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Me Schule der Kirche auszuliefern. Häven doch bei der Beratung des Vollsschul unterhaltungSgesetzes die Liberalen so freudig an der Verpfaffung der Volksschule mit- gearbeitet, daß das Zentrum sich schmunzelnd die Hände rieb I Ohne einen Finger krumm zu machen, hatten die Geschorenen dank der Bemühungen des Liberalismus erreicht, lvas sie kaum zu träumen wagten I Auch darin müssen wir I a st r o lv beipflichten, daß man dort, wo der Liberalismus selb st Schulen zu vertv alten hat, auch nicht mehr das Vorwärts st reben wie ehemals sieht. Nur weil die EntWickelung des preußischen Schulwesens im ganzen ins Stagnieren geraten sei und weil die städtischen liberalen Schulverwaltungen in diesem stagnierenden Schulwesen noch die besten seien, bemerke man es nicht so leicht, daß auch hier nicht mehr der alte, frische, jedem neuen zugängliche Sinn herrsche, sondern nur noch allenfalls eine wohlwollende Fortbewegung in der einmal eingeschlagenen Linie. Aehnlich ist eS nach I a st r o w auf dem Gebiete der A r ni e n- Pflege.Die großstädtischen Armenverwaltungen, welche zum größten Teil in liberalen Händen liegen, sind geschickter und besser geleitet, als die kleinstädtischen oder gar die dörflichen. Und dieser Umstand wird dem Fortschritte der liberalen Ideen verhängnisvoll. Man sonnt sich in den Höhen dieser Ueberlegenheit und merkt nicht, daß auch die relative Höhe noch ein recht tiefes Niveau darstellt. Eine derartig schreiende Ungerechtigkeit wie die Regelung des Rechtsweges, der auf dem Gebiete der Armenpflege für die Interessen der Besitzenden geöffnet, für die Armen selbst aber ver- schlössen bleibt, ist vom Liberalismus nicht gegeißelt worden." Dem Einwände, daß die Freisinnigen nur wenig Mandate haben und daher nicht viel tun können, bricht Jastrow von vorn- herein'die Spitze durch den Hinweis darauf ab, daß das Volk früher, als auch wenige, aber auserlesene Männer, den Liberalismus im Parlament vertraten, ihre Reden so bedeutend waren, daß sie von Hunderttauscnden gelesen wurden, während das heute(d. h. zur Zeit, wo er sein Buch schrieb), nicht mehr zutrifft, und zwar ist der Liberalismus Mitschuld daran, daß an den Ver» Handlungen des preußischen Abgeordnetenhauses niemand mehr ein Interesse nimmt, daß man sie in bürgerlichen Kreisen überhaupt nicht mehr liest.Das preußische Abgeordnetenhaus ist, was Jnteresie der Bevölkerung betrifft, unter die Stufe der kleinstaatlichen Landtage herabgesunken. In ganz Europa   gibt es kein Parlament, dessen Verhandlungen das Volk mit einem solchen Mangel an Interesse gegenübersteht wie dem preußischen Abgeordnetenhause." Wir begnügen uns mit diesen Proben. Das Bemühen JastrowS, feine Parteifreunde zu sozialer Tätigkeit anzufeuern, ist vergeblich gelvesen, seine Ermahnungen sind auf unfruchtbaren Boden gefallen. Die Tätigkeit deS Liberalismus, auch desent- schiedenen" Liberalismus wurde immer unsozialer, seine Vertreter immer unbedeutender, bis er glücklich auf die K o p s ch, Wiemer, Fischbeck gekommen ist. Dazu kam die unheilvolle Blockpolitik, die den Liberalismus dem Bankrott entgegen- geführt hat. Wenn heute das Interesse des Volkes an den Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses allmählich wieder zu erwachen beginnt, so ist das einzig und allein den Sozialdemokraten zu danken, deren Vertreter das nachgeholt haben, was der Liberalismus ver- absäumt hat, und die man aus dem Tempel hinausgejagt