GewerftfcbaftUcbee. Europäische Gewerkschaftsführer gegen Mr. GomperS. New Aork. 3. Oktober. (Eig. Ber.) Während Samuel G o m» pers seine Studienreise durch Europa machte, weilten— wie der„Vorwärts" schon mitteilte— die Genossen Hermann Müller , Mitglied der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands , der Vorsitzende Otto Sillier des Deutschen Lithographen- und Steindruckerverbandcs und der Verbands- Vorsitzende Karl Mühlberger der Oesterreichischcn Litho graphcn- Und Steindruckergewerkschaften in den Vereinigten Staaten , um sich über die hiesigen Gewerkschaftsverhältnisse zu orientieren und.die amerikanischen Arbeiterverhältnisse kenneu zu lernen. Ueber ihre hier gesammelten Erfahrungen und über die Gewerkschaftsbewegung hüben und drüben sprachen die drei Genossen in einer öffentlichen Versammlung, die vorgestern in New Fork stattfand. Da ihre Aeutzerungen so grundverschieden sind von dem, was Gompers in Europa erzählte, und sich so ganz und gar nicht mit den Ansichten decken, die vereinzelte„fach- verständige" Parteigenossen über die Stellung Gompers und der Föderation of Labor zur sozialistischen Partei und umgekehrt zum besten zu geben sich berufen fühlten, verdienen sie hier eine aus- zugsweise Wiedergabe. Genosse Müller sagte unter anderem über die deutsche und österreichische Gewerkschaftsbewegung:„Was hier vielleicht richtig ist, kann draußen falsch sein. Aber sicher ist, wenn die jetzige Taktik der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung fort- geführt wird, wird dadurch die amerikanische Arbeiterbewegung geschädigt. Unsere Gewerkschaften sind nicht so alt wie die hiesigen, aber sie sind fortschrittlicher. Sie faßten festen Fuß, nachdem die sozialdemokratische Partei bereits bestand. Die deutsche GeWerk- schaftsbewegung ging eine ganz andere Bahn wie die ameri- kanische, sie ging die Bahn, welche ihr die Partei gezeigt hatte. Bei uns war der Sozialismus von vornherein der Wegweiser. Eine Gewerkschaft ohne Sozialismus wird sich immer in Sackgassen verrennen und wird unter Umständen reaktionär werden. Eine Gewerkschaft, die von sozia- listischem Geiste beseelt ist, wird das hohe Ziel der Befreiung der Arbeiterklasse nie kleinlichen Berufsinteressen unterordnen, sondern jenes Ziel stets im Auge haben. Hier in Amerika ist der Sozia- lismus nicht neu; aber er hat leider bei weitem nicht den Ein- fluß, den er in Deutschland hat. Es fehlt den ameri- kanischen Gewerkschaften der sozialistische Geist und deshalb der weite Blick der deutschen Ge- werkschaften." Auf die Vorteile der deutschen Jndustrieverbände übergehend und die Nachteile der amerikanischen Fachverbände hervorhebend, führte Genosse Müller weiter aus:„Der ungelernte Arbeiter gilt dort(in Deutschland ) so viel wie der höchst qualifizierte. Dies ist so selbstverständlich, daß wir uns wunderten, als wir hier er- fuhren, wie der ungelernte Arbeiter hier behau- delt wird und daß er in die Gewerkschaft nicht aufgenommen wird. Eine derartige Taktik kann nur zur schweren Schädigung der Arbeitersache führen. Es hat sich ja in Pittsburg (Mac Kees Rocks) gezeigt, wohin die falsche Taktik des Ausschlusses der ungelernten Arbeiter führt. Woher kamen die Streikbrecher? Dort sprach ja auch ein Ar- beiterführer das Wort aus:„Mögen die Ausländer ver- recken." Gompers Angaben in Berlin bezüglich der Auf- nähme in amerikanische Gewerkschaften waren nicht ganz richtig. Er sagte, wenn jemand mit einem Gewerkschaftsbuch ankommt und zeigt, daß er drüben seine Beiträge bezahlt hat, so wird er ohne weiteres in die Union aufgenommen. Ich habe gefunden, daß hier ein Eintrittsgeld von 25 bis 50(1 Dollar erhoben wird, um die Ausländer aus der Organisation fernzuhalten.