Der Regierung ist der Standpunkt des Herrn Direktors Vogel- 1 Ueber die Wahlreform hat sich der Ministerpräsident sehr
Ein Strafvollzugsgeseh in Sicht. fang felbstverständlich bekannt. Sie weiß, was er über den Grund unbestimmt ausgesprochen. In seiner Antrittsrede stellte er die Die Regierung soll beabsichtigen, den Vorentwurf zum des Stampfes erklärt hat, weiß, daß er den Bergleuten den Gebrauch Anwendung des Proporzes bei den Gemeindewahlen in neuen Strafgesetzbuch etwa ein Jahr lang der öffentdes ihnen im§ 112 der Gewerbeordnung verliehenen Nechts Aussicht, aus seiner Rede in Perigueur aber läßt sich herauslesen, lichen Kritik zu überlassen. Dann soll, falls nicht besondere Umverbietet. Sie weiß, daß die Unternehmer sich koalieren, daß die daß er nicht daran denkt, sich wegen des Proporzes mit den umstände eine Verlängerung der Frist notivendig machen, eine RegicArbeiter machtlos sind, wenn sie des Rückhalts der Organisation ihre Mandate zitternden Radikalen zu überwerfen. Und da nun rungskommission zur Fertigstellung eines Entwurfes für die gefſetentbehren. Sie kennt, wenn auch lange noch nicht genügend, die dieser Tage die drei Sendboten der Radikalen von ihrer Unter- gebenden Körperschaften zusammentreten, für deren Arbeiten etwa Arbeit der Gewerkschaften, weiß sie zu finden, wenn es Statistiken redung mit dem Ministerpräsidenten durchaus befriedigt und be- ein halbes Jahr gerechnet wird. Obwohl in dem jeht veröffentüber Arbeiterverhältnisse aufzunehmen gilt, und tut oft genug so, ruhigt zurüdgekommen sind, so kann man wohl annehmen, daß er lichten Borentwurf zum Strafgesetzbuch eine Reihe von Bestimals sehe sie diese Arbeiterorganisationen als berechtigt an. Aber ihnen in bezug auf die Verschleppung des Proporzes, den die mungen dem Strafvollzug gewidmet sind, will die Regierung wenn in irgend einem rüdständigen Winkel des Reichs ein vom Lanterne" als reaktionäre Falle bezeichnet, die erwünschten Zu eine besondere Vorlage darüber einbringen. Entsprechende Machtfibel geplagter Betriebsleiter einfach das Koalitionsrecht der sicherungen gegeben hat. Millerand dagegen erklärt rund heraus, Vorarbeiten sollen bereits im Reichsjustizamt im Gange Arbeiter verneint und um dieses Recht Tausende in den Streit daß die Frage der Wahlreform eine Lebensfrage für das fein; ein Entwurf werde aber erst aufgestellt und dem Bundesrat treibt, das wirtschaftliche Leben eines ganzen Gebietes erschüttert, Land sei und folange keine Verwaltungs- und Justizreform, ja zugehen können, nachdem das neue Strafgesetzbuc dann sendet diese selbe Regierung nicht irgend einen Fabrik- auch nur eine Verbesserung der politischen Sitten möglich sei, so fertiggestellt worden ist. Da die Regelung des Strafinspektor, um dem wildgewordenen Kapitalisten oder Kapitalisten lange das„ Kirchturmswahlrecht" bestehe. Da nun aber Millerand vollzuges im wesentlichen nur technische Sachen enthält, ist eine vertreter den Kopf zurechtzusetzen, sondern dann sendet sie Ma- gleichzeitig seine volle Uebereinstimmung mit dem Minister vorherige Veröffentlichung der Vorlage nich: schinengewehre gegen die brutalisierten Arbeiter.. präsidenten beteuert, kann man einigermaßen gespannt sein, welche geplant Formel Briand im Parlament für die Verschleppung der Lebensfrage" finden wird.
