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C».freisinnigen" Pastor unö Kriegorvereinler« zum Siege über Hoffmann zu verhelfen- Demgegenüber hat auch die Sozialdemokratie mit äußerster Energie die Agitation aufzunehmen, damit die am 16. November stattsindenden Wahlmiinnerstichwahlen den Sieg unseres Genossen Hoffmann sicherstellen! neuer Sieg in Ceipzig! Die Stichwahlen in Sachsen haben begonnen an» Donnerstag wurden als erste die in L e i p z i g und im Wahlkreis Döbeln -Leisnig vollzogen. Die Wahl in Leipzig hat einen neuen Sieg gebracht. Das Mandat des Kreises III wurde vom Genossen Jllge, Redakteur derLeipziger Volkszeitung ", erobert In den übrigen Kreisen kamen die Nationalliberalen durch dank der Hilfe der Reaktionäre aller Farben und des Freisinns, dessen Führer noch zu guterletzt für dienationalen" Kandidaten eingetreten waren. In Leipzig sind jetzt also drei Sozialdemokraten gewählt, die Genossen Jllge im 3., Keimling im 4. und Lange im 7. Kreise. Der erfreuliche Sieg im 3. Leipziger Kreise wird für unsere sächsischen Genossen in den übrigen zur Stichwahl stehenden Kreisen ein anspornendes Signal für angestrengteste Arbeit bis zum Wahltermin sein! Die Resultate lauten: Leipzig : Haupt Wahl Stichwahl 1. Kreis: Schuchardt, Soz.... 83U 6772 Sämtl. Gegner.... 10 830 Löpner, NcM-Lib.... 10263 Gewählt der Nationalliberale. 2. KreiS : Seeger, Soz..... 6 862 7 839 Sämtl. Gegner.... 14 530 Wappler, Nat.-Lib... 13 355 Gewählt der Nationalliberale. 3. KreiS : Jllge, Soz...... 11 209 12 477 Sämtl. Gegner.... 13 194 Müller, Nat.-Liv.... 12265 Gewählt Jllge(Soz.). 6. KreiS: BammeS, Soz..... 8 826 9 759 Sämtl. Gegner... 16 580 Rudolf, Nnt.'Lib.... 14474 Gewählt der Nationalliberale. & Kreis: Lehmann, Soz.... 6 562 7 371 Sämtl. Gegner.... 16 118 Steche, Nat.-Lib.... 15 263 Gewählt der Nationalliberale. Döbeln Leismg. Niethammer(natl.) 7079, Bieweg<Soz.) 5621 Stimmen. Gewählt Niethammer(n a t I.). Der Disziplinarprozeß Zollitfch. Vor der Disziplinarkammer in Potsdam wurde 'aiN Donnerstag gegen den Oberpostassistenten Zollitsch ' verhandelt. Zollitsch war angeklagt worden, weil das Organ des Verbandes mittlerer Reichspost- und Telegraphenbeamten, die Deutsche Postzeitung", bei der Beratung des deutschen Beamten- besoldungsgesetzes eine Reihe Artikel veröffentlicht hatte, die in scharfen Wendungen gegen das Besoldungsgesetz polemi- sierten. So wurde der Entwurf dasaufreizendste Schriftstück" genannt,«das je zur Kenntnis der preußischen Post- und Tele- graphenbeamten gekommen ist". Der Postbehörde wird vor- geworfen,sie ziehe durch einer Behörde unwürdige Lockmittel Be- werber heran, was viel besser durch entsprechende Gehalts- aufbesserungen geschehe". In einem Artikel wird die Disziplin der Beamten gelegentlich einer Versammlung gerühmt und hinzu- gesetzt:Noch versteht sich die mittlere Beamtenschaft auf die Er- füllung der unabänderlichen Pflicht, noch läßt sie sich nicht durch zügellosen Unmut hinreißen und durch den Aufruhr ihrer Empfindungen ins Uferlose treiben noch nicht." In diesen und anderen Stellen erblickt die Anklage böswillige Angriffe und Verunglimpfungen gegen die Behörde, die zur Verhetzung der Be- amten und zur Schädigung des Ansehens der Behörden führen müsse. Zollitsch wird für diese Artikel als Verbands- Vorsitzender von der Behörde verantwortlich gemacht, trotzdem er bestreitet, daß ihm in seinem Amte das Recht und die Pflicht oblägen, das Verbandsorgan zu kontrollieren. Der Vertreter der Anklage behauptet, Zollitsch habe als Verbands- Vorsitzender unter keinen Umständen diesystematische Ver- Iietzung der Beamten" dulden dürfen. Besonders arg sei eS, daß in dem Organ indirekt mit Streik gedroht worden sei und daß man die Schaffungdurchgebildeter Beamten- bataillone" mit Hinweis auf dieA r b e i t e r b a t a i l l