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Namens der Kommission f!i r die Z u s a m m e n l u n f t e erklärte Genosse I h l e: WaS wir getan, geschah auS ehrlicher Ueberzeugnng I Für uns handelt es sich um eine reine Privatsache! Es war zunächst ein zwangloser Verkehr in gröher werdendem Rahmen. Die Gewerkschafts- beamten haben das grögte Interesse daran, persönliche Fühlung zu suchen, um alle ans der Person resultierenden Mißverständnisse ver- meiden zu können. Außerdem: Wir haben in Berlin Partei- und Gewerkschaftsschule. Wir haben also ein Juteresse daran, uns weiter zn entwickeln, das angelegte Kapital nicht umkommen zu lassen. Unsere Zeit ist bekanntlich sehr knapp bemessen. Eine Aus spräche zur Ergänzung deS Wissens, zum Weiterlernen ist daher am ehesten im Kreise früherer Schüler, möglichst mit denselben Lehrern. zu erzielen. Und das sind doch alles unstreitig Leute, die etwas können, die die Sache beherrschen! Die Unterlage für unser Verfahren sieht zunächst vor: a) Pflege des Meinungsaustausches über Fragen der Arbeiterbewegung, des sozialen Rechts und der sozialen Wissenschaft usiv. Das sind Dinge, die detailliert behandelt werden, aus der Praxis und den persönlichen Erlebnissen heraus. Schon aus diesem einfachen Grunde konnte der Kreis nicht weiter gesteckt werde», sollte die Körperschaft ihrer Aufgabe gewachsen sein. Von Geheimnistuerei kann keine Rede sein. Wie lange hätte das denn wohl vorhalten sollen? Dr. Müller hat bei uns geredet. Calwer desgleichen; wir haben uns auch über die Abführung der Maigelder unterhalten, um einheitlich zu verfahren und Differenzen zu vermeiden. Das alles ist doch nichts Unerlaubtes I Man erzählt sich, wir gäben sogar eine Zeitung heraus. Als Genosse Töpfer aus dem Gefängnis kam, wurde zu einer Feier eine Ulkzeitung verfaßt. Es handelte sich also um Dinge rein geselliger Natur, die man niemandem verwehren kann. Es heißt dann iveiter:Zur Teilnahme ist jeder Ge- werkschaftler berechtigt, der von einer der Generalkonimission der Gewerkschaften Deutschlands angeschlossenen Organisation oder einer von diesen unterhaltenen Institution gegen Gehalt be schäftigt wird. Die Teilnahme anderer Personen unterliegt dein Be fchlusse der Kommission. Diese Maßnahmen waren einfach nötig, sollten die Veranstaltungen nicht ihren Zweck verfehlen! Großes tvird geredet, weil wir GomperS bei uns halten, dessen Rede uns v. Elm iibersehte. Ist eS denn etwas Ungehöriges, sich von einem solchen Manne etwas mitteilen zu lassen? Was wir taten, konnten, durften und mußten wir tun. und eS war kein Verbrechen, sondern lediglich ein Vorteil für die, für die wir arbeiten l Lehnen Sie die Resolution daher ab! Sauer begründet die Resolution. Sonderbündelei liege vor. weil alles Wünschenswerte im Rahmen der Organisation geboten werde; man hätte nur an Partei und Kartell herauzutreten brauchen. Das erfordere die einfache Disziplin. Welcher Lärm wäre wohl ent entstanden, wenn eine Verbindung geschaffen wäre, zu der nur nicht bezahlte Gewerkschaftsfunktionäre zugelassen würden? DaS sei Kastenbildung, die stets zum Schaden einer Bewegung ausschlage I (Zuruf: Gehobene Existenzen Is v. E I m: Es mutet mich sonderbar an. daß in der sozial demokratischen Partei ein solcher Antrag gestellt iverden konnte! Wollen wir etwa einGesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen derGewerkschaftsbeamten" erlassen? Wenn es sich wirklich um Sonde rbestrebungen handelte, dann würde man es nicht auf einen kleinen Kreis beschränken, sondern in der Oeffentlichkeit Propaganda machen!