GewerkfcbaftUcbe� Lohnbewegungen. Streiks und Aussperrungen im Jahre 1908. Die Statistik der freien Gewerkschaften über die Arbeitskämpfe im Jahre 1908 zeigt, dah wohl die Unternehmer das Jahr des stärksten wirtschaftlichen Niederganges und der geradezu erschrecken- den Arbeitslosigkeit benutzen wollten, um die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, daß aber auch die Gewerkschaften dank ihres wachsenden Einflusses nicht nur diese beabsichtigten Verschlechterungen erfolgreich zurückweisen, sondern darüber hinaus noch Verbesserungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen erreichen konnten. Mit dem im Jahre 1907 einsetzenden wirtschaftlichen Niedergang trat auch zugleich ein Rückschlag in der Zahl der Be- wegungen ein. Dieser Rückgang kommt für das Jahr 1908 noch erheblicher zum Ausdruck, als es im Jahre 1907 der Fall war. Die Zahl der Bewegungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingun- gen zeigt eine starke Abnahme, während die Zahl der Abwehr- kämpfe stieg. Bewegungen mit und ohne Arbeitseinstellung wur- den im Berichtsjahre 5837 geführt gegenüber 8053 im Jahre 1907; doch ist die Zahl noch höher als im Jahre 1905, das 5659 Bewe- gungen aufwies. Von den Bewegungen wurden im Berichtsjahre 15 758 Orte und 49117 Betriebe mit 742 704 beschäftigten Per- sonen betroffen. Ohne Arbeitseinstellung wurden 63,7 Proz. der Bewegungen für 449 434 beteiligte Personen erledigt. Von diesen ohne Arbeitseinstellung verlaufenden Bewegungen wurden 88,9 Prozent durch erfolgreiche Verhandlungen mit den Unternehmern, 1,7 Proz. durch Zugeständnisse der Unternehmer ohne VerHand- lungen und 7,7 Proz. durch Zurückziehen der Forderungen erledigt. Streiks und Aussperrungen fanden 2230 statt mit 126 383 be- teiligten Personen. Im prozentualen Verhältnis der mit oder ohne Arbeitseinstellung verlaufenen Bewegungen zeigt das Jahr 1907 mit dem Berichtsjahre sehr geringe Differenzen, die zu irgend welchen Schlüssen keine Berechtigung geben. Während 1908 auf friedlichem Wege 63,7 Proz. der Bewegungen endeten, waren es 1907 61,8 Proz.; durch Arbeitseinstellung wurden 1908 36,3 Proz. der Bewegungen erledigt, 1907 33,2 Proz. Von den gesamten Bewegungen waren erfolgreich: 3025 gleich 51,8 Proz., teilweise erfolgreich: 1425 gleich 24,4 Proz., erfolglos: 1183 gleich 2033 Proz. 129 Bewegungen waren am Jahresschluß nicht beendet und von 75 Bewegungen blieb der Ausgang unbekannt. Es waren beteiligt: an den erfolgreichen Bewegungen 191 428 Personen gleich 33,2 Proz., an den mit teilweisem Erfolg beendeten Bewegungen 217 562 Personen gleich 37,8 Proz. und an den erfolglosen Bewegungen 146 233 Personen gleich 25,3!sch:oz. Die Gesamtausgabe für die Bewegungen ohne und mit Ar- beitseinstellung betrug 4 624 325 Mk. An den Bewegungen parti- zipieren 55 Verbände. Keine Bewegungen hatten die Verbände der Bureauangestellten, Friseure, Hoteldiener, Notenstecher und Zivilmusiker. Bon den Bewegungen ohne Arbeitseinstellung dienten 3059 mit 401 334 Beteiligten der Erringung besserer Lohn- und Ar- beitsbedingungen. 548 Bewegungen mit 48 100 Beteiligten wurden veranlaßt durch beabsichtigte Verschlechterungen der Lohn- und Ar- beitsbedingungen seitens der Unternehmer. Die Zahl der Angriffs- bewegungen hat sich um 36,3 Proz. und die Zahl der daran be- teiligten Personen um 21 Proz. verringert. Dagegen ist die Zahl der Abwehrbewegungen um 106 Proz. gestiegen und die Zahl der daran beteiligten Personen war um 174,7 Proz. gestiegen. Die Angrifssbewegungen endeten in 54,2 Proz. erfolgreich, in 30.7 Proz. teilweise erfolgreich und in 372 Fällen mit 91 156 Be- teiligten erfolglos. Von den 548 Abwehrbewegungen waren 79,3 Prozent erfolgreich, 9,5 Proz. teilweise