbeiterbewegung hat in Leipzig schon 1859 eingesetzt. in der Geschichte der Parteibewegung Leipzigs : das Jahr 1863, das fünstlerische Theatervorstellungen und für die geistige Ausbildung Damals marschierten die deutschen Arbeiter noch im Schlepptau Geburtsjahr der deutschen Sozialdemokratie, und das Jahr 1909, eines Teiles der Arbeiter sorgt. Die Bildungsturse haben die er der bürgerlichen Parteien, wesentlich im Schlepptau des Liberain dem zum ersten Male Leipzig den deutschen Parteitag begrüßen freulichsten Resultate gezeitigt. Imposante Einnahmen ermög- lismus. Den einsichtigeren Mitgliedern des Nationalvereins, sotann. Wie in ganz Deutschland , so war auch in Sachsen nach 1849 lichen uns die Erfüllung der großen Aufgaben und auch der Partei- weit sie hier in Leipzig vertreten waren, war damals wohl schon jedes organisatorische Leben lahmgelegt, und erst später zeigten vorstand ist von uns nicht spärlich bedacht worden. Die rege der Gedante gekommen, daß sie die Arbeiter mehr am öffentlichen sich schüchterne Organisationsversuche, und zwar zunächst im Zu- Wechselbeziehung zwischen Partei und Gewerkschaft bringt zum Leben interessieren müßten, wenn sie weiter darauf rechnen soll. sammenhang mit bürgerlichen Bestrebungen in Leipzig . Ein Ausdruck, daß die Arbeiterbewegung in Leipzig eins ist. ten, daß sie ihnen folgen. Es ging deshalb von der Polytechnischen stummer Zeuge aus jener Zeit ist die Fahne dort, die von dem Ge- Noch ein Wort über den Saal hier, in welchem Sie tagen. In Gesellschaft, die in Leipzig ihren Siz hatte, der Plan aus, einen werblicher Bildungsverein aus dem Jahre 1861 stammt. Daß auch dem großen Stadtbezirk Leipzigs mit über 300 000 Einwohnern Arbeiterbildungsverein in Leipzig zu gründen, den man sich als die gewertschaftliche Bewegung anfing, fleine Wellen zu schlagen, standen uns taum ein halbes Dubend Säle zur Verfügung. Durch Abteilung der Polytechnischen Gesellschaft dachte. Erfreulich ist beweist das Pendant auf der anderen Seite, die Gewerkschaftsfahne unablässigen Kampf hat die Arbeiterschaft erreicht, daß uns jetzt es, daß sich schon damals in den Reihen der Leipziger Arbeiter aus dem Jahre 1862. Aber alle diese Organisationsbestrebungen im Stadttreis Leipzigs mehr als 70 Säle zur Verfügung stehen. schwere Bedenten dagegen erhoben, daß man die Arbeiterbewegung waren auf Leipzig beschränkt. Erst am 25. Mai 1863 tagte zum Die Saalfrage war damit zunächst gelöst, aber es hieß weiter für allein in die Bildungsbestrebungen einzudämmen beabsichtigte. ersten Male ein Kongreß, der das Bestreben verfolgte, nicht die die Zukunft sorgen. Es mußte verhindert werden, daß je die Man wird der deutschen Sozialdemokratie nicht den Vorwurf Arbeiter einer Stadt, sondern ganz Deutschland in eine Organi- Tätigkeit der Gewerkschaften lahmgelegt werden könnte. Auch machen können, daß sie jemals die Notwendigkeit der Verbreitung sation zu bereinigen. Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein Leipzig ist nicht von der Krise verschont worden, aber diese hat von Bildung und Wissen außer acht gelassen hat.( Sehr richtig!) wurde an diesem Tage begründet. Zehn Delegierte aus verschie- nicht verhindern können, daß 58 000 Arbeiter bei der Gewerkschafts- Basieren unsere Erfolge doch darauf, daß wir von Anfang an be denen Städten hatten sich eingefunden, und Lassalle war es, der fahne geblieben sind.