(Zuruf: Konimt noch!) Sie sagen also genau, wie alle Reaktionäre:Wir muffen einschreiten, sonst ist eS zu spät!" Dann hören wir aber auf, Sozialdemokraten zu sein! Vor einem bürgev lichen Gericht herrscht ja mehr Gerechtigkeit als hier nach den vor- gebrachten Argumenten I Daß über Taktik in breiter Oeffent lichkeit zu reden nicht angebracht ist, brauche ich nicht erst zu betonen. Warum sollen die dafür Verantwortlichen nicht unter sich darüber sprechen? Daß das eine Gefahr für die Partei in sich berge, ist ja barer Unsinn 1 Im Gegenteil, es wird dadurch größere Einheitlichkeit erzielt I Was die Vorträge anlangt, so waren sie, soweit ich sie hörte, sehr zur Weiterbildung geeignet. aber nicht eben für einen größeren Kreis passend. Das gilt besonders für den vorzüglichen Vortrag Dr. Davids über die Agrarfrage. Die Auswahl des Referenten besagt gar nichts; auch Dr. Laufenberg z. B. hat zugesagt, zu sprechen. Die sogenannte Richtung" spielt dabei gar keine Rolle! Aber auch Revisionisten muß man allerdings hören. Was darüber bisher gesagt wurde, beweist, daß Sie nichts davon verstehen, daß Sie mit vor- gefaßter Meinung kommen I Warum haben Sie vor dem Gompers soviel Furcht?(Zurufe.) Nun, wenn Sie keine Furcht habe», warum reden Sie denn so? Er ist von mehreren Werkschaftsbeamten scharf interpelliert worden. Vor 14 Jahren hat Gompers hier doch auch schon in engerem Kreise gesprochen; u. a. hat Molkenbuhr mit ihm diskutiert. In Berlin hat man Gompers in großer Berfammlung reden lassen; hätte ich gewußt, daß er englisch reden würde, hätten wir e-Z hier ebenso gemacht I Er hat ganz unpolitisch, rein gewerkschaftlich gesprochen. Leider sind Sie über ihn sehr einseitig unterrichtet. Wenn die amerikanischen Arbeiter noch nicht zur politischen Organisation gekommen sind, so ist daran nicht nur eine Seite schuld I Und wenn nichtGenossen" immer Sonderbündelei trieben, wäre drüben die Erbitterung nicht so groß! Es sind das Anarchosozialisten, die auch gegen die Partei in unserem Sinne wühlen. GomperS hat gegen uns nichts gesagt. Und wir haben, so gut es in der kurzen Zeit angiug, ihm gezeigt, was wir durch gemeinsames Zusammenarbeiten geleistet, was wir an bleibenden Werten geschaffen haben. Das war praktischer An- schaumigsunterricht I DieKetzer" sind weit duldsamer, als die, die so gern aburteilen möchten. Sie würden auch einen KautSky holen. Was soll die Herabsetzung des Revisionismus? Ich nenne mich mit Stolz Revisionist! Und es wird bald die große Mehrheit sein, die sich so nennt I Ihr Hamburger Genossen seid ja so revisionistisch wie nur möglich! Das sieht man an Eurer ganzen Arbeit! DenKlassenkampf abschwächen?" Welcher Revisionist hätte sich dazu bekannt?