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Die Arbeiter mögen daraus lernen, was ihr Recht im Klassenstaate gilt, was ihre gerechte Sache an den Tischen der Regierenden gilt!
die
Klerikale Verzögerungspolitik.
So steht die Regierung Preußens, die ja auch die des Reiches ist, zum Koalitionsrecht der Arbeiter. Es schiert sie keinen Pfifferling. Wohlgefällig sieht sie zu, wie Herr Vogelsang das In der Sozialpolitik will Millerand vor allem für die obliDer Ausfall der badischen Landtagswahlen hat in der Joch für die Arbeiter errichtet. Vertrauensvoll kann die" Post" gatorischen Schiedsgerichte eintreten, die er schon 1900 boraussagen, daß sich die Regierung nicht in den Streit mischen beantragt hat, weiter für die Aufnahme des Kollektivvertrages in Sentrumspartei eine kahenjämmerliche Stimmung herborwird, weil das Bestreben der" Mansfelder Kupferschieferbauenden" die Gesetzgebung und für den Ausbau der Sozialversicherung. gerufen. Da man in den leitenden Kreisen des Zentrums ganz gerechtfertigt ist. Und sie wird Recht behalten die Regie- Auch er stellt indes als notwendige Bedingung der Sozialreform wußte, daß die Bewilligung der neuen Verbrauchssteuern rung Preußens und des Reiches wird sich nicht in den Streit gleich Briand die wirtschaftliche Prosperität hin. Wenn nun aber durch die Zentrumsfraktion des Reichstages einen beträchtmischen. Das heißt nicht zugunsten der Arbeiter. Wider die Schiedsgericht und Stollektivvertrag mit der wirtschaftlichen lichen Teil der katholischen Arbeiterbevölkerung und Kleinarg verschnupft hat, bot bon bornArbeiter tat sie es ja längst! Situation weniger im Zusammenhang zu stehen scheinen, so gilt bürger Badens dies sicher ebenso von dem Versprechen, das Millerand in bezug herein der badische Klerus feinen ganzen Einfluß, auf, auf die Bergwerksgesetzgebung abgegeben hat. Er will nämlich, bei der alten Jahne zu halten; aber alle Ermahnungen, oppositionellen Elemente des badischen Zentrums wie er sagt in Uebereinstimmung mit Viviani, vom Parlament eine gesegliche Basis fordern, um den neuen Gruben. Versprechungen und Drohungen der geistlichen Agitatoren tongessionären im Departement Meurthe- et- Moselle die haben, wie der Wahlausfall beweist, nicht zu verhindern Ausfolgung von Arbeitsaktien an die Arbeiter vermocht, daß das Zentrum eine schwere Niederlage erDie freifinnige Presse stellt in ihrer Allgemeinheit mit fchaft, wie sie Briand befürwortet hat, oder die Gewinn litten hat. der angesichts der Tatsachen freilich auch durchaus gebotenen beteiligung in anderer Form aufzuerlegen. Bescheidenheit fest, daß der freisinnige Feldzug gegen die Wohlgemerkt: aufzuerlegen! wogegen Briand nur von einer Sozialdemokratie schmählich gescheitert ist. Selbst die gesetzlichen Form für die freiwillige Regelung gesprochen hat. Auch Voff. 3tg." ist sehr kleinlaut geworden und wagt nur hier darf man gespannt sein, wie die Konkordanz zwischen zwei schüchtern der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß wenigstens deutlich voneinander abweichenden Erklärungen hergestellt werden im 12. Berliner Landtagswahlkreis die geeinigte Reaktion wird. Daß Millerands Versprechen den Temps" ganz gleid der Sozialdemokratie eine Niederlage bereiten werde. Eine gültig läßt, ist nicht gerade verheißungsvoll für seine Zukunft. Hoffnung, von der wohl selbst die brave Tante Voß annehmen wird, daß sie schmählich zuschanden werden wird! Einzig die Freis. 3tg." bringt es fertig, sich aufs hohe Roß zu sehen und davon zu faseln, daß der roten Flut welle" in Berlin ein„ Stillstand geboten" worden sei. Ein Kunststück bei dem elendesten aller Wahlsysteme, selbst wenn die Behauptung der Freis. 3tg." richtig wäre!