erfolgreich und in 61 Fällen mit 8404 Beteiligten erfolglos. Der Erfolg der friedlich verlaufenen Bewegungen hat sich im Berichtsjahre noch ungünstiger gestaltet als im Jahre 1907. Immer- hin muh berücksichtigt werden, daß die Erfolge dieser Bewegungen auch in diesem Jahre trotz der ungünstigsten wirtschaftlichen Kon- junktur außerordentlich große sind, zumal die erfolglosen Bewe- gungen doch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zeigt die Zahl der Streiks und Aussperrungen schon eine Verminderung um 26,5 Proz., so ist die Zahl der daran beteiligten Personen mit 126 883 gar um 54,8 Proz. zurückge- gangen. Die Kämpfe hatten also auch einen geringeren Umfang. Die Ausgaben dafür betrugen denn auch nur 4 477 039 Mk. gegen- über 12 364 032 Mk. im Jahre 1907. Beachtenswert ist, daß das Bestreben der Verbände» ihre Kämpfe aus eigenen Mitteln zu be- streiten, in den Jahren steigende Tendenz zeigt. Im Jahre 1908 wurden mit 99,2 Proz. fast sämtliche Streikunterstützungen aus den eigenen Mitteln, also ohne Hilfe von außen, des betreffenden Ver- bandes bestritten. Von den Kämpfen waren Angriffsstreiks: 33,1 Proz.(1907 53,6 Proz.), Abwehrstreiks 54,4 Proz..(29,9 Proz.). Aussperrungen 12,5 Proz.(11,5 Proz.). Die Erfolge der Kämpfe sind etwas günstiger als im Jahre 1907, sie stehen auch unter dem Durchschnitt der 18 Berichtsjahre. Den größten Anteil an der Zahl der Kämpfe hat das Baugewerbe mit 911 Kämpfen und 29 669 beteiligten Personen, dann folgt die Holzindustrie mit 309 Kämpfen und 15 195 Beteiligten, die Metall- industrie mit 240 Kämpfen weilt jedoch mit 34 643 Personen die höchste Beteiligungszifser auf. Die Bekleidungs- und Leder- industrie weisen 163 Kämpfe auf, stehen aber mit den 24 530 Per» sonen an dritter Stelle der Beteiligungsziffern. Den geringsten Anteil an den Kämpfen hat das graphische Gewerbe mit 26 Kämpfen und 935 Beteiligten. Beteiligt waren 92 091 männliche und 10 513 weibliche Per- sonen, von denen 83 412 bezw. 5803 gewerkschaftlich organisiert waren. Die Verluste an Arbeitszeit betrugen rund 2 045 000 Tage, an Verdienst nahezu 8 Millionen Mark. Die Angriffs st reiks haben mit 678 gegenüber 1635 im Jahre 1907 einen Rückgang von 58.5 Proz. erfahren. Erfolgreich endeten 46.0 Proz., teilweise erfolgreich 25,8 Proz. und erfolglos waren 24,5 Proz. Die Zahlen weisen eine geringe Verschlechte- rung gegenüber 1907 auf, sie stehen unter dem Durchschnitt der letzten 9 Berichtsjahre, sind jedoch noch erheblich günstiger als in den Krisenjahren 1901 und 1902. Die Abwehr st reiks weisen mit 1117 gegen 834 des Jahres 1907 eine Vermehrung um 33,9 Proz. auf. Die Zahl der Be- teiligten stieg mit 36 120 Beteiligten jedoch nur um 8,3 Proz. Erfolgreich endeten 47,0 Proz., teilweise erfolgreich 12 Proz., er- folglos 36,7 Proz. Auch von den Erfolgen der Abwehrstreiks gilt das von den Angriffsstreiks Gesagte. 573 Streiks mit 16980 Be- teiligtcn mußten um Zurückweisung von Lohnreduktionen geführt werden, die zu 47,7 Proz. erfolgreich und zu 10,5 Proz. teilweise erfolgreich beendet wurden. In 179 Fällen fanden Streiks wegen Maßregelungen statt. Ueberaus bezeichnend für unsere„herrliche Gesellschaftsordnung" ist es, daß bei der erschreckenden Arbeits- losigkeit des Jahres 1908 noch 37 Streiks geführt werden mußten, um— eine Verlängerung der Arbeitszeit abzuwehren! In 18 Fällen— 48,6 Proz. war es leider nur möglich, solche, allen Vernunftsgründen hohnsprechenden, Maßnahmen zurückzuweisen. In vier Fällen wurde nur ein teilwciser Erfolg erzielt und in 15 Fällen war die Abwehr der Arbeitszeitverlängerung erfolglos. In 16 Fällen mußte gegen den vom Unternehmer verlangten Aus- tritt aus der Organisation gekämpft werden, die