(Damit hat Ge- nosse Müller bestätigt, was ich im„Vorwärts" am 2. Sep- tember in einer Korrespondenz über die Wahrheitsliebe des Mr. Gompers geschrieben. Der Korrespondent.) Das können wir nicht verstehen. Wir sind der Ansicht, daß dies reaktionär im schärfsten Sinne des Wortes ist. Dadurch werden die Streik- brecher geschaffen. Ich kann es den Leuten, die gerne Mitglieder der Gewerkschaft werden möchten, aber zurückgewiesen lverden, gar nicht verdenken, wenn sie schließlich sagen:„Haust du meinen Juden, hau ich deinen Juden." Vollständig falsch ist das von den amerikanischen Gewerkschaften an- gewandte System, die Mitgliederlisten zu schliefen. Wir wirken anders in Teutschland. Wir zahlen den Arbeitslosen Unterstützung, um sie über Wasser zu halten, auf daß sie nicht ge- zwangen sind, sich zu irgendeinem Preise anzubieten." Mit Bitterkeit bemerkte Genosse Sillier, daß es ihm, da die amerikanischen Lithographen nicht zum Internationalen Litho- graphenverband gehören, unmöglich war, von der hie- sigen Organisation die von ihm gewünschte Auskunft über die gesamten Verhältnisse innerhalb diese? Zweiges zu erhalten. Im übrigen sprach er im gleichen Sinne wie Genosse Müller. Interessant waren die Ausführungen des Genossen Mühl- berger, der unter anderem sich also ausließ:„Wir in Oester- reich verlangen kein Glaubensbekenntnis, wenn jemand in die Ge- wcrkschaft eintritt; aber der Gewerkschaftler wird zum Sozialisten erzogen. Hier in Amerika gibt es eigentlich keine soziale Gesetzgebung. Sie haben keine Zwangsversiche- rung und keine Unfallversicherung. Dieweil haben die Arbeiter hier das Wahlrecht. Wir in Oesterreich mußten es uns erkämpfen; Sie hier haben es, verstehen es aber nicht, es zu benutzen." In der sich anschließenden Debatte fiel manches Wort gegen Legten, dessen Stellungnahme hier allgemein befremdet hat; dagegen wurde das energische Auftreten des Oesterreichers H ueber, der Gompers durchschaut und ihn demgemäß be- handelt hat, belobt. Und schließlich wurde die Haltung der „New Aorker Volkszeitung" gegenüber der faulen Gompers- schen Taktik in einer einstimmig angenommenen Resolution aus- drücklich gebilligt. Und die Genossen, die der Versammlung bei- wohnten, waren zünveist Gewerkschaftsmitglieder, kennen also Gompers ganz aus der Nähe. Und in der Nähe verblaßt der Glorienschein, den man vielleicht von weitem um sein Haupt leuchten sieht. Serlin und illmgegend. Achtung, Puber! Die Differenzen auf dem Bau„Bismarck ", Weimarer und Schillerstraßenecke, Charlottenburg , zwischen den Putzern und der Terrasitgesellschaft sind beigelegt. Die Terrasit- gcsellschaft hat sich verpflichtet, die Putzer bei 9 Mi. Lohn und achtstündiger Arbeitszeit wiedereinzustellen, ohne daß eine Maß- regelung stattfinden darf. Ferner haben die Vertreter der ge- nannten Firma sich verpflichtet, den Lohnausfall für Montag, Dienstag und Mittwoch voll zu zahlen und in Zukunft zur Er- langung von Arbeitskräften sich an den Arbeitsnachweis der Sektion der Putzer(Gewerkschaftshaus) zu wenden. Wir ersuchen die organisierten Kollegen, auf die letzte Be- stimmung betreffs Arbeitsvermittelung ein wachsames Auge zu haben. Mit Vorliebe nimmt auch die Firma Schwenn(Ver- treter der Terranowaindustrie) ausländische Arbeitskräfte und bezahlt dann ungleiche Löhne. Wir ersuchen die Kollegen, uns von derartigen Vorkommnissen sofort Mitteilung zu machen. _ Der Sektionsvorstand. Die Mißstünde in der Glashütte Stralau wurden dieser Tage in