Vorort- ftodmcbtemSchöneverg.Dtadtverorbnetenversammlimg. Der Anstellung eines ztveitenSchuldiencrs für die städtische Fortbildungsschule wird nach demReftrat des Stadtv. Magnan(Soz.) zugestimmt.Die Vorlage betr. Herstellung einer elektrischen Kraft- undBeleuchtungsanlage auf dem Nieselgute wird zunächst einemAusschuß überwiesen.Eine weitere Vorlage des Magistrats fordert die Aenderungder Baufluchtlinien auf dem Gustav-Müller-Platz, aufwelchem eine Kirche errichtet werden soll. Stadtv. Küter(Soz.)spricht sein Bedauern darüber aus, daß der einzige Platz in derdortigen Gegend mit einem Bauwerk bedacht worden ist. Mau solldie Plätze, die doch die Lungen der Großstädte sind, möglichst er-halten. Redner bezweifelt auch, daß überhaupt ein Bedürfnis fürden Bau einer Kirche in der dortigen Gegend vorhanden ist. DieVorlage wird darauf gegen eine große Minorität angenommen.Sodann teilt der Magistrat mit, daß er dem in der vorigenSitzung angenommenen Antrage der sozialdemokratischen Fraktion(die Frage der Verbesserung des Wahlrechts auf dem Städtetage)seine Zustimmung erteilt hat. Kämmerer M e ch o w i c z erklärt,daß auf dem Brandenburgischen Städtetage die offizielle Mit-teilung gemacht worden ist, die Frage der Verbesserung des kom-munalen Wahlrechts auf die Tagesodnung des nächsten Städte-tages zu setzen.Sodann folgt die Beratung des sozialdemokratischenAntrages:„Die Stadtverordnetenversammlung richtet das Ersuchen anden Magistrat, bei den bevorstehenden Stadt ver-ord n e t e nwahl e n die Wahlzeit für die dritteAbteilung auf einen Sonntag festzusetzen.Gleichzeitig wird der Magistrat ersucht, für den ö. Wahlbezirk der dritten Abteilung zwei Wahllokale vorzusehen."Stadtv. Wollermann(Soz.) führt in der Begründungdes Antrages folgendes cms: Die Stadtverordnetenversammlung hatsich wiederholt mit Anträgen auf Verbesserung des kommunalenWahlrechts beschäftigt. Sie hat gefordert: Die Abschaffung desHausbesitzerprivilcgs, die Beseitigung der Dreiklassenwahl, dieEinführung der geheimen Wahl usw. Alles Forderungen, überdie endgültig die Entscheidung im preußischen Landtag zu fällenist. Hier handelt es sich aber um eine Verbesserung des Wahlrechts,die von- den städtischen Körperschaften selbst vorgenommen werdenkann. Im November 1907 ist bereits derselbe Antrag von derStadtverordnetenversammlung angenommen worden. Der Magi-strat hat aber seine Zustimmung verweigert, mit dem Hinweis, daßsich die Anberaumung eines Wahltermins auf einen Sonntag nichtempfiehlt, weil nach mehreren Erkenntnissen des Kammergerichtsau solchen Tagen die Polizei in der Lage wäre, gegen die Ver-teilung von Wahlflugblättern und Stimmzetteln einzuschreiten.Dieser Grund zur Ablehnung ist aber ganz hinfällig. Bisher habenwir nichts davon bemerkt, daß die Polizei bei Wahlen, die Loch'heute schon des Sonntags stattfinden, eingeschritten wäre. InSchöneberg finden die Kaufmannsgerichtswahlen und die Kirchen-Wahlen des Sonntags statt. In Berlin werden auch die Gewerbe-gerichtswahlen des Sonntags vorgenommen. Warum sollten dannnicht auch die Stadtverordnetenwahlen in der gleichen Weise bor-genommen werden können. Man soll den Wählern bei Ausübungihres Wahlrechts