Indes, den Geschmack an einer Mischmaschkaildidatnr liesjdie Versammlung sich weder durch Leidig noch durch Liebigverderben. Sie versagte beiden ihren Beifall, nahm aber eineR e s o l uti on an, die die bürgerlichen Parteien mahnt,„noch in letzter Stunde sich zu einigen", damitnicht Berlin XII wieder an die..Partei des Umsturzes" falle.Würde nun wohl der Prediger Runze. der das Vertrauen derFührer deS Berliner Freisinns genießt, als einigender Misch-maschniann willkommen sein? Die Drahtzieher haben nichtden Mut, schon jetzt eine Entscheidung zu treffen, bevor inden Urwahlen die Wahlmänncr gewählt sind. Doch nie-mand kauft gern die Katze im Sack. Da wirdsich's empfehlen, doch lieber nach Möglichkeit dazu beizutragen,daß sozialdemokratische Wahlmänncr gewählt werden undBerlin Xll der Sozialdemokratie verbleibt!»Die preußische Wahlreform und der Liberalismus.Albert Traeger bricht im„Berliner Tageblatt" eineLanze für Uebertragung des Reichstags wähl-rechts auf Preußen. Durchaus zutreffend führte eram Schlüsse seines Artikels aus:„Der Kampf für die Uebertragung des Reichstagswahlrechtsauf Preußen gilt auch seiner Erhaltung im Reiche, wo eS von An-beginn ein Dorn in konservativen Augen geblieben, obgleich Bis-marck erklärt hatte, daß ihm kein besseres, von Mängel» freieresWahlrecht bekannt sei wie dieses. Trotzdem wollte der MinisterPultkamer die wünschenswerte Homogenität der Wahlsysteme durchEinführung deS preußischen Wahlrechts im Reiche herstellen undverlangte 1895 Graf Mirbach im Herrenhause ungescheut nacheinem Staatsstreich zur Beseitigung des ReichStagswahlrechtes.Mögen diese Kundgebungen auch weit zurückliegen, die Tendenzbesteht fort und hat sich ganz neuerdings am 10. Juli d. I. inder hochbedeutsamen Rede des Hern» v. Hehdebrand unverhülltoffenbart. Danach sind die Konservativen zur Ablehnung derErbschaftssteuer durch daS Moment maßgebend bestimmt worden,daß sie eine solche Besitzvesteuerung nicht in die Hände einer aufdem gleichen Wahlrechte beruhenden parlamentarischen Körperschaftlegen wollen.ivkan sieht deutlich, wohin die Fahrt geht, und also muß dieUebertragung des ReichstagSwahlrechteS aufPreußen die Parole für die nächsten Wahlen zumReichstage sein, die auch für Preußen ausschlaggebende Be-deutung gewinnen können. Denn bei der bekannten hastigen Eile,mit welcher in dortigen Ministerien derartige Vorlagen vorbereitetwerden, läßt sich kaum annehmen, daß bis zu diesen Wahlen dergegenwärtige, vielleicht auch schon ein anderer Resiortminister überdie von der letzten Thronrede angeordnete Vorlage sich schlüssiggemacht.... WerjenerParole zufolgennichtge-willt, dürfte schwerlich seinen Platz in der links-liberalen Phalanx finden. Zu den diesjährigen siei-sinnigen Wahlrechtsanträgen im Abgeordnetenhause lagen auch An-träge der dem Hauptantrage abgeneigten National-liberalen aus direkte und auf geheime Wahl vor, die mit einerZufallsmehrheit von nur drei Stimmen abgelehnt wurden. Dar-aus ergibt sich die häufig übersehene Wichtigkeitder Einzelstimmen und für den liberalenWähler die Pflicht, sich über die Mei-nung und Richtung deS Kandidaten auf dasallergenaueste zu berge lois fern. Der L i b e-ralismus ist nicht allzu selten von selb st gewähltenGegnern überstimmt worden. Die Zahl der Feinde zuvermindern ist die einzig richtige und sichere Taktik."Das sagt der alte Traeger im selben Augenblick, da derFreisinn in Koburg wieder einem, der Uebertragung desReichstagswahlrechts auf Preußen„abgeneigten" National-liberalen zum Siege verhelfen und dadurch die Zahl derFeinde vermehren will._Die CiberaleD für das(Prügelfliftlüielczvn.Die jeder Fürsorge Hohn sprechende Methode, die Fürsorge-»öglinge in der Anstalt