hat. weil man feine Ruhe nicht gestört sehen wollte. Wer es ernst meint mit dem kulturellen und sozialen Fortschritt in Preußen, wer dem Parlamentarismus wieder zu Ansehen verhelfen will, dem ist die Gelegenheit dazu am 20. Oktober geboten. Jede sozial- demokratische Stimme bedeutet einen Protest gegen den Liberalismus, der schon vor sech- zehn Jahren von einem seiner geistreichsten An- Hänger in Grund und Boden kritisiert und der seitdem noch weiter von Stufe zu Stufe ge- funken ist. Freisinniger Flngblattschwindel. Wir besprachen gestern einige Punkte des freisinnigen Flugblattes, das im 6. Landtagswahlbezirk verbreitet worden ist. Wir fahren hiernnt in der Aufdeckung des freisinnigen Schwindels, der ja in allen freisinnigen Flugblättern wieder- kehrt, fort. Da heißt es: Trotzdem die Freisinnige Volkspartei   gegen alle neuen Steuern gestimmt habe, richte die Sozialdemokratte die heftigsten Angriffe auch gegen die Steuerpolitik des Freisinns. Mit vollem Recht! Denn wenn nicht die Konservativen dem Freisinn einen Fußtritt versetzt und mit dem Zentrum zusammen die neuen Steuern gemacht hätten, hätte der Freisinn dieFinanzreform" mit den Konservativen gemeinsam gemacht! Der Freisinn war ja fest entschlossen, ein ganzes Bündel indirekter Steuern zu bewilligen, wenn nur durch Annahme der E r b s ch-a f t s st e u e r der Stenerauspliindernug der Massen ein fadenscheiniges Mäntelchen um- gehängt worden wäre! Erklärte doch dieBosfische Zeitung" seinerzeit aus- drücklich: Denn der Druck der direkten Steuern für den Staat. die Gemeinde, den Kreis, die Kirche, ist heute schon empfindlich, vielfach bei hohen Gemeindezuschlägen dermaßen, daß... eine ausschließliche Deckung des Fehlbelrages durch Einkommen- oder Vermögenssteuern völlig undurchführbar sein muß---- Der Standpunkt derjenigen Politiker, die lediglich die indirekten Steuern erhohen und vermehren wollen, ist un- haltbar.... Aber daß 600 Millionen jährlich mehr als bisher aufgebracht würden ausschließlich durch direkte Steueni, sei es vom Einkommen, sei es vom Vermögen, ist eine ebenso verkehrte und unannehmbare Forderung. Eine solche Forderung ist auch von der bürgerlichen Linke» niemals auf- gestellt nnd vertreten worden." DieVoss. Ztg." bestätigt uns also, daß auch der Freisinn bereit war. das Volk mit n, ehrereu hundert Millionen indirekter Steuern zu belasten! Und da wagt das Flugblatt vonsozialdemokratischen Entstellungen und Un- Wahrheiten" zu schreiben I Im übrigen ist aber der Freisinn sogar direkt ver- antwortlich für die Steuern, wie sie der schwarz- blaue Block beschlossen hat I Denn Konservative und Zentrum hätten keine Mehrheit zu bilden vermocht, wen» der Freisinn nicht bei der Reichstagswahl 1907 der Reaktiv« durch Stichwahlhilfe 32 Mandate zugeschanzt hätte! Freisinniger Schwindel Plumpester Art ist es ferner, wenn das Flugblatt behauptet, die Freisinnige Volks- Partei habeseit Jahrzehnten vergeblich auf Sparsamkeit gedrungen". Hat nicht der Freisinn gerade in den letzten Jahren, als sich die Schuldenlast bergehoch antürmte, das Defizit immer größer und die Puuipwirtschast immer skandalöser wurde, für alle Heeres-, Marine- und Kolonialfordernngen gestimmt?! Ist uicht der Freisinn gerade deshalb in den Block aufgenommen worden, weil er noch bcwillignngsfrcudiger war als selbst das Zentrum? Die Zeiten, wo die Freisinnige Volkspartei   das uferlose Flotten rüsten, das uns jetzt allein jährlich fast eine halbe Milliarde