Abstimmung. Die Stimmen für den Zentrums- kandidaten Wellstein sind nämlich von 19 232 auf 11 462 herabgegangcn, während die sozialdemokratischen Stimmen seit 1907 von 2172 auf 2844 Stimmen anwuchsen! Die zensurierte Kniserrede. Die„Magdeb. Ztg." will erfahren haben, daß die Ver- schiedenheit der Berichte über die letzte„kriegsspielfreudige" Kaiserrede sich daraus erkläre, daß dem Wolffschen Tele- graphenbureau der vorher entworfene Wortlaut der Rede mitgeteilt worden sei, während die„Frankfurter Zeitung " die Rede so wiedergegeben habe, wie sie der Kaiser ratsächlich gehalten hat. Es wird also nicht in Abrede gestellt, daß der schärfere Text der authentische ist. Tagegen möchten wir bezweifeln, daß die Darstellung der„Magdeb. Ztg." auch im übrigen stimmt. Wäre der Text im voraus festgestellt gewesen, so hätte ihn wohl der Kanzler billigen müssen. Obwohl die Studien Herrn v. Bethmann Hollwegs in der auswärtigen Politik vielleicht noch nicht sehr vorgeschritten sind, hätte ihm doch wohl die Jnopportunität einer solchen Kundgebung gegenüber den Berständigungsanträgcn der englischen Re- gierung ohne weiteres klar sein müssen. Oder reicht der Einfluß des neuen Herrn auf den Kaiser nicht so weit, von ihm für schädlich gehaltene kaiserliche Reden zu verhindern? Uebrigens ist die LeSart der„Magdeb. Ztg." für das persönliche Regiment noch ungünstiger als die Meinung, daß die Rede von den verantwortlichen Stellen nachträglich ab- geändert worden sei. Doch wenn der Kaiser sich an den mit den Verantwortlichen Personen einmal vereinbarten Text später doch nicht hält, so ist ja die Verantwortlichkeit des 5tanzlers erst recht eine Farce. Keine Kandidatur Bülotvs! Der„hübsche Gedanke" Limans, der das„Berk. Tagebl." so in Ekstase versetzt hatte, den Fürsten Bülow als bürgerlichen Sammel- kandidaten im Wahlkreise Eisenach -Dermbach aufzustellen, hat zum Schmerze unseres braven Freisinns leider jede Aussicht auf Ber- wirklichung verloren. Bülow selbst will sich nicht der Gefahr aus- setzen, von dem sozialdemokratischen Gegenkandidaten glatt auf den Sand gesetzt zu werden. Auch mag Bülow ein Gefühl dafür haben, daß er, selbst wenn er gelvählt würde, im Reichstag nur eine komische Rolle spielen würde. Der Regierung Opposition zn machen, konnte ja einem so vorsichtigen Politiker niemals ein- fallen. Seine Klopffechtereien gegen die Sozialdemokratie haben aber schon zu der Zeit, als er noch Kanzler war. bei der Rechten nur geteilte Aufnahme gefunden, so daß er schwerlich hoffen dürfte, mit dieser etwas ridikülen Spezialität feine politische Existenz fristen zu können. Sollte es ihm aber ein- mal einfallen, mit den Agrariern anzubinden, so würde ihm sicherlich im schönsten Zirkus-Busch-Ton eine Antwort gegeben werden, die an Deutlichkeit und Massivität nichts zu wünschen übrig ließe. Des- halb denkt Bülow als kluger Mann gar nicht daran, das bißchen Renommee, das ihm unsere braven Liberalen zuguterletzt noch attestiert haben, durch Ausübung eines Reichstagmandats leichtfertig zu verscherzen. Auf eine Anftage antwortete er telegrapisch aus Norderney : „Ich würde die Kandidatur nicht annehmen und bitte von einer solchen abzusehen. Nachdem ich meine Aemter nieder- gelegt habe, wünsche ich politisch nicht mehr in die Oesfentlichkeit zu treten. Fürst Bülow ." So schmerzlich das also