möglichst entgegenkommen. Es gibt immer nocheine Reihe von Wählern, die sich in abhängiger Stellung befindenoder weit entfernt von Schöneberg arbeiten. Für letztere ist dieAusübung des Wahlrechts fast regelmäßig mit einer Einbuße amArbeitslohn verbunden. In der jetzt noch herrschenden Wirtschäfts-krise sollte man das zu verhindern suchen dadurch, daß die Wahl-zeit auf einen Sonntag verlegt wird. Redner bittet um Annahmedes Antrages auch in seinem zweiten Teile. Die sonderbare Be-zirkSeinteilung des Magistrats macht die Teilung deS neuntenBezirkes notwendig.Stadtv. Schneider(Unabh. Vereinig.) erklärt, daß feineFraktion nur für den zweiten Teil des Antrages stimmen werde.Seine Fräktionskollegen sind dagegen, daß die Stadtverordneten-wählen d«S Sonntags vorgenommen werden. Der Sonntag gehörtder Ruhe. Durch die Vornahme der Wahlen an einem Sonntagwird derselbe entheiligt. Die Kirchzeit müßte ja sowieso schon aus-geschieden werden. Redner hält die Verlegung auf einen Sonntagfür keine Verbesserung, da sich dann die Wähler nicht ihrer Fa-milie widmen können.Stadtv. Küter(Soz.) meint, wenn es dem StadtverordnetenSchneider nur darauf angekommen ist zu reden, so hat er jaseinen Zweck erfüllt; was er geredet hat, ist allerdings ganz un-zutreffend. Der Wahltag müßte als ein Feiertag betrachtet werden.Wenn in anderen Staaten die Wahlen durchweg des Sonntagsvorgenommen werden, so müßte das auch hier möglich sein.Stadtv. Starke(lib. Frakt.) gibt die kurze Erklärung ab,daß seine Fraktion den sozialdemokratischen Antrag für eine Ver-bcsscrung des Wahlrechts hält und deshalb für den Antragstimmen wird.Stadtv. Wollermann(Soz.) wendet sich noch gegen dieAusführungen des Stadtverordneten Schneider. Die von ihm vor-gebrachten. Gründe widersprechen sich von selbst. Richtiger wärees gewesen, wenn er mit den wahren Gründen hervorzutreten ge-wagt hätte. Die Fraktion des Herrn Schneider ist aber dafür,daß den Arbeitern die Ausübung des Wahlrechts möglichst erschwertwird. Der Beweis dafür ist von dem Herrn Schneider im Jahre1905 gebracht worden, als der Antrag der sozialdemokratischenFraktion: die Wahlzeit für die dritte Abteilung bis 8 Uhr abendsauszudehnen, zur Beratung stand.Der Antrag wird darauf angenommen.Der Magistratsvorlage betr. Errichtung von Schnee-Ein-Wurfschächten wird nach kurzer Debatte zugestimmt.Die Versammlung beschäftigte sich darauf mit den Ein-sprächen gegen die Wählerlifte. Es lagen 74 Ein-spräche vor. Der Ausschuß empfahl 45 von diesen für berechtigtanzuerkennen.Stadtv. Wollermann(Soz.) empfiehlt, auch in den Fällen,wo es sich um Steuerrückstände des vergangenen Jahreshandelt, die Einsprüche für berechtigt anzuerkennen und nur dieRückstände des laufenden Steuerjahres bei der Nichtaufnahme inBetracht zu ziehen.Stadtv. Starke(lib. Frakt.) schließt sich diesem Antragean, während Stadtv. L i n i c u s(Unabh. Vereinig.) den Antragfür gesetzwidrig hält.Die Mehrheit der Versammlung stimmte dem AntrageWollermann zu und erklärte demgemäß 8 weitere Einsprücheebenfalls für berechtigt. Insgesamt soll 54 Einsprüchen stattge-geben werden.Für die UmPflasterung des südlichen Fahrdammes des Sachsen-dammes werden die nötigen Mittel