leider den ge- ringsten Erfolg aufzuweisen hatten.. Die Aussperrungen sind ungefähr im gleichen Verhältnis wie die gesamte Zahl der Kämpfe zurückgegangen. Es wurden 257 Aussperrungen mit 60 576 Beteiligten gezählt gegenüber 323 Aus- sperrungen mit 104 738 Beteiligten im Jahre 1907. Der Zahl der Beteiligten nach sind die Aussperrungen im Jahre 1903 im Ver- hältniS zu den gesamten Kämpfen erheblich umfangreicher vorge- nommcn worden als in früheren Jahren. Von den Aussperrungen endeten für die Arbeiter insgesamt 54~ 21,0 Proz. mit 4928 Beteiligten= 8,1 Proz. erfolgreich und 84 Aussperrungen_ 32,7 Prozent mit 9241 Beteiligten— 48,3 Proz. teilweise erfolgreich. Wie bei den anderen Kämpfen ist der Erfolg der Arbeiter bei den Aussperrungen ungünstiger als in den Vorjahren, jedoch trat auch für die Unternehnwr nicht der Erfolg ein, den sie erwarteten. Die Resultate der Bewegungen insgesamt sind eine Arbeits- zeitberkürzung für 59 324 Personen in Höhe von 183 751 Stunden pro Woche und Lohnerhöhungen für 230 641 Personen im Gesamt- betrage von 365 923 Mk. pro Woche. Außerdem wurden noch für 175 687 Personen sonstige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen erreicht. Korporative Arbeitsverträge wurden 1860 für 282 958 Personen abgeschlossen. So zeigen die wirtschaftlichen Kämpfe der freien GeWerk- schaften selbst in dem so schweren Krisenjahre und bei erheblich ver- minderten Zahlen noch die tatkräftige Hilfe der Organisation, die den Arbeiter gegen die willkürlichsten Anschläge des Unternehmer- tums schützt. Würde das immerhin noch große Heer der den freien Gewerkschaften noch fernstehenden Arbeiter doch erst diese Kultur- arbeit der Zentralverbände richtig würdigen und durch Massen- cintritte in die Gewerkschaften die Reihen der Kämpfer stärken. In so geschlossener Phalanx würden die Gewerkschaften auf wesentlich größere Erfolge blicken können. Deutsches Kelch. Eine Kriegserklärung. Die Delegierten des Arbeitgeberverbandes der Maler- und Anstreichern, eister von Rheinland und Westfalen traten am 12. September in Aachen zu einer Be- ratung zusammen, zu der auch die Stadt Aachen , sowie die Hand- werks'kammern Vertreter entsandt hatten. Den wichtigsten Punkt der Tagesordnung bildete das Referat des Vertreters des HauptverbandeS deutscher Arbeitgeberverbände im Maler- gewerbe, Hansen- Hamburg über die bevor st ehenden Tarifverhandlungen. Er führte unter anderem aus: Am 1. Januar 1910 laufen in ganz Deutschland die Tarifverträge im Malcrgewerbe ab, und die Arbeitgeber sind so gut organisiert, daß sie den Gehilfen gegenüber die Forderung durchsetzen konnten, ihre Wünsche für die bevorstehende Tarifrevision nicht den lokalen Organisationen, sondern dem Hauptverband zu überreichen. Das ist auch gescheben, und zwar haben der sozialdemokratische sowie der christliche Arbeitnehmerverband im wesentlichen gleiche Forderungen gestellt. Es sind Lohn- erhöhungen von 10—20 Prozent, in manchen Orten 30, 35 und 40 Prozent verlangt worden. Demgegenüber vertrat Redner unter Hinweis auf die gedrückte wirtschaftliche Lage den Standpunkt, d i e Gehilfenforderungen seien un diskutierbar und ließen jedes Verständnis für das wirtschaftlich Erreichbare vermissen. Die Sachlage sei derart, daß man sich der Erkenntnis nicht ver- schließen könne, es werde i m F r ü h j a h r 1910 beziehungs- weise am 1. Januar ein Kampf im ganzendeutschen Malergewerbe ausbrechen. Die Arbeitgeber hätten keinen Grund, ihn heraufzubeschwören, im Gegenteil, sie wollten sich auf den Boden der Tarifverträge mit den Gehilfen einigen, aber diese müßten mehr Verständnis zeigen. Eine Verkürzung der Arbeitszeit sei ganz unmöglich. In der Lohnfrage hätten die örtlichen Organisationen