(Zuruf: Maifeier I) Ja, i ch bin z. B. leidenschaft- licher Verfechter der Arbeitsruhe I Die Meinungen sind da eben fehr geteilt I WaS ist denn im Grunde der Unterschied? Nur die Wertschätzung der Gegen wartsarbeit! Wir sind überzeugt, daß sie unter allen Umständen weit mehr gefördert werden muß als bisher. ES fällt Bernstein gar nichi ein, auch nur einen An- näherungsversuch an den Liberalismus zu machen. ES ist und bleibt «in unantastbares Recht jedes Genossen, sich für seine Mittel weiter» znbilden, da hat keine Parteivcrsammlung hineinzureden! Was würden Sie mit Annahme der Resolution erreichen? Die Teilnehmerzahl würde doppelt so groß werden I Alle Zwangsmaßnahmen schlagen ins direkte Gegenteil um! Wenn Sie in Privatrechte eingreifen, dann geraten Sie auf die schiefe Ebene! Daß der.Ketzerbund" störend wirken würde, dafür ist kein Beweis erbracht! Was da getan ist, muß die Partei jedem Genossen gestatten, sonst hört sie auf, eine Sozialdemokratie zu fein. Schreiber, häufig unterbrochen, konstatiert, daß von Ge- heimniskrämcrei keine Rede sein könne. Die ganze Aktion sei wert, imSimplicissimus" verewigt zu werden. Jansen erklärte, seine anfängliche Auffassung, daß eS sich um revisionistische Bestrebungen handle, sei bestätigt worden. Man ar« beite auf einer bestimmten Basis, um die Mitglieder, die vom Pak- tieren noch nichts wissen wollten, hinüberzuziehen. H o tz e wandte sich gegen Gompers und meinte, die Gewerk- schaflsführer bildeten sich ein, die Gewerkschaften seien für sie da, nicht sie für die Gewerkschaften. B r u h n s bedauerte, daß man den GomperS, der die Arbeiter belüge und betrüge, angehört habe. Man wolle nur den Sozialis- mus totschlagen. Die Sache sei nicht so harmlos, wie sie dar- gestellt werde. Sitten feld: v. Elms Ausführungen seien drollig gewesen. Also wenn morgen einer Gewerkschaftsbeamter werde, dann könne er begreifen, was er heute nicht verstand? David habe die Agrar- frage nur verhandelt im Gegensatz zu KautSky , Dr. Müller, der frühere Gärtner und Marxist, Marx vermöbelt und die Werttheorie in Grund und Boden geredet. Laufenberg habe noch nicht zugesagt. Kie den Marxismus zynisch verarbeitende Ulkzeitung sei auch an KautSky und den als strengen Marxisten bekannten Genoffen Henke« Bremen geschickt. Die Gewerkschaftsschule lehre allerdings den Revisionismus, daher die Vorliebe der Schüler für solche Sachen! Als Gegner von Kolonien gingen ffe hin, als Anhänger kämen sie zurück.Wir wollen verhindern, daß die Massen zu solchen An- schauungen erzogen werden!" H. S t u b b e: Wenn dieses Bildungswesen an das Kartell oder die Partei angeschlossen wäre, läge es wesentlich anders. Wenn das Bedürfnis nach besonderen Veranstaltungen für Vor- gebildete bestand, konnte niemand etwas dagegen einwenden. In den Bezirken beteiligten die Gewerkschafts- und sonstigen Angestellten sich wenig. Darüber besteht Aufregung. Und wenn nun diese selben Leute Zeit zn anderen Zusammenkünften haben, dann ist die Er- regung begreiflich. Es ist ja nun zwar etwas auffällig, daß nur Revisionisten dort redeten, ich habe aber nichts dagegen. Anders liegt es aber mit GomperS. Welche Informationen hat er denn mirgenominen? Er wird nun drüben berichten, und wir hatten keine Gelegenheit, ihm entgegenzutreten I Vor 14 Fahre» war der Kreis, in dem er sprach, ganz anders zusammengesetzt, im Gegensatz zu diesem Mal könnt« auch eine ausgedehnte Diskussion statlfindeii. Die Genossen aus den Gewerkschaften müssen auch zu uns Ver« trauen haben. Mit der Resolution ist der Sache nicht ge« dient, damit schafft man solche Erscheinungen nicht aus der Welt. Wir haben keine Ursache. Differenzen zu fördern. Die Genossen sollten sich aussprechen, ob sie sich unter Partei- oder Kartellkontrolle stellen wolle». Denn der Kontrolle der Mitglieder