Einführung der Berufung gegen Entscheidungen derStrafkammern an die Oberlandesgerichte bejahend be-fiutachtet haben, mird der„Norddeutschen AllgemeinenZeitung" berichtet, daß bei den letzteren zur Zeit Erhebungendarüber gepflogen werden, welchen Umfang eine derartigeReorganisatwn in bezug aus neue Richterstellen und denKostenpunkt erlangen würde.—Etwas vom preußischen Schulmeister. Lehrer-zeitungen widmen einem im Alter von 90 Jahren ge-storbenen Lehrerveteranen I. Peters in Sobrowitz(West-preußen) Nachrufe, die ein Helles Licht auf die Kulturarbeitdes bornssischen Militärstaates werfen. I. PeterS erhielt,als er im Jahre 1879 nach 56 jähriger Dien st zeitals Lehrer und Organist pensiomrt wurde, einen Ruhegehalt von 3758 M. Da diese Summe nicht ausreichte,um mit seiner Frau und einer Enkelin davon zu leben,nmßte der Greis zu Hacke und Spaten greifen und alsorstarbeiter das zum Lebensunterhalt Nöthige imchweiße seines Angesichts hinzu verdienen. Die Angelegen-heit hat seinerzeit auch das preußische Abgeordnetenhausbeschäftigt. Zuletzt bezog der Greis 600 M. Pension. DieOffziere, welche an der„Majorsecke" oder etwas späterscheitern, erhalten mit dem bekannten blauen Brief, der ihneneine hohe Pension sichert, die Aussicht auf reiche Sinekuren,z. B. auf Lotteriekollekteurstellen. Sind sie eifrige Fürsprecherder Pläne unserer Regierung, dann wird der Tugend stetsihr Lohn. So ist dieserTage dem Oberstlieutenant a. D.Eneccer uS, dem Begründer des„Patriotischen Vereins",eines ausdrücklich zur Agitation für die Militär-vorläge gestifteten Humbug-Vereins, in Frankfurta. M. und einer besonderen Zeitschrift zu Gunsten derMilitärvorlage, eine einträgliche L o t t e r i e k o l l e k teur-st e l l e verliehen worden.—Vom festen Thurm. Im„Bayerischen Vaterland"liest man:„Herr von Volkmar hatte am Sonntag beider Versammlung in Tegernsee(dem lieblichen Seeonin den bayerischen Alpen) einen vollständigen und glänzendenErfolg.„Mindestens 500" nach den„Neuesten", 800Bauern nach der„M. Post", bis von 3—4 Stunden herwaren zur Versammlung gekommen, welche die im ober-bayerischen Dialekt populär gegebenen Aus-sührungen des berühmten Führers der bayerlschcn Sozialistenmit lautem Beifall und Zurufen: Recht hast! Bravo! undschließlich mit einem dröhnenden Hoch V o l l m a r! bc-gleiteten. Er sprach in zweistündiger Rede über dasThema:„Woran leidet das Volt und wie kann ihm ge-Holsen werden?" Redner ging dem Zentrum, das allesbewillige, was die Regierung wolle, unbarmherzig zu Leibe.Das Zentrum habe auf Befehl des Papstes, den dieweltlichen Sachen gar nichts angehen(stürmischesBravo! der Bauern) das Septennat angenommen,indem es sich der Abstimmung enthielt, obgleich es gewähltwar, nein zu sagen; es hat die letzte Militärvorlageangenommen, um Caprivi im Amt zu erhalten. Wenn dieRegierung nicht schon vorher gewußt hätte, daß das Zentrumwieder umfalle, so hätte sie gar nicht gewagt, mit der jetzigenneuesten Militärvorlage zu kommen. Er habe bayerischeZentrumsabgeordnete gesprochen, die zu ihm gesagt hätten,sie stimmten gern für die Vorlage; aber wennsie es thun würden, würden sie von den Wählern todt-geschlagen. Man wisse nicht, wie die Sache ausgehe, aberder Huene sitze mit Caprivi zusammen, wie Ihr bei einemKuhhandel. Redner sprach weiter gegen jede Vergrößerungdes Heeres, für Umwandlung des stehenden Heeres in einwehrfähiges Volksheer, gegen die indirekten Steuern, fürSelbstverwaltung der Gemeinden, Uebernahme der Schul-lasten und des Armenwesens auf den Staat:c. TenBauern könne nur durch die Bauern und das Volk selbstgeholfen werden, im Anschluß an die sozialdemokratischePartei."