kostet, bekämpfte, sind längst dahin. Unter Führung des famosen Herrn Eickhoff wurde der Freisinn flottcnfromm, bewilligte er alle Marineforderungen! Und als sich 1906 das Zentrum erlaubte, an eine Forderung für Südwestafrika ein paar armselige Millionen abzustreichen, sprang der Freisinn in die Lücke'. Und dieser Freisinn wagt dann von Sparsamkeit zu reden I » Weiter bezeichnet es das Flugblatt alsdreisten Schwindel", wenn man dem Freisinn vorwerfe, daß er nicht den ernsten Willen gezeigt habe, das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für Preußen zu erringen. Habe doch der Freisinn Anträge gestellt, einen Wahl- rechtsausschuß eingesetzt und eineumfassende und planniäßige Agitation" im Lande entfaltet. Dem stellen wir folgende Tatsachen gegenüber: Als der Freisinn in den 60er Jahren die Mehrheit im preußischen Abgeordnetenhause besaß, fiel es ihm gar nicht ein, für ein allgemeines und gleiches Wahlrecht einzutreten l Gerade diese volksfeindliche Haltung des Freisinns veranlaßte ja Lassalle   zur Gründung einer selbständigen Arbeiterpartei I Als im Jahre 1873 der Antrag W i n d t h o r st die Eiuführnng deö Reichstagswahlrechts für Preußen verlangte. stimmten für eine Vertagung dieses Antrages auf 6 Monate, d. h. für die Vertagung ans den St. Nimmerleinstag, auch die freisinnigen Abgeordneten Rickert, Parisius und Eugen Richter  ! Als im Anfang des Jahres 1908 der Freisinn seinen Wahlrechtsantrag einbrachte, erklärte Fürst Bülow   höhnisch, daß die Negierung gar uicht daran denke, das Reichtagswahl- recht auf Preußen zu übertragen. Die konservativen Redner erklärten sich sogar mit aller Schärfe gegen die geringste Acnderung der Dreiklassen-Schmach. Der Freisinn erhielt, um mit einem freisinnigen Blatte zu sprechen, klatschende Ohrfeigen". Und was tat er? Als ein paar Monate später die Neuwahlen fürs Abgeordnetenhaus statt- fanden, unterstützte der Freisinn die grimmigste» Gegner des Wahlrechts, die Konservattven! Und da soll die Sozialdemokratie nicht das Recht haben, die Ehrlichkeit der freisinnigen Liebesbeteuerungen für ein demokratisches Wahlrecht anzuzweifeln?! ftir LharMeiMik deranständigen" Prefle. Am 4. Oktober d. I. publizierte die Stuttgarter  Deutsche Reichspost", dasZentralorgan der Konservativen Süddeutschlands  " folgendesEingesandt": Sozialdemokratische Duldsamkeit. Religion ist Privatsalbe, heißt es gewöhnlich im Sozia- listenlager; wie duldsam aber dieGenossen" in dieser Privatsache" sind, zeigt uns der nachstehende Vorfall. An einem Abend der letzten Wochen trat ich in das Krankcnstübchen einer armen, schwer leidenden Witwe hiesiger Stadt. Da ihre Tochter den Tag über genötigt ist, den Unterhalt für sich und die kranke Mutter zu verdienen, so wäre die Kranke den Tag über dem Elend preisgegeben, wenn sich nicht die christliche Liebe ihrer angenommen hätte. Eine treubesorgte Diakonissin kehrt täglich bei ihr ein und auch der Herr Pfarrer macht Krankenbesuche, um Trost zu spenden. Das ist aber dem sozialdemokratischen Hausbesitzer zu- wider. Er kündigte der kranken Frau sofort die Wohnung mit der Begründung, er dulde keine Diakonissin und keine Pfarrer in feinem Hause. Wo bleibt hier das menschliche Gefühl und die Freiheit? Möchten doch manchem die Augen darüber aufgehen, welcher Geist die Sozialdemokratie beherrscht. Diese Notiz ging in die meisten der größeren konservativen, zentrumsparteilichen und liberalen(auch freifinnigen) Blätter über, die daran allerlei