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Nr. 216. 26. Iahrgaag. 3. Keilagt Ks Jotmirts" Snlim IMIntt. AsMerstag, 16. Zeptember 1969. Partei- Hngelegenbeiten. Zahlmorgen, Zahlnacht. Seit einem Jahre besteht nun im zweiten Kreise die Einrichtung des Zahlmorgens für die in den Nachtbetrieben der Zeitungs druckereien der Friedrichstadt   beschäftigten Arbeiter. Es kann mit Genugtuung konstatiert werden, daß die von den beteiligten Ge- nossen des Kreises gern aufgewendete Mühe keine vergebliche war. Durch über 200 Neuaufnahmen sind dem Kreise frische Hilfskräfte zugeführt worden in der südlichen Friedrichstadt  , die dort wohnende Parteigenossen nur in geringer Zahl aufzuweisen hat. Bereitwillig haben diese neuen Kräfte die Ausführung der notwendigen Partei- arbeiten übernommen und sicher ist, daß bei dem weiter zu er- wartenden Wachsen der Mitgliederzahl nie ein Mangel an arbeits- willigen Genossen eintreten wird. Jeden zweiten Monat wird ein Referat gehalten, um den neuen Mitgliedern, denen die Beteiligung an Abendversammlungen durch die Nachtarbeit versagt ist, Gelegenheit zur Aufklärung und Weiter- .bildung zu geben. Gewerkschaftliche und politische Thematas sowie sonstige Fragen von öffentlichem Interesse kommen zur Behandlung. Diese Zahlmorgen stellen sowohl an den Referenten, der früh vor 7 Uhr zur Stelle sein muß, wie an die Besucher, die eine schwer durcharbeitete Nacht hinter sich haben, große Ansprüche. Mit Freude kann man jedoch beobachten, wie von beiden Teilen die der- langten Opfer gern gebracht werden. Aufmerksam hört man dem Bortragenden bis zum Schluß zu und stets haben die Referenten sich freiwillig bereit erklärt wieder zu kommen, ohne jede Eni- schädigung, befriedigt von der Eigenart des Zahlmorgens und der guten und freudigen Stimmung der Zuhörer. Im kommenden Winter wird auf eine starke Zunahme von Mitgliedern bestinunt ge- rechnet. Auch andere Kategorien von Druckereiarbeitern, denen ihre Arbeitszeit eine Anteilnahme an unseren Abendveranstaltungen der- bietet, wünschen fiir sich eine ähnliche Einrichtung. Die Zeitungs- setzer z. B. haben sich wiederholt in diesem Sinne geäußert und es wird noch in diesem Jahre der Versuch gemacht werden, für sie eine Zahlnacht, im Anschluß an die Beendigung ihrer Arbeitszeit, einzuführen. Zu diesem Zwecke sollen in allernächster Zeit Besprechungen mit den Werkstatt-Vertrauensleuten gepflogen werden und es ist wohl zu hoffen, baß auch diesen Spätarbeitern in Zukunft ihre Zahlnacht gleich lieb sein wird wie den Nachtarbeitern ihr Zahlmorgen. Zur Lokalliste. Der RauchklubLorbeer', Mitglied des Berliner Raucherbundes', veranstaltet anr Sonnabend, den 13. d. M., im«Neuen Klubhaus', Wilhelmstr. 113, ein Vergnügen mit Tanz. Da dieser Verein zum weitaus größten Teil aus Arbeitern bestehen soll und daher auch in Arbeiterkreisen eine lebhafte Propaganda für den Umsatz von Billetts betrieben wird, weisen wir daraus hin, daß obiges Lokal der Arbeiterschaft nicht zur Verfügung steht und sind daher alle dortigen Ver- anstaltungen zu meiden. Die Lokalkommission. Schönebcrg. Am Sonntag, den IS. Septeinber, morgens Ve8 Uhr, findet für die Kommunalwahlbezirke, in welchen anfangs November die Ergänzungswahlen für die ausscheidenden Stadtverordneten der dritten Abteilung stattfinden, von den bekannten Lokalen aus eine Flugblattverteilung statt. Zur Wahl stehen der 2., 3., 4., 7., 8. und 9. Kommunalwahlbezirk. Die Parteigenossen aus den Bezirken, in denen keine Wahl stattfindet, werden, ebenso die Genossen der in Frage kommenden Wahlbezirke, dringend ersucht, sich an den Arbeiten zu beteiligen. Der 1. und 11. Bezirk helfen im 2. Bezirk, der 5. Bezirk hilft im 4. Bezirk; der 6., 10. und 12. Bezirk helfen im 9. Bezirk. Die Flugblattverteilung des g. Bezirks findet vom Lokal des Genossen Heidt, Sedanstr. 