—Einen Unterschied zwischen dem Ahlwardt vor Tivoliund dem Ahlwardt nach Tivoli erdichtet die„Kreuz-Zeitung", da der Junkersippe der ehemalige Günst-lmg und Erwählte von Arnswalde sehr unangenehm ge-worden ist. Aber Ahlwardt war derselbe damals wie heute.Tie Tivoliritter weichen auch nur darum von dem Bravenzurück, weil er als echtes und rechtes Schreckenskind zuschnell abgehaust hat. Aber die„Edelsten und Besten" sindzu der gleichen Solidarhaft für den Ahlwardt verstrickt,wie die Bourgeoisie überhaupt. Die Kapttalistenklasse mußihre Ahlwardt's haben.—Ter„tvildliberale"„Baucrn"-AbgeordneteWisser,ein geschwätziger Wirrkopf, der die Kunst besitzt, seine Hörertodtzureden, hat es versucht, sich an die National-liberalen heranzufchlängeln, da er für die NeuwahlenHilfe braucht, und seine bisherigen Wähler ihm großen-theils die Heeresfolge versagen. Aber sogar dem schwind-süchtigen vtationalliberallsmus ist dieser Zuzug unwill-kommen. Die nationalliberale„Jenaische Zeitung", die inWisser's Wahlkreise(3. Weimar) erscheint, führt ans,während Wisser jetzt vorgebe, in vielen der wichtigstenFragen mit den Nationalliberalen übereinzustimmen, sei ergegen die nationalliberale Partei aufgetreten und habe die-selbe in unqualisizirbarer Weise bekämpft.„Er hat esallerdings bald darauf fertig gebracht, Fühlung mit dieserPartei zu suchen, ist aber selbstverständlich zurückgewiesenworden und wird auch mit künftigen Annäherungsversuchenzurückgewiesen werden. Zwischen Herrn Wisscr und dernationalliberalen Partei giebt es keine Gemeinschaft." HerrWisser, so schreibt die„Jenaische Zeitung", iverde von allenParteien und ebenso von dem Bunde der Laudwirthe ab-gelehnt. Der Renommirbaner Wisser wird voraussichtlichfortan seinen Kohl in Wiudisch-Holzhausen, seinem Stamm-sitze, bauen können, ohne durch Reichstags- Geschäfte daranverhindert zu sein.—In der„Frankfurter Zeitung"(Nr. 12l Abendblatt vo m2, Mai) liest man:„Man wird sich darauf gefaßt machenmüssen, demnächst den„ H a u k o in m e n t" zu parlamentarischenEhren kommen zu sehe». In seinem„Reichsherold" kündigt derAbg. 83 ö et c I an, den Sozialdemokraleu iverde auf ihre nächstenAngriffe gegen die antisemitischen Apostel mit— Ohrfeigengeantwortet werden; auch auf die Reitpeitsche als richtigesLnstrument vor versammeltem Reichstage wird verwiesen. Viel-leicht ist bis dahin als Vertreter für Dort-wund der alle Tölcke mit seinem historischen„Knüppel" zur Stelle. Ter Beruf der Präsidentenglockekann dann durch das„wortuos xlauxo"(die Tobten beklage ich)erweitert werden."Auf die Ungezogenheiten des Böckel reagiren wir nicht. Eshieße, diesem Rowdythum zu viel Ehre anthun. Daß aber das„vopyehme" Organ der„bürgerlichen Demokratie" in dieselbeKerbe haut, wie daS reaktionäre Zeitungsgesinde und mit derläng st als Lüge gebrandmarkten Geschichte des„historischen Knüppels" Hausiren geht, ist der Beachtung