muß alles unterstehen. Freilich ein Teil der gehörten Vorwürfe hätte an eine andere Adresse gerichtet werden müssen, gegen die Ein- richtungcn, die in Berlin die Geiieralkoininission geschaffen hat! Um das erschütterte Vertrauen wiederherzustellen, empfehlen wir der Kommission, sich mit dem Kartell in Verbindung zu setzen. G r il e n w a l d t: Es liegt eine Erklärudg vor, der die Kommission zustimmt. Ich empfehle, darüber sofort abzu- stimmen. Sie lautet: Nach den Erklärungen, die der Genoffe Jhle abgegeben hat, haben dieGewerkschaftlichen Zusammenkünfte" nur den Zweck der Weiterbildung der gewerkschaftlichen Funktionäre. Um den Anschein zu vermeiden, daß die heutigen Zusammenkünfte als Sonderbündelei" ängesehen werden, fordert die Landesorgani- fation den Vorstand und das Gewerkschaftskartell auf, zu prüfen, ob nach dieser Seite noch eine Lücke im Vorlesungs- und Bildungs- Wesen vorhanden ist, und eventuell Abhilfe zu schaffen. Die Erklärung wurde mit großer Mehrheit augeuommrn. Sozialed« Der Arbeitskammergesetzentwursi soll dem Reichstag nicht in der von der Kommission be- schlossenen Fassung, sondern noch erheblich verstümmelter vor- gelegt werden. Insbesondere soll die Vorschrift fehlen, daß den Vorsitzenden und den Beamten beruflicher Organisationen das Wahlrecht zu den Arbeitskammern zustehen soll. Werden so die Gewerkschaftsbeamten von der Mitwirkung an den Arbeitskammern ausgeschlossen, so ist das Arbeitskammer. gesetz zu einem völlig inhaltslosen gestaltet. Es gleicht dann derw e i ß e n S a l b e", in deren Zubereitung und Verwen- dung für scheinbar soziale Zwecke der Staatssekretär des Innern, Delbrück , nach der Ansicht der Vertreter der Jnter essen des Unternehmertums bekanntlich besonders geschickt ist. Der anspruchsvolle Hoflieferant. Eine merkwürdige Gegenleistung für Ausstellung eines guten Zeugnisses stellte ein Chef an seine Verkäuferin in einer gestern vor der 4. Kammer des Berliner Kaufmannsgerichts verhandelten Streitsache. Die Klägerin, Kassiererin Grete K., war fünf Monate in dem Verkaufsgeschaft der Cakesfabrik von Gebrüder Thiele, kaiserlich-königliche Hoflieferanten, tätig und erhielt bei ihrem Ab- gange ein Zeugnis, in welchem ihr zwar bescheinigt wird, daß sie tüchtig und zuverlässig war, das aber fernerhin den Passus ent- hielt, sie hätte ihre Arbeiten im allgemeinen zur Zufriedenheit er- ledigt. Während der Mittagszeit begab sich die Klägerin von ihrer neuen Arbeitsstätte ans in das Geschäft der beklagten Firma, wo gerade der Inhaber Lindcmann allein anwesend war, und bot ihren früheren Prinzipal, ihr doch ein besseres Zeugnis auszu- stellen. Es entspann sich nunmehr nach den Angaben der Klägerin folgendes Zwiegespräch: Chef:Was bekomme ich nun dafür, wenn ich ein besseres Zeugnis gebe?" Angestellte:Nun, an einemschön Dank" will ich's nicht fehlen lassen." Chef:Das genügt mir nicht, Fräulein. Sie müssen mir zum mindesten einen Kuß geben, oder noch besser ists, Sie kommen gleich in meine Wohnung." Fräulein K. will sich aus diese sonderbarenBedingungen" nicht eingelassen haben und erhob Klage auf Zeugnisänderung. In ihrem kauf- männischen Verbände, dem die Klägerin das Vorkommnis unter- breitete, erklärte man, ihre Klage über das Verhalten des Herrn L. gegenüber weiblichen Angestellten sei nicht die erste. In der Verhandlung bestritt der Beklagte