nachträglich bewilligt.Rixdorf.Bo» der Arbeit deS Stockes. Der Lehrer Harnack von der15. K n a b e n- G e m e i n d e s ch u l e, den wir tn Nr. 225 unserenLesern als Erzieher mit dem Stock vorgestellt hatten, beklagt sich,daß ihm Unrecht geschehen sei. Er hat uns besucht und uns eineschriftliche Entgegnung überreicht, in der er angibt, der von ihm ge-prügelte Schüler L. habe seine zu Hause nicht angefertigte Rechen-arbeit auch in der Schule nicht selber angefertigt, sondern nur auseinem anderen Heft abgeschriehen, und habe zunächst alles bestritten.Hier übersieht Herr Harnack die Bedeutung des von ihm selber er-wähnten UmstandeS. daß von ihm die Feststellung, L. habe ab-geschrieben, erst jetzt— einige Tage nach jener Prügclexekution undnach Veröffentlichung unserer Notiz— gemacht worden ist.Auf die Bemessung der Menge und Stärke jener Prügelkann das doch keinen Einfluß gehabt haben I Herr H. versichert so-dann, L. habe, laut schreiend, sich von vornherein nicht bücken wollenund— so schreibt er— da„trafen die e r st e n Schlägenicht gut, und er erhielt einige mehr, als ihm zugedacht waren."So erkläre sich auch, daß Herr H. ihm gesagt habe:«Wärst Dumanierlich gewesen, so hättest Du nur die Hälfte bekommen.' Unsgenügt eS, daß der Arzt„5—6 dicke, große, schwer blutunter-laufene Stellen" auf dem Gesäß festgestellt hat, abgesehenvon einer„längeren blutunterlaufenen Strieme" am Daumenballen und einer„Hautwunde" am Finger. Daraus dürfenwir wohl schließen, daß wenigstens die folgenden Hiebe— wir müssen annehmen: noch fünf bis sechs—„gutgetroffen" haben, wiewohl L. sie durch die vor-gehaltenen Hände abzuwehren suchte. Freilich will Herr H, das Urteil des Arztes nicht gelten lassen; er behauptet, L. sei nicht soschwächlich, daß er nicht Prügel, wie die empfangenen, hätte ertragen können. Hier wollen wir uns denn doch lieber auf die An-gaben des sachverständigen Arztes verlasse», der in seinem Attest er-klärt, daß„diese Schläge mit einer Heftigkeit geführt sein müssen.die bei dem elenden Geiundheitszustand desKindeS wohl geeignet sind, die Gesundheit erirstlich zugefährde n". Aus unsere Angabe, daß Herr H. die Tracht Prügeldem Jungen nur als„Klaps auf die Hosen" bezeichnethabe, ist Herr H. in seiner schriftlichen Entgegnung mitkeinem Worte eingegangen. Mündlich hat er aber auf Befragenuns versichert, er habe das nicht gesagt. Kann uns jemand sagen,woher der Junge den von ihm seinen Eltern berichteten Ausdruck„Klaps auf die Hosen" haben mag, der noch nicht recht in denSprachschatz eines Elfjährigen hineinpaßt? Herr H. gibt weiter an,L. habe, wiewohl er sonst ein besserer Schüler sei, ihm gerade imRechnen manche Mühe gemacht. Ueberflüssig ist seine Bitte, daß wirihm attestieren möchten, er habe den guten Willen gehabt,den Jungen zu fördern. Das war gar nicht angezweifeltworden, und er tut hiermit auch nur feine Pflicht und Schuldigkeit.Wir wünschten nur, daß er sie ohne so nachdrücklichen Gebrauch desStockes getan hätte.Taschendiebe treiben seit einiger Zeit auf den Märkten undRummelplätzen ihr Unwesen. Gestern ist wieder einer Frau D. ausder Kaiser-Friedrich-Straße auf dem Runimelplatz in der Urbanstraßeaus der Manteltasche eine Börse mit Geld und einem Pfandscheinüber einen Ring auf den Namen Otto D. lautend, entwendetworden.Britz.Eine Gasexplosion fand in der Schraubenfabrik von Rogge inder Jahnstr. 