31 Ecke Leuthenstraße, und vom Lokal des Genossen Andreas, Feurigstr. 16, statt. Die Genossen vom 10. Berzirk be- mühen sich nach Andreas, Feurigstr. 16, und vom 6. und 12. Bezirk nach dem Lokal von Heidt, Sedanstr. 31. Der Vorstand. Pankow  . Am kommenden Sonntag, den 19. d. Mts., findet eine Agitationstour nach den Landorten unseres kleines feuilleton. Theater. Hebbek-Theat er:Hanna Jagert", Komödie in drei Akten von O t to Erich H a r t l e b c n. Hanna Jagert, die Tochter eines Maurerpoliers und Verlobte eines Schriftsetzers, wirkt als begeisterte Agitatorin und kluge Führerin in der sozial- demokratischen Partei. Während ihr Bräutigam wegen eines poli- tischen Vergehens eine mehrjährige Gefängnisstrafe abbüßt, lernt sie einen wohlhabenden Fabrikbesitzer kennen, der ihr eine neue, moderne" Lebensauffassung beibringt. Sie wird der Sache des Proletariats und dem Verlobten untreu und gibt sich aus Dankbar- leit dem Fabrikbesitzer hin, dessen pekuniäre Unterstützungen es ihr ermöglichen, sich geschäftlich selbständig zu machen. Aber die vor- wiegend pädagogischen Fähigkeiten des Lehrmeisters genügen der Begehrlichen auf die Dauer nicht. Als sie dem Fabrikanten die letzte Rate ihrer Geldschuld abgezahlt hat, wird sie erst dio Ge- liebte und dann die Gattin eines hübschen, jungen, unbedeutenden Aristokraten. Das Stück ist 1831 entstanden und feine Handlung beruht zum Teil auf wahren Begebenheiten. Die älteren unter unseren Ber  - liner Lesern werden sich noch der Mäntelnäherin Hanna Jagert er- innern, die in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre eine Zeit- lang eine Rolle in den Parteiversammlungen spielte, die Verlobte eines polnischen Arbeiterführers I. war, während der Gefängnis- Haft ihres Bräutigams die Geliebte eines anderen wurde und schließlich aus Berlin   verschwand, um nach England überzusiedeln, wo sie, soviel ich weiß, noch heute lebt. Hartleben   hat übrigens Hanna Jagert, als er sein Stück schrieb, persönlich nicht gekannt. Erst nach Jahren besuchte sie gelegentlich eines kurzen Aufenthaltes in Berlin   den Dichter und stellte sich ihm als das Urbild seiner Komödicnheldin vor. Aus der Entstehungszeit ist das seltsam zwie- spältige Wesen des Werkes zu erklären, das zugleich eine unserer glänzendsten Charakterkomödien und ein mattes Tendenzstück ist. Es waren damals die Jahre, da in den jüngstdeutschen Literaten- kreisen die Lehren Stirners und Nietzsches zu wirken begannen und namentlich des sprachgewaltigen Zarathustra lockende Sirenen- lieber manches jugendliche Poetengchirn verwirrten und betörten. Auch der kluge und klare Otto Erich   war damals dem Seelen- fänger in die Netze gegangen und als Manifest der neuen Lebensanschauung schrieb er die Hanna Jagert. Die Tendenz des Stückes ist eine Verteidigung des egoistischen Individualismus, der an Stelle des unpraktischen und aussichtslosen Sozialismus der modernen Menschheit den Weg zu den höchsten kulturellen Entwickclungszielen weisen und bahnen soll. Diese Lehren, die damals mit den stolzen Prätensionen einer neuen Religion auftraten, sind heute längst bis in alle Details als die ideologisch verbrämten und verschminkten Forderungen des brutalsten großkapitalistischen Klasscninteresses erkannt und er- wiesen und ihre bcgeistGte Propagierung kann auf den, der die nüchternen