werth.Die Stern Siebengescheidt's der„Frankfurter Zeitung", die, irrenwir nicht, damals in Berlin um die Fahne des wackeren GuidoWeiß sich sammelten, kennen den Sachverhalt doch sicher-lich aus erster Hand, sie wissen, daß in jener berufenenVersammlung Tölcke den Vorsitz übernehmen mußte, und da diePräsidentenglocke nicht mehr zur Stelle war, sich statt dessenseines Stockes bediente. Wer den formsicheren und ruhigenTölcke auch nur einmal hat sprechen hören, weiß, daß der tapfereAlte zwar ein schneidiger Parteimann,, aber nichts weniger alsein Händelsucher ist. So gerne die„Frankfurter Zeitung" jetzt„olle Kamellen" dieser Art aufnimmt, so züchtig-verschämt ge-bürdet sie sich gegenüber den in neuester Zeit aufgedecktenxartios honteuses unseres Polizeistaates. Mit keinem Sterbens-wörtchen hat sie bis zum heutigen Tage den Fall Dr. S ch u-mann, diesen wichtigen Beitrag zur Geschichte der preußisch-deutschen politischen Polizei, erwähnt.—Tie Neichseimmhmen. Für die Zeit vom1. April 1892 bis zum Schlüsse des MonatsMärz 1893 sind von Einnahmen(einschließlich derkreditirten Beträge) an Zöllen und gemeinschaft-lichen Verbrauchssteuern sowie von anderen Ein-nahmen im Deutschen Reich zur Anfchreibung gelangt:Zölle 375 923 165 M.(gegen denselben Zeitraum desVorjahres— 28 490 733 M.), Tabaksteuer 11 740 336 M.(->- 451581 Mark), Zuckcrmaterialsteuer 57 121811 Mark(-63 633 343 M.), Verbrauchsabgabe von Zucker 73183123 M.(-«- 17645495 M.), Salzsteuer 43 114 277 M.(—117 020 M.),Maischbottich, und Branntwein-Materialsteuer 22 039 913 M.(-1- 1002 857 M.), Verbrauchsabgabe von Branntwein undZuschlag zu derselben 113 471 932 M.(— 2 484 553 M.), Braust euer 25 328 655 M.(— 47 361 M.), Uebergangsabgabe vonBier 3 560 513 M.)(4- 178 379 M.): Summe 611 295 158 M.(— 75 494 698 M.)— Spielkartenstempel 1 363 265 M.(+ 40077 M.). Wechselstempelsteuer 7 9 15 609 M.(—269 983 M.).Stempelsteuer für a. Werth papiere 3642531 M.(—942 434 M.),b. Kauf» und sonstige Anschaffungsgeschäfte 9 305 944 Mark(— 1 718 962 M.), c. Loose zu Privatlotterien 1 756 564 M.(H- 303 650 M). Staatslotterien 6 768 219 M.(— 169 215 M.)Die zur Reichskasse gelangte Ist- Ein nähme abzüglichder Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten beträgt beiden nnchbezeichnetcn Einnahmen bis Ende März 1893: Zölle353 445 650 M.(— 18 234 489 M), Tabaksteuer 1 1364 662 M.(— 176 047 Mark), Zuckermaterialsteuer 13 338 209 Mark(+ 8 419 357 M.), Verbrauchsabgabe von Zucker 52 263 607 M.(— 2 966 734 M.), Salzsteuer 42 474 258 M.(- 140 268 M.).Maischbottich- und Branntwein-Materialsteuer 18 771 895 M.(-1- 500 373 M), Verbrauchsabgabe von Branntwein undZuschlag zu derselben 96 110 987 M.(— 3 888 366 M.), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 24 549 443 M.(ch- 111 964 M.); Summe 617 323 711 M.(— 21374 210 M.— Spielkartenstempel 1 306 922 M.(+ 61 590 M.)