( Lebhafter Beifall.) Auch die politische Or- müht gewesen waren, aufzuklären, zu belehren, den Massen klar. am selben Abend noch in einer Nachtversammlung in Leipzig sprach. ganisation hat ihre Mitgliederzahl behalten trotz der starken Fluktu- zumachen die ökonomischen Zusammenhänge, sie vorzubereiten, daß Dies Jahr 1863 ist das Geburtsjahr der deutschen Sozialdemokratie ation der Großstadt. Aus allen diesen Erwägungen heraus ging fie die Bewegung im richtigen, großen, historischen, proletarischen geworden, und aus dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein hat die Arbeiterschaft Leipzigs an die Errichtung eines eigenen Heims. Sinn führen können. Damals waren es von in der Partei bedie große mächtige deutsche Sozialdemokratie fich entwickelt, die Am 12. April 1904 wurde das Grundstück erworben und gleich fannten Namen Fritsche und Wahlteich, die bei der Gründung der das politische Leben aller Länder beeinflussen sollte. Bis dahin darauf mit dem Bau begonnen. Ohne unser Butun wurde Leipzig Abteilung der Polytechnischen Gesellschaft den Standpunkt ver ließen die Arbeiter sich am Gängelbande des Bürgertums leiten. für den diesjährigen Parteitag ausersehen. Wir haben nicht ab- traten, daß nicht nur ein Arbeiterbildungsverein begründet wer Mit dem 23. Mai 1863 aber gingen sie zu selbständigem politischen gelehnt; ich erklärte in Nürnberg :" die Leipziger Arbeiterschaft den muß, sondern daß die Arbeiter sich in ihren Vereinen auch Leben über. Leider fehlt heute unter den Delegierten einer, der wird sich bemühen, dem Parteitag eine gastliche Stätte zu bereiten. mit den Fragen des öffentlichen Lebens zu beschäftigen haben.
Als die Töne verhallt sind, ergreift das Wort
Kleines feuilleton.
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Theater.
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männlicher Rollen bietet wohl Hermann Seldened als Advokat die hohen Töne durch ein Hinaufziehen des unteren StimmLeon de Petitpré die trefflichste Leistung. Nächst ihm sind Emil registers schädigen, so darf man wohl auf ein Eingreifen des an Sühne( Maler Martinel) und Richard Georg( Schiffsreeder der Spike stehenden Gesangsmeisters hoffen. Die gute Behand Martinel) zu nennen. Als Ganzes ergibt sich eine gut abgerundete lung, welche der Tenor Philipp Massalsky und der Baz Vorstellung, obzwar man merkt, daß diesem Schauspielerensemble Karl Fischötter ihren nicht eben gewaltigen Stimme geben, ein pitanteres Genre doch näher liegt. e. k. trägt ja bereits viel zu dem angenehmen Eindruck des Ganzen bei.
A
Lessing Theater:" Die Gefährtin", Lustspiel in einem Att von Arthur Schnipler. Die geistvoll durchdachten und lebenswahr aufgebauten Einatter gehören heute zu den Seltenheiten unserer Bühnen. Desto mehr ist die Aufführung des Schnitzlerschen Stückes am Lessing - Cheater zu begrüßen, wenn es sich auch nicht gerade um eine Erstaufführung im eigentlichen Sinne des Wortes handelt( das Schauspiel ist etwa vor einem Jahrzehnt bereits in Berlin gegeben worden). Das Stück behandelt die eheliche Untreue von seiten der Frau. Er aber, der um zwanzig Jahre ältere, verdammt nicht; auch dann nicht, als er in Erfahrung gebracht, daß sein bester Freund ihm die Liebe der Gattin gestohlen. Nur als er hört, daß der Liebhaber der Verstorbenen sich just an ihrem Todestage verlobt habe, da wallt in ihm ein jäher Born über diesen Verrat empor. Aber auch der legt sich, nachdem ihm die Freundin der Toten mitgeteilt, daß diese bereits bei Lebzeiten um die Verlobungsabsichten dessen gewußt, der ihre Gunst genossen. So endet das Stück mit einem wehmütig- berzeihenden Austlang.