Mielcz'.m über sich ergehen lassen mußten,hat eine Zeitlang die Empörung selbst der sattesten Liberalen auf-gepeitscht. Die brutalen Roheiten, die Auspeitschungen und Feste-lungen der wehrlosen, der Obhut deS Berliner Magistrates anver-trauten Fürsorgezöglinge hatten ein allgemeines Echo der Ent-rüstung Ivachgerufen. Der Pastor Breithaupt mußchleunigst als Leiter der An st alt Mielczyn ent-ernt und unter Anklage gestellt werden— daswar die allgemeine Ansicht aller anständigen Menschen ohne Unter.schied der politischen Richtung, als die Greuel aus der Hölle vonMielczyn bekannt wurden. Auch die Regierung und derMinister erklärten in amtlichen Schreiben, daß dieser Pastorebenso wie der Inspektor gänzlich ungeeignete Persönlichkeiten alsErzieher oder Leiter der Anstalt sind. Pastor Breithaupt behieltdennoch die Leitung. ES hieß dann mit Bestimmtheit, der Pastorwürde, wenn ihn der Staatsauwalt nicht früher holt, spätestens am1. Oktober die Leitung niederlegen. Und dennoch schwingtheute noch der Pastor Breithaupt das Szepter alsLeiter der Fürsorgeanstalt Mielczyn. Was tut's,ob Magistrat, ob Stadtverordnete, ob die Regierung, ob der Ministerden Pastor Breithaupt für völlig ungeeignet halten— der Ost«markenpolitik betreibende„Evangelische Verein für Waisenpflegein der Ostmark" behält ihn im Amt. Ein Gutes ist, daß die Zahlder Zöglinge sich zusehends verringert hat. Die Zahl von 54 Zog-fingen, die die Anstalt Mielczyn noch Ende Juli auswies, ist auf48 zusammengeschmolzen, wenn nicht zur Zeit, wo wir diese Zahlenschreiben, auch diese 13 Fersengeld gegeben und so die Möglichkeit,sie durch„Fürsorge" geistig und moralisch vollends zu ruinieren,verringert haben.Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen ihre Untersuchung gegenden Pastor Breithaupt und den Inspektor Engel abgeschlossen. Siehat, wie ein Telegramm aus Gnesen meldet, festgestellt, daß alleim„Vorwärts" zuerst erhobenen Vorwürfe gegen diese„Fürsorge-erzieher" auf Wahrheit beruhen. Es ist Anklage erhoben, nackchemerwiesen ist, daß Zöglinge an Händen und Füßen ge-fesselt im Keller eingesperrt, daß fünfzig bishundert Peitschenhiebe wegen Entwendung einer Bolle,eines Hühnereies und dergleichen oder aus ähnlich nichtigen An-lassen vielen Zöglingen verabreicht wurden, und daß die so Gc-marterten die Schläge selbst laut zählen mußten. Ob auchder Fußbastonade, die in Mielczyn exekutiert ist, dieStaatsanwaltschaft ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat. entzieht sichunserer Kenntnis. In den nächsten Tagen wird die Strafkammerüber die Erhebung der Anklage beschließen. BiS zur öffentlichenVerhandlung wird ja noch einige Zeit vergehen.Auch ohne Strafurteil ist der Pastor Breithaupt längst mora-lisch gerichtet, nicht minder das System, das in Melczyn an-gewendet ist, dessen Anwendung aber ohne die fahrlässigste Außer-achtlassung der notwendigen Aufsicht durch den„evangelischen Per-«in für Waiscnpflcge in der Ostmark" und durch die BerlinerWaisendeputation unmöglich gewesen wäre.Bekanntlich haben unsere Genossen in der Stadtverordneten-Versammlung beantragt, sofort die Kinder aus der Anstalt vonMielczyn fortzunehmen. In dem Ausschuß, der zur Vorberatungdieser Angelegenheit eingesetzt wurde, klang anfangs die Empörungüber die Mielczyner Greuel und die Schmach über die Mitschuldder liberalen Waisenverwaltung noch so stark durch, daß auf An-»ahme des Antrages mit großer Mehrheit zu rechnen war. In-zwischen ist die Stimmung umgeschlagen. Ter�.Evangelische Verein für Waisenpflqge in der Ostmarl" sucht alleSchuld auf den Magistrat, die Waisendeputation und die Stadt-vkrördnelen fion sich ahzuwälzelk. Cr steht augenblicklich in Ver-Handlung