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Nr. 253. 26. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. itag, 29. Oktober 1909.

Bericht über die Tätigkeit der fozialdemokratischen Fraktion im Berliner Rathause.

Worte:

IV. Sozialpolitik und Arbeiterfragen. Bei den Etatsberatungen für das Jahr 1909 sprach der Käm­merer, der zur Sparsamkeit mahnte, am 18. Februar auch folgende " Ich habe noch einen Punkt, der mir besonders am Herzen liegt; das ist die Sozialpolitik. Meine Herren, Sie alle fennen das Wort, daß in unserer Zeit alles mit einem Tropfen sozial politischen Ocles gesalbt sein müsse. Meine Herren, wenn es bei dem Tropfen geblieben wäre! Er könnte eine Färbung annehmen, wie er wollte! Aber, meine Herren, aus dem Tropfen ist ein Bottich geworden, und aus diesem ein ganzer See.( Bewegung und Unruhe.) Es ist ein ganzer See daraus geworden, und nahezu in jeder Sigung tauchen Sie die Beratung hübsch in diesen See." Müßte man nach diesen Worten nicht glauben, Berlin stürme auf dem Gebiete der Sozialpolitik voran? Es ist nur allzu bekannt, daß das gerade Gegenteil der Fall ist, und die Erfahrungen der letzten Berichtsperiode bestätigen das.

müssen.