o n e" für notwendig erklärt habe. Solche Wendungen verrieten eine Hinneigung des Verbandes zu sozialdemokratischen Tendenzen. Zollitsch beteuerte, ebenso wie sein Verteidiger, Justizrat Dr. ? Sello, daß er eintreuer Beamter" sei, der von der Sozial» > demokratie nicht das geringste wissen wolle. Der scharfe Ton der Artikel sei gerade das Ventil gewesen. durch das sich das volle Herz der Beamten Luft gemacht habe. Die Beamten dächten weder jemals an einen Streik noch an eine Verbrüderung mit der Sozialdemokratie, da sie ganz genau wüßten, daß es sich unter sozialdemo- kratischer Herrschaft noch viel schlimmer be- finden würde als jetzt! Diese Berufungen auf dieLoyalität" blieben anscheinend j nicht ohne Wirkung. Denn während Amtsensetzung be- antragt worden war. lautete das Urteil wegen fahrlässiger Verletzung der Dienstpflicht nur auf Dienstversevung unter Ver- Minderung des DiensteinkommenS um ein Sechstel. Außerdem > wurden dem Angeklagten die baren Auslagen des Verfahrens zur S Last gelegt. Das Urteil beweist wiederum, wie wenig : die Regierung daran denkt, den Beamten wirklich freies Koalitions- und Staatsbürger- recht zu gewähren!_ Der Skandal von Iflansfeld. Keine Verhandlungen! Auf eine Anfrage deS ArbeiterauSschusieS an die Direktion der ManSfelder Gewerkschaft, ob eine dreigliedrige Deputation zur Auf- nähme von Einigungsverhandlungen empfangen werden würde, hat Direktor Vogelsang eine echte Stummsche Antwort gegeben. ES heißt in seinem Schreiben: .. daß ich Ihrem Wunsche zu meinem Bedauern nicht zu ent- sprechen vermag, da sämtliche Unterzeichnete des Schreibens aus der Belegschaft und damit aus ihrem Amte als Arveiterausschußn, itglieder ausgeschieden sind. Ich kann daher nur empfehlen, daß die Kameraden von Ihnen, welche ihre Abkehr genommen haben und in ihr früheres Arbeits- Verhältnis zurückzukehren wünschen, sich an die Herren Be- t r i e b s f ü h r e r wenden." Wer zahlt das Militäranfgcbot für die Mansfelder Gewerkschaft? Ans dem Kreistage in E i s l e b e n fragte am Mittwoch Apotheker Weber, ob Aussicht vorhanden, daß den Gemeinden die anläßlich des Streiks durch die Anwesenheit des Militärs entstehenden Kosten ersetzt werden. Der Vorsitzende, Landrat Kammer- Herr v. Wedel , gab folgende außerordentlich bemerkenswerte Ant- wort: Er bedaure, über den Streik nichts mitteilen zu können, und bezüglich der Kosteudeckungsfrage könne er nur sagen, daß die Mansfelder Gewerkschaft rundweg ablehnt» irgendwelche Kosten zu tragen. Sie verweigere sogar die U ebernah in e der Kosten für die Be- köstigllng der auf de» Schächten stationierten Gendarmen. Die Mansfelder Gewerkschaft zeigt sich demnach recht knickerig fiir den ihr i» so reichem Maße zuteil gewordenen staatlichen Schutz. Echt kapitalistisch I Ter Streik vor den Leipziger Stadtverordneten. Die Stadt Leipzig ist an dem ManSfelder Bergbau besonders interessiert, da sie einen beträchtlichen Teil Mansfelder Kuxe 6993 Stück besitzt. Ans diesem Grunde und da obendrein der Oberbürger m ei st er von Leipzig , Dr. D i t t r i ch .Vorsitzender des Aufsichtsrates von Mansfeld ist' brachten am Mittwochabend die Sozialdemokraten im Leipziger Stadtverordnetenkollegium folgenden Antrag ein: Das Kollegium wolle beschließen, die Anfrage an den Rat zu richten, ob er bereit sei, Auskunft zu geben über die Ver- Hältnisse im Mansfelder Bergbaurevier , und ob der Rat geneigt ist, seinen Einfluß zur Beilegung des Streiks geltend zu machen. Der Antrag berührte die bürgerliche Mehrheit und den Rat sichtlich unangenehm. Der Stadtverordnetenvorsteher Dr. Rothe warf denn auch sofort die Zuständigkeitsfrage auf. Er fei der Meinung, daß das Kollegium über die Mansfelder Verhält- niffe nicht reden könne. Diese kollegiale Hilfe des nationalliberalen Vorstehers ließ sich der Rat gern gefallen. Der