Dr.»37.Bbonnements-Bedlngunsen;TbonnemcntA» Preis pränumerando»Bierteljährl. 330 üRt., monatl. 1,10 Mk„wöchentlich 28 Pfg. frei in« Haus.Einzelne Nummer K Pfg, Sonntags-nummer mit illustrierter Sonntags»Beilag-.Die Neue Welt" 10 Pfg. Post-Abonnement: 1,10 Mark pro Monat.Eingetragen in die Post-Zcitungs-Preisliste. Unter Kreuzband fürDeutschland und Oesterreich- Ungarn2 Mark, für das übrige Ausland3 Mark pro Monat. Postabonnementsnehmen an: Belgien, Dänemark,Holland, Italien, Luxemburg, Porwgal,Rumänien, Schweden und die Schweiz.»6. Jahrg.CtlAtiit agN» außer montut.Vevlinev VolKsbl�lkDie TnIert1on$'GeI)flf)rvetrügt für die sechsgespaltene KolonK-zeile oder deren Raum 50 Pfg., fürpolitische und gewerlschaslliche Vereins-und Lersammlungs-Anzeigen M Pfg.„Kleine Hmeigen", das erste(fett-gedruckte) Wort 20 Pfg., jedes weitereWort 10 Pfg. Stellengesuche und Schlaf-stellen-Anzeigcn das erste Wort 10 Pfg.,jedes weitere Wort 5 Pfg. Worte über15 Buchstaben zählen für zwei Worte.Inserate für die nächste Nummer müssenfcis S Uhr nachmittags in der Expeditionabgegeben werden. Die Expedition istbis 7 Uhr abends geöffnetTelegramm-Adresse:„SMlaltiiuislikat NtkUa-.Zentralorgan der roztaldcmokratifcben Partei Deutfcblande.Rcdahtions 8Al. 68, Linden Strasse 69*Fernsprecher: Amt IT, Nr. 1983«Quittung.Im Monat September gingen bei dem Unterzeichneten folgendeParteibeiträge ein:Grob-Berlin a konto seiner acht Wahlkreise 12 Ovo,—(darunter:Gesammelt in der Fabrik Loeb u. Comp, auf Landtagswahl-Sammelliste 1885 14,20, in der Fabrik Mix u. Genest durch FuhrmannListe 2067 16,20, Fabrik Lieben u. Buse 5,—, Ueberschust don derLandpartie der Kollegen der Firma C. Millarg, Gostlerstr. 20, 4,—,Schütz 6,—, Ueberschub einer Kranzspende der Kollegen vonJaemcke 16,60, A. B. Mister 1,—, durch Liepmann 1,30,Monatsbeitrag Raschle 10,—, Monatsbeitrag Batzkarl 8,—,zur Landtagswahl. durch H. Sachse 1,10, von den Genossen des680. Bezirkes zur Landtagswahl 5,65, P. P. St. 50,—, Mitgliederversammlung am 24. Juli für Landtagswahl 20,—.) Berlin, diverseBeiträge: Dr. K. R. 26,—. Dr. L. A. 100,—. Die Kontobucharbeitervom Wedding 5,—. Moabit, A. 100,—.„Weil's recht war" v. A.G. 50,—. Gutenverg 40,30. Machetes 5,—. Uebersch v. Sommer-Vergnügen der Allg. Kranken- und Sterbekasse der Metallarbeiter, F. 620,—. F. S. T. 6,—. 30. Thüringer 2.20. Bon den Falzerei-Arbeitern d.„Lokal-Anzeiger" 36,25. M. W. 2,—. Bern, August u. September 100,—.Bremen, sozialdemokr. Berein, Beitrogsrest für 1903/0S 1534,00.Chenmitz, Brutus 1,—. Falkenberg(Oberschl.) 3,—. Hamburg.3. Wahlkreis 14 000,—. Köln a. Rh.. Reg. W. 20.—. Lübeck.sozialdemokratischer Verein, 2. Ouart. 00 760,—. Nürnberg, Beitragdes Gaues Nordbahern für 2. Ouart. 0g. Wahlkreise: Regensburg51,84; Amberg 0,27; Neumarkt 2,46 s Neustadt a. W.-N. 12,66; Hof125,55! Bayreuth 120,30; Forchheim- Kulmbach 27,06; KronachLichtenfels 34,03; Bamberg 50,07; Nürnberg 1207,02; Erlangen-Fürth446,34; Ansbach-Schwabach 105,60; Eichstätt 11,25; Dinkelsbühl18,18; Rothenburg 6,63; Aschasfenburg 41,63; Kitzingen 10,29;Lohr 7,53; Neustadt a. S. 8,28; Schweinfurt 66,73; Würz-bürg 08.07; Sa. 2471,73. Nordische Wasserkante 70 000,—.Stettin, Beiträge der Provinz Pommern für 2. Ouart. 