einer von der Zahlstelle Berlin des Fabrik- arbciterverbandcs einberufenen Betriebsversammlung erörtert. Die Versammlung war gut besucht, obgleich der Betriebsleiter Wolf den ungelernten Arbeitern persönlich verboten hatte, in die Ver- sammlung zu gehen. Zwei Betriebsangestellte waren erschienen, nicht um ihr Wissen zu erweitern, sondern zu kontrollieren, wer in der Versammlung anwesend sei. Ter Referent Bentin erläu- terte in einem einstündigen Vortrage, von stürmischen Zustim- mungsbezeugungen unterbrochen, die Mißstände in dem Betriebe. Schon einmal sei der Versuch bei den Glasmachern gemacht worden, deren Organisation zu zerstören; dies sei mißlungen. Trotzdem habe der Betriebsleiter Wolf dem Vertrauensmann gekündigt, weil er die Handzettel zur Versammlung verteilt hat. Die ungelernten Arbeiter hätten am ersten Grund, sich zu organisieren, um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erlangen. Der Lohn der Ar- beiter beträgt 25— 35 Pf. pro Stunde, während eine Dividende von 10— 12 Proz. an die Herren Aktionäre gezahlt werden kann. Um einigermaßen leben zu können, muß die Frau des Arbeiters mit- verdienen helfen und auf der Glashütte werden Frauen und Mädchen beschäftigt zu einem Stundenlohn von 18— 20 Pf. Eine Arbeitszeit von 12 Stunden ist keine Seltenheit. Die Arbeit, welche die Arbeiterinnen verrichten, ist eine der schwersten im Be- triebe. Schwere Kästen mit Flaschen müssen sie weiter schaffen, auf Wagen und in Kähnen verladen. Selbst Schwangere werden zu dieser schweren Arbeit benutzt. Ein Korb wiegt 1— l'A Zentner. Die sogenannten Wascheinrichtungcn spotten aller Beschreibung So dient als solche eine abgeschnittene Heringstonne unter der Wasserleitung unter fteiem Himmel. Einzelne Leute haben zum Waschen Rollmopsgcfäße mitgebracht. Garderoben kennt man in diesem Betriebe nicht. Jedoch besteht für 400 Arbeiter eine Bade- cinrichtung und sind zu diesem Zweck drei Brausen vorhanden. Das Baden ist jedoch nur nach Feierabend erlaubt. Zu bewundern ist nur, daß Polizei und Fabrikinspektion nichts von diesen Zuständen gemerkt haben. Oder gibt es für die Glashütte keine amtliche Kon- trolle? Lehrlinge unter 10 Jahren werden Sonntags beschäftigt. Es ist vorgekommen, daß die Lehrlings sieben bis acht Stunden des Sonntags gearbeitet haben. Eine Flaschcnmaschine ist Tag und Nacht im Betrieb, und zwar in zweimaligem Schichtwechsel von 12 Stunden. An dieser werden jugendliche Arbeiter bei zwölfstündigcr Arbeitszeit und bei einer Temperatur von 50— 60 Grad beschäftigt. Mit der Aufforderung zur Organisation schloß der Referent. Reicher Beifall lohnte den Redner. In der Diskussion wurde das Verhalten des Betriebs- leiters noch einmal beleuchtet. Des weiteren wurden die Löhne der Metallarbeiter, welche im Betriebe tätig sind, besprochen. Dreher erhalten 50 Pf., Schlosser 45 Pf. die Stunde. Bei den Korbmachern sind die Löhne noch schlechter. In dieser Abteilung werden Löhne von 30— 40 Pf. bezahlt. Tischler erhalten 44 Pf., der Meister 47 Pf. Auch in dieser Abteilung werden 12—13 Stun- den täglich, Sonntags 7— 8 Stunden gearbeitet. Vom Vorsitzenden wurden die Herren von der Betriebsleitung aufgefordert, sie möchten das Wort ergreifen und das Gegenteil von dem beweisen, was hier vorgebracht worden sei. Sie zogen es vor, zu schweigen. Deutsches Reich . Achtung, Tischler, Polierer und Klavierarbeiter! In Luckenwalde befinden sich die Tischler und Polierer der Möbelfabriken im Streik. In der„Berliner Volkszeitung" suchen die Pianofortefabrikanten Gebr. Niendorf und P a b st u. Schneider Tischler und Polierer nach