mit dein Magistrat und hat in der Tat den Magistratund eine Anzahl liberaler Stadtverordneter kirre gemacht. Sie sindgeneigt, den Vertrag ausdrücklich aufrecht zu erhalten,wenn„Zugeständnisse" dem Verein gemacht werden. Bei diesen.Zugeständnissen" handelt es sich um nichts weiter, als um Fest-legung einiger selbstverständlicher Verpflichtungen und um die Ab-wälzung der Verantwortlichkeit auf die Stadt. Großmütig will derOstmarkenverein dem Berliner Magistrat das Recht einräumen,bei Anstellung der Person des Leiters von Mielczyn mitzusprechen.Noch deni bestehenden Vertrage muß ein Teil der Erzichungs-gehilfen Handwerker, ein Teil Lehrer sein, für je 19 Zöglinge istein Erzieher einzustellen. Wie bekannt, befindet sich unter den elfin Mielczyn angestellten sogenannten Erziehungsgehilfen nicht eineinziger pädagogisch Vorgebildeter. Statt nun schleunigst für Er-setzung der bielleicht zum Hüten, nicht aber zum Erziehen vonMenschen geeigneten Erziehungsgehilfen zu sorgen, hat der„Evan-gclische Verein für Waisenpflege in der Ostmark" das„Zugestand-nis" gemacht, daß fortan ein Viertel der Erziehungsgehilfendie Qualifikation staatlich geprüfter Lehrer haben sollen. Als wei-teres„Zugeständnis" bezeichnet der Verein mit dem langen Namendie Einräumung des Rechts an die Stadt Berlin, gegen die Vor-schriften handelnde untüchtige Unterbeamte entlassen zu dürfen.Endlich soll ein Psychiater die Fürsorgezöglinge bei der Aufnahmeuntersuchen und die Untersuchung mindestens einmal vierteljähr-lich wiederholen. Hingegen soll Berlin nach wie vor verpflichtetsein, pro Kopf des Zöglings 590 M. zum mindesten aber4 5999 M. jährlich, an den Verein zu zahlen. Ein ausdrück-liches Recht der Stadt Berlin, aus erziehlichen Gründen denLeiter zu entsetzen, einen anderen einzustellen, anzuordnen, daßendlich Einrichtungen geschaffen werden, die Mielczyn auseiner Verwahrungsanstalt in eine Fürsorgeanstalt ver-wandeln, soll der Stadt Berlin nicht eingeräumt werden.Der„Evangelische Verein für Waisenpflege ind e r O st m a r k", dessen totale Unfähigkeit zum Erziehen von Für-sorgezöglingen durch das Dulden der rohen Breithauptmethode,durch die Unterlassung jedweder ausreichenden Aufsicht, durch dieBeibehaltung des Pastors Breithaupt und das fortdauernde Ent-weichenlassen von Dutzenden von Fürsorgezöglingen klar erwiesenist, soll nach wie vor unumschränkter Herr der An«st alt Mielczyn sein. Einen schärferen Hohn gegenüber demVerlangen, menschenwürdige Zustände in Mielczyn zu schaffen,konnte der Verein in der Tat nicht aussprechen und dennoch ist derliberale Magistrat und, wie es scheint, auch die Mehrheit desStadtverordnetenausschusses bereit, auf solche Bedingungen ein-zugehen. Geschieht das, so würde die Stadt Berlin sich selbst sotief kritisieren, wie ein Dritter es nicht kann, und eine arge Ver-letzung der ihr obliegenden Erziehungspflicht und eine nimmerwieder gutzumachende Sünde gegenüber den ihrer Obhut anver-trauten Kindern begehen. Der Ausschuß, der Montag tagte, hatsich auf 14 Tage vertagt, um dem Magistrat Gelegenheit zu geben,ein vorläufiges Abkommen mit dem Verein zu treffen, dessen totaleUnfähigkeit durch die sattsam bekannten Borgänge aller Welt be-kannt ist. Und das nennt sich liberall �Ferrer.Während alles, was freiheitlich denkt und gesittet fühlt, sich indem Protest vereinigt gegen die spanischen Greuel, in denen dietückische Erniordung Ferrers nur ein Glied bildet, bekunden dieKlerikalen der ganzen Welt ihre Solidarität mit den mörderischenMönchen. Nur in Deutschland erleben wir noch die Schande, daßauch die Reaktionäre des anderen christlichen Bekenntnisses sich derschwarzen Internationale anschließe»! die„Deutsche TageSztg." unddie„Rhein.