09. Wahbkreise: Stettin 209,70; Nandoiv-Greifenhagen 358,32; Ueckermünde-Wollin 61,64; Greifswald-Grimmen 62,16; Stralsund-Singen 38,36(darunter 2,86 Frauenbeiträge); Anklam-Demmin25,06(darunter Beitrag für 1. Quartal 09 12,—, Frauenbeitrage—,74); Stolp-Lauenburg 5,66(darunter Frauen-beitrage—.02); Naugard-Regenwalde 6,88; Pyritz-Saatzig6,12; Greifenberg-Kammin 0,60(darunter Frauenbeiträge— ,20);Neustettin 6,—; Dramburg-Schivelbein 2,80; Bütow-Rummelsburg3,20; Sa. 846,—. Saarbrücken, sozialdemokr. Kreisverein, 2. Ouart.53,05. 3. Ouart. 42.75, Sa. 06,70.Berlin, den 0. Oktober 1909.Für den Parteivorstaud: A. G e r i s ch, Liudenstr. 60.Bkbettsloleoverllcheruvg in ValienDas badische Ministerium des Innern hat im Mai d. I. nachdem Vorbilde des Reichsstatistischen Amtes vom Jahre 1906 eineDenkschrift über die Arbeitslosenversicherung aus-gearbeitet, in welcher die in der Frage in verschiedenen Städtenunternommenen Versuche zusammengestellt und kritisch gewürdigtwaren. Das Ministerium ging nun in der Denkschrift von derAnsicht aus, daß nur eine Versicherung gegen unverschuldeteArbeitslosi gleit in Frage kommen könne, und die Versiche-rung dann in Wirksamkeit trete, wenn ein arbeitswilliger undarbeitsfähiger Arbeitnehmer seine Beschäftigung verloren und eineandere angemessene Beschäftigung nicht gefunden hat undihm eine solche auch nicht nachgewiesen werden kann. Die Denk-schrift lehnt das bekannte GenterSystem, das die Unterstützungan die Gewerkschaften angliedert, nicht ab, steht ihm vielmehr shm-pathisch gegenüber, wünscht jedoch seinen Ausbau durch eineZwangsversicherung der Nitchorganisierten. DaS Ministerium stellteden Stadtverwaltungen anHeim, die Frage zu erwägen und erklärtesich gegebenenfalls bereit, die zur Durchführung einer Zwangsver-sicherung gegen Arbeitslosigkeit erforderlichen gesetzgeberischen Mast-nahmen in die Wege zu leiten.Eine Konferenz der badischen größeren Städte hat sich in-zwischen mit der Frage beschäftigt und hat, wie auch schon bei einerfrüheren Gelegenheit, sich ablehnend ausgesprochen. DieKonferenz vertrat den Standpunkt,-daß eine Regelung nurim größeren Rahmen durch das Reich oder dieBundesstaaten möglich sei. Wollten die einzelnen Städtedie Durchführung versuchen, so würde ihre wirtschaftliche Lage aufdas schwerste geschädigt werden. Auch erscheine der Städtekonferenzkeines der bisher in der Theorie vorgeschlagenen oder in der Praxisversuchten Systeme geeignet, eine brauchbare Unterlage für eine Ar-beitslosenversicherung von Gemeinde wegen zu bilden. Auch dieHandelskammere Konstanz hat jüngst ihr Urteil in der Frageabgegeben und hat dasselbe in einer Gegenschrift ausführlich be-gründet. Wie sie das tut, ist bezeichnend für den manchesterlichenStandpunkt, der in dem Arbeiter nur ein AuSbeutungSobjekt sieht,demgegenüber die Gesellschaft keine sozialen Pflichten hat. DaSsagt die Handelskammer natürlich nicht mit nackten