Luckenwalde . Wir ver- weisen darauf, daß am Ort genügend Arbeitskräfte vorhanden, und daß der Zuzug für sämtliche Branchen nach dort gesperrt ist. _ Der Gauvorstand. Eine Scharfmachcrsitzung der ManSfelder Bergbangewaltigen. Gewalt geht vor Recht, das ist der Grundsatz der Gewalt- menschen, die an dieser Sitzung teilgenommen haben, in welcher unter anderem der L a n d r a t v. Hassel! sowie die A b g e- ordneten Dr. Arckndt und Amtmann R e i n c ck e zu- gegen waren. Der bekannte„Bergrat Vogelsang", den selbst Arbeiter bisher für einen arbeiterfreundlichen Mann hielten, hat in der unver- hülltesten Weise den Arbeitern den Kampf bis aufs Messer erklärt. Er führte aus:„Wenn die jetzt im Mans- feldschcn vorhandenen Organisationsbestrebungen, eingeleitet in Zeitungsartikeln, weiter fortgesetzt durch Flugschriften, in denen zum Beispiel behauptet wäre, daß das neue Automobil der Ge- wcrkschaft zum Totsahren der Bergarbeiter diene, ferner durch öffentliche und geheime Sitzungen in Anwesenheit von Volks- rednern, von feiten der Gewerkschaft schließlich mit Kündigung, nicht sofortiger Entlassung der Hauptagitatorcn beantwortet worden sei, so habe er selbst die Ueberzeugung, daß dieses Verfahren die Zu- stimmung der Mehrheit(?) fände. Auf den Einwand der Gekündigten, daß sie nicht gewarnt worden wären, sei zu er- widern, daß die Direktion von jehev keinerlei Organisationsbestrebungen in ihrer Arbeiter- schuft geduldet habe. ES seien schon früher Agitatoren aus der Belegschaft ausgestoßen worden. Wenn es heiße, daß er selb st gar nicht gegen Organisation sei, so beruhe das auf Unwahrheit. Er habe hier und auch in seinen früheren Stellungen ausge- sprachen und„gezeigt", daß er Organisation nicht wünsche, die Gewerkschaft wolle Herr in ihrem Hause sein, und was zu tun sei, geschehe schon von ihrer Seite. Trotz schlechter Zeitlage sei die Gewerkschaft aufs eifrigste bemüht um ihre Belegschaft. Der Stand der Löhne sei ein angemessener.(I) Er selbst habe während seiner einjährigen Tätigkeit bei der Ge- werkschaft in diesem Sinne gewirkt. Durch die Organisation werde nichts erreicht als Unzufriedenheit. Die Organisation sei zwar gesetzlich erlaubt, werde aber von der Gewerkschaft nicht gewünscht. Was die Organisation biete, sei Unterstützung Gemaßregelter und Streikender. Streiks könnten auch ohne Organisation gemacht werden. In der hiesigen Agitation erblicke die Gewerkschaft nur Vorstöße der Sozialdemokratie, die auf jeden Fall zu be- kämpfen seien. Die von der Sozialdemokratie erstrebte Gleich- heit würde im Falle ihrer Verwirklichung bald wieder beseitigt sein.... Er selbst habe den Unzufriedenen schon empfohlen, von hier fortzugehen. Auf zwei Reisen um die Welt habe er Bergleute kennen gelernt, die 12 bis 15 M. täglich verdienen, und doch nicht zufrieden waren, weil sie keine Knappschaftskasse und Altersversicherung hatten. Er hoffe, daß die Mehrzahl der Mansfelder Belegschaft die Organisation verwerfe. Es würde mit allen Mitteln gegen dieselbe vor- gegangen werden. Er mahne jeden, der an der agitatorischen Tätigkeit beteiligt sei, hiervon abzulassen. Angeberei und Spionage würden von der Gewerkschaft nicht benutzt.... Wenn in einem Flugblatt der Reichstreue Verein mit einem aus geblasenen Ei verglichen worden sei, so vergleiche er demgegenüber die hiesige Organisation mit einem aufgeblasenen kleinen Ballon, wie man ihn auf der Eisleber Wiese kauft. Er habe selbst die Ansicht, daß eine Menge Heuchler im Reichstreue n�V e r e i n seien, hoffe aber, daß der Kern des Reichstreuen Vereins gesund sei, und daß ee alles abstoßeA werde, was