Grundlagen solcher bürgerlichen Ideologien kennt, schlechterdings Mr eine unfreiwillig-komische Wirkung üben, J Bezirks statt. Rege Beteiligung hieran ist Parteipflicht. Behufs 1 Besprechung und Inempfangnahme näherer Anweisungen usw. wollen die sich beteiligenden Genossen morgen, Freitag, den 17. d. Mts., abends hl/z Uhr, im Lokal von Rachut, Gaillardstr, 32, anwesend sein. Die Bezirksleitung. Neucichagcn. Sonntag, den 19. September: Flugblattverbreitung im ganzen Bezirk. Das Material ist beini Bezirksleiter Joh. Hübscher abzuholen._ Berliner   JNfadmchten. Freifinnige Laudtagskandidatnren. Im 5. Berliner   Landtags- Wahlkreise hat die Vertrauensmännerversammlung der Freisinnigen Volkspartei   den Schriftsteller und Syndikus Hermann Schöler als Kandidaten für die bevorstehende Landtagsersatzwahl aufgestellt. Herr Schöler kandidierte bei den allgemeinen Wahlen, die am 16. Juni v. I. stattfanden, im 11. Berliner   Landtagswahlkreise. Im 5. Berliner   Landtagswahlkreise kandidierte damals der Stadtv. Re- dakteur Karl Goldschmidt  , der mit 207 gegen 303 Stimmen dem Genossen Borgmann unterlag. Hängen Herrn Goldschmidt die Trauben zu hoch, oder wollte man diesen Schwätzer nicht mehr haben, daß man Herrn Schöler heranholt? DaS Marienheim, das auf der Feldmark Mariendors am Wege nach Britz   liegt, will hauptsächlich der Kranken, und Genesendenpflege dienen. Auch von Krankenkassen und Berufsgenossenschaften wird diese Pflcgeanstalt, die vomRoten Kreuz" abhängig ist, zur Unterbringung von Kranken und Ge- nesenden benutzt. Kürzlich hat eL dort in der Abteilung für genesende Männer eine Massenentlassung gegeben, über deren Grund die Meinungen unter den Patienten geteilt sind. Der leitende Arzt Dr. Richter ließ nach seiner Rückkehr vom Sommerurlaub seine Pfleglinge zusammentrommeln, er- kundigte sich nach ihrem Befinden, untersuchte auch mehrere und verfügte dann ein halbes Dutzend Entlassungen. Herr Dr. Richter wird zur Erklärung dieser Maßregel sagen, er habe eben die Besserung jetzt für so weit fortgeschritten gehalten, daß ihm ein weiterer Aufenthalt im Marienheim nicht mehr erforderlich schien. Hiermit könnte und müßte man sich zufrieden geben, wenn nicht Dr. Richter gegenüber einigen der Entlassenen noch etliche unklare Andeutungen gemacht hätte. Es wird unter den Patienten erzählt, dem einen habe er unliebenswürdiges Benehmen vor- geworfen, zu dem anderen habe er von einem an die Kranken- Hausleitung gelangten denunzierenden Brief gesprochen, und so weiter. Da ist es begreiflich, daß die Frage nach dem Grund der Entlassungen unter den entlassenen wie den noch in der Anstalt verbliebenen Patienten lebhaft erörtert wird. Bei manchen Patienten hatte in letzter Zeit sich eine gewisse Unzufriedenheit mit der Beköstigung bemerkbar ge- macht. Man klagt uns, öfters sei derBelag" zum Frühstück unzulänglich gewesen, einmal habe er ganz gefehlt, auch sei einmal zu Mittag weiter nichts als eine Mehlsuppe und eine Art Semmel- Pudding nebst Kirschen gegeben worden. Aus Mitteilungen von anderer Seite dagegen müssen wir schließen, daß andere Patienten mit der Beköstigung im ganzen zufrieden waren und über einzelne Mängel hinwegsahen. Es möge dahingestellt bleiben, wie weit die Unzufriedenheit berechtigt war. Sicher ist aber, daß man die Un- zufriedenen nicht mit der Redensart abfertigen kann, wem der liebe Gott zum Frühstück noch Kakao, Käse oder Radieschen schenke, der müsse ihm dafür auf den Knien danken. Diesen billigen Trost spendete ihnen eine Dame des Vorstandes, die verwitwete Frau Prediger Richter, die im