sich schlüssig zu werden, was sie be- willigen könnten, und diese Beschlüsse würden bei den bevorstehenden Verhandlungen zwischen Arbeitgebem und Arbeitnehmern in Berlin als Unterlage dienen. Auch wenn ein Schiedsspruch erfolgen werde, würde nichts gegen die lokalen Beschlüsse akzep- t i e r t, ohne daß bei den betreffenden Organisationen Rücksprachen erfolgten. Es gebe also keine Einigung über die Lokalinstanzen hinweg. Ernst mahnte aber der Redner, auch zu bedenken, eine wie große Personenzahl von beiden Seiten und wie große Kapital- interessen bei einem Kampfe in Frage kämen. Man könne einen solchen nicht auf Grund leicht gefaßter Meinungen durchführen. Darum legte er den Arbeitgeberorganisationen, die Lohnreduzierungen verlangten, eine Revision ihrer Beschlüsse nahe. Sollte es zum Bruche kommen, so dürften die Arbeitgeber über- zeugt sein, daß alles versucht sei, ihn zu vermeiden. Gegenüber Auslassungen im Gehilfcn-Verbandsorgan schloß Redner mit der beifällig aufgenommenen Erklärung:„Bleiben wir ohne Tarif, so bleibeu unsere Werkstätten in Deutsch - land geschlossen!"_ Die Miihlenarbciter Leipzigs stehen in einer Lohnbewegung. Der Arbeitgeberverband der sächsischen Mühlenindustrie(Sitz Dresden ) verweigert die VerhandlungenUmit„betriebsftemdcn Per- sonen' und hol obendrein erklärt: Wenn die Mühlenarbeiter nicht genug verdienten, sollten sie ihre Frauen mitarbeiten lassen; die Frauen der Mühlenbesitzer müßten auch mitarbeiten. Eine gütliche Erledigung der Lohnbewegung scheint somit aussichtslos. Die Unter- nehmer versuchen schon, unorganisierte Arbeiter nach Leipzig zu locken. Die Mühlenarbeiter allerorts wollen dies beachten. In Notwehr gegen Baker Staat. In Italien steht man am Vorabend eines Ausstände? de» Inhaber der staatlichen Tabak- und Salzverkaufsstellen. Diese haben bereits seit längerer Zeil eine Beloegnng ins Werk gesetzt, um von der Regierung eine Anfbesscrung ihrer Lage zu erhalten. Ihre Forde- rangen stießen jedoch immer auf Widerstand. Nunmehr kündigen die Verkaufsstelleninhaber den Ausstand an. der gleichzeitig in allen Städten Italiens ausbrechen soll. Aussperrung der Holzarbeiter i» Süd-West-Dcntschland. Eine am letzten Sonntag in Heidelberg abgehaltene Sitzung deS Verbandes der Schreinermeister und der Landesorganisation badischer Schreinerinnungen faßte den Beschluß, bis zur Erledigung der Streiks in Mannheim -Ludwigshafen und Heidelberg sämtliche Tischler in den Städten Süd- und Westdeutschlands auszusperren. Am kommenden Sonnabend soll die Aussperrung in Frankfurt a./M. einsetzen und dann Zug um Zug auch auf die übrigen Städte aus- gedehnt werden. ZZuslanck. Die Holländische Eisenbahngesellschaft, deren Wagen ohne jeg- liche Untersuchung auf allen Linien des Vereins Deutscher Eisen- bahnverwaltungen verkehren, hat in ihrer Zentralwerkstätte in Haarlem Maßnahmen getroffen, unter denen die Sicherheit des Verkehrs zweifellos leiden muß. Die Zentralleitung des Niederländischen Verbandes des Eisen- bahn- und Tramwaypersonals hat deswegen Anlaß genommen, das nachstehende Schreiben an die geschästsführende Verwaltung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen zu richten: Nr. 5124/5. Utrecht , den 10. September 1909. An die geschästsführende Verwaltung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen, die königliche Eiscnbahndirektion in Berlin . Ergebenst erlauben wir uns die Aufmerksamkeit des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen darauf zu lenken, daß die Hol- ländische Eifenbahngesellschast durch außerordentlich große Ab- setzung mehrerer Stücklöhne die Arbeiter in ihrer Zentralwerk- stätte zu Haarlem zu Ueberanstrengung und Uebereilung zwingt. Die Zuverlässigkeit der