-Wcstf. Ztg." schimpfen nicht minder auf den.Ferrer«Rummel", wie sie daS Aufbäumen der Menschlichkeit gegen diellerikale Mordtat zu nennen belieben, wie die„Germania" und die„Märk. Bolksztg.".Die klerikalen Blätter verfolgen dabei die alte sattsam bekannteJesuitentaktik. In Spanien haben ihre Genossen der Welt ein Schau-spiel der Grausamkeit und Verfolgungssucht gegeben, daS selbst vonden Schergen des Zaren nur erreicht und nicht überboten werdenkonnte. Die frommen Generale des allerchristlichstenKönigs haben in dem Lande, das vom Vatikan durch den Ge-sandten des P a p st e S regiert wird, in der fürchterlichsten Weisegehaust. Die schon besiegten, ihrer spärlichen Waffen beraubtenRevolutionäre Barcelonas wurden von Kavallerie in Scharenzusammengetrieben und die Wehrlosen von Artillerie beschoffen.Seit der Niederlage dsr gerechtesten und gerechtfertigsten aller Revo-lution wütet der weiße Schrecken. Sechstausend Menschenschmachten in den Gefängniffen, zwölshundert KriegSgerichtsurtcilestehen noch aus, und unbekannt ist die Zahl der Opfer, die in denFestungsgräben MontjuichS füsiliert wurden. Noch nie hat der Blutdurstentmenschter Sieger einen gräßlicheren Triumph über besiegte Mitbürgergefeiert. Was tun die Klerikalen? Sie zetern über Verfolgung;die Verfolgten aber sind natürlich die— Klerikalen. Daß man diespanischen Verbrecher ihre Verbrechen nicht ohne Protest zu Endeführen läßt, daß man die Verantwortlichkeit der Mönche, des aller«christlichen Königs und ihres Gebieters, des Papstes, feststellt, daserscheint den klerilalen Blättern als schrecklicher Frevel. Den Protestgegen die Mordpolilik ihrer spanischen Kollegen lügen die Klerikalender ganzen Welt wie auf ein gemeinsames Losungswort um in einenAngriff auf die Religion und die katholische Kirche. Die„Germania"und ihre Geschwister lügen unisono von einem neuen„Kulturkampf"gegen den Katholizismus, als ob der Katholizismus und diespanische Mordjustiz dasselbe wären. Aber die Zeiten ändern sich,und heute, wo das Zentrum die herrschende Partei in Preußen undim Reiche ist. ivird diese elende Demagogie erkannt werden als das,was sie ist, als e l e n d e Heuchelei. Denn den Kampf gegenJustizmord und politische Barbarei als Kampf gegen das Christen-tum hinzustellen, ist in Wahrheit eine Blasphemie, um so unerhörter,als ja das Christentum auf einen Stifter zurückgeht, der selbst dasOpfer eine? Justizmordes gewesen ist.Die Solidarität der Klerikalen mit den spanischen Mördern hatauch in Wirllichleit nicht das Geringste mit Christentum, wohl aberalle» mit dem realtionären Charakter des Zentrumszu tun. Es ist die Angst vor dem wachsenden Freiheitsdrang derVöller, die in dem Wehklagen der Reaktionäre aller Bckeiiiitmsieüber den„Ferrer-Rummel" zuin Ausdruck kommt.Die Kundgebungen für Fcrrer nehmen ihren Fortgang undwerden sicher auch auf S p a n i e n ihre Rückwirkung äußern. DieLage des Kabinetts M a u r a bleibt trotz aller großen Worte derMinister kritisch und eS ist nicht wahrscheinlich, daß diese Verbrecher-gesellschaft noch allzu lange das Heft in Händen behalten wird.Kundgebungen in de» Parlamenten.London, 19. Oktober. NnterhanS. H e n d e r f o n(Arbeiter«parte!) fragte den Staatssekretär de« Auswärtigen Grey, wasseitens der britischen Regierung geschehen sei— falls überhauptetwas unternommeu wurde—. um die Erschießung FerrerLzu verhüten, der. ohne von einem bürgerlichen Ge-richtShof vernommen worden zu sein, von der spanischenRegierung hingerichtet wurde. Weiter richtet der irische NationalistKeating an Grey die Anfrage, ob er Grund habe,der Angabe, dce katholischen Machthaber Spaniens hättendaS Kriegsgericht zur Ermordung Ferrcrsveranlaßt, weil dsxser ein Freidenker gewesen sei. Glauben bei-zumessen. PatrickO'Brien(Nationalist) fragte sodann die Ne-gieruug, ob eS llug sei oder zu irgend etwa» Gutem führen könne,wenn sich die britliche Regierung m die inneren AngelegenheitenSpaniens einmische.