liebenswürdige Bemerkungen über die Intoleranz und Geineinheit der sozialdemokratischen Partei knüpften. Daraufhin richtete unser Stnttgarter Parteiblatt, die Schwäbische Tagwacht" die ebenso höfliche wie bestimmte Anfrage an die allerchristlichsteDeutsche Reichspost", wer denn eigentlich dersozialdemokratische Hausbesitzer" fei. Die Deutsche Reichspost" schwieg sich auS. Am 9. Ok­tober wiederholte unser Bruderorgan die Anfrage in schärferer Form und bemerkte dazu: Daß sie(dieDeutsche Reichspost' ein solch rotes SSeusal vor der Verachtung aller Frommen schützen will und deshalb seinen Namen verschweigt, ist nicht gut anzunehmen. Man könnte viel- mehr aus die Vermutung kommen, daß das allerchrist­lichste Blatt wieder eininal eine bübische Ver- leumdung in die Welt gesetzt hat." Das fromme Blatt rührte und regte sich nicht. Am 13. Oktober fragte dieSchwäb. Tagwacht" zum dritten Male an. Nun fand endlich dieDeutsche Reichspost" die Sprache wieder. Sie weigerte sich, Namen und Wohnung deösozialdemokratischen Hausbesitzers" zu nennen. Statt dessen faselte er allerlei Zeugs über das Redaktionsgeheimnis", das verbiete, den Namen des roten Scheusals bekannt zu geben, klagte über dieRachsucht" der Genossen und drohte zum Schluß mit einer Beleidigungsklage! Wenn aber das christliche Organ gehofft hatte, dadurch der un- bequemen Pflicht, seine Behauptungen beweisen zu müssen, entgehen zu können, so hatte es sich getäuscht. DieTagwacht" antwortete damit, daß sie den Einsender der Notiz einen Ehrabschneider und Verleumder nannte. Das zog endlich. Statt aber nun öffentlich den Beweis für die Behauptungen zu erbringen, sandte die Redaktion des konservativen Organs der Redaktion derTag- wacht" ein Brieflein, in dem die Namen der Personen, auch deS an- geblichsozialdemokratischen Hausbesitzers" wie des Kronzeugen nnd Verfassers desEingesandt" genannt wurden. Der Kronzeuge und Verfasser ein evangelischerGemeinschaftsmann" (eine extrafromme Vereinigung, in Württemberg.Stundengänger" genannt), der Einsender ein Pfarrer a. D. und Redakteur eines evangelischen SonntagSblättleinS. Zugleich brachte das chrichstliche Blatt einen langen Artikel über die Angelegenheit, jammerte über die. schweren Beleidigungen" derTagwacht" und drohte nochmals mit demKadi, war aber vorsichtig genug, sich nunmehr auf diereinpreßgesetzliche Verantwortung zurückzuziehen! Zum Schluß des langen Artikels verübte das Blatt dann noch folgendes Schelmen- stückchen: Oblvohl die tatsächlichen Vorgänge durch einen hiesigen Geistlichen nnd einen angesehenen Mann ans der chrift- lichen Liebestätigkeit genau im Sinne desEingesandt" festgestellt sind, haben wir uns doch noch persönliche Kenntnis der Dinge verschafft. Alle Angaben stimmen. Eine schwer kranke Frau, deren Mann seit langem blind ist, muß heute ausziehen. Christliche Barmherzigkeit hat sich der Aermsten angenommen, nnd ihr eine neue Wohnung verschafft. Die kranke Frau selbst, aber auch ihre Abvermieteriii hat uns vor Zeugen erklärt, daß der Hausbesitzer gesagt hat,die Frau müsse raus, er wolle niemand im Hause haben, bei dem Schwestern und Pfarrer aus- und einlaufen, auch passe die Frau mit ihrer Armur nicht in das Haus, in dem nur bessere Leute wohnen." Alle Angaben stimmen," sagt die Redaltion. Aber auch die, daß der Hausbesitzer ein Sozialdemokrat ist. So meint der harmlose Leser. Diese Meinung zu erwecken, ist offenbar der Zweck der Leistung des evangelischen Jesuiten  . Sieht man aber genauer