Politifche Ueberlicht.
Berlin , den 27. Oftober 1909. Die Stimmung im konservativen Lager. Es war vorauszusehen, daß der Ausfall der sächsischen Aber sie ist ja lächerlich unrichtig! Die Sozialdemokratie hat Landtagswahlen die preußischen Konservativen bestimmen
Die Zentrumsführer ziehen daraus die Folgerung, daß noch viel energischer der Verstimmung über die Steuerpolitie der Zentrumsfrattion entgegen gearbeitet werden muß, als bisher, namentlich aber, daß die geistliche Gendarmerie noch) eifriger als in der letzten Zeit das Gespenst eines neuen Dazu aber ist Stulturkampfes heraufbeschwören muß. Zeit erforderlich. Zeit gewonnen, alles gewonnen! So sehen wir denn, wie die Zentrumspresse, die schon vor den badischen Landtagswahlen mit Rücksicht auf das Verhältnis des Zentrums zu den Konservativen der Regierung empfahl, daß sie sich in der nächsten Reichstagsfession auf die Vorlegung der allernötigsten Gesetze beschränken und feine Entwürfe einbringen möchte, die den Gegensatz zwischen den bürgerlichen Parteien verschärfen fönnten, jetzt noch eifriger dafür plädiert, daß der Reichstag sich während seiner nächsten Tagung mit der Beratung des ja glänzende Fortschritte errungen! Sie ist nicht nur in drei von vier Wahlkreisen mit würde, nun erst recht an dem preußischen Dreitlassenwahlrecht Etats und fleiner nebensächlicher Vorlagen begnügt, damit stärkerer Majorität durchgedrungen, sondern sie hat auch festzuhalten und jedem Versuch, dieses Ueberbleibsel einer die über die Finanzreform erregten Gemüter Zeit erhalten, in dem wiederum in die Stichwahl gekommenen Wahlkreis schmachvollen Reaktionszeit zu modernisieren, Widerstand zu sich wieder zu beruhigen. Aus dieser Stimmung heraus ist auch ein„ Die Aufgaben 50 Wahlmänner mehr durchgebracht! Und das soll Still leisten. Schon als vor einiger Zeit die Meldung auftauchte, st and sein? die Regierung gedente das preußische Wahlrecht nach dem Muster der nächsten Reichstagsfession" überschriebener Artikel der Das rheinische Klerikale Blatt Wenn auch der Moabiter Wahlkreis bei der Stichwahl des sächsischen Pluralwahlrechts umzugestalten, gab die kon- Köln . Voltsztg." verfaßt. von der Sozialdemokratie erobert sein wird, wird ja wohl auch ſervative Preffe die Parole aus:" An dem Dreiklassenwahlrecht darf erwähnt darin des Gerüchts, daß der Reichstag am 28. NoNachdem nun aber der sächsische bember, spätestens aber am 30. November d. J. zusammendie Freis. Btg." auf ihre alberne Ruhmredigkeit verzichten! nicht gerührt werden!" Wahlausfall nicht nur die Herrschaft der Konservativen im treten und am 11. Dezember in die Weihnachtsferien gehen Der Wiederzusammentritt würde dann erst am Die linksfreifinnige Bolts- 8tg." widmet der miß- sächsischen Landtag gebrochen, sondern auch der Sozialdemo- foll. glückten Kampagne des Fischbeck Freifinns folgende poetische fratie bereits im ersten Anlauf 15 Mandate verschafft hat, 11. Januar stattfinden können, und da die Dfterpause Epistel: erklärt die konservative Presse in noch schärferen Ausdrüden, wegen des diesmal ungewöhnlich früh liegenden Osterfestes daß in keinem Fall das Dreitlassenwahlrecht in irgend welchen( 27. und 28. März) spätestens am 19. März