auch dem BörscnliberaliSmuS des „Berliner Tageblatt" und vielleicht auch den Wiemer-Mugdan-Leuten sein mag— Bülow dankt höflich aber entschieden für die ihm zu- gedachte liberale Ovation. Eigentlich ist es schade, daß diese tolle„liberale" Farce ein so jähes Ende gefunden hat._ Der rückständige Berliner Kommunalfreisinn hat bekanntlich durch die Festsetzung der Ortszulagen für Lehrpersonen ans 730 M. verschuldet, daß die Regierung in Rücksicht auf diesen Beschluß den Beschlüssen der Vorort- gemeinden Charlottenburg , Schöneberg und Wilmersdorf , die eine Ortszulage von 900 M. vorsahen, die Genehmigung „Auf unbestreitbare Angaben", antwortete ich.„Was meine Quellen anbetrifft, so kann ich sie nicht nennen. Ich will Ihnen nur eins sagen: Unter den Informationen, die man mir bis jetzt ge- liefert hat, war nicht eine, deren Genauigkeit geleugnet werden konnte, und sobald ich„Ja" sage— dessen seien Sie sicher— so steht dies„Ja" fest." Die Jutschcnko stellte mir nun eine Menge Fragen. Es interessierte sie besonders, zu wissen, woher ich meine Informationen habe, von Revolutionären oder aus einer Polizeiquelle. Ich miterbrach sie mit den Worten: „Also Sie geben die Richtigkeit meiner Anklagen zu?" „Für mich ist Ihr Besuch keine Ueberraschung. Nach dem Falle Azews habe ich meinen Chefs wiederholt gesagt: Jetzt bin ich an der Reihe. Burzew wird mich entlarven und mich verderben. Ich sagte ihnen sogar: Er wird zu mir kommen und von mir Er- klarungen fordenr. Ich erwartete Ihren Besuch. Ich wünschte nur das Eine, daß er nicht im Juli sein möchte." „Warum fürchteten Sie diesen Zeitpunkt?" „Sie wiffen, ich habe einen Sohn. Ich wollte mit ihm noch seine Ferien verbringen. ES ist ein prächtiger Junge. Ich liebe ihn wahnsinnig..." Zum erstenmal verriet ihre Stimme Bewegung und Schrecken. Ich fühlte, sie sah in diesem Augenblick den schwarzen Abgrund der Verachtung und der Schande vor sich, der sich ihr austat. Aber sogleich fuhr sie mit gefestigter Stimme fort: In Ihrer Erzählung haben Sie einige Irrtümer begangen. So bin ich z. B. nicht im Jahre 1835, sondern im Jahre 1394 in den Dienst der Polizei getreten." � � w Unwillkürlich erinnerte ich mich eines anderen ähnlichen Irrtums. Ich habe mich auch bei Azew in einer Jahreszahl geirrt. Ich glaubte, daß er Lockspitzel seit 1833 se,. während er es schon seit 1832 war .Ja. ich bin im Dienste der Polizei. Sie täuschen sich, wenn Sie sagen, daß man mich auf's Polize,departement geladen hat und daß man mich pur das Dilemma gestellt hat. entweder die Revo- lutionäre zu verraten und in die Polizei einzutreten oder verhaftet und deportiert zu werden Das ist nicht wahr! Wenn ich im Dienst der Polizei bin. so bin ich nicht aus Furcht, sondern aus Ueberzeugung dazu gekoinmcn. „Ich bin adliger Herkunft meine ganze Familie war durch- drungen von wildem Haß gegen die Revolutionäre und von tuser und glühender Anhänglichkeit an die Regierung. Obgleich ich bis- weilen das heroische Verhalten einiger Revolutionäre bewundett habe, so bin ich doch immer ihr bewußter Gegner gewesen. „Zur Zeit meines Eintritts j» den Dienst der Polize, war meine Familie mit der des Chcfadjunkten der Polizei von Peter»- bürg. Semjakrn. bekannt. Er hat mir zuerst vorgeschlagen, ihm Informationen iiber d,e Stevolutionnre zu liefern die ich kannte, wobei er mir eine