zu, so findet man, daß das christliche Blatt sich nunmehr nicht nur auf die preßgesetzliche Verantwortung, sondern auch auf die tatsächlichen Vorgänge" rückwärts konzentrieren möchte. Die Nachforschungen unseres Bruderblattes hatten nämlich vor Ein- lauf desPrivatbriefes" der Redaktion des allerchristlichsten Organs bereits ergeben, daß die Behauptung, einsozialdemo- kratischer Hausbesitzer" habe so gehandelt, total unwahr ist. Der betreffende Hausbesitzer ist kein Sozialdemokrat, anch niemals Parteimitglied gewesen! Mit welcher Frivolität der Verfasser des Eingesandts seine schwere Beschuldigung gegen die Sozialdemokratie in die Welt gesetzt hat. geht wohl am besten aus dem Schlußsatz des Schreibens hervor, das dieserDiener des Herrn" auf eine Anfrage an die Redaktion derR e i ch s p o st" richtete. Es heißt dort: Der Einsender, ein geachteter Gemeinschaftsmann, steht für die Wahrheit, d. h. dafür ein, daß die Frau das Berichtete so erzählt hat und ausdrücklich bemerkt hat, der Mann sei Sozial- demokrat. Bei dieser letzten Aussage ist freilich an sich ein Irrtum der Frau nicht ganz ausge- schlössen; aber der Einsender zweifelt nicht daran." Ein Redakteur derSchwöb. Tagwacht" wandte sich darauf an die betreffende Frau mit der ernsten Frage, ob sie behauptet habe, der Hausbesitzer seiSozialdemokrat". DaS Mütterlein ant­wortete:Nein". Sie habe nur gesagt, der Hausbesitzer sei ein, unchristlicher Mann". Dabei blieb sie. auch als ih r g e s a g t wur d e, d a ß si e ihre Aussage even- tuell vor Gericht beeiden müsse. Und noch eins. Der Hausbesitzer, der die alte Fraus vor die Türe setzte ist nicht Sozialdemokrat; wohl aber ist der Mann, der sie nach ihrer Aussetzung bei sich aufnahm, ein alter Parteigenosse. Der oben geschilderte Fall ist typisch für die Art, wie die Ver- leumdungSnotizen deranständigen", gutgesinnten Presse zu- stände kommen. Natürlich fällt es keinem dieser Blätter ein, nach- dem sich die Unwahrheit ihrer Notizen herausgestellt hat, sie zu be- richtigen. Soweit reicht die Anständigkeit nicht. Sie fahren viel- mehr ungeniert fort, weitere VerleumdungSnotizen nachzudrucken oder auch selbst zu fabrizieren. Wie sagt doch Zola   imBauch von Paris"? Welche Lumpen sind doch diese anständigen Leute I" für den Pastor Kreithaupt vom Prügelstikt tiiiekzyn treten seineBrüder in Christo" mit erneutem Eifer als Ver- teidiger auf und zwar just in dem Augenblick, wo die Nach- richt kommt, daß die Staatsanwaltschaft zu Gnesen   ihre Unter- suchung der Mielczyner Vorkommniffe abgeschlossen hat und die gegen die Anstalt erhobenen Vorwürfe als im wesentlichen erwiesen ansieht. DasReich" bringt diese Nachricht in einer abschwächenden Verklausulierung nnd fügt hinzu, Hauptschuldiger scheine nicht der leitende Pastor Breithaupt zu sein, sondern sein Inspektor Engels, den man inzwischen entlassen habe. Offenbar ist es die Tatsache der Entlassung, aus der das pastorentreue Blatt den Schluß ziehen zu sollen glaubt, der Hauptschuldige sei Eugels. Man sieht, wie sehr d i e Tatsache, daß nicht auch der Pastor Breithaupt längst seines Postens enthoben wurde, nach außen hin den Eindruck machen muß, daß er minder schuldig oder überhaupt unschuldig sei. Der Herr Pastor hat diese ihm günstige Wirkung dem Berliner   Stadtfreisinn zu danken, der die Affäre Mielczyn anfangs zu vertuschen gesucht hat und sie jetzt der Versumpfung entgegenführen will. Breit- Haupts Schifflein wurde, als es dem Sinken nahe schien, bereits