42 statt. R. befindet sich gegenwärtig auf den: Umzüge.Beim Abschrauben der Gasleitungen wurden versehentlich einigeSpundlöcher nicht gut verschlossen, infolgedessen drangen die Gas-mengen aus den Oeffnungen heraus. Nachts, als R. mit seinenbeiden erwachsenen Söhnen heimkehrte, bemerkte er einen starkenGaSjjeruch; um nun die Ursache festzustellen, begab er sich nach demFabrikraume und kontrollierte die Gasleitung. Dabei zündete einerder Söhne unvorfichttgerweise ein Streichholz an, im nächstenAugenblick erfolgte eine heftige Detonation. Einer der Söhne desR. wurde durch die Stichflamme getroffen und stand bald in hellenFlammen- Er zog sich schwere Brandwunden im Gesicht, am Kopseund an der Brust zu und mußte nach dem Krankenhause gebrachtwerden. Die beiden anderen im Zimmer anwesenden Männer kamenmit unerheblichen Wunden davon.Mariendorf.Bei der gestern stattgefundenen Gemeindevertreterwahl erhieltunser Kandidat Genosse Günther 602 Stimmen, währendauf den bürgerlichen Kandidaten nur 31 Stimmen entfielen.Am 29. findet die Fortsetzung der Wahl für den Ortsteil Südendestatt, die jedoch an dem Gesamtresultat nicht viel ändern wird.Lichtenberg.Arbeiter, Parteigenossen! Die Wählerliste liegt nur noch morgenvon 9—3 Uhr nachmittags im Rathause aus. Wer bisher noch nichtEinsicht in die Liste genommen hat, der komme dem schleunigst nach,da er sonst bei den diesjährigen Ersatzwahlen oder sonst«nt-stehenden Nachwahlen nicht wählen kann. Benutze jeder die Ge-legenheit, sich sein Wahlrecht zu sichern. Wer selbst nicht einsehenkann, beauftrage eine der im ganzen Ort durch Plakataushangkenntlich gemachten Stellen mit der Einsichtnahme. Wer nichtArmenunterstützung bezieht und die Steuern bis zum viertenQuartal 1903 bezahlt hat, Muß in die Wählerliste aufgenommenwerden.Köpenick.In der letzten Wahlvcreinsversammlung erstattete Genosse Fischereinen eingehenden Bericht vom Parteitage; demselben folgte einerege Diskussiou. Zur Ausiiahme in den Wahlverein lagen 29 Mel-düngen vor. Der Ueberschuß vom Stiftungsfest weist 56 M. auf.Der Bildungsausschnß hat für diesen Winter vorläufig folgendesProgramm festgelegt: am 2. Oktober Jugendfeier; am 14. OktoberTheateraufführung,„Nora" von Henrick Ibsen; 10. NovemberSchillerfeier; 9. Dezember wissenschaftlicher Vortrag; 15. DezemberMärchenabend für Kinder; 2., 9. und 16. Januar Bortragölursusüber„den historischen Materialismus"; 1., 8., 16., 22. FebruarBortragskursuS über: Theorien und Programm der bürger-lichen Parteien. Sämtliche Veranstaltungen finden im Stadt-theater statt. Für die Besichtigung der Sternwarte könnenKarten a 80 Pf. beim Obmann, Genossen Lefövre, Grünstt. 