L. zunächst die Behauptungen der Klägerin, meinte dann aber, daß, wenn er zu Fräulein K. so gesprochen hätte, dies nur im Scherz geschehen se:. Der Vorsitzende des Kaufmannsgerichts äußerte dem Beklagten gegenüber seine Verwunderung, daß dieser angesichts der ganzen Sachlage es auf ein gerichtliches Urteil ankommen lassen wolle. Auf dringendes Vorhalten erklärte sich schließlich L. bereit, der Klägerin das Zeugnis ihrem Antrag entsprechend undohne Be- dingungen" auszustellen._ Die Nechtswibrigkelt einer Aussperrung wurde gestern vor der 5. Kammer des Gewerbegerichts festgestellt. Die Firma Louis Grünauer u. Co., Maschinenfabrik und Eisen- gieherei in der Müllerstr. Ill/Il, war die Leidtragend«. Im Sommer verlangte sie, die Arbeiter sollten sich eine Lohnreduktion gefallen lassen. Dagegen wehrten sich die Arbeiter. Die Ver- Handlungen, die die Arbeiterkommission mit der Firma führte, waren, da diese auf der Lohnreduktion bestand, ergebnislos. Es wurde der Kommission sogar am 7. Juli gesagt: wer sich mit der Lohnreduktion nicht eluverstanden erklärt, für den sei am. Mittag Schluß. Daraufhin wurde die Arbeit eingestellt. Die Ar- bester klagten nun gegen die Firma auf Schadenersatz. Elf Ar­beiter, die im Zeitlohn unter Kündigungsausschluß beschäftigt waren, verlangten Bezahlung für den EntlassungStag, während fünf Akkordarbeiter auf den Rest der Akkordsumme Anspruch er« hoben. Durch die Aussperrung waren sie an der Fertigstellung des Akkordes verhindert; trotzdem war ihnen nur ein Teil des Akkordlohnes ausgezahlt. Die Beklagte will mit jener Zleußerung nur die Zeitlohnarbeiter, nicht aber die Akkordarbeiter gemeint haben. Diese habe sie nicht entlassen, sie hätten von selbst aufge- hört, denn bei der letzten Unterredung mit der Arbeiterlommission habe die Firma erklärt, entlassen würde niemand. Der Vertreter der Beklagten , Hugo Grünauer, lehnte jedoch die Leistung deS Eides über diese Behauptung ab. Dadurch ist erwiesen, daß die Einwendungen der Firma unrichtig sind und sie die Aussperrung vorgenommen hat. Der Vertreter der Beklagten machte noch den Versuch, diese zivilprozessualischen Folgen seiner Eidesberweige- rung durch eine Zurückschiebung des EideS an die Klager, die der Unterredung nicht beigewohnt hatten, weit zu machen. Das Ge- richt mußte ihn dahin belehren, daß eine solche Eidesrückschiebung nach den§§ 445, 448 der Zivilprozeßordnung unzulässig ist. Denn nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, nach der Natur des Eides und nach der ausdrücklichen Vorschrift der zitierten Paragraphen kann die Eideszuschiebung oder Zurückschiebung nur über Tatjachen er- folgen, welche in Handlungen des Gegners, seiner Rechtsvorgänger oder Pertreter bestehen oder Gegenstand der Wahrnehmung dieser Personen gewesen sind. Die Firma wurde daraufhin dem Klage- antrag entsprechend verurteilt, Weil sie vertSUSWidrig die Etzt- lassung vorgenommen hatte. Eine LehrNnaSprüfung. ZurHebung des Handwerks" hat man bekanntlich die Lehr« lingsprüfungen wieder eingerichtet und will man, wie eS scheint, nun mit großem Pomp und Aufwand diese Scheinhilfe durchführen. Wie es gemacht wird, gibt uns eine Notiz desKreisblatteZ für Fulda" kund vom 2. Oktober 1Ö09: Gestern vormittag fand in den Geschäftsräumen des Fri- senrs Herrn I. H.. Marktstraße hier, die theoretische Prüfung beL Lehrlings Elitz von hier