von den Ratten verlassen, jetzt aber kehren fie auf das Fahrzeug zurück, da sie es gerettet glauben. DaSReich" wähnt schon den Zeitpunkt gekommen. wo lauter als je dem Erzieh ungs wefen der Kirche. als dessen Vertreter der Herr Pastor Breithaupt so eifrig mit Gottes- ivort und Peitsche seine BesserungSversuche betrieben hat, ein Lob- lied gesungen werden dürfe. Ein Artikel, der mit Mm unterzeichnet ist Herr Mumm ist's ja ivohl, der imReich" sich dieser Chiffre zu bedienen pflegte hält dem Pastor Breithaupt einVersagen der Nerven" zugute, daS denPreßpiraten" genügt habe, ihnzum gehetzten Wild zu machen". In demselben Atemzuge werden dann Männer der Erziehung wie Pestalozzi. Wichern und andere genannt und im Anschluß daran wird stolz erklärt: ,W i r l a s s e n uns das Werk ihrer Nachfolger nicht verunglimpfen." Nein, das hat selbst ein Wichern nicht verdient, daß man ihn in eine Linie mit einem Breithaupt rückte. Wir erwarten, daß diesever- folgte Unschuld" durch die Gerichtsverhandlung, zu der es kommen muß, aller Welt in ihrem wahren Lickit gezeigt werden wird, wenn alle Zeugen geladen werden. Eine Reihe Zeugen, die brutalste Behandlungen zu bekunden vermögen, ist noch nicht ver- nommen worden. Es wird sich dann ergeben, wie sehr für die Erziehungsmethode", die in Mielczyn angewandt wurde, gerade der Pastor Breithaupt verantwortlich ist, der sie nicht nur angeordnet und geduldet, sondern auch selber ausgeübt hat. Die Waisen- Verwaltung von Berlin   wird cS hoffentlich ebenso wie die Rc- gierung als ihre Pflicht angesehen haben, die ihr bekannt ge- wordenen Tatsachen der Staatsanwaltschaft zu Gnesen   zu über- Mitteln, damit volle Klarstellung herbeigeführt werden kann. Aber nicht der Ausfall des Strafverfahrens ist das Entscheidende. Die Hauptschuld an den in Mielczyn gegen der Fürsorge über- wiesen« Kinder verübten Greueln trägt das dort betätigte System. Und an diesem trägt leider neben demEvangelischen Verein für Waisenpflege in der Altmark" die freisinnige Sladtverwaltmig ein voll gerüttelt Matz der Schuld. Die Schuld der Stadt wird erheb- lich vergrößert, wenn sie aufs neue demselben Verein die Fürsorge- linder anvertraut, unter dessen Oberaufsicht die zum Himmel schreienden Roheiten gegen Fürsorgekindcr sich ereignet haben. Charakteristisch tst es für die liberale Presse Berlins  , daß sie, soweit wir sehen, Einspruch gegen dies Vorhaben nicht eingelegt hat. In den» Bestehen- lassen deS Vertrages zwischen der Stadt Berlin   und dem Verein liegt eine indirekte Billigung des noch vor wenigen Monaten all- genrein verurteilten Systems. Von dieser heben sich einige Sätze des Mummschen Artikels noch vorteilhait ab. So da» zutreffende Zitat von Johann Heinrich Wichern  :Grundlage der Anstaltsarbeit ist nach Wichern die Vergebung alles dessen, was vor der Aufnahme liegt. Die Anstalten sind nicht Strasanstalte», sondern sollen die Familie ersetzen." In der Mielczhnschen Anstakt ist, ganz von den besonders brntatalen Roheiten abgesehen, die sie auszeichnet, keinerlei Ein richt nng getroffen, die geeignet wäre, die geistigen oder sittlichen Fähigkeiten der Fiirsorgekinder zu enttvickeln und zur Reife zu bringen. Sie ist keine ErziehmigSanftalt, sonRrn schlimmer als eine Strafanstalt, schlimmer als ein KorrektionShauS und ein Zuchthaus. Und für reichlichste Bezahlung des evangelischen Vereins aus städtischen Mitteln, der diese Anstalt ins Leben gerufen hat, trete» die Berliner   Liberalen ein!