(Beifall bei den Ministeriellen und derOpposition.) Staatssekretär Grey erwiderte: Die Antwort, die ichzu erteilen habe, erledigt alle drei Aufragen. Die britische Negierungkann nicht von der Regel abweichen, sich in die inncreiiAngelegenheiten eines anderen enropäischen Staates � wedereinzumischen, noch ihrer Meinung über diese Angelegenheiten irgend-welchen Ausdruck zu geben, es sei denn, britische Untertanen oderbritische Vertragsrechte wären dabei gefährdet, diese Regel wird, so-weit ich unterrichtet bin, von allen europäischen Regierungen be-obachtet, und cS wäre unzweckmäßig, von ihr abzuweichen.(LauterBeifall bei den Ministeriellen und der Opposition.)_C u r r a n(Arbeiterpartei) fragte, ob das Auswärtige Amt frühernicht seinen Einfluß geltend gemacht habe, um G r a u i a m k e i t e u,die von anderen Mächte» begangen wurden, zu verhüten, undwenn dem so gewesen sei, warum der Staatssekretär des Ans»wältigen innerhalb seiner Befugnisse nichts getan habe, um denJustizmord an einem der angesehensten BürgerSpaniens zu verhindern.(Beifall bei der Arbeiterpartei.) Die Frageblieb unbeantwortet. Hierauf beantragte Grayson(Soz.) Ver-tagung des Hauses wegen der unbefriedigendenAntwort Sir Edward GrcyS und als Protest dagegen, daß derStaatssekretär nichts getan habe, um den jetzt in den KerkernSpaniens befindlichen Gefangenen ein ordentliches Gerichtsverfahrenvor dem Zivilgericht zn sichern. Für den Antrag wurden achtzehnStimmen abgegeben: da aber für einen Vertagungsantrag vierzigStimmen erforderlich sind, fiel der Antrag.(Zurufe Graysons:Pfui. Feiglinge!)Paris, 19. Oktober. Die Deputiertenkammer beschloßam Freitag Interpellationen der Sozialisten R o u o n e t über Ilm-triebe der fpanischen Polizei in den Ostpyrenäen und M e r l eüber die Interventionen Spaniens in Marokko zuberaten.Im Senate beantragte der Sozialist FlahssiöreS, dieRegierung darüber zu interpellieren, welche Haltung sie nach derHinrichtung FerrerS Spanien gegenüber einzunehmen be-absichtige. Der Minister deS Aeugern P i ch o n erwidertedarauf, eS bestehe keinerlei Beziehmig zwischen den Ereignissenin Spanien und der Politik Frankreichs Spanien gegenüber.Die Regierung habe die unveränderliche Richtschnur, niemalsin die innere Politik fremder Regierungen einzugreifen. Franlreichsei mit Spanien durch herzliche Freundschaft sowie durch Ucberein-kommen und Verträge verbunden und werde fortfahren, diese Ver-träge und diese Freundschaft zu betätigen. Es sei nicht Sacheeiner französischen Versammlung, sich über Ereignisse anSjUt-sprechen, deren Behandlung einen Rückschlag auf die französischeDiplomatie nach sich ziehen könne, und deren Beurteilung vomparlamentarischen Gesichtspunkte aus ausschließlich den VertreternSpaniens zukomme. Pichon schloß mit der Aufforderung, die Jnter-pellation auf unbestimmte Zeit zu vertagen.(Beifall.) DerAntragsteller ersuchte darauf die Versamnilung, die Beratungder Interpellation auf die nächste Sitzung festzusetzen; denn dasLand verlange, daß seine Stimme gehört werde.Der Senat beschloß mit allen gegen drei Stimmen, die Jnter-pellation ans unbestimmte Zeit zu vertagen.Budapest, 19. Oktober. Abgeordnetenhaus. Zu Beginnder Sitzimg teilte der Präsident mit, der Abgeordnete Georg Nagy(Oppositionell) wolle vor Eintritt in die Tagesordnung die AffäreF e r r e r besprechen. Er verweigere aber seine Zustimmunghierzu. Darauf appellierte Nagy an das Haus und bat um