16, inEmpfang genommen werden. Pflicht der organisierten Arbeiterschaftist eS, für diesen Winter eine lebhaftere Tätigkeit zu entfalten. DieJugendfeier am Sonnabend, den 2. Oktober, beginnt um 3 Uhr;der Einttitt ist frei. Das Programm ist im Nahmen der Kunst-abende gehalten.Schönow, Schönbrück(Bez. Bernau).Boin 1. Oktober ab wird der„Vorwärts" den in Schönow,Schönbrück und Zepernick wohnenden.VorwärtS"-Abonnenten imLaufe des Vormittags durch die Zeitungsfrau zugestellt werden. Diein Berlin arbeitenden Leser, welche die Züge ö<e und 615 benutzen,erhalten denselben an der Bahn. Es ist erwünscht, so zeitig wiemöglich den„Vorwärts" beim Gen. Heinrich Brose, Parteispeoition,Bernau, Hohe Steinstr. 74, zu bestellen, damit keine Unterbrechungim Bezüge eintritt. Ferner nimmt Gen. Duckwitz. Schönow, Dorf-straße, Abonnements entgegen.Soziales.Unberechtigte Entlassung.Der Zigarettenarbciter Lampel klagte gestern vor der6. Kammer deS GewcrbegerichtS gegen den Fabrikanten Lichtcnthalauf Zahlung einer Entschädigung von 30 M., weil er, obwohl ihmbis zum 1. September vom Beklagten Beschäftigung vertraglich zu-gesichert war, vorzeitig entlassen worden ist. Der Beklagte bestrittdie Forderung in ihrer Höhe und glaubte, nicht entschädigungs-pflichtig zu sein, weil er auf dringendes Verlangen der Kommissionseiner Arbeiter den Kläger nicht mehr als Heimarbeiter beschäf-tigen konnte. Dem Verlangen habe er entsprechen müssen, wenn ernicht als junger Anfänger bestreikt werden wollte. Er habe denKläger Beschäftigung im Betriebe angeboten. Diese sei von ihmabgelehnt worden. Der Kläger begründete seine Ablehnung damit,daß er nur eine halbe Arbeitskraft sei und nur gemeinsam mitseiner Frau etwas verdienen könne. Nach der vom Beklagten über-reichten Lohnaufstellung stellt daL Gericht einen Durchschnittsverdicnstvon 27 W. pro Woche fest und empfiehlt nach stattgcfundener Be-ratung dem Beklagten, sich mit dem Kläger auf diese Summe zueinigen, um der Verurteilung zu entgehen. Der Kläger habeAnspruch auf Erfüllung seiner Vertragsrechte. WaS die Arbeiterkommission mit dem Beklagten vereinbare, berühre diese Rechtenicht. Der Vergleichsvorschlag wurde darauf angenommen.Kleinstaatliche Schulzustände.In dem schwarzburg-rudolstädtischen Orte Elxleben(un-weit Ersuxt) war der Lehrer längere Zeit krank, qberein Aushilfslehrer war infolge deS empfindlichen Lehrermangelsnicht zu bekommen. Endlich sollten aber doch die unfreiwilligenFerien ein Ende nehmen. Wor etwa zwei Wochen kam ein Stell»Vertreter ans Kessel an, der freilich recht schlimme Erfahrungenmachen sollte. In der Schule wurde dem Stellvertreter ein Wohn-zimmer nicht zur Verfügung gestellt, erst mit Hilfe des Bürger-Meisters gelang es ihm, nach langem Suchen, eine Wohnung auf-zutreiben. Nun hatte der neue Lehrer wohl ein Wohnung, abernoch nichts zu essen. Im Gemeindcgasthof erhielt er deshalb nichts,weil er nicht dort in einem nicht heizbare» Zimmer wohnenwollte. Auch verschiedene andere Versuche, den Lehrer zu be-köstigen, schlugen fehl und so muhte er. wenn er nicht verhungernwollte, dem Dorfe den Rücken kehren. Nur den Liebesdienst erwiesdie Gemeinde dem nach eintägiger Anwesenheit wieder scheidendenLehrer, daß sie ihn durch den Gemeindediener nach dem Bahnhofbringen ließ. Und so hat Elxleben, ein Ort mit über 500 Ein»wohnern, einer Schule, Pfarrei, Apotheke, Arzt und zwei Gast-Häusern, vorläufig wieder keinen Lehrer, weil er nichts zu essenfinden kann.Diese Ausführungen entnehmen wir der in Kranichfeld er«scheinenden„Jlm-Ztg.", einem