Freie Voltsbühne( im Residenz- Theater): Waujotte. Schauspiel von Guy de Maupassant und Jaques Nor= mand. Die Frage, ob Maupassant dramatisches Talent besessen habe, bedarf im Hinblick auf die häufig in dramatischer Form gegebene Hauptentwidelung seiner Romane, sowie verschiedene Fabliaur und Dialognovellen keiner Beantwortung. Er selbst dachte freilich recht verächtlich von der Tätigkeit für die Bühne: „ diesem pseudoliterarischen Schacherhandel", wie er an die Mutter im November 1887 schreibt. Ich werde es" sagt er weiter mit dem Theater versuchen, das ich als einen Erwerbszweig ansehe, um meine Bücher ganz nach meinem Gutdünken zu schreiben, ohne mich im mindesten darum zu bekümmern, was aus ihnen wird." Er betrachtete das Theater lediglich als" Goldgrube", und er machte daraus tein Hehl, daß es ihn langweile", daß er sich " nie entschließen" könne, die Stücke der anderen anzusehen. Das ist nicht dazu angetan", schreibt er einmal,„ mir Lust zu verleihen, mich meinerseits heranzumachen." Abgesehen von einigen Jugendversuchen, hat er denn auch kein eigentliches Theaterstück mehr geschrieben. Was da ist, sind ausschließlich Dramatisierungen von wenigen seiner Novellen, wobei Jaques Normand und sein Jugend- Zu dem starken Erfolge des Einafters trug im wesentlichen freund Piuchon seine gelegentlichen Mitarbeiter waren. Was nun Oskar Sauers( Professor Pilgram) fein abgetöntes Spiel das Schauspiel Musotte" angeht, so ist es die Dramatisierung bei. In jede Geste und in jedes Wort wußte er so viel Lebenskunst der Maupassantschen Novelle" L'enfant"( das Kind). Alexander und so hohen Seelenadel zu legen, daß er auch den letzten Zuschauer Dumas gewidmet, wurde es zuerst aufgeführt am Pariser Ghm- ganz in den Bann seines gewaltigen könnens zwang. Neben nase- Theater, den 4. März 1891, später auch mehrfach in Deutsch - feiner Brachtleistung verblaßte das Spiel der anderen Darsteller, land gegeben. In der vorgenannten Novelle handelt es sich einfach von denen wir nur noch Mathilde Sussin nennen wollen, um ein verblüffendes Tableau". Am Abend seines Hochzeits - die als Olga Marholm, die Freundin der Toten, sich dezent und tages wird ein junger Ehemann ans Sterbebett feiner längst berlassenen Geliebten gerufen. Er kehrt mit dem Kinde, das diese soeben geboren und ihm, dem Vater, als„ Vermächtnis" hinterlassen hat, zu seiner jungen Frau zurück. Das Ganze hat einen fast humoristischen Anstrich. Es ist ein Kontrastbild des Lebens: Hier das junge Paar, dort schon das Kind dazu! Ganz anders im Stüd: da bildet die ganz neue, breit ausgemalte Szene zwischen der sterbenden Geliebten und dem jungen Ehemann den Hauptatt des Dramas. Dagegen wird man fast den ganzen ersten Die neue Volts- Oper" im früheren Belle- AllianceAft, der nur erfonnen wurde, um die Voraussetzungen der Ge- Theater eilt von Einstudierung zu Einstudierung weiter. Am schichte erst zu schaffen, sowie den dritten Akt, der dazu da ist, Sonnabend wurde mit Lorkings 3ar und Zimmer um den nachfolgenden Widerstand der jungen Frau gegen eine mann" ein hübscher Fortschritt über den Anfang hinaus er= Weiterführung der noch gar nicht angefangenen Ehe zu brechen, reicht. Des Direktors M. Alfieri nächste Bundesgenossen: teils als wenig interessant, teils als überflüssig erachten müssen. Oberregisseur B. Glesinger und Kapellmeister G. Enders, Trotzdem der Mittelakt ist ein psychologisches Meisterstück, gleich verdienen in erster Linie Anerkennung. Wohl die meiste fünftleIarmoyant wie erschütternd und Maupassants, des tiefgründigen rische Freude bereitete Helene Hesse als Marie. Endlich also Dichters, würdig. Die Rolle der Musotte teine leichte Aufgabe! jemand, der nicht nur gut fingt, sondern auch gut spricht und wird hier von Frida Keppler rührend und realistisch wahr mimt! Im übrigen scheint doch für die genannten drei Führer der gegeben. Ihr Gegenpol, Frau von Rouchard, die typisch vornehme Künstlerschar manche nicht allzu schwere Bemühung übrig zu Dame aus der sogenannten höheren Gesellschaft, hat in Marie bleiben. Noch immer stehen Chor und Solisten manchmal fonzertBeuchtmann eine sichere Darstellerin. Unter den Vertretern mäßig da, und wenn Sänger, wie Hans Arnold als Bar.