monatliche Entschädigung anbot. Ich habe an- genommen. Als ich später nach Moskau reisen mußte, vernnttelte Semiakin meinen Uebergang in den Dienst Subatoffs „In Moskau bin ich in die Gruppe Raschputin gelangt, die das Attentat gegen den Zaren vorbereitete. Die ganze Gruppe wurde versagt hat. Der Stadtverordnetenborsteher von Schöne- b e r g hat um eine Rücksprache bei der Regierung in Potsdam nachgesucht, um persönlich für die Bestätigung der 900 M. Ortszulage zu wirken. Aus dieses Gesuch hat er folgende glatte Absage erhalten: Euer Hochwohlgeboren erwidere ich ergebenst, daß die von Charlottenburg und einigen anderen Bororten beschlossene Ortszulage von der Schulaufsichts- behörde selbstverständlich unter Zustimmung des Herrn Ncgierungs- präsidenten als Vorsitzenden der Schulabtcilung der hiesigen könig- lichen Regierung nicht genehmigt worden sind, weil sie über die Berliner Sätze hinausgingen. Es versteht sich von selbst, daß ein diesbezüglicher Beschluß der Gemeinde Schöneberg die gleiche Behandlung erfahren müßte. Hieran würde eine mündliche Aesprechun g nichts mehr ändern können. Der Herr Regierungspräsident befindet sich übrigens bis in die ersten Tage des nächsten Monats außerhalb Potsdams auf Urlaub. Lehmann. Oberregierungsrat, Dirigent der Kirchen- und Schulabteilung.' Die obengenannten Gemeinden sind der Meinung, daß die Beschlüsse des Berliner Kommunalfreisinns eine Ver- schlechterung des Volksschnl Wesens herbeiführen werden und wollen trotzdem noch Mittel nnd Wege suchen, um diese Verschlechterung für ihre Gemeinden abzuwehren. Es wird ihnen hierzu fraglich kaum ein Weg offen sein. Der Berliner Kommunalfreisinn kann aber wieder einmal für sich den Ruhm in Anspruch nehmen, in kommunalpoliti- scher Rückständigkeit den Vogel abgeschossen zu h a b e n I Bitter ist, daß er sich das von Liberalen sagen lassen nrußl_ Der Schnapsboykott. Die neueste Nummer der„Bergarbeiter-Zeitung" fordert die Bergarbeiter zur strikten Enthaltung vom Branntweingenussc auf. Sie schreibt, wenn es die Arbeiterschaft Deutschlands auch nur fertig brächte, den Schnapskonsum um ein Viertel einzuschränken — und das müsse möglich sein—, dann wären die Schnapsjunker schon um ihre Liebesgabe von rund 50 Millionen gebracht._ Schnapschristen. Der Schnapsbohkott kommt den frommen Zentrumschristen sehr ungelegen. Kein Wunder, U n d e r b e r g- B o o n e k a m p ist ja eine sehr christliche Marke. Die„Germania " bringt deshalb eine längere Schimpfnotiz gegen den Beschluß des Parteitages, worin sie unter anderem lügt, die„Genossen hätten sich nie um das Elend, das der Schnaps anrichtet, gekümmert und nie habe der Kampf gegen den Alkohol auf der Tagesordnung eines Parteitages gestanden. Das ist ein bißchen unverschämt und wir bedauern nur, die„Germania " nicht zwingen zu können, das ausführliche und ausgezeichnete Referat des Genossen Wurm auf dem Essener Parteitag, das auch im Separatabdruck erschienen ist, vollinhaltlich zum Nutzen ihrer Leser abzudrucken. „O welche Lnst Soldat zu sein!" Vor dem Kriegsgericht der zweiten Division zu Jnsterburg(Ost Preußen ) stand am 11. September der Hauptmann Simon von der 12. Kompagnie des ostpreutzischen Jnfanterie-Regiments Nr. 44. Dem Herrn Hauptmann wurden Mißhandlungen Untergebener in zwölf Fällen, Beleidigungen Untergebener in vier Fällen, davon