Marienheim das Oberkommando führt. Es läßt sich begreifen, daß die Antwort, die ihr von einigen minder gottesfürchtigen Patienten gegeben wurde, nicht besonders freund- lich ausfiel. Nun ist diese Frau Prediger Richter die Mutter des oben erwähnten Dr. Richter, des leitenden Arztes. Die Familie Richter spielt überhaupt im Maricnheim eine wichtige Rolle; an der Verwaltung ist noch beteiligt eine Tochter der Frau Prediger Richter, und die Seelsorge wird geliefert von einem anderen Sohn Aber diese Tendenz ist auch durchmis nicht das Wesentliche in Hartlebens Komödie. Die rein dichterischen Vorzüge sind es viel- mehr, die Otto Erichs Jugendarbeit ihren hohen und bis heute un- geschmälerten Wert verleihen: diese meisterhafte Kunst der drama- tischen Charakterisierung, die mit sparsamen, treffsicheren Linien das Bild eines lebendigen Menschen in festen Konturen und all- seitig plastischer Rundung auf die Bühne stellt; diese unVergleich- liche Kunst des Dialogs, der, knapp, gedrungen und pointenreich, jeder Gestalt ihre eigentümliche, aufs feinste nuancierte Sprache gibt; dieser graziöse Humor und dieser espritvolle Witz, der, immer schlagkräftig, aber niemals aufdringlich, über Menschen und Ge- schehnisse seine funkelnden, ergötzenden und erleuchtenden Blitze wirft. Wir besitzen in deutscher Sprache wahrhaftig nicht viele humoristische Bühnenstücke, deren dichterische Qualitäten, deren technische Eleganz und Sauberkeit und deren theatralische Wir- kungskraft an Otto Erichs Komödie heranreichen, und eS ist merk- würdig, daß sich so wenige Theaterleiter zu einer Aufführung dieses Werkes entschließen, das der Bühnendarstcllung fast nur dankbare Aufgaben bietet. Dafür lieferte auch die vorgestrige Aufführung im Hebbel- Theater   den Beweis, die mit nur teilweise erstklassigen schau- spielerischen Kräften bei Verständnis- und geschmackvoller Regie einen sehr starken Erfolg erzielte. Die kluge, kühle, überlegende und überlegene Hanna der Ida Roland  , die rührend schlichte, von der Last eines langen Proletarierdaseins niedergedrückte und zermürbte Mutter Jagert der Frida Richard  , Lichos bürger- lich gemütlicher, phrasenfeindlicher und behaglich sich selbst ironi- sierender Fabrikant Könitz, Paul Ottos entzückend graziöser, vornehmer und liebenswürdiger Bernhard von Vernier waren samt und sonders kleine Kabinettstücke einer feinen, diskreten und eindrucksvollen Charakterisierungskunst, die man nicht so bald aus dem Gedächtnis verlieren wird. Das Publikum nahm die�Komödie und ihre Darstellung mit freudigem Beifall auf und bereitete dem ergötzlichen Komiker Richard Leopold, der die lustige Figur eines jüdischen Weinhändlers und Hausbesitzers ins Derb-kari- katuristische ummodelte, einen besonderen Triumph. 5- L. Neues Theater:Das Urbild des Tartüffe" von Karl Gutzkow  . Daß Moliere bereits mehrere Jahre ver- heiratet war, als er seinenTartüffe  " schrieb, also nicht erst, wie Gutzkow   will, den Vollzug seiner Heirat vom Erfolg dieser Komödie abhängig zu machen hatte, ist bekannt. Freilich steht auch fest, daß er sich schon lange zuvor der besonderen Gunst desSonnenkönigs" erfreute. Sonach hat die etwas unhistorische Fabel der Handlung des Gutzkowschen Lustspiels poetische Gerechtigkeit. Vor nun 65 Jahren entstanden, gehört es auch noch heute zu den besten älteren Stücken; und nichts ist ihm von seiner Frische verloren ge- gangen. Daran kann selbst eine mittelmäßige Aufführung Wenig verderben. Ucber das übliche Mittelmaß erhob sich diese Neu- einstudierung aber schwerlich. Zunächst wurde die Geduld der Zu- schauer