den Vereinsbestrebungen zuwiderlaufe, und in Zukunft ein festes, unerschütterliches Bollwerk bilden werde. Redner schloß mit dem Ausruf:„Der Erstarkung des Reichstreuen Vereins ein kräftiges Glück aufl" Bergrat Vogelsang vredigt also den rücksichtslosesten Klassenkampf, den schärfsten Kampf des Kapitalismus gegen die Arbeiterl Das mögen sich diejenigen hinter die Ohren schreiben, die bisher noch von einer Harmonie zwischen Kapital und Arbeit �'�Rücksichtslos soll der Kampf von jener Seite geführt werden; rücksichtslos werden ihn auch die Arbeiter führen I Die wichtigste Feststellung ist, daß Bergrat Vogelsang die d e N Arbeitern gesetzlich garantierte Koalitions- f reih ei t mit Füßen tritt, daß er den Grundsatz predigt: „Gewalt geht vor Recht 1"� Zur Lohnbewegung der Handschuhmacher in Breslau wird nust« mehr die erfolgte Arbeitseinstellung gemeldet. Einige kleinere Firmen haben bereits bewilligt und auch bei den größeren Fa- briken würde eine Einigung erzielt worden sein, wenn es nicht die Unternehmer darauf abgesehen hätten, den Ablauf des neuen Tarifes in eine für sie günstigere Jahreszeit zu verlegen. Während seither der Tarifvertrag bis 1. Oktober Gültigkeit hatte, soll er nun nach Wunsch und Vorteil der Unternehmer mit Ende März ablaufen, worauf jedoch die Arbeiter nicht einzugehen vermögen. Allzu scharf macht schartig. Herr Karl L ü s ch e r, Vorsitzender des Mitteldeutschen Arbeit- geberverbandes für das Baugewerbe, ist als großer Scharfmacher vor dem Herrn landauf und ab männiglich bekannt. Das Lob. welches ihm als Entdecker einer neuen Kriegstaktik gegen die Ge- werkschaften gespendet wurde, scheint ihm mächtig zu Kopf gestiegen zu sein. Dadurch ist ihm jüngst das Malheur passiert, sich elegant zwischen zwei Stühle zu setzen. Die Differenzen zwischen den Ver- bänden der Maurer, Zimmerer und Bauhilfsarbeiter und der Firma Rank am Gaswerksneubau in Hanau a. M. wären ohne da? Eingreifen des„Friedenstifters" Lü scher glatt geregelt worden. So aber weigerte sich Herr L ü s ch c r, mit dem Geschäftsführer der Zimmerer zu verhandeln. Angeblich hat derselbe„die Ehre des Arbeitgeberverbandes" verletzt, in Wirklichkeit hat er Herrn Lüschcr einigemal energisch auf die Hühneraugen getreten, und Herr L ü s ch e r fühlt sich nun in angeborener Bescheidenheit als Arbeit- geberverband. Die ausständigen Arbeiter hatten nun dafür kein Verständnis und weigerten sich, einen anderen Vertreter zu Ver- Handlungen zu entsenden. Jetzt legte sich Herr Oberbürgermeister Gebeschuß in Hanau auf Veranlassung der sozialdemokratischen Stadtverordneten ins Mittel und in ganz kurzer Zeit war die Eini- gung perfekt.> Herr Lüscher hat durch sein Verhalten zum Ueberdruß bewiesen, daß das Vorhandensein von Leuten seines Schlages höchst über- flüssig ist. Mit ihren überspannten Anmaßungen sind sie geradezu eine Gefahr für friedliche Verständigung zwischen den Parteien. Während die Gewerkschaftsleiter als oberste Richtschnur ihres Han- delns die Herstellung des Friedens im Auge haben, pflegt die Sorte „Friedensstifter" aus dem Arbeitgeberlager ihren Machtdünkel, unbekümmert darum, ob die Beteiligten ungeheuren Schaden leiden. Doppelt erfreulich ist es darum, wenn es einmal verständigen Menschen gelingt, solche Leute auszuschalten, wie in vorliegendem Falle. Die getroffenen Vereinbarungen sind folgende: 1. Die auf dem Neubau des Gaswerks beschäftigten Maurer und Zimmerer erhalten einen Anfangslohn von 52 Pf. für die Stunde, die Bau» Hilfsarbeiter einen solchen von 42 Pf. Diejenigen Arbeiter (Maurer, Zimmerer und Bauhilfsarbeiter), welche vor