Reparaturarbeiten wird dadurch so sehr verringert, daß wir Anlaß gefunden haben, Seine Exzellenz den Minister von Waterstaat um Abhilfe zu ersuchen. Die technischen Vereinbarungen des Percins wirken darauf hin, daß von allen Vcreinsmitgliedern die Herstellung und Aus- besserung von Wagen in der Weise ausgeführt wird, daß der Ver- kehr möglichst gesichert wird. Weil nun das Verfahren der Hol- ländischen Eifenbahngesellschast den Berkehr gefährden muh, so er- achten wir es als unsere Pflicht, die geschästsführende Verwaltung des Vereins zu verständigen. Die Zcntralleitung des Niederländischen Verbandes deS Eisenbahn- und Tramwaypersonals. I. A.: Rosenveldt, zweiter Vorsitzender, A. v. d. B e r g, Sekretär. Lohnbewegung der französischen Eisenbahner. Das Syndikat der Eisen bahnbedien st eten richtete an seine Mitglieder einen in 400000 Exemplaren gedruckten Anstus, worin unter Hinweis auf die L e b e ns mi tt elteu er u n g zu einem entschiedenen Eintreten für allgemeine Erhöhung der Löhne und Gehälter aufgefordert wird. Morgen findet in der hiesigen Arbeitsbörse eine große Versammlung statt, die sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen soll. Soziales. Die Verweigerung einer Arbeitsbescheinigung ist unzulässig. Diesen an sich vollständig klaren Rechtsgrundsatz hat die Kammer 8 des Gewerbegerichts in ihrer letzten Sitzung erneut feststellen müssen. Es klagte der Kesselreiniger Sch. gegen den Inhaber eines Kesselreinigungsinstituts namens Krüger. Er war eines Tages infolge eines Auftritts mit dem Beklagten, den er in seiner Trunkenheit veranlaßte, sofort entlassen worden. Bei der Ent- lassung wurde ihm eine Arbeitsbescheinigung nicht behändigt. Kläger hatte sie auch nicht bei der Entlassung, sondern erst am folgenden Tage gefordert. Da wurde sie ihm aber verweigert. Ihm war es nun, ohne dieselbe nicht möglich, anderweitig Arbeit zu erhalten. Vom Zentralarbeitsnachweis ging dem Gewerbe- gericht auf Anfrage die Mitteilung zu, daß ohne die Vorzeigung einer solchen Arbeit nicht vermittelt wird. Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Tragung des dem Kläger zugefiigten Schadens von 36 M. Die Bescheinigung dürfte nicht verweigert werden._ Ein nichtiger Entlassungsgrund. Der Hausdiener B. ist nach dreijähriger Beschäftigung bei der Firma Jopnson u. Son, Alte Jakobstr. 144, plötzlich entlassen worden. Er bewarb sich um die im Geschäft freigewordene Stelle eines ersten Packers, die ihm mit dem Hinweis auf zu große Arbeitszeitversäumnisse, die Kläger meistens in dem von seiner Frau betriebenen Geschäft zugebracht haben soll, vorenthalten wurde. Kläger war darüber sehr ungehalten und gab auch seinen Unwillen zu erkennen. Dies trug ihm die sofortige Entlassung ein. Er klagte nun am Gewerbegericht gegen die Firma auf Zahlung einer vierzehntägigen Lohnentschädigung. Im Termin machte die Firma geltend, daß der Kläger den ablehnenden Bescheid als eine Unverschämtheit bezeichnet hätte. Das fei eine Beleidigung der Beklagten , die sich djeserhalb auch berechtigt hielt, den Kläger so- fort zu entlassen., Das Gericht kam aber zu einer anderen Auffassung der Sache. Da der Beklagten die gewiß recht unpassende und ungehörige Aeußerung des Klägers erst hinterbracht worden sei, als die Ent- lassung des letzteren schon ausgesprochen war, könne sie zur Be- gründung derselben nicht mehr herangezogen werden. Das un- willige Verhalten des jdlägers über die Abweisung seiner Be- Werbung durch die Firma stelle aber nach dem Gesetz keinen Ent- lassungsgrund dar. Die Firma war deshalb»ur Zahlung der geforderten 50 M. zu verurteilen. Vom Kontraktbruch. Die Firma L i ch t e n st e i n u. Co. verklagte die Arbeiterin Johanna Will wegen