in drei Fällen im Zusammenhang mit vorschriftswidriger Behandlung Untergebener, zur Last gelegt. Die Verhandlung fand unter Ausichluß der Oesfentlichkeit statt. Was braucht das Volk auch zu wiffen, wie die Söhne des Proletariats beim Militär behandelt werden. Der Herr Hauptmann muß es schon arg genug getrieben haben, denn vom Kriegsgericht wurde dieser Erzieher zu vier Monaten Festungshaft verurteilt. Oeftcrmcb. Die«ngarische Krise. Wien , 15. September. Die Audienz WekerleS beim Kaiser dauerte zwei Stunden. In derselben ist. wie vorauszusehen war, eine Eittscheidung nicht erfolgt. Nachdem die Krone nicht g e» willt ist, weitere Konzessionen zu machen, dürfte dein auf meine Anzeige hin am Vorabend der Ankunft Nikolaus verhaftet. Bor der Festnahme hatte Subatoff eine lange Beratung mit mir, um die- jenigen auszuwählen, die er arretieren mußte. Uebrigens ist es üblich bei uns, daß die Chefs mit ihren geheimen Mitarbeitern vor solchen Maßregeln Rücksprache nehmen. Subatoff schlug mir vor. mich in Freiheit zu setzen. Ich sollte irgend eine List gebrauchen, um die Aufmerksamkeit der Revolutionäre zu täuschen. Aber ich habe das kurzweg abgelehnt und verbrachte auf mein eigenes Verlangen 11 Monate im Gefängnis. Ich unterhielt mich dort mit den Ge- fangenen vermittelst eines KlopfsystemS und erfuhr so alle Einzel- heften über das Komplott gegen den Zaren, die mir unbekannt ge- blieben waren, während ich mich in Freiheit befand. Ich übermittelte sie alle meinen ChesS von der Polizei, die mich im Gefängnis be- suchten. Nach der Gefängnishaft wurde ich auf mein beiondereS Verlangen hin in den Kaukasus verbannt, wo ich mich verheiratet habe. Nach der Geburt meines Sohnes ging ich ins Ausland. Die Sorge, die ich meinem Kinde schuldete, hat mich vollständig in Anspruch genommen und ich zog mich vollständig von aller sonstigen Tätigkeit zurück." Ich kann meinerseits hinzusetzen, daß die Teilnehmer am Kam- plott RaschputinS nicht vor Gericht gestellt wurden. Alle wurden auf administrativem Wege zur Deportation nach Sibirien oder zu Gefängnis verurteilt. Man vermied die Gerichtsverhandlung, damit die Spitzelrolle der Sinaida Jutschenko nicht enthüllt werde. (Schluß folgt.) gas«onaert im KiistsIIpalait. Das Fest, das Leipzigs Arbeiterschaft dem Parteitag zu Ehren am Dienstagabend gab, war für die überwiegende Mehrzahl der Delegierten ein Ereignis; denn sicherlich nur ganz wenige von ihnen haben solche Musik, vor allem aber solchen Mämicrgesang jemals gehört. Woran das liegt? Einmal daran, daß ja dem Proletariat in und von der heutigen Gesellschaft der Genuß der Kunst unterbunden wird(Molkenbuhr hat diesen Gedankengang umrissen in der prächtigen Rede, mit der er den Leipziger Genossen für diesen Abend dankte); dann aber auch daran, daß die Kunst, solche Kunst an die Arbeiterschaft zu bringen, den meisten unserer Organi- sationcn— auch der Berliner — noch ein Buch mit sieben Siegeln ist. Allerdings: ein Dreitausendperionenraum von der Art� des Leipziger Kristallpalastes steht in den anderen deutschen Großstädten der Sozialdemokratie nicht leicht zur Verfügung, und einen Arbeiter- sängerchor wie die 250 vom„Männerchor Leipzig-West" und von der„Sänzerabteilung Leipzig-Thonberg" hat die ganze Arbeiter- Internationale ganz gewiß nicht noch ein zweites Mal aufzuweisen. Aber in bezug