Einstellung der Arbeit im September bereits mindestens 14 Tage bei der Firma Gebr. Rank gearbeitet haben, erhalten 2 Wochen nach Wiederauf- nähme der Arbeit folgenden Stundenlohn: Maurer und Zimmerer 50 Pf., Bauhilfsarbeiter 45 Pf. Diejenigen Arbeiter, welche nicht unter 2 fallen, erhalten, nachdem sie 4 Wochen bei Gebr. Rank ge- arbeitet haben, den unter 2 bezeichneten Stundenlohn. Die Ar« beitszeit, welche vor dem Ausstande liegt und welche nach Wieder» beginn der Arbeit fällt, wird zusammengerechnet. Bezüglich der Länge der Arbeitszeit kamen die Parteien dahin überein, daß bis einschließlich 2. Dezember 10 Stunden effektiv gearbeitet werden soll. Vom 3. Dezember ab soll die Arbeitszeit sich nach der zu den Akten überreichten Tabelle richten. Die Parteien sind darüber einig, daß die oben bezeichneten Löhne nur für Zemcntarbeiten zu bezahlen sind. Wenn dagegen andere Arbeiten, für die hier in Hanau ein Tarif bsfieht, ausgeführt werden, so ist der hiesige Tarif für die Bezahlung dieser Arbeite» maßgebend. Die Parteien sind darüber einig, daß die über den Bau des Gaswerks verhängte Sperre sofort aufgehoben wird, daß die ausständigen Arbeiter den 8. Oktober die Arbeit wieder aufnehmen. Tie Firma verpflichtet sich, dieselben wieder einzustellen. Die Verhandlungen fanden am 7. Oktober statt; am 8. Oktober lief bei der Verbandsleitung folgendes Schreiben vom Obcrbürger- meister ein: „Die Firma Gebr. Rank in München hat heute telegraphisch ihr Einverständnis zu dem am 7. d. M. getroffenen Abkommen erklärt." Es ist nunmehr festgelegt, daß an diesem Bau der in der Zemcntbranche übliche Stundenlohn gezahlt werden muß. Wenn noch 8 Wochen lang der Firma gestattet wurde bei künstlicher Be- leuchtung 10 Stunden zu arbeiten, so deswegen, weil der Ober« bürgermeister für diesen städtischen Bau, der nur von der Firma Rank wegen eines Patents ausgeführt werden darf, dringende Gründ anführte und eine Beschleunigung notwendig sei. Polizisten, organisiert Euch! In Würzburg ist ein„Zentralvcrband Süddeutscher Dorfpolizeidiener" gegründet worden. Das Eintrittsgeld wurde auf 3 M., der Mitgliedsbeitrag pro Woche auf 25 Pf. festgesetzt. Letzte]Vacbrichtcn und Vepelcben. Zur Erschießung FerrerS. Rom , 13. Oktober. W. T. B. Die hiesigen Blätter veröffent» lichten Sonderausgaben mit der Nachricht von der Hinrichtung Ferrcrs.— In Turin haben die Metallarbeiter, die Setzer und die Maurer die Arbeit eingestellt als Kundgebung gegen die Verur» teilung Fcrrers. In der Turiner Arbeitskammcr wurde eine Ver, sammlung abgehalten, in der mehrere Redner die Bedeutung dieser Kundgebung hervorhoben. Nach Schluß der Versammlung ver- suchten eineAnzahlTeilnehmcr die Straßenbahn anzuhalten, wurden aber auseinandergetrieben. Der Provinzialrat von Genua hatte den spanischen Ministerpräsidenten telegraphisch um die Begnadigung Ferrers gebeten und dann beschlossen, die Sitzung aufzuheben. Die Arbeitskammer von Genua hat beschlossen, daß die Arbeit für 24 Stunden eingestellt werden soll; infolgedessen feierten die Ar- beiter heute nachmittag, auch der Straßenbahnverkehr wurde ein. gestellt. In Neapel hielten mehrere hundert Studenten in der Universität eine Versammlung ab und beschlossen, dem spanischen Konsul einen Protest zu überreichen. Die Ueberreichung des Pro- testcs wurde aber von den Behörden verboten. lverantw. Redakt.: Emil Unger, Grunewald . Inseratenteil verantw.: I!H. Glocke, Berlin . Druck».Verlag: Vorwärts Buchdr. u. VerlagSanstall Paul Singer& Co., Berlin S W, Hierzu 2 Beilagen«. Unterhaltungsbl.
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