Ordnungsblättchcn, das sich auch„Publikationsorgan der Gemeindebehörden" nennt.Gerichts-Zeitung*Ein prügelnder Amtsrichtermußte sich gestern vor dem Strafrichter verantworten. WegenKörperverletzung mittels hinterlistigen Ueberfalls war der Amts-richter a. D. Gaebler vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte ange»klagt. Der Angeklagte, welcher jetzt ein Rechtsbureau betreibt, istin dem Hause Alte Jalobstraße 108 wohnhaft. Zwischen ihm undder über ihm wohnhaften Familie P. waren aus irgend einemGrunde Differenzen entstanden, die zu allen möglichen gegen-seitigen Schikanen führten. Nach Ansicht des Angeklagten soll sichhierbei besonders das Dienstmädchen Lydia Krause hervorgetanhaben, welches bei der Familie P. in Stellung war. Um den An»geklagten zu ärgern, soll die K. häufig gerade über dessen Arbeits-zimmer einen Heidenlärm, und zwar absichtlich verursacht haben,so daß er glaubte, die wilde.Jagd sei losgelassen. Dieie niedlichenReibereien führten schließlich zu einer Katastrophe. Nachdem dieK. wieder einmal in der tollsten Weise über dem Arbeitszimmerdes Angeklagten rumort hatte, packte diesen die Wut. Als die K.bald darauf die Treppe heraufkam, lief Gaebler hinter ihr her undversetzte ihr von hinten ein paar Ohrfeigen. Nicht genug damit,packte er das Mädchen dann noch, warf es zu Boden und stieß eSmit den Füßen. Vor Gericht bestritt der Angeklagte, derjenige ge-wesen zu sein, der die Krause geschlagen habe und behauptete, daSOpfer einer Perfonenvcrwcchselung geworden zu sein. Die Per-Handlung erbrachte jedoch den unzweifelhaften Beweis von derSchuld des Angeklagten. Mit Rücksicht auf die damalige Erregungdes Angeklagten erkannte das Schöffengericht auf 166 M. Geld-strafe._Einen gerechten Wahrspruchfällten die Geschworenen in einer Sitzung des Schwurgerichts amLandgericht III. Wegen Kindcsmordes war das DienstmädchenMargarete Kolb angeklagt. Die Verhandlung rollte wieder einmaldie alte und trotzdem ewig neue Geschichte auf, in welcher eineschmählich Verlassene und Betrogene schließlich zu einem verzwci-selten Mittel greift, um den lebendigen Zeugen ihres Verkehrs ausder Welt zu schaffen. Die K. war bei dem praktischen Arzt Dr. Z.in der Mcincckcstraße zu Charlottenburg als Dienstmädchen inStellung. Sie trat mit einem Arbeiter Haack in Verkehr. Als sieMutter zu werden begann, verschwand ihr Verhältnis. Als sich dieK. dann nach dem Bater ihres Kindes erkundigte, erfuhr sie zuihrem genzenlosen Entsetzen, daß dieser schon in Spandau ver-heiratet und selbst Familienvater war. Die Verzweiflung der K.war nun groß und als sich ihre schwere Stunde nahte, befand siesich, nach ihrer eigenen Angabe, in einem halb besinnungslosen Zu-stände. Von der Dienstherrschaft hatte anfangs niemand etwas vondem Ereignis bemerkt. Erst einige Tage später machte map einengrausigen Fund. In dem Abort wurde die völlig zerstückelteKindesleiche gefunden. Die Folge war die jetzige Anklage wegenKindesmordes.