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sympathisch zu geben verstand.
Dem Schnißlerschen Ginatter folgte eine Neueinstudierung von Gerhart Hauptmanns Traumdichtung Hanneles Simmelfahrt", in der besonders Jda Orloff in der Titelrolle glänzte. Auch dieses Stück übte eine große Wirkung auf das Publikum aus.
Musik.
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Notizen.
SZ.
- Der Nordpol . Der Rest des Pearhschen Reiseberichts liegt jetzt vor. Als die Hauptsache darin erscheint unter den ob waltenden Umständen natürlich, was Peach vom Nordpol selbst erzählt. Er gibt das gleiche an, wie Cook, nämlich, daß sich kein Land dort vorfindet. Nichts als eisbedecktes Meer war zu sehen, obwohl Peary den ganzen Horizont mit dem Teleskop nach Land absuchte. Acht Kilometer vom Nordpol unternahm Beary an einem bloß mit schwachem Gis überzogenen Spalt eine Tieflotung: das Senfblei wurde 1500 Faden( 9000 Fuß) tief hinabgelassen, ohne daß es auf Grund stieß. Troßdem hat Pearh es fertig gebracht, in aller Form vom Norpol für die Vereinigten Staaten Besiß zu ergreifen. Um in der modernen Entdeckungsgeschichte auf ein Schildbürgerstückchen von gleich grotesker Komik zu stoßen, muß man wohl schon bis auf Balboa zurückgehen, der vor vierhundert Jahren die mittelamerikanische Küste des Stillen Ozeans zuerst erreichte und schleunigst bis an die Kniee ins Wasser watete, um das neue Weltmeer für Spanien zu anneftieren. Sonst ist bloß noch zu berichten, daß der Streit der beiden Nordpolparteien lustig fortdauert. Peary erklärt von neuem Anführung von Beweisstücken-, daß Cook der Welt einen Bären aufgebunden, und aus dem Cookschen Lager kommt die Behaup= tung, daß Beary seinerzeit ein Cooksches Vorratshaus in Besitz genommen habe, allerdings in der Meinung, daß Cook tot sei. Dieser fortgesetzte Austausch von Liebenswürdigkeiten läßt die Sache natürlich auf dem alten Fled, und das anfängliche Interesse an dem Streit um den Nordpol hat überall start nachgelassen.
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Frankreichs Geschichte in Bildern. Der Pariser Nationalbibliothek wurde jüngst eine interessante Sammlung von Bildern, Darstellungen geschichtlicher Szenen, Karikaturen, Annoncen und Briefen geschenkt; diese Sammlung gibt ein ge= treues Bild der Geschichte Frankreichs von dem Tage der Vermählung der späteren Königin Marie Antoinette bis zur Koms mune; man kann sagen, daß in irgendeiner Weise fast jeder Tag mit allen seinen bemerkenswerten Erscheinungen der Nachwelt vor Augen geführt wird. Da ist u. a. ein Kapitel über Figaros Hochzeit " von Beaumarchais , eines über Cagliostro und eines über die Sensation jener Zeit: die Luftballons. Es ist geradezu unglaublich, wie biele Aeronauten damals gleich den Brüdern Montgolfier in die Luft fliegen wollten. Mehrere Bilder zeigen den verunglückten Aufstieg des Luftschiffers de Rozier, der mit einer Montgolfière über den Kanal fliegen wollte. Nachdem er etwa 15 Minuten geflogen war, explodierte in einer Höhe von 600 Metern der Ballon. Ein letztes Bildchen zeigt den fleinen Friedhof von Wimereur, wo sich das Grab Roziers befindet.