Worten, sondernsie türmt Schwierigkeiten auf Schwierigkeiten, um zu dem vonvornherein gewünschten ablehnenden Standpunkt zu gelangen.Die Handelskammer Konstanz hält das Problem der Arbeits-losenversicherung zunächst überhaupt für unlösbar, weil der Begriffder unverschuldeten Arbeitslosigkeit nicht genügend geklärt sei, denndie begriffliche Trennung zwischen verschuldeter und unverschuldeterArbeitslosigkeit biete nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten. DieArbeitsscheuen und Arbeitsunfähigen würden eine gewisse Gefahrfür die Versicherung bilden, da kein äußerlich erkennbares Merkmalsie von den Arbeitswilligen und Arbeitsfähigen unterscheidet. DiesesMoment der Fluktuation mache das ganze Problem der Arbeits-losenversicherung technisch fast unlösbar, Kußerdem sei die Zu-fälligkeit des zu versichernden Ereignisses Voraussetzung jeder Ver-sicherung. Hie sei aber für den Eintritt der Arbeitslosigkeit derWillkür Tür und Tor geöffnet und somit könne von einer Ver-sicherung schlechterdings keine Rede mehr sein. Endlich würdenauch die bei der Krankenversicherung getriebenen Mißbräuche zuden größten Bedenken gegen eine Arbeitslosenversicherung Anlaßgeben. Eine weitere Schwierigkeit ergebe sich durch die Frage,welche Arbeit der Arbeitslose anzunehmen verpflichtet sei; nach derDenkschrift des Ministeriums soll der Arbeitslose so lange dieBegünstigungen der Versicherung erhalten, bis er eine angemesseneBeschäftigung gefunden habe. Der Begriff„angemessene Beschäftigung" sei aber sehr dehnbar, und es werde ein Arbeitsloser nurzu häufig die ihm angetragene Arbeit nicht als angemessene Be-schäftigung betrachten. Im Gegensatz zum Ministerium des Innernbetrachtet die Handelskammer Konstanz die in der Schweiz mit derArbeitslosenversicherung gemachten Erfahrungen nicht als günstig,wie sich auch das Genter und Kölner System bisher nicht inwünschenswertem Maße bewährt habe. Während die Denkschriftden Befürchtungen, daß durch das Genter System den sozialdemokvatischen Gewerkschaften zahlreiche Mitglieder zugeführt und diesesomit gestärkt werden, gar keinen besonderen Wert beimißt, legt dieHandelskammer Konstanz darauf besonderes Gewicht.Aber selbst wenn die Arbeitslosenversicherung durchführbarwäre, so würde die Kammer ihren Widerstand nicht aufgeben, denndie wirtschaftlichen und sozialen Folgen würden nach ihrer Meinungfürchterliche sein. Das großstädtische Massenelend erklärt dieHandelskammer mit strenger Miene für vom Proletariat selbstverschuldet, denn es sei lediglich eine Folge der„maßlosenLandflucht", die durch eine übertriebene öffent-liche Fürsorge der städtischen Arbeiterbevölke-rung noch gesteigert werde, so daß der Zuzug nach derGroßstadt, der heute schon sehr bedenklich sei, ungeahnte Dimensionen annehmen werde. Die dadurch vermehrte Landflucht unddie einseitige Bevorzugung der Städte mit Arbeitslosenversicherungwürde auch schwere volkswirtschaftliche Schäden auf dem Arbeits-markte hervorrufen und auf die Arbeiter selbst infolge der übertriebenen öffentlichen Fürsorge einen demoralisierenden