auf Proarammzusaimnen- stellung, Exaktheit in sämtlichen Teilen des Geiamtarrangements könnten wir alle— und wir Berliner nicht in letzter Kabinett Weierle nichts anderes übrig bleiben, als dem Parlainent am 28. d. M. mitzuteilen, daß es seine Demission gegeben hat. franfcmcb. Amnestie von Postbeamten. Paris , 15. September. Der Bautenminister Mille» r a n d Hai ein Dekret unterzeichnet, durch welches von morgen ab 68 Beamte, 14 Unterbeamte, 14 Damen und 20 Arbeiter der Post- und Telegraphenverwaltung, welche seinerzeit ver- abschiedet worden waren, wieder eingestellt werden. Spanien . Gegen die Willkürherrschaft. San Sebastian , 15. September. Eine Abordnung der liberalen Presse ist hier eingetroffen, um beim König eine Audienz nachzusuchen. Die Delegierten wollen dem König die der liberalen Presse vom Minister des Innern und seinen Organen bereitete schwierige Lage darstellen. Sie beschuldigen diese Be- amten, daß sie die Zensur mißbrauchen und die Wahr- heit fälschen, die kennen zu lernen das spanische Volk ein Recht habe. 6ngland. Annahme der Erbschaftssteuer. London , 15. September. Unterhaus. Die Paragraphen des Finanzgesetzes betreffend Erhöhung der Erb- schaftssteuer sind nach zweitägigen Beratungen a n g e- n o m m e n worden, von denen die letzte bis heute früh 4 Uhr 20 Minuten dauerte. Rußland. Asew. Wie Burzew aus sicherer Quelle erfahren hat, befindet sich A s e w gegenwärtig in Rußland , ivo er einen h ö ch st verantwortlichen Posten bekleidet. Wie sollte sich auch der Zar, obwohl Asew seinen Oheim und seinen treuestcn Minister ermordete, von diesem seinem erprobtesten Lockspitzel trennen können!_ Ein entlarvter Provokateur. Vor kurzem wurde das ftllhere Mitglied der soziakrevokutionZren Partei Michael WosskrßenSki überführt, als Lockspitzel in den Diensten der Regierung zu stehen. Die Biographie dieses Lock- spitzels, um dessen Entlarvung sich auch Bakai verdient gemacht hat, enthält einige recht interessante Einzelheiten, die die Praktiken der russischen Lockspitzel grell beleuchten. Der genannte Lockspitzel nahm im Jahre 1907 an einer„Expropriation " in JekaterinoSlaw teil und begab sich dann nach Petersburg . Obwohl er dort mit Waffen in der Hand verhaftet wurde, wurde er dennoch nach 2 bis S Wochen befreit und in die Heimat zurücktransportiert. Dort ver- suchte er einige Zeit, terroristische Akte zu inszenieren; als er aber keinen Erfolg hatte, begab er sich nach Paris , wo er sein Handwerk fortsetzte. Während der Asew-Affäre wollte er Bakai ermorden. Burzew. Wie auS Paris mitgeteilt wird, werden auf die Initiative Professor Forels in der Schweiz Unterschriften auf einer Petition an den Föderalrat gesammelt, in welchem mn die A u f h e b u n g des Verbotes nachgesucht wird, das Burzew den A u f e n t- halt in der Schweiz untersagt. Die Petition wird dadurch motiviert, daß Burzew durch die Enthüllungen über Asew und Harting Europa einen Dienst erwiesen hat. Ferner wird darauf hingewiesen, daß die Ausweisung BurzewS aus der Schweiz auf Grund einer lügnerischen Denunziation der russischen politischen Polizei erfolgt ist. ES sind schon gegenwärtig mehr als 10 000 Unterschriften gesammelt, zu denen fast alle bekannten Namen der Schweiz gehören. perNen. Der Exschah. Teheran , 15. September. Die Bevölkerung ist beunruhigt durch die Nachricht, der