statt. Herr Geheimer Rcgierungs- rat v. Cziak aus Berlin hatte es sich nicht nehmen lassen, per- sönlich teilzunehmen. Ferner waren anwesend die Herren Landrat Springorum, Regierungsassessor v. Mantey, als Ver- treter der Handwerkskammer Herr Hofbäckermeister Eimmer. sowie der Jnmings-Obermeister und einige Beisitzer. Der Prüf- ling beantwortete die von der Kommission gestellten Fragen, welche sich aufs Geschäft, aufs Schreiben, praktisches Rechnen und Versicherungswesen bezogen, schlagfertig, so daß ihm das Prädikat gut einstimmig zuerteilt werden konnte. Nachdem der- selbe vom Herrn Geheimrnt noch einige praktische Ratschläge er­halten hatte, fand die Prüfung gegen 12 Uhr ihren Abschluß. Der Ansporn fürs Gewerbe kann auf solche Weife nur gehoben werden I" Um also einen Frisenrlehrlingtheoretisch" zu prüfen ver­sammelten sich in der schönen Bischofsstadt Fulda am 1. Oktober 1909 ein leibhastiger Geheimer Regicrungsrat aus Berlin , ein Landrat, ein Regierungsassessor usw. Daß einHofbäckermeister" und verschiedene Jnnungsmänner Zeit für diesen Akt sich nehmen, ist minder auffallend. Wenn aber ein Geheimer RegierungSrat auS Berlin extra in Fulda weilt, den Herrn Landrat , der gewöhn» lichin der ttefften Arbeit steckt", mit einem Regierungsassessor, der ihn vertreten sollte, von praktischer Tätigkeit abhält, ist etwas viel. Jedenfalls ist dieser amtlich bekanntgegebene Vorgang ein Beweis, daß in den höheren Beamtenstellen noch viel freie Zeit vorhanden ist und vonUcberlastung mit AmtSgeschäften" keine Rede mehr sein kann. Dem Frieseurlehrling allein zu Liebe hat man sicher nicht den großen Apparat aufgeboten, der sicher doch nochpraktisch" geprüft werden wird, bevor er auf die Klindschast losgelassen werden kann. Waren die praktischen Ratschläge des .Herrn Geheimrats allgemeiner Natur, so liegt kein Grund bor , sie der Zugänglichmachung der Allgemeinheit zu verschließen. Rat- schlage praktischer Natur sind jedem Lehrling dienlich. Jnter- essant ist, daß ein Gehcimrat, der wohl nur als Objekt in der Praxis des Friseurgewerbes bewandert ist, solche praktischen Rat- schlage zu erteilen in der Lage gewesen sein soll. Das Amtsblatt meint, es könneder Ansporn fürs Gewerbe auf solche Weise nur gehoben werden." Wir meinten bislang, der ökonomische Zwang. ein Arbeitsverhältnis einzugehen, sei der Anlaß zur Ergreifung eines Gewerbes. Meint das Amtsblatt ernstlich, dem fei nicht so, sondern die erhebende Aussicht, in Gegenwart eines Haufens von Beamten examiniert und von Herren, die mit der praktischen Aus- führung des Gewerbes sich noch nicht befaßt haben, praktische Rat- schlage zn erlangen, bewege die jungen Leute in die Lehre zu gehen? Huö Industrie und DandeL Zur Lage in der Baumwollindustrie. Die Widersprüche der kapitalistischen Wirtschaft sind in den letzten Tagen in der Baumwollindustrie besonders drastisch zutage getreten. Die Preise für Garn stehen ziemlich niedrig: 1,80 M. für ein Kilo gegen 2,20 M. im Jahre 1907. Viele Spinnereien haben den Betrieb reduziert: in Deutschland für etwa 5 000 000, in Eng- land sogar für 40 Millionen Spindeln. In Oesterreich beschloß schon im März der Verein der Baumwollspinner eine 10 prozentige ErzeugungSeinschränkung auf sechs Monate durchzuführen. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Amerika . Trotzdem konstatierte der Ver- band der Baumwollspinner und Webervereinigungen, daß der Geschäftsgang in sämtlichen Ländern ein unbefriedigender sei. Die jetzt veröffentlichte Lager« und LerbrauchSstanstik zeigt, daß auS der abgelaufeneu Saison enorme Mengen Baumwollvorräte verblieben, die unter Berücksichtigung der günstigen Aussichten für die ostindische und ägyptische Baumwollernte die Gesamtversorgung für den Bedarf der Spinnereien selbst dann befriedigen kann, wenn die amerikanische Ernte nur einen mäßigen Ertrag liefert. Deshalb empfiehlt der inter - nationale Verband, die bisher durchgeführten Betriebseinschränkungen zum mindesten fortzusetzen, wenn irgendwie möglich, auch zu ver« stärken. Und dennoch wird eine wilde Haussespekulation auf den Bauinwollbörsen getrieben I... Zum Teil erklärt sich das Anziehen der Baumwollpreise dadurch, daß der Verbrauch bei weitem die Produktion überholt hat. Es be- trug die Baumwollerzeugung der Welt(in Millionen Ballen a fünf« hundert Pfund): 1904 18,8 1900 19.9 1905 15,7 1907 19.5 1903 19,5 Die Menge der Rohbaumwolle weist also kein starkes Steigen auf. Dagegen vermehrte sich die Zahl der Spindeln überall, auch in den Krisenjahren. des Internationalen Verbandes betrug die Nach der Statistik Zahl der Spindeln: Am 1. März 1907 von 50,7 20.2 9.3 Großbritannien Verein. Staaten Amerika .. Deutschland .. Frankreich ..... 6,8 Oesterreich..... 8,6 Italien ...... 8,5 Schweiz ..... 1,4 Belgien ..... 1,1 Japan ...... 1,5 Spanien ..... 1,8 die übrigen Länder. 8.1 in Ende August 1908 Millionen 52.8 27.3 9.9 6,7 4,0 4,2 1.5 1,16 1,64 1,85 17.4 Ende August 1909 53,9 27.7» 10,2 7.0 4.3 4.0 1.5 1.23 1.73 1,90 18.0 Zusammen.... 114,0 128,9 131.5 Seit 1907 hat sich die Zahl der Spindeln also um 16,5 Millionen vermehrt. Dem Börsenspekulanten und Bauinwollerzeuger wollen die Spinner es nachmachen: die Preise auf Garn erhöhen. Die Konsumenten sind schließlich immer die Leidtragenden. Die diesjährige Gerstcnernte. DieTageszeitung für Brauerei' hat kürzlich eine Umfrage über das Ernteergebnis veranstaltet, die ein reiches Material zur Beurteilung des Gesamtausfalles ergeben hat. Im allgemeinen wurden nachstehende Feststellungen gemacht: Die Gerste konnte zum größten Teil gut geborgen werden. Auswuchs war nicht in nennenswertem Maße vor- Händen. Aus der Umfrage i» Verbindung mit den amilichen Be- Achten sowie den Schätzungen der fachlichen Berichterstatter und anderweitigen Beurteilungen ergibt sich, daß die Anbaufläche für Gerste im Deutschen Reich im Jahre 1909 gegenüber dem Vorjahre einen Zuwachs erfahren hatte. Sie beträgt diesmal 1 646407 Hektar gegenüber 1 629 277 Hektar im Jahre 1908. Auch der diesjährige Erlrag von etwa 31,2 bei 32,4 Millionen Doppelzentnern ist ein höherer. (80,5 Millionen Doppelzentnern im Jahre 1908). Korn und Spelzen waren in diesem Jahre sehr gut entwickelt. DaS Korn war voll. schön und bauchig. Auch die Sortierung ist als gut anzusprechen. Der Eiweißgehalt der diesjährigen Gerste ist normal und verspricht gute Bearbeitung. Ebenso ist im allgemeinen ein normaler Wasser- gehalt zu verzeichnen, so daß unangenehme Nebenerscheinungen wie dumpfer Geruch, mangelhafte Keimfähigkeit und ähnliche Uebelstände fast gar nicht vorkommen. Demnach sind sowohl Qualität als Quantität der diesjährigen Ernte ergiebig und gut, so daß die Brauereien aus brauchbares billiges Nohiuaterial rechnen können.