dieErlaubnis, die Affäre zu besprechen. DaS Haus verweigerte die Er-laubnis mit großer Majorität.Brüssel, 19. Oktober. Eine Interpellation über die HinrichtmigFerrers, die der Abg. Furnemont heute � an die Regierungrichtete, führte zu st ic r m i s ch e n Szenen in der Kannner. Essprachen die Sozialisten Furnemont, Desträ und Venderveldcfür die Interpellation gegen Vertreter der Rechten,_ diedie Beratung der Interpellation für unzulässig erklarten.Von sozialistischer Seite fallen scharfe Worte gegen Spanien.welche der Minister des Aeußern zurückweist. Furnemontverlangt die sofortige Beratung seiner Interpellation. Erkritisiert die spanischen Minister in schärfster Form undbezeichnet M a u r a als den Führer von Mördern, was großen Tumulthervorruft. Furnemont fährt fort, indem er ausführt, die Kammerwürde sich zu Mitschuldigen dieses Verbrechens machen,wenn sie dem glorreichen Märtyrer des Klerikalismusnicht ihre Sympathie ausdrücken wollte.(Auf der Linken ertönen Rnfe:Hoch Ferrer!) Die Pyrenäen bildeten die� Grenze zwischender Zivilisation und Spanien, besten König wir inS Gesicht speie».(Der Kammerpräsident erteilt dem Redner einen Ordnungsruf.)Hieraus wird der Zwischenfall für beendet erklärt und die Jnter-pellation auf später vertagt.Proteste in Spanien.Pari», 19. Oktober. Auch aus spanischen Gemeinden treffenjetzt Protestkundgebungen gegen die Hinrichtung Ferrersein. So faßte der Gemeinderat von E i b a r, dem Sitz der be-kannten spanischen Waffenfabriken, einen solchen Protestbcschliiß.Wie der„Matin" meldet, befürchtet man in amtlichen KreisenBarcelonas den Ausbruch drö Gcucralstrciks. Die Polizei trifftdementsprechend ihre Vorkehrungen.Der Boykott.Marseille, 19. Oktober. Die hiesigen Hafenarbeiterhaben den im Einvernehmen mit dem allgemeinen Arbeirsverbandgefaßten Beschluß, zum Zeichen� des Protestes gegen die HinrichtungFerrerS spanische Schiffe zu boykottleren, gesternausgeführt und sich g-weigert. die beiden Schlye„Catalana"und„Tiervana", die spanischen Gesellschaften gehören, zu verladen.poUtilcbc dcbcrficbtBerlin, den 19. Oktober 1909.Der Zweck deS Hansabundcs.Kürzlich trat auch in Königsberg i. Pr. der„Hansabund"in die Ocffentlichkcit. Es wurde eine große Versammlungabgehalten, in der erklärt wurde, der„Hansabund" wolleDeutschland vom aararischen Joche befreien und die Gleich-berechtigsng aller Erwerbsstände erstreben. Wie diese Be-teuerungen zu verstehen sind, zeigt die Tatsache, daß in dem-selben Augenblick, in dem man vom agrarischen Jochund von der Bekämpfung der Vorherrschaft desAgrariertums sprach, die Versammlung dafür eintrat,daß in Koburg der Kandidat der Nationalliberalenund Landbündler unterstützt werde. Doch noch deutlicher zeigtdie tvahre Gesinnung der Hansabündler das nachstehendev e r t r a u l i ch e S ch r e i b e n. das der erste Direktor derNorddeutschen Kreditanstalt George Marx in Königsberg anden Vorsitzenden des„Hansabundes". Geheimrat Rießer-Berlin.gerichtet hat. Marx ist Vorstandsmitglied der KönigsbcrgcrOrtsgruppe des„Hansabundcs". Er schreibt unter dem Ver«merk:«Vertraulich":„Mein verehrter Herr EeheimratlDa tvir hier unmittelbar vor der Gründung der OrtsgruppedeS„HansabundeL" stehen, halte ich eS für nicht unangebracht,Ihnen einen Vorschlag zu machen, der ernster Erwägung wert ist.Ich bin nach reiflicher Ueberlegung zu der Ansicht gekommen, daßder„Hanfavuitd". obgleich sein Wachstum sehr erfreulich ist. dochnicht in dem Maße sich ausdehnt, um sofort dominierendwirken zu können. Für unseren größten Feind halteich die Sozialdemolratie. WaS dieser Partei Schadenbrächte, dürfte UNS naturgemäß stets von Nutzen sein. Wiewäre es nun, mein verehrter Herr Geheimrat, wenn