Exschah habe unterwegs halt- gemacht und weigert sich, die Reise fortzusetzen. Man fürchtet, daß ihm die reaktionären Stämme zur Hilfe eilen werden. Linie— viel, sehr viel lernen I In ganz Leipzig — darüber sind die Akten geschlossen— gibt's keinen bürgerlichen Männerchor, der die vom Chormeister Michael geschulten besten Arbeiterchöre in den Schatten stellt: ein Faktum, das da beweist, welcher Eifer, welcher Ernst, welche Energie, welche Liebe zur Kunst in den Herzen deutscher Arbeiter aufgespeichert ist, Dem Feste wohnte von Anfang bis zu Ende A u g u st Bebel bei, und Molkenbuhr Hoffnung gestattet, die unter uns wirken zu prach das als ein Zeichen an, das uns die m unseren Parteiführer bald wieder rüstig .ehen. Dem Feste wohnte auch— o Ironie der Weltgeschichte!"— der alte Polizeimann Förstenberg bei, der unterm Sozialistengesetz unsere sächsischen Genossen härter verfolgt, grimmer befehdet hat als sonst irgendwer! Der Herr Polizeiinspektor war wohl nur gekommen, um— wie in der „guten alten Zeit"— die Reden oder richtiger: die Redner zu „überwachen", aber das Feuer der Sänger ritz auch ihn mit fort: er hörte mehr als die Reden... und klatschte Beifall dem deutschen Lied auS deutscher Proletarierkehle I Ein„historischer Moment", wenn man will; denn Molkenbuhr, der Grübler, hatte herausgctiftelt, daß sich's gerade zum 31. Male jährte, daß unter Bismarcks Regime— am 14. September 1873— der erste Entwurf des Sozialistengesetzes zur Veröffentlichung kam. Das alles mutzte Förstenberg mit anhören. Und mehr noch: Er mußte hören, wie Genosse Lindblat die Lehren des schwe- dischen Generalstreiks entrollte, wie er darlegte, daß jetzt auch Schwedens Bürgertum zum politischen Kampf gegen das Proletariat, zum Kampf mit Ausnahmegesetzen, zum Klassenkampf rüstet, daß aber die Arbeiterschaft Schwedens am Platze sein wird, wie Deutschlands Arbeiterschaft am Platze gewesen ist! Nur eines Mannes Rede hat der Herr Polizei- inspektor vermutlich mit Vergnügen angehört: die Rede des öfter- reichischen Genossen R i e g e r. Mit Vergnügen deshalb, weil sie sehr witzig war, aber auch weil Nieger aus seiner zehnjährigen Parlamentspraxis heraus der deutschen Sozialdemokratie ganz allgemein und ohne jede Einschränkung den Rat zu geben für erforderlich hielt: sich vor der Obstruktion im Parka- ment zu hüten, weil sie das Parlament ruiniert! Worauf jeder halbwegs beschlagene Arbeiter mit allem Respekt bor der parlamentarischen Praxis eines Jahrzehnts lachend antworten wird, daß es schließlich besser ist. eZ gebt mal ein Parlament zum Teufel, als daß sich ein ganzes Volk in Grund und Boden ruinieren- läßt! Zum Glück ist ein Volk unverwüstlich, dessen„unterste", mit Gewalt niedergehaltene, an freiem Reyen und Schaffen gehemmte Klasse Kulturwerte schafft, sich den Smn für Kunst und Wissen- schaft durch alle Lebenspein hindurch rettet, wie wirs von je und immer wieder neu und neu am Nassen- und zielbewußten Proletariat erlebten und erleben. Was Leipzigs Arbeiterschaft. allen Schwierigkeiten zum Trotz, an Kunstkultur sich bereits an- geeignet hat, das sollte sobald wie möglich Gemeingut der Gesamt- arbciterschast werden; denn für alle Proletarier hat der Dichter gesprochen, der da sagte: „So, Sohn des Volkes, soft Du Feste feiern� S.v.
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