— Zu der Verhandlung war der GerichtsarztDr. Marx geladen, der begutachtete, daß bei der Angeklagten in demkritischen Augenblick eine Bewußtlosigkeit nicht vorgelegen habe, dasie sich selbst an die einzelnen Phasen des Porfalls genau erinnereund auch sonstige Momente, die auf eine geistige Minderwertigkeitschließen lassen, nicht zu konstatieren wären. Rechtsanwalt Dr. MaxKantorowicz hielt trotz dieses Gutachtens die Freisprechung derAngeklagten für geboten, da die Annahme sehr nahe liege, daß dieK. in ihrer damaligen verzweifelten Situation nicht Herrin ihrerSinne gewesen sei. Die Geschworenen verneinten auch die Schuld-frage, so daß die Angeklagte freigesprochen werden mußte.»Freigesprochen wurde von demselben Schwurgericht auch einePlätterin Marie Sippcl. Der Prozeß war schon einmal verhandelt.Die Todesursache des Kindes konnte nicht aufgeklärt werden.Der beleidigte Oberstleutnant.Die Beleidigungsklage, die von der Staatsanwaltschaft gegenden praktischen Stabsarzt a. D. Dr. Zimmermann(Königs-Wuster-hausen) für den Amtsvorstcher Oberstleutnant a. D. Herbst(Königs-Wusterhausen) erhoben worden war(vgl. Verhandlungsbericht im„Vorwärts" Nr. 223 vom 24. September), hat mit folgendem Nr-teil geendet, das am Dienstag in besonderem Termin verkündetwurde:Der Angeklagte Zimmermann wird freigesprochen.Zur Begründung dieses Urteils führte der Vorsitzende des Ge-richtö(Landgericht II Berlin, Strafkammer 3) ungefähr fol-gendes aus:Bezüglich der Aeußerung Z.S über H-, es solle dahingestelltsein, aus welchen Gründen H. die immerhin einträgliche Stellungals Amtsrentmeister nicht lange behalten habe, sei als erwiesen an-zusehen, daß hierdurch dem H. der Vorwurf gemacht werden sollte,er habe aus ihn kompromittierenden Gründen seine Stellung auf-gegeben. Das aber sei nicht erweislich wahr. Zwar fei erwiesen,daß nach einem gegen H. ergangenen Zahlungsbefehl infolge einerAnzeige deS Amtsgerichts bei der königlichen Hofkammer eine Revi-sion der damals von H. verwalteten Amts- und Forstkasse zuKönigs-Wusterhausen stattgefunden habe. Aber nicht erwiesen sei.daß H.ö Ausscheiden aus diesem Amt mit der Revision oder derZustellung des Zahlungsbefehls zusammengehangen habe. ES seialso nicht erwiesen, daß er auS kompromittierenden Gründen aus-geschieden sei.Mit der anderen gegen H. sich richtenden Aeußerung Z.s, dievon„etwa entstandenen üblen Gereden bei WohltStigkeitsveranstal-tnngen" sprach, habe nach Ueberzeugung des Gerichts Z. nichtsanderes behauptet, als daß eben übles Gerede über H. entstandensei. Das aber sei erwiesen. Darüber, ob es begründet war, seinichts gesagt worden. Aber selbst wenn man annehme, Z. habe dasandeuten wollen, so liegt darin doch nur, daß H. bei der Abrechnunges nn der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen. Und das seierwiesen durch die Zeugen Witthöst und Kruse und durch eigeneAngaben H.S. Im besonderen sei Witthöst in allem Glauben ge-schenkt worden, und ihm gegenüber könnten H.s bestreitende An»gaben nicht in Betracht kommen.Freizusprechen sei Z. wegen beider Aeußerungen. auch wegender ersten, weil beide zum Schutz von Rechten(in einer Antwortauf eine gegen ihn gerichtete Beschuldigung) gemacht feien, so daßihm ß 193 zuzubilligen sei. Mit Fug habe Z. darauf hinweisenkönnen, daß H. ihm feindlich gesinnt sei. H. habe mit einem offen-fichtlich auS persönlicher Leidenschaft herrührenden Eifer, der auch