eintreten muß, wesentlichen Punkten geändert werden dürfe und daß dann, würden für die Etatsberatung nur zehn Wochen zur Verfügung sollte, dem preußischen Landtag ein Wahlreformgesetz vorzulegen, also rasch arbeiten müssen, um den Etat rechtzeitig versie auf eine noch weit schärfere Opposition der Konservativen abschieden zu können. stoßen werde, als bei der Reichserbschaftssteuer. So schreibt Nach der Etatsberatung könne, so meint das Heritale 3. B. ein Herrenhäusler in der Streuz- Beitung": Blatt, die Tagung geschlossen werden, denn die Reichsversicherungsordnung und die Strafprozeßordnung hätten keine Eile. Wörtlich heißt es in dem Artikel:
Es gingen vier Jäger wohl auf die Birsch,
Sie wollten erjagen den roten Hirsch,
Den Borg und den eye und den Hoffmann im Nu; wenn trotz dieses Einspruchs die preußische Regierung wagen stehen mit höchstens 52 Sigungstagen. Der Reichstag würde
Sie bestellten die Wähler als Treiber dazu.
Die Jäger, fie schossen gewaltig drauf los,
In vielen Lokalen, bald klein, bald groß.
Und weil sie sich fühlten alleine zu schwach, So half der Herr Kopsch ihnen gnädigst nach.
Das war ihr Verderb! Wie die Jagd war zu End', Da sahn die vier Jäger, pot sapperment:
Der Hirsch und der Borg- und der Hey mann dazu Sie war'n durch die Lappen gegangen im Nu. Drei Jäger trollten sich still nach Haus; Verschossen war's Pulver, die Jagd war aus. Der bierte nur schoß noch in den Wind Um zu erlegen den Hoffmann geschwind. O laßt ihm den Spaß, denn ach, wie so bald Hat auch der vierte sein Pulver verknallt! Bergnügt fingen Borg, Heh- und Hoffmann und Hirsch: „ Es gingen bier Jäger wohl auf die Birsch!"
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Eine Programmrede Millerands.
Paris , 24. Oktober. ( Eig. Ber.) In seinem Pariser Wahlkreis hat Millerand gestern eine Rede gehalten, die an Gedankengehalt und Bestimmtheit die vielbesprochene Rebe Briands in Perigueur entschieden überragt. Man muß es Millerand lassen, daß er aus der Schule des Sozialismus ein großes gegenständliches Wissen und eine Summe politischer und sozialpolitischer Einsichten mitgenommen hat, die in einem vorteilhaften Gegensatz zur anpassungs" lustigen Windbeutelei seines Kollegen stehen. Mag auch sein Ehrgeiz in einer notwendig oppositionellen Partei keine Befriedigung gefunden haben, so hat er sich doch seine Bahn im bürgerlichen Staat bon fachlichen Gesichtspunkten aus vorgezeichnet. Millerand ist so eine Art Nationalfozialer geworden, der eine großzügige industrielle Wirtschaftspolitik im kapitalistischen Sinne mit einer berbesserten Arbeiterfürsorge und der Konftitutierung eines liberalen Arbeiterrechts verbinden und diesen vermeintlich zur Harmonie der Klassen führenden Fortschrittsprozeß im Rahmen einer berjüngten Demokratie durchführen möchte. Von der Trivialdemokratie des Blockradikalismus, gegen den er in der Combesschen Aera einen nicht nur aus Iohalen Motiven geborenen Kampf führte, hebt sich der Eifer, womit er sich die Jahre her um das Zustandekommen der Altersversorgung bemüht hat, günstig ab. Auch gehört Millerand zu den Verfechtern des coporzes, der gerade jetzt in den Vordergrund der parlamentarischen Dis fussion getreten ist.