Oberbürger- meister schwieg sich völlig aus und die bürgerliche Mehrheit stimmte geschloffen gegen die Sozial­demokraten für die Unzuständigkeit des Kolke- g i u m 8. Die Leipziger Nationalliberalen und Mittelständler haben damit bewiesen, daß ihnen selbst die Jnteresien der Stadt gleich­gültig sind, wenn ihretwegen gegen Großunternehmer Front ge- macht werden müßte. Kriegsbilder ans dem Mansfeldischen. Der kommandierende General des vierten Armeekorps, Herr v. Be'n necken st ein-Hinkendorf aus Magdeburg ist am 27. Oktober im Streikgebiet eingetroffen, um sich persönlich an Ort und Stelle von den Verdiensten seiner Krieger gegen denreichs- treuen" inneren Feind zu überzeugen. Zu wünschen wäre, daß der Magdeburger General die Situation mit eben so klaren und vorurteilslosen Augen überschauen und erkennen möge, wie Herr v. A l b e d y l l eS 1889 im Ruhrrevier tat, als er seinem Kriegsherrn meldete:Im Streikgebiei alles ruhig. mit Ausnahme der Zivilbehörde." Während des ganzen Streiks ist ja nicht die mindeste Unruhe oder Un- gesetzlickikeit vorgekommen und selbst die Werkspresse im Streik- gebiet, die sich alle Mühe gibt, die Notwendigkeit der Heranziehung des Militärs zu beweisen, weiß nur zu berichten, daß an einem Nachmittag in Hettstedt die Frauen nach einer Versammlung sich in größerer Anzahl vor der Kttpferkammerhütte angesammelt, die Streikbrecher und gar die Gendarmen verhöhnt und bis in die Stadt begleitet hatten. Junge Weiber hätten vor alten Streik- blechern ausgespuckt, hätten ihnen zugerufen, man sollte ihnen direkt ins Gesicht spucken. Und deshalb Militär und Maschinen- gewehrel » Die Verhaftung derwiderspenstigen" Dienstmagd in Eisleben durch fünf Soldaten mit aufgepflanztem Seitengewehr hat wohl im ganzen Reiche homerisches Gelächter erweckt. Schon aber wird ein ähnlicher Fall aus Heldra gemeldet. Eine Frau blieb auf offener Straße vor einem Schaufenster stehen, besah sich die ausgestellten Waren, als plötzlich ein Leutnant auf sie zutrat und sie ausforderte, weiterzugehen. Die Frau verbat sich eine derartige Belästigung. ES kam zwischen der Proletarierin und dem Offizier zum Wortwechsel. Der Offizier ist beleidigt. Schneidig ruft er Soldaten heran, läßt das Bajonett aufpflanzen und also dieseVerbrecherin" abführen. m In EiSlcben konfiszierten Militärpatrouillen am 26. Flugblätter der Streikleitung. Um nun zu beweisen, daß die Behörde, vor allem das Militär,objektiv und unparteiisch" handeln, ließ eS ruhig zu, daß die vom Pastor Harnisch zugunsten der Gewerkschaft herausgegebenen Flugblätter öffentlich und ungehindert verteilt wurden! Die Krife im Parlier Gemeinderat. Paris , 26. Oktober. (Eig. 23er.) Die sogenannterepublika­nische Majorität" des Pariser Gemeinderats hat gestern versagt. Der Antrag des Gemeittderatsbureaus, eine Straße nach F e r r e r zu benennen und die Erziehung der Enkelkinder deS füsilierten Opfers des Klerikalismus aus Gemeindemitteln zu bestreiten, wurde mit 40 gegen 34 Stimmen abgelehnt, und das Bureau, an dessen Spitze der Sozialist Chausse stand und das eben erst wiedergewählt worden toar, trat zurück. Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick verwunderlich scheinen, besonders für den Ausländer, dem die ruhmvolle revolutionäre Vergangenheit von Paris im Gedächtnis haftet, aber bei genauerer Betrachtung ist es das natürliche Produkt gesellschaftlicher Prozesse. Die Zusammen- setzung der Pariser Bevölkerung hat in den letzten Jahrzehnten eine entscheidende Veränderung erfahren. Durch das Niederreißen gewaltiger Häuserblöcke, die von Proletariern bewohnt waren und durch die fortschreitende Umwandlung der Wohnhäuser im Stadt- Zentrum in Geschäftshäuser, ist die Arbeiterbevölkerung immer mehr an die Peripherie und in die Vorortgemeinden gedrängt worden. Während dievornehmen" Viertel ihre