—Ein Achtstunden-Gesetz für Bergleute wird heuteim englischen Unterhause erörtert werden. DieVorlage ist eingebracht von den Bergarbeiter- AbgeordnetenP i ck a r d und Woods, von denen der erstere Präsidentund der letztere Vizepräsident des Bergarbeiter- Verbandesvon Großbritannien ist. Mitantragsteller sind Lord RaudolphChurchill und Sir Charles Dilke. DaS Gesetz bestimmt, daßniemand innerhalb eines Tages von 24 Stunden in einemBergwerke unterirdisch mehr als acht Stunden von der Zeitan beschäftigt werden darf, zu welcher er die Oberfläche desBodens verlassen, bis zu jeuer seiner Auffahrt zu demselben,wobei Unfälle ausgenommen sind. Wer jemand im Wider-spruche mit dieser Anordnung beschäftigt oder zu beschäftigengestattet, soll einer Strafe im Höchstbctrage von 40 Shillingfür jede Uebcrtretung unterliegen. Die Bill wird voraus-sichtlich angenommen werden.—In Kuba greift die aufständische Bewegung um sich,vor allem in den östlichen Provinzen. Wie dem„Herold"aus Havanna depeschirt wird, sind die Brüder Sar«torius, die Leiter des Aufstandes, nach Milas an derNordküste aufgebrochen, wo sie mit einer Anzahl Anhängerans den Vereinigten Staaten zusammenzutreffen hoffen.Truppen bewachen die öffentlichen Gebäude, und Schiffe be-finden sich auf der Ausschau nach Flibustier-Booten.—Jsn Australien herrscht eine B a n k k r i s i s. DerKapitalismus ist international und führt seine Hexen-tänzchen auch in Anstralasien auf. Man könnte dasGoethe'sche Wort so variiren:„Es ist ein altes Buch zu blätternVom Harz bis Sydney alles Bettern."—VarlanrettkavilAzes.Der Kompromißantrag Huene lautet:Der Reichstag wolle beschließen: an Stelle des vorgelegtenGesetzentwurfs dem nachstehenden Gesetzentwurs die versassungs-mäßige Zustimmung zu ertheileu:Arlikel I.§ 1. Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Ge-meinen, Gefreiien und Ober-Gefreiten wird für die Zeit vom1. Oktober 1393 bis 31. März 1899 auf 479 229 Mann alsJahres- Durchschnittsstärke festgestellt. An derselben sind dieBundesstaaten mit eigener Militärverwaltung nach Maßgabeder Bevölkerungsziffer bethciligt. Die Einjährig- Freiwilligenkommen auf die Friedcnspräsenzstärke nicht in Anrechnung. DieStellen der Unteroffiziere unterliegen in gleicher Weise wie dieder Offiziere, Aerzle und Beamlen der Feststellung durch denReichshanshalts-Etat. In offenen Uiiterosfizierstellen dürfenGemeine nicht verpflegt werden.§ 2. Vom 1. Oktober 1393 ab werdendie Jiisanterie in 538 Bataillone und 173 Halbbataillone,die Kavallerie in 465 Eskadron-,die Feldartillerie in 494 Batterien,die FußarNllerie in 37 Bataillone,die Pioniere in 24 Bataillone,die EisenbaHntrnppen in 7 Bataillone.der Train in 21 BatailloneFür die Zeit vom 1. Okloder bis zum 31. März 1899treten bezüglich der aktiven Dienstpflicht folgende Bestimmungen inKraft:8 l. Während der Dauer der akliven Dienstpflicht sind dieMannschaften der Kavallerie und der reitenden Feldariillene dieersten drei, alle übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zumununterbrochenen Dienst bei der Fahne verpflichtet. Im Fallenothwendiger Verstärkungen können auf Anordnung des Kaisersdie nach der Bestimmung des ersten Absatzes zu entlassendenMannschaften im aktiven Dienst zurückbehalten werden. Einesolche Zurückbehaltung zählt für eine Hebung, in sinngemäßerAnwendung des letzte» Absatzes des§ 6 des Gesetzes, betreffenddie Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9. November 1367.tz 2. Mannschaften, welche nach einer zweijährigen aktivenDienstzeit entlassen worden sind(8 1), kann im ersten Jahre nachihrer Entlassung die Erlaubniß zur Auswanderung auch in derZeit, in welcher sie zum aktiven Dienst nicht einberufen sind, ver-weigert werden. Die Bestimmung des Z 60 Ziffer 3 des Reichs-Militärgesetzos vom 2. Mai 1374 findet auf die nach zweijährigeraktiver Dienstpflicht entlassenen Mannschaften keine Anwendung.Auch bedürfen diese Mannschaften keiner militärischen Genehmigungzum Wechsel des Aufenthalts.