Als sozialliberales Programm lassen sich auch Millerands geftrige Ausführungen bezeichnen. Der Abschnitt über die Förderung der nationalen Prosperität durch Modernisierung des wirtschaftlichen Apparats und besonders der Seefahrtseinrichtungen beranlaßt den„ Temps", ihm den Titel eines neuen Colbert zu verleihen. In oer Tat hat die französische Bourgeoisie, die sichs mehr als förderlich im Faulbett der Rentiermuße hat behaglich sein lassen, auf diesem Gebiet viel nachzuholen, und das Proletariat fann von einem solchen Aufschwung nur eine Stärkung seiner Klasse und damit einen verstärkten Antrieb seiner Bewegung erwarten, ohne in den frommen Glauben an ein über den Klasseninteressen thronendes allgemeines Interesse des Vaterlands" zu berfallen.
In zwei anderen Fragen aber gehen Millerands Erklärungen über die Briandschen dekorativen Umschweife unverkennbar hinaus.
Man sagte bisher, die Staatsregierung wolle noch das Ergebnis der fächsischen Wahlen abwarten, um dann eventuell die Bestimmungen des sächsischen Wahlgefeges zum Muster für die Wenderung des preußischen Wahlgefezes zu nehmen. Nun liegen die Ergebnisse der sächsischen Wahlen vor; sie haben für Sachsen zu einer politischen Katastrophe geführt.
an die Staatsregierung die Frage Da möchten wir richten, ob sie in der Tat noch gewillt ist, dem Beispiele Sachsens zu folgen; da möchten wir an unsere liberalen Parteien, nachdem ihre Gesinnungsgenossen in Sachsen fast aufgerieben worden find, die Frage richten, ob sie im Innersten ihres Herzens noch mit dem gleichen Frohmut wie bisher an die Reform unseres Wahlgesetzes herantreten wollen....
Ob er nach Ostern nochmals zusammentritt, wird in der Hauptsache davon abhängig sein, ob die Verbündeten Regierungen Wert darauf legen, die Versicherungsordnung erledigt zu sehen. Die Gründe, tveldje für eine Verschiebung dieser Angelegenheit sprechen, erscheinen nicht minder ge= toichtig als diejenigen, welche eine baldige Er ledigung wünschenswert erscheinen lassen. Der veröffentlichte Entwurf hat unerwartet starken Widerspruch gefunden; die Kostenfrage spielt dabei eine große Rolle. Sollte der Entwurf Gesez werden, so dürften allein 70-80 Millionen Mart jährlich Mehrkosten entstehen. Würden diese auf das Reich übernommen, so würde auch alsbald die Frage nach der Kostendeckung entstehen und neue Steuervorlagen notwendig werden. Nady Lage der Verhältnisse würden diese auf große Schwierigkeiten stoßen. Vielleicht wird es schon deshalb besser sein, die Angelegenheit, welche ja nicht dringlich ist, zu verschieben, bis die finanziellen Verhältnisse bes Reiches besser konsolidiert sind und sich die Wirkung der neuen Steuergesetze übersehen läßt.
Sollte Herr b. Bethmann wirklich den Weg weiter be. schreiten, welchen Fürst Bülow im Interesse seiner Blockpolitik mit der Ankündigung der Thronrede so verhängnisvoll eingeschlagen hat? Wäre es nicht nach all den Gr. fahrungen in Sachsen , in Baden eine un= geheuerliche Verblendung, um nicht zu sagen ein ungeheurer Frebel, ben letten Salt, den letten Damm niederzureißen oder auch nur in feinen Grundfesten au erschüttern, welcher uns in Deutschland , in Preußen zur Sicherung von Staat und Gesellschaft und Monarchie gegen die immer heftiger an Und bringenden Wellen der Revolution noch übrig bleibt? zwar ohne ausreichende sachliche Begründung, lediglich als eine schwächliche Konzession an die doch nimmer zu befriedigende Demokratie; denn wer wollte nur einigermaßen mit Recht be haupten, daß der preußische Landtag zum Heil des Waterlandes nicht bisher seine Schuldigkeit in vollstem Maße geblatt fich für die Beschränkung auf die Etatsberatung ins Zeug
tan hat?