reaktionäre, ja zum Teil monarchistische LLählerschaft von Aristokraten, Groß- bourgeois, Lakaien und Kammerdienern beibehalten haben, tritt in den anderen das Kleinbürgertum und das wohlhabende Krämer- tum immer stärker hervor. Und diese Klasse ist reaktionär, mag sie auch von den Vorfahren die Antipathie gegen die Pfaffen überkommen und sich neuerdings in ihrer Mehrheit wieder zum Radikalismus geschlagen haben. Mit gutem Instinkte hat sie in den großartigen Demonstrationen der letzten Wochen, die sich un- mittelbar gegen eine von den Jesuiten gegängelte Monarchie richteten, die revolutionäre proletarische Energie, die internationale Solidarität der gegen jegliche Ausbeutung kämpfenden Acheiter, klaffe wahrgenommen. Sicherlich, Ken Sechzigkausend, die am 17. Oktober durch Paris marschierten, haben hunderttausende voll Sympathie und ergriffen von einer so gigantischen 2)erkörperung eines politischen Willens zugewinkt, aber gleichzeitig füllten sich hunderttausende stockige Spiehbürgerseelen mit Unbehagen, Wut und Angst. Die mutigen Worte, womit der radikalsozialistische Vizepräsident des Gemeinderats, M o s s o t, bei der Beerdigung des bei der Manifestation bei der spanischen Botschaft getöteten Schutzmanns die Empörung der Pariser Demokratie über die Er- mordung Ferrers verherrlichte, wurden von den Klerikalen und Nationalisten zu einem demagogischen Appell an die polizeiliebenden Besitzenden ausgenützt. Ein übriges tat gestern noch der Seine- Präfekt, der die Ablehnung des Antrages im Namen der hohen Politik forderte und die eventuelle Sistierung des Beschlusses durch die Negierung in Aussicht stellte. To das für den Mord an Ferrer verantwortliche Ministerium Moura gestürzt ist. hätte die Annahme des Antrages, für den übrigens mehrere Präjudizfälle vorlagen (so hat z. B. seinerzeit der nationalistische Gemeinderatspräsident Da u s s e t eine doch weit mehr in die innere Politik eines fremden Staats eingreifende Erklärung abgegeben, als er als Sprecher einer Deputation in Prag versicherte, die Franzosen seien bereit, den, Tschechen zu helfen, wenn diese daS auf ihnen lastende Joch abschütteln wollten), diplomatische Schwierigkeiten ebensowenig ge­schaffen, wie die vorausgegangene Annahme des gleichen Antrages auf Straßenbenennung in zahlreichen französischen und nicht, französischen Städten. Die Intervention des Präfekten hatte nicht nur darum eine Wirkung, weil sie den Gemeinderatsspießern mit der Einladung schmeichelte, gleich Ministern diplomatische Weisheit zu entfalten, sondern besonders auch, weil dem Präfekten in dem komplizierten kommunalen Verwaltungsgetriebe, in dem so manche Profite für den Begünstigten abfallen, ein großer Einfluß zusteht. Ob der Gemeinderat dank der Regierung künftig ein aus- gesprochen reaktionäres Bureau erhalten wird, oder ob sich eine Koalition der Miitelparteien bildet, ist ziemlich gleichgültig. Tat- fache ist, daß der revolutionäre Ruhm des Pariser Bürgertums der Vergangenheit angehört und nur das Proletariat ine 2)er» teidigung gegen die von kapitalistischen Jntereffen angeschwellte Reaktion führt. politifcke Gebern cht, Berlin , den 28. Oktober 1909. Neue Steuerforderungcn. Es ist ein offenes Geheimnis, daß das Reichsschatzamt aus den neuen Steuern kaum die gewünschte jährliche Mehr- einnähme von 500 Millionen Mark ziehen wird; denn die Verteuerung des Bieres, Tabaks, SchnapseS usw. hat, ganz abgesehen von den Wirkungen des Schnapsboykotts, eine ganz beträchtliche Abnahme des Konsums dieser Genußnnttel zur Folge gehabt, und wenn auch in dem nächsten Jahre unter günstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen der Verbrauch wieder steigen dürfte, so wird doch aller Voraussicht nach der veranschlagte»steuerertrag nicht erreicht werden. Das scheint man auch im Reichsschatzaint herausgefunden