durch die übersprudelnde Hast einiger Chargenvertretcr auf eine ungebührliche Probe gestellt. Hernach herrschte ja mehr Deut- lichkcit; es trat, wenn auch keine eigentliche Charakterisierung der Nebenrollen, wenigstens doch ein karikaturistisches Schema zutage. der Frau Prediger Richter, der selber Prediger ist und im Nachbar- dorf Marienfelde   amtiert. Man darf vermuten, daß die fromme alte Dame bei ihrem Sohn, dem Herrn Doktor, sich über die unfrommen Patienten beklagt hat, die es so schroff abgelehnt hatten, Gott für Kakao, Käse oder Radieschen auf den Knien zu danken. So wird uns die ingrimmige Andeutung über dasu n- liebenswürdige" Benehmen erklärt, die der Arzt bei der Entlassung gemacht habe. Herrn Dr. Richter wäre das wahr- schcinlich erspart geblieben, wenn im Marienheim Beschwerden über Beköstigung erledigt würden, ohne den lieben Gott zu Hilfe zu rufen. Der denunzierende Brief, auf den seine andere An- deutung sich bezog, soll von irgendeinem Patienten herrühren; das wurde wenigstens aus den Reden des Herrn Dr. Richter geschlossen. WaS in dem Brief stand, ist den Patienten, die wir hierüber be- fragt haben, nicht bekannt geworden. Herr Dr. Richter soll es nicht für nötig gehalten haben, ihnen die darin etwa vorgebrachten An- schuldigungen zu nennen. Das wäre allerdings ein sehr sonder- bares Verfahren. Im Interesse der Ehrlichkeit wird man wünschen müssen, daß Denunziationen, sofern ihnen überhaupt Beachtung geschenkt werden soll, rückhaltlos mit den an- geschuldigten Personen erörtert werden. Nur so läßt sich prüfen, ob sie begründet sind oder etwa gemeine Rachsucht sich hinter ihnen verbirgt. Den Andeutungen, die von Herrn Dr. Richter gegenüber einigen der entlassenen Patienten gemacht wur- den, hat er es zu danken, daß dieser unkontrollierbare Brief mit den Entlassungen in Zusammenhang gebracht wird. Ein postalisches Kuriosum. Daß eine in Deutschland   aufgegebene Postkarte, um ihren in Deutschland   gelegenen Bestimmungsort zu erreichen, die Zeit von zehn Jahren und neununddreißig Tagen gebraucht, dürfte sicherlich einige Verwunderung erregen. Und doch haben wir den Beweis für dies seltsame Faktum in Händen. Die uns vorliegende Postkarte wurde am 3. 8. 99 in Schönwald   im Schwarzwald   aufgegeben und trägt den Stempel S ch ö n w a I d 4. 8. 99. 56 vormittags. Ein zweiter Berliner   Stempel trägt das Datum vom 5. 8. 99. Die Karte hätte nun ein paar Stunden später im Besitz des Adressaten sein müssen. Allein ein rätselhaftes Schicksal fügte es anders. Zehn Jahre und diverse Wochen trieb sie sich irgendwo in der Welt herum, um am 11. 9. 09 wie ein dritter Poststempel ausweist in R i x d o r f zu landen. Von dort aus erreichte sie nun mit der bei unserer Post gewohnten Prompt- heit den Adressaten. Sollte also einer unserer Leser sich einmal über die Nichtanknnft eines Briefes beunruhigen, so möge er sich in dem Gedanken getrösten, daß der vermißte Brief sich nach einem kleinen Jahrzehnt ja noch immer einstellen kann. Der Ersatz des männlichen Kranken-Pflegeperfonals durch weib- liches geht immer weiter vor sich. Die Verwaltung der Charitö stellt jetzt nur noch Wärterinnen, Schwestern als Pflegepersonal ein. Wärter werden als Pfleger nur ganz ausnahmsweise noch benutzt, es sind dies dann meist nur ältere, erprobte Leute, die schon jähre- lang dort oder im ärztlichen Dienst tätig find. Grundsätzlich sollen in Zukunft nur noch Schwestern, die gründlich für diesen nicht leichten Beruf vorgebildet sind, angestellt werden. Eine Ausnahme wird nur in derNeuen Charitö", wo Geisteskranke und unruhige