Kontraktbruchs beim Gewerbegericht. Die Beklagte war am 13. Juli engagiert worden, hat aber die Stellung nicht angetreten. Die Firma fordert deshalb eine Entschädigung von 9,60 M., das ist der durchschnittliche Tagelohn für 6 Arbeits- tage, auf den sie nach§ 124b der Gewerbeordnung Anspruch machen kann, ohne daß sie den Schaden nachzuweisen verpflichtet ist. Die Beklagte machte geltend, daß sie sich bei Abschluß des Arbeitsvertrages mit der Klägerin in einem Rechtsirrtum befunden habe. Sie stand in einem aushilfsweisen Arbeitsverhältnis, das sie glaubte, an jedem Tage lösen zu können; das war jedoch nicht möglich, weil sie für eine bestimmte Frist engagiert war. Sie habe der Klägerin von diesem Rechtsirrtum sofort Mitteilung ge- macht. Das Gewerbegericht hielt danach einen Kontraktbruch nicht für vorliegend, da die Beklagte im guten Glauben das Arbeitsver- hältnis mit der Klägerin einging und auch die pflichtgemäße Mit- teilung von ihrem Irrtum der Klägerin gemacht hat. Die Be- klagte hatte also nicht die Absicht, die Klägerin zu schädigen. Das Gericht empfahl die Klagezurücknahme, dem entsprochen wurde., Letzte Naebnebten und Depefeben. Bei günstigem Wetter heute Flugvorführunge». Im Falle günstiger Witterung wird Orville Wright am Donnerstag, den 16. d. M., nachmittags 4'/? Uhr seine Flug- Vorführungen auf dem Tempelhofer Felde wieder aufnehmen. Deutsch -französische Beziehungen. Paris » 15. September. (W. T. B.) Bezüglich der gestrigen Unterredung des Reichskanzlers mit dem französischen Botschafter in Berlin , Cambon» will der„Temps" erfahren, daß die beiden Staatsmänner sich gegenseitig zu den seit Abschluß des Marokko - abkommcns zwischen den beiden Nationen bestehenden guten Be- ziehungcn beglückwünscht haben. Sie stellten das zwischen franzö- fischen und deutschen Interessen in Marokko herrschende Einver- nehmen fest, welches es ermöglicht habe, dem zwischen der Firma Renschhausen und dem Wachsen anläßlich der Bezahlung für die Tanger Hafenbauten entstandenen Zustande ein Ende zu machen. Man glaubt in den berufenen deutschen Kreisen, daß die von Frank- reich zugestandenen Vereinbarungen Deutschland und Frankreich gleich nützlich sein werden für die EntWickelung ihrer Handels- interessen in Marokko . Der Reichskanzler und der Botschafter Cambon haben nach dem„Temps" auch verschiedene andere Fragen der Gegenwart berührt. Landtagseinbentfung. Wien , 15. September.<W. T. B.) Morgen wird die„Wiener Zeitung " ein kaiserliches Patent veröffentlichen betreffend die Ein- berufung der Landtage von Böhmen , Ober-Oesterreich, Mähren und Kärnten auf den 21. September und des Landtages von Kram auf den 23. September. Drei Taucher getötet. Ravenna , 15. September. (W. T. B.) Als heute früh vier Taucher damit beschäftigt waren, eine Dynamitkapsel zu entfernen, die gestern zu einer Sprengung unter Wasser im hiesigen Hafen verwendet werden sollte, aber nicht zur Explosion gebracht werden konnte, erfolgte unvermutet die Entladung. Drei Taucher wurden getötet, der vierte verletzt. Noch eine Büchse am Nordpol . New York , 15. September. (W. T. B.) In einem weiteren Interview, das Peary einem Vertreter der„Associated Preß " in Vattle Harbour gewährte, erklärte er, er habe das Sternenbanner, das Banner der Flottcnliga und das Friedensbanner auf Zelt- stanzen am Pol gehißt, photographische Aufnahmen gemacht und Dokumente in einer wasserdichten Büchse hinterlassen._ Verantw. Redakteur: Emil Unger, Berlin . Inseratenteil verantw.: rtz. Glocke, Berlin , Druck u. Berlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagSgnstgtt Mul Singer L- Co., Berlin 2 W, Hierzu 3 Beilagen u. UnterhaltungSbl.
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