Einflußausüben.Die Handelskammer K 0 n st a n z bezieht sich für ihre Stellung-nähme auch auf das Buch des sattsam bekannten Rostocker ProfessorsOhrenberg:„Das großstädtische Massenelend", worin auch dieBedenken erhoben werden, daß die Arbeitslosenversicherung nachdem Genter System den sozialdemokratischen Gewerkschaften mitHilfe des Staates, den sie bekämpfen, neue Mitglieder zuführen würde.Schrecklich! Und damit dieses Schreckliche nicht geschieht, mögendie Arbeitslosen lieber zugrunde gehen, wenn sie sich nicht selberhelfen können. Ueberhaupt ist die Selbsthilfe das Alpha und Omegader im Rohr sitzenden Konstanzer Handelsherren. Die Selbsthilfeder Arbeiter, so heißt es in der Denkschrift, ist noch wenig aus-gebaut und läßt überhaupt viel zu wünschen übrig. Ein regel-mäßiges Sparen und das Zurücklegen eines Notpfennigs sehennur zu viel als überflüssig an, da sie d u r ch die fortgesetzteHa st, gesetzliche Arbeiterwohlfahrtseinrichtun-gen zu schaffen, vielfach in dem Wahn bestärktwerden, daß(nach sozialistischer Theorie) derheutige Staat, die kapiatlistische Wirtschafts-ordnung, ihre Lage verschuldet und daher die All-gemeinheit unter allen Umständen für sie zu sorgen habe.Das ist es! Die fortgesetzte Hast, neue Wohlfahrtseinrichtungenfür die Arbeiter zu schaffen, hat den Spartrieb ertötet und hat denWa h n erzeugt, daß die Allgemeinheit für den einzelnen einzustehenhabe. Daß es dem Arbeiter durch die künstliche Verteuerung allerNahrungs- und Genußmittel im allgemeinen absolut unmöglich ist,sich einen nennenswerten Notgroschen für die Zeit der Arbeits-losigkeit zurückzulegen, verdient, wie so mancher andere Einwand,der gegen die Stellungnahme der genannten Konstanzer Unter-nehmerkammer erhoben werden könnte, nach ihrer eigenen„maß-geblichen" Meinung keine Beachtung. Ueberhaupt, was wollendenn die Arbeiter? Streng genommen ist eigentlich alles aufs besteeingerichtet. Denn so sagt die Kammer:„Von den Prävcntivmaßrcgeln gegen die Arbeitslosigkeit wirdschon heute in der Industrie, soweit angängig, Gebrauchgemacht, in dem in Zeiten abflauender Konjunkturseltener Arbeiterentlassungen stattfinden alsvielmehr Reduktionen der Arbeitszeit, und wennes sich durchführen läßt, auch Arbeiten auf Lager.Seitens vieler Städte werden im Winter in großem Umfange Not-standsarbeiten vorgenommen, durch die ebenfalls eine große Zahlsonst Beschäftigungsloser Arbeit findet. Die Handelskammerglaubt deshalb, daß die Mittel für eine Arbeitslosenversicherungzweckentsprechender- zum Ausbau der Arbeitsämter angewendetwerden könnten."Also es kann alles beim alten bleiben, nur die Arbeitsämtersollen ausgebaut werden, damit die Arbeiter immer dorthin diri-giert werden können, wo sie gebraucht werden; daß diese selberso klug sind und ihre eigenen Arbeitsnachweise längst eingerichtetund mit den von ihr gezahlten Arbeitslosenunterstützungsein-richtungen verbunden haben, braucht die Handelskammer ja nichtzu wissen. Der einzige Zweck der ganzen Gegenschrift ist, d i eRegierung von der geplanten Einführung einer,wenn auch noch so bescheidenen, Arbeitslosen-unter skützung abzuhalten. Wird dieser Zweck erreichtwerden? Wird der badische Minister v. B od mann, wird, weiler sieht, welcher Widerstand ihm im Unternehmertum entsteht.sich beeilen, seine sozialpolitischen Anwandlungen zu unterdrücken?Wird die Erinnerung an die erfolgreiche Hetze gegen v. Berlepschund Posadowsky abschreckend wirken?Expedition» S«i. 68, Lindenstrasse 69.Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.Zum AaWampf.Freisinnige Heuchelei.„Heuchler nennt man Leute, die anders reden, als sie denken.Ein Heuchler ist, der von anderen als Ehrenpflicht fordert, was erselbst zu tun unterläßt." Mit diesen schwülstigen Phrasen beginntein anläßlich der letzten ReichstagSwahlen von der Leitung der Frei-sinnigen Volkspartei herausgegebenes Flugblatt, das sich ausschließ-lich gegen die Sozialdemokratie richtet und nach Art des Reichs-verbnndes allerhand törichtes, tausendmal widerlegtes Geschimpfewiederkaut.Wir hätten keinen Anlaß, dies Mach'.verk zu erwähnen, wennnicht dieselbe Leitung der Freisinnigen Volkspartei, gleichsam umFingerzeige dafür zu geben, wie man die politische Heucheleiengros betreiben kann, zu derselben Zeit noch ein anderes Flug-blatt veröffentlicht hätte, das sich an die Gastwirte wendet undin Kriechereien und Buhlereien um die Stimmen der Angehörigendieses Berufes, zugleich aber auch in Verlogenheit dasdenkbar möglichste leistet. Einleitend wird das Gastwirtsgewerbeals das Stiefkind der Gesetzgebung im Deutschen Reiche bezeichnet,es werden die Lasten aufgezählt, die in den letzten Jahren demGastwirtsgewerbe auferlegt sind, und ganz besonders wird ansdie Steuerreform des Jahres 1006 hingewiesen,„die in Wahrheitnur eine Steuervermehrung war" und den Gastwirten neue, drückendeSondcrlasten auferlegt hat. Die Freisinnigen, insbesondere HerrKopsch, werden als die Männer gerühmt, die die„fast unerträgliche"Erhöhung der norddeutschen Brausteuer,„diese ungerechte Sonder-belastung" bekämpft haben, und denen es auch mit Mühe gelungenist, die von der Regierung vorgeschlagene Tabaksteuer für diesmalabzuwenden. Nicht mit Unrecht heißt es in dem Flugblatt:„DieFolgen der Bierverteuerung sind heute noch nicht zu übersehen,doch so viel steht bereits fest, daß die Gastwirte dadurch aufsschwerste geschädigt sind. Aus sie haben die Brauereien fast überalldie Hauptlast abgewälzt; fast nirgends waren aber die Gastwirteimstande, ihre Ausschankpreise zu erhöhen, und wo eS geschehen ist,sind sie von ihren Gästen boykottiert und verlassen worden. ZwischenBrauern und Gastwirten, zlvischcn Gastwirten und Publikum tobtdank der Brausteuererhöhung ein Bierkrieg, in dem es nur Besiegte,keine Sieger gibt."Das schönste an dem Flugblatt ist aber der HinslveiS auf dieneu bevorstehenden Steuern.