Kranke Aufnahme finden, gemacht werden. Auch in unfern städtischen Krankenanstalten geht die Tendenz in gleicher Richtung wie in der Charits. Wir halten diesen Grundsatz für verfehlt. Selbst wenn man zugeben will, daß das weibliche Geschlecht in einer Reihe von Fällen sich sehr gut zu Kranken- Pflegern eignet, so gibt es andererseits zahlreiche Verrichtungen, die besser vom Mann als vom Weibe ausgeführt werden und zwar im Interesse der Kranken. Tödlicher Automodilunfall. Von einem Geschäftsautomobil über- fahren und getötet wurde der Telegraphenarbeiter Emil Gerlof aus der Rhkestr. 42. G. hatte beim Passieren des Fahrdammes der Prenzlauer Allee das Herannahen eines Geschäftsautomobils über- sehen und wurde infolgedessen angefahren. Die Räder des schweren Gefährts gingen ihm unglücklicherweise über Brust und Beine hin- Die beste Zeichnung lieferte Walter Schmidt-Hätzler als Präsident La Roquctte. Die Tartüfferie seines Helden gelang ihm ausnehmend gut freilich konnte es auch Shylock   sein. Meta Jäger(Madeleine) ist frisch, immer sie selbst, soubrettcnhaft, weniger das, was sie darstellen soll. Alwin Neutz: gute Moliere  - maske, auch den Jahren nach; als Doppelgänger La Roquettes gleichfalls naturgetreu aufgeputzt. Anna R u b n e r(Armande) fiel nicht weiter auf. Franz Höbling   hatte als Ludwig XIV.  nichts an sich, was königlich war, sondern nur, was so scheinen wollte. Bleiben noch Paul Schwaiger(Minister Lionne) und Hans Werckmeister  (Chapelle) mit annehmlichen Ansätzen zu einer über die Karikatur hinausstrebenden Charakterdarstellung. Wenn der obligate Beifall nicht täuschte, so war das Auditorium, aus dessen Mitte heraus zu Anfang einige Unwillensäußcrungcn verlautbar wurden, doch zufriedengestellt. e. k. Trianon«TH eater:«Pariser Witwen', Lustspiel in 3 Akten von Andrö Sylvanne und Fabrice Carrö, Deutsch von Max Schönau. Die Komödie des französischen   Autoren- Paares wurde bei ihrer Berliner   Erstaufführung von einem lach- lustigen Publikum recht freundlich aufgenommen. Uever die Fabel des Stückes sind nicht viel Worte zu verlieren. ES ist die übliche Koinödie der Irrungen. auch der Eheirrungen. wobei die Liebhaber von Situationskomik und mehr oder weniger saftigen Kalauern ihre Rechnung fanden. Der Erfolg des Stückes war vor allem dem guten Spiel ber Mit« wirkenden zu danken. Besonders wirkungsvoll war der Letruffier von Hans Junkermann  , der den bureaukratischen Philister bor  - trefflich spielte, die Frau Letruffier von Johanna Z a d e m a ck, die das Spießerweibchen in seiner ganzen Beschränktheit wiedergab, nnd der Chamerol von Adolf Klein  , der den anglisiertenGentleman" in Sprechweise und Haltung ausgezeichnet zum Ausdruck brachte. So verstanden eS aber fast alle Mitwirkenden mehr oder weniger, die Lachmuskeln der Zuhörer in Tätigkeit zu setzen: und das ist ja schließlich der Ziveck der Uebung. y. Humor und Satire. Der HauLpascha. Frau(zum Hausbesitzer): Ich muß dringend um Abhilfe ersuchen, Herr Wirt, hinter den Taveten steckt ja alles voll Ungeziefer!" Ja. in Dreiteufelsnamen, was haben Sie hinter den Tapeten zu tun?" Einsam wie ein Rhinozeros.WaS. drei Jahre sind Sie schon verheiratet? Und noch nie habe ich Sie mit Ihrer Frau zusammen gesehen?" «Ja. wissen Sie, ich schließe mich nur sehr schwer an!" (Lustige Blätter".) Humor des Auslandes.Mama," sprach der Sohn des ZeitungSnrannes,ich weiß, warum die Redakteure immer von sich alswir" reden."Warum denn?"Damit derjenige. dem der betreffende Artikel nicht gefällt, denkt, daß es zu viele für ihn zum Verprügeln find.".(.Answers".)