zu haben. Wie dieDeutschen Nachrichten" berichten, sollen die nach Inkrafttreten der neuen Steuern im Reichsschatzamte vor- genommenen Ueberrechnungcn ergeben haben. daß die effektiven Einnahmen aus den neuen Steuern lange nicht den gewollten Mehrbetrag von fünfhundert Millionen Mark erreichen werden. Es bestehe sogar die Ansicht, daß das ungünstige Resultat sich durch die Kalkulation späterer Mouate noch verschlechtern dürfte. Die Aufforderung des ReichLschatzamtes an die Bundesstaaten, beschleunigte Er- Hebungen zwecks Einführung einer Reichswertzuwachssteuer zu veranlassen, sei nur als ein Glied in der Kette neuzubeschaffender Steuern zu betrachten. Es besteht also die schönste Aussicht, daß schon in nächster Zeit die Regierung neue Steuersorderungen stellt. Solango nicht mit dem heutigen Rüstungssystem gebrochen wird, geht es immer tiefer hinein in den Dalles. Nach berühmte» Mustern. ES ist Mode geworden, daß gestrauchelte Parlamentarier ver- suchen, ihr geschwundenes Ansehen dadurch wieder zu heben, daß sie einen kleinen Kreis von Freunden zusammenholen, um sich von ihnen ein Vertrauensvotum ausstellen zu lassen. Der Reichstags- abgeordnete Bruhn, der Verleger der berüchtigten Erpreffer-.Wahr- heil", ist auf den gleichen Gedanken verfallen. In einer Versamm- lung der Deutschnationalen Vereinigung, deren erster Vorsitzender er selbst ist, legte er Rechenschaft über die gegen ihn erhobenen Be- schuldigungen ab. Bruhn beklagte zunächst, daß ihn die einstweilige Verfügung leider hindere, in seinerWahrheit" gegen de» Verteidiger Dahsels, Rechtsanwalt Werthauer, vorzugehen: dann gab er die Erklärung ab, daß die gegen ihn eingeleitete Untersuchung wohl bald eingestellt werde, da sein Schild rein sei. An eine Niederlegung seines Mandats denke er nicht, denn aus seinem Wahlkreise ArnSwalde-Friedeberg sei ihm die Mitteilung geworden, daß dort gerade jetztdie Treuehoch im Kurse st ehe" und daß die Zahl seiner Ver- ehrer von Tag zu Tag zunehme. DieWahrheit" werde nach wie vor die alten hohen Grundsätze vertreten und dadurch der Regierung eine Stütze sein. Schließlich wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: Die heutige, gutbesuchte Versammlung der Deutschnationalen Vereinigung spricht ihrem Vorsitzenden Herr » Reicbstagsabgeordneten Bruhn gegenüber den aus Anlaß des Dahiel-Schuwart-Prozeyes gegen ihn erhobenen schweren Verdächtigungen ihr reellstes Ver- trauen aus und gibt die Versicherung ab, auch in Zukunft in un- wandelbarer Treue zu ihrem Vorsitzenden und zu der gemeinsamen deutschnationalen Sache zu stehen." Im übrigen will Herr Bruhn bei der nächsten Beratung des Justizetats nachdrückliche Kritik an der Zulassung der gesetzwidrigen Behandlung der GerichtSzeugen durch Staatsanwaltschaft, Richter und Verteidigung üben._ Preußische Sparsamkeit? In derSport-Welt" finden wir folgende Notiz: Der St. Leger Sieger Marabou hat seine Nennkarriere beendet, der Old Patrick-Sohn a. d. Mirza wird demnächst gelegt werden und dam: an den Mar st all des Kronprinzen abgeliefert werden, der ihn bekanntlich schon vor Jahr und Tag sich ausgesucht hatte. Der Gewinner einer solchen klassischen Prüfung, wie der Budapaster, als Reitpferd, noch dazu schon als Bierjähriger, das ist gewiß sehr selten borgekommen. Jedenfalls ist ein solches Reitpferd ein beneidenswerter Besitz." Man schreibt uns dazu, daß es doch einigermaßen in Er- staunen setzen müsse, daß dies Pferd in den Privatbesitz des Krön- Prinzen übergehen solle. Sei doch Marabou dasjenige der Renn- Pferde des Graditzer Gestüts, das in diesem Jahre am meisten an Rennpreisen eingebracht hat und dem auch im nächsten Jahre eine glänzende Lausbahn bevorstehe. Da das Pferd nicht nur seiner Rennleistungen wegen, sondern auch wegen seines prächtigen ivaues zur Zucht besonders geeignet sei, müsse