„Die Agrarier," so heißt eS in demAufruf,„haben vor der ReichStagSauflösung wiederholt ausgesprochen,daß sie in diesem Falle(d. h. im Falle neuer Steuergesetze) diweitere Erhöhung der Biersteuer und die Einführung der Tabaksteuerverlangen wollen. Natürlich werden sie in: Wahlkampfe, um dieStimmen der Gastwirte zu gewinnen, diese Absicht leugnen. Aberhoffentlich werden die deutschen Gastwirte durch die Erfahrung gewitzigt sein und die Parteien nicht nach ihren Versprechungen vorder Wahl, sondern nach ihren Taten im Parlament beurteilen."Nun, auch wir hoffen, baß die Gastwirte, durch die Erfahrungengewitzigt, die Parteien nicht nach ihren Versprechungen bor derWahl, sondern nach ihren Taten im Parlament beurteilenwerden. Tun sie das, dann wird es dem Freisinn schlecht gehen,denn zwischen seinen Versprechungen vor der Wahl und seinen Tatenim Parlament ist ein Widerspruch, wie er krasser gar nicht gedachtwerden kann. Der mit freisinniger Hilfe gewühlte Block-reichstag hat bekanntlich die Brausteuer noch weit über das Maßder Steuer vom Jahre 1006 hinaus erhöht, und die Freisinnigen,die vor der Wahl gar nicht genug gegen die den Gastwirten drohendeBelastung wettern konnten, waren eS, die den Konservativen hilf«reiche Hand leisteten, die Existenz der Gastwirte zu erschweren.Stimmten doch die Freisinnigen in der Kommissionssitzung vom1. Mai d. I. mit den übrigen bürgerlichen Parteien gegen densozialdemokratischen Antrag, alle indirekten Steuern, auchdie Steuern auf Tabak, Branntwein und Bier, durchdirekte Steuer» zu ersetzen, und waren sie doch fest e n t-ch l 0 s s e n, auch im Plenum die Brau st euer zu be«willigen, wenn ihnen nicht die Konservativen den Stuhl vordie Tür gesetzt hätten!Genau das gleiche Verhalten haben die Freisinnigen derTabak st euer gegenüber an den Tag gelegt. Vor der Wahlversprachen sie feierlichst, dagegen zu stimmen, und nachdem siedas Volk eingelullt und sich einige Mandate ergattert haben,kommen sie auf einmal zu der Einsicht, daß der Tabakunbedingt bluten muß. Ihr anerkannter Führer Dr. W i e ni e r,der Vertreter von Nordhausen, der noch vor wenigen Jahren ver-prochen hatte, er würde jede volkswirtschaftlich schädigende Vorlagebekämpfen und keinen Augenblick zögern, auch in die Versammlungender Tabakarbeiter zu gehen und dies zu erklären, hielt es, al� dieTabakarbeiter NordhausenS angesichts der drohenden Steuer sich anihn wandten, nicht einmal für nötig, zu antworten,wie er sich zu der Steuer stellt. Vielleicht hat ihn ein letzter Restvon Schamgefühl davon abgehalten. Im Reichstage hat er jeden«falls genau so wenig wie seine Freunde einen ernsthaften Versuch zurBekämpfung der Tabaksteuer unternommen. Aehnlich wie Wiemer triebenes die anderen freisinnigen Abgeordneten, an die sich die Tabakarbeiterin ihrer Not wandten; sie gingen einer klaren, unzweideutigen Ant«wort aus dem Wege. So schrieb zum Beispiel Abg. Dr. Mugdaneinen Wählern am 24. Oktober 1908:„Auf Ihre Frage nach meinerStellung zu der von der Regierung geplanten Tabaksteuer erwidereich Ihnen, daß ich eS mir zum Grundsatz gemacht habe, über meinedefinitive Stellung zu den schwebenden Steuerfrngen so lange zuchweigen, bis die Reichstagsfraktion der Freisinnigen VolkspartoiGelegenheit gehabt hat, darüber Beschlüsse zu fassen." Kann jemand,der auf dem Boden deS erwähnten Flugblattes siebt, so antworten?