Sollte es aber wirklich dazu kommen, so wird, wie wir hoffen, die tonservative Partet sich einmütig gegen solche Absichten erheben; und sollte sie im Abgeordnetenhause unterliegen, so wird das Herrenhaus, eingedent seiner hohen Bestimmung, gebotenenfalls den Hemm= schuh gegen eine ins Verderben führende Politit zu bilden, sich seiner Aufgabe gewachsen zeigen; auch die Herren Oberbürgermeister müßten Bedenken tragen wegen der ernsten Rückwirkung auf ihre großen Verwaltungen, in eine unter Umständen verhängnisvolle enderung des Wahlgesetzes zu willigen."
Und im gleichen Tone schreibt die Schles. Btg.":
„ Das Uebergangsstadium, in dem wir uns befinden, verlangt besondere Vorsicht in so äußerst delikaten Fragen, wie es die reußische Wahlreform ist. Im Interesse einer Gesundung unferer innerpolitischen Verhältnisse liegt es nicht, daß die Ne gierung vorzeitig mit einem ungenügend vorbereiteten Entwurf hervortritt, der nur neuen Streit entfesseln würde."
Die Herren sind nicht geneigt, auch nur ein Tipfelchen ihrer Macht aufzugeben aber sie werden müssen. Stärfer als ihr Dünkel ist der Wille der proletarischen Massen.
Daß die Strafgefegreform wieder eingebracht werden soll, wurde schon gemeldet. Von anderen größeren Vorlagen verlautet bis jetzt nichts. Es wäre auch vielleicht ganz gut, wenn in der Gefeßgebung eine zeitweilige Ruhe eintreten könnte, zumal die legte Seifion an neuen Gesetzesprodukten überreich gewesen ist und die Bevölkerung Deutschlands kaum imftande ist, sich in die Kenntnis und Beobachtung der neuen Geseze so rasch einzuleben, wie deren Schnellfabrikation vor sich geht."
Der eigentliche Grund, weshalb das rheinische Zentrums
legt, ist jedoch der Wunsch, Zeit zur Beschwichtigung der oppofitionellen Anhängerschaft des Zentrums zu gewinnen. Es gesteht zum Schluß seiner Erörterung offen zu:
Wünschenswert wäre eine möglichst turze Reichs. tagsfession auch schon deshalb, weil dann die Beruhigung der Gemüter eher Fortschritte machen tann; denn eine Feindseligkeit, wie sie feit dem verflossenenen Sommer unter den einzelnen Parteien entstanden ist, kann nicht im Interesse unseres Vaterlandes liegen. Man sollte deshalb auch regierungsfeitig alle Vorlagen an den Reichstag vermeiden, die geeignet sind, die Gegensäge wieder zu verschärfen."
das
Der Artikel zeigt deutlich, in welchen inneren Nöten sich Zentrum befindet.
Streifinterpellationen im bayerischen Landtag.
Am Dienstag begann im bayerischen Landtag die Verhandlung über zwei gegen die freien Gewerkschaften gerichtete Inter pellationen der Liberalen und des Zentrums. Aus Anlaß der Unruhen beim Streit in der Wolffschen Zelluloidfabrik zu Nürn berg suchten die Interpellationen die Regierung au strengeren Maßnahmen bei Streits scharfzumachen. Die Verhandlung, in der Liberalismus und Zentrum an Feindschaft gegen die mo