ß 3. Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feld-artillerie, welche nach erfüllter aktiver Dienstpflicht zur Landwehrübertrete� dienen in der Landwehr ersten Aufgebots nur dreiJahre.8 4. Für die Zeit vom 1. Oktober 1393 bis zum 31. März1399 werden alle früheren gesetzlichen Bestimmungen, welche denendieses Artikels entgegenstehen, insbesondere die bezüglichen Be-stimmungen des 8 6 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtungzum Kriegsdienste, vom 9. November 1867, der Ziffern 3 und 4des 8 60 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874, sowie des8 2 des Gesetzes, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom11. Februar 1383 außer Kraft gesetzt.Artikel III.Die Bestimmungen des Artikels II§ 1, erster Absatz, findenfür diejenigen Mannschaften, welche nach zweijährigem aktivenDienst hiernach zur Entlassung zu kommen hätten, im ersten Jahrenach Inkrafttreten dieses Gesetzes keine Anwendung; jedoch zählteine solche Zurückbehaltnng für eine Uebung, desgleichen eineetwaige Einberufung während des angeführten Zeitraums.Artikel lV.Die§8 1 und 2 des Gesetzes, betreffend die Friedenspräsenz-stärke des deutschen Heeres, vom 15. Juli 1890 treten mit dem1. Oktober 1393 außer Kraft.Artikel V.Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bayern nach nähererBestimmung des Bündnißvertrages vom 23. November 1370(Bundes-Gesetzbl. 1871 S. 9) unter Hl 8 5, in Württemberg nachnäherer Bestimmung der Militärkonvention vom 21./2S. No-vember 1870 zur Slnwendung.—I» dem Berichte der Militärkommission, so schreibt die„Kölnische Bolks-Zeitung", findet sich auf S. 124eine Zusammenstellung des Gelderfordernisses zur Ver-zinsung der Reichs schuld von 1376/77—1893/34 undeine Zusammenstellung des Betrages der verzinslichen Bundes-und Reichs-Schulden von 1373—1893/94. Danach be-trägt die verzinsliche Schuld pro Etatsjahr 1893/94 1 755 542 400oder rund 1755 Mill. M. zu deren Verzinsung in demselbenEtatsjahr 65 675 000 M. nothwendig seien. Diese Zahlen gehengegenwärtig durch alle Blätter, sind aber trotzdem ohne Zweifelfalsch. Jene Zusammenstellungen sind im Bureau des Reichstagesgemacht. Woher die Unterlagen genommen sind, ist nicht er-sichtlich. Die als Gelderforderniß zur Verzinsung angegebeneSumme von 65 675 000 M. deckt sich mit der betreffenden Zifferim Etat der Reichsschuld auf das Etatsjahr 1893/94.Dagegen deckt sich der als Summe der verzinslichenSchulden des Reiches angegebene Betrag von 1755 Mill.durchaus nicht mit den Angaben in der dem genanntenEtat angefügten Denkschrift. Es beträgt nach dieser Denkschriftdie Summeder 4prozent. Schuldverschreibungen... 450 000 000 M.der 3'/- proz.„a) verzinslich am 1./4. und 1./10,.. 71000 000„b) verzinslich am 2./1. und 1./7.... 641 150 500,der 3proz. Schuldverschreibungen,a) verzinslich am 2,/l. und 1./7... 170 000 000 ab) verzinslich am 1./4. und 1./10.,veranschlagt per 1. Oktober 1893 502 500 000„1 884 650 500 m""Die am 11. April aufgenommene neue 3prozentige Anleihevon 160 Millionen Mark ist in dieser Sumnie bereits enthalten.Wie stimmt nun diese Zahl zu der in dem Berichte des Abg. Gröberangegebenen? Will man übrigens ein richtiges Bild sich machenvon der finanziellen Lage des Reiches, so muh man obiger Summenoch hinzufügen den„für die bezüglichen einmaligen Ausgaben für1893/94 im Wege des Kredits zu schaffenden Betrag", der sich»ach der erwähnten Denkschrift beläuft auf 163 153 207 M.sowie den Betrag der ausgegebenenunverzinslichen Reichs- Kassenscheinein Höhe von........ 120 000 000„Man erhält alsdann 2 122 803 707 M.oder rund 2 Milliarden 123 Millionen Mark als Summeder Schulden des Dentschen Reiches pro 18S3/S4. Wiestimmt nun dazu die Angabe in dem Bericht der Kommission?Auch in der„Freisinnigen Zeitung" ist anfangs April unter derUeberschrist„Die zweite Milliarde Reichsschulden" ein Artikelerschienen, welcher falsche Ziffern enthält, d. h. falsch, wenn dieAngaben der erwähnten Denkschrift zum Etat der Reichsschuldpro 1893/94 richtig sind, wie doch wohl anzunehmen ist. Dortist die Reichsschuld„in diesem Frühjahr" auf 1997 MillionenMark berechnet und hinzugefügt:„In Wirklichkeit aber dürftedie zweite Milliarde mit der neuen Reichsanleihe bereits über-schritten sein." Wie oben nachgewiesen, ist die zweite MilliardeReichsschulden längst überschritten. Woher nun die ver-schiedenen falschen Angaben? Deshalb: U. A. w. g. t Dasheißt: Um Ausklärung wird gebeten.Pavfctnadicidifcw.Gegen die Militärvorlage wurde in Arnstadt i. Th.eine Protestverkammlung abgehalten, in der der ParteigenosseJo os aus Gotha referirte. Ebenso in M arb urg-K ir ch-Hain, wo Reichstags-Abgeordneter Ulrich aus Offenbach dasReferat erstattete; die Versammlung zeigte, daß der Äntisemitis-mus im Rückgange ist und wir von der nächsten Wahl einen be-deutenden Stimmenzuwachs zu erwarten haben.ReichStagS-Kandidatur.' Die sozialdemokratischen Vertrauenspersonen für den Wahlkreis Würz bürg stellten denRedakteur der„Unterfränkischen Volkstribüne", A l b r e ch tE ü l l e, zum Reichstags-Kandidaten auf. Für den Wahlkreisschweg«-Schmalkalden ernannte die am 1. Mai inder Geiiossenschasts-Zigarrenfabrik abgehaltene Versammlung denParteigenossen Huhn aus 5iassel zum Kandidaten.Von der Agitation. illeichstags-Abgeordneter Bebelsprach am Sonnabend in Dortmund für die Wahl Tölcke's. Die„Franks. Zig," schreibt darüber:„Sslchen Zudrang zu einer Ver-sammlung hat man hier noch nicht gesehen... Die zum Ver-sammlungslokale führenden Straßen waren schwarz von Menschen.Tausende fanden keinen Einlaß und mußten umkehren. DiePolizei trieb schließlich die Menge auseinander."Polizeiliches, Gerichtliches te.— In Grün berg i. Schl. ist gegen Genossen wegen Ver-breitung eines Landflugblattes Untersuchung eingeleitet, in demVerstöße gegen die§| III, 130 und 131 des Strafgesetzbuchesenthalten sein sollen.— Der Staatsanwaltschaft hat das gegen den Redakteurder„Reu ß. Tribüne", Leven in Gera, in Sachen derangeblichen Beleidigung des Debschwitzer Bürgermeisters ergangenefreisprechende Nrtheil nicht gefallen. Sie hat Berufung eingelegtund so wird die Angelegenheit noch einmal zur Verhandlungkommen. Hoffentlich erkennt auch die Berufungsinstanz auf Frei-sprechung.