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solcher Ausschuß überflüssig sei, da ja überall in der Vertvaltung| dann Lohnerhöhungen, indem ein Minimallohn von 4 M. pro Tag und in der Versammlung sozialpolitisches Denken und Handeln der Berechnung der Wochenlöhne zugrunde gelegt werden sollte. Blab greife. Ja, es gab ängstliche Gemüter, die von einem solchen Für den vollkräftigen Arbeiter war seit 1901 das Minimum auf Ausschuß eine Verschleppung der Durchführung sozialpolitischer 3,50 2. pro Tag festgesetzt. Des weiteren wurde eine fünfjährige Maßnahmen befürchten wollten, als ob man in Berlin bisher an Lohnstala mit jährlicher Steigerung gefordert. Die Säße ſelbſt ein schnelles Tempo auf diesem Gebiete gewohnt gewesen sei. waren bescheiden genug. In der Mehrzahl der Fälle sollte die Vergeblich machte unser Redner in der entscheidenden Sizung Steigerung pro Tag und Jahr 15 Pf. betragen, eine jährliche bom 6. Februar 1908 noch einen lebten Versuch, gerade diese Be- Steigerung des Stundenlohnes um Pf. Im ganzen hätten denken dadurch zu zerstreuen, daß er darauf hinwies, wie wertvolle die Lohnerhöhungen durchschnittlich 6-7 Broz. betragen. Endlich Borarbeit ein ständiger Ausschuß für Sozialpolitik für die zur Zeit war eine einheitliche Regelung der Bezahlung für Ueberstunden brennend gewordenen Fragen der Arbeitslosigkeit und der Schul- vorgesehen. Die Erhöhung für dieselben war gegenüber den bis speisung hätte leisten können, der Antrag wurde mit über- herigen, außerordentlich verschiedenen Säßen nicht unerheblich, und wältigender Mehrheit abgelehnt. Das Hauptmotiv für die meisten zivar aus dem guten Grunde, um die Ueberstundenwirtschaft nach Mitglieder der Majorität dürfte die Furcht vor der Aufklärung durch Möglichkeit einzuschränken. Die große Linke" stellte sofort den einen solchen Ausschuß gewesen sein, die Herren wollen eben nicht Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung in Erwägung, daß die festgestellt ſehen, was iſt. Um so energischer wird die Sozial- Negelung der Löhne und sonstigen Arbeitsbedingungen der städtis demokratie auch jetzt bei den Wahlen wieder für Aufklärung sorgen schen Arbeiter seitens der einzelnen Verwaltungsdeputationen des Magistrats gemäß den Gemeindebeschlüssen und dem Etat zu er. Die Stadt Berlin ist einer der größten Arbeitgeber. Nach folgen hat, daß ferner die Versammlung erwartet, daß der Ma dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Berlin ( herausgegeben 1909) gistrat, wie bisher, in geeigneten Fällen auf erforderliche Abände zählte die Betriebskrankenkasse der Stadtgemeinde im Jahre 1906 rungen Bedacht nehmen wird". Vergeblich traten vier unserer durchschnittlich 14 000 Mitglieder, dazu kamen von der städtischen Genossen für unseren Antrag ein, vergeblich bemühte sich der sozial­Parkdeputation 606 und von der Straßenreinigung 2075, so daß fortschrittliche Dr. Preuß, wenigstens die Ueberweisung an einen das städtische Arbeitsheer rund 16 700 Mann stark war. Die Ausschuß durchzusehen. In namentlicher Abstimmung wurde der Um der Verwaltung wenigstens die großen Aufgaben, die der Stadt Berlin wäre wohl in der Lage aus ihren Betrieben Muster- Uebergang zur Tagesordnung mit 63 gegen 32 Stimmen beschlossen. Lösung durch eine einsichtige kommunale Sozialpolitik harren, betriebe zu schaffen. Aber dahin geht der Ehrgeiz des Berliner Mit uns stimmten nur die Sozialfortschrittlichen. Andere Gründe, Wir haben im vorigen Bericht als die oben abgedruckten Erwägungen", wurden in der Diskussion ständig vor Augen zu halten und sie über die Fortschritte auf diesem Kommunalfreisinns nicht. Gebiete in anderen Gemeinden auf dem Laufenden zu halten, hatte( Seite 28/29) gezeigt, wie die freisinnige Majorität im Jahre 1906 bon den Gegnern kaum geltend gemacht. Man müßte denn die unsere Frattion am 10. Oftober 1907 beantragt, einen ständigen unseren Antrag auf Einführung einer allgemeinen Arbeitsordnung Entdeckung des Herrn Oberbürgermeisters dahin rechnen, daß die Ausschuß für soziale Angelegenheiten einzusetzen". Die Fraktion für die städtischen Arbeiter behandelte. Ohne sich auf eine Dis Städteordnung, die ja vorsieht, daß die Beamtengehälter festgestellt war sich darüber klar, daß dieser Ausschuß, dessen Zusammen- fussion einzulassen, gingen sie über den Antrag, dem ein sorg- werden müssen, an feiner Stelle von einer Feststellung der Löhne ſebung ja ein Spiegelbild der Zusammensetzung der Versammlung fältig ausgearbeitetes Statut:" Bestimmungen über die Arbeits - der einzelnen Arbeiterkategorien spricht". Die Städteordnung, fein mußte, eine praktische Wirksamkeit über die oben erwähnten und Lohnverhältnisse der städtischen Arbeiter Berlins " beigegeben deren heut gültige Fassung aus dem Jahre 1853 stammt, und Lohn­informatorischen Aufgaben hinaus kaum ausüben würde; wohl aber war, zur Tagesordnung über. In der kurzen Rede, mit der der festsetzung für die einzelnen Kategorien" städtischer Arbeiter!! Einen recht guten Wiz*) machte Dr. Preuß, als er unferen so führte unser Redner bei den Beratungen am 17. Oktober aus gemeinsame Sprecher der drei liberalen Fraktionen den Uebergang fei zu hoffen, daß die intensive Beschäftigung mit sozialen An- zur Tagesordnung motivierte", wurde unverblümt die Rücksicht Bertretern in scherzhafter Weise vorwarf, einen taktischen Fehler gelegenheiten in einem besonderen Ausschuß geeignet sein werde, auf die Gefahr für die gesamte industrielle Welt Berlins " als begangen zu haben, indem sie diesen Antrag ein Jahr zu spät auch sonst sehr verhärtete Gemüter sozialen Regungen zugänglicher feit besserer Arbeitsbedingungen auch in der Privatindustrie be- allgemeine Wahlen hätten, so würden wir vielleicht doch einen ausschlaggebend angeführt, eine Gefahr, die in der Notwendig- oder ein Jahr zu früh gestellt haben; denn wenn wir im Herbst zu machen, und so mit der Zeit eine Befruchtung der ganzen stehen würde! Das Mißlingen des Vorstoßes betreffs der all- Ausschuß beliebt haben.( Sehr gut! und Widerspruch.)" sozialen Tätigkeit der Gemeinde herbeizuführen. Bei den Be= ratungen im Plenum und im Ausschuß wurde von unserem Redner gemeinen Arbeitsordnung hielt die Fraktion natürlich nicht ab, mit ein ausführliches Bild des Arbeitsgebietes für einen solchen Aus- weiteren Anträgen bezüglich der städtischen Arbeiter vorzugehen. schuß gezeichnet, der übrigens in einer ganzen Reihe deutscher am 10. September 1908 wurde ein Antrag von uns beraten, den Städte schon bestände. Ein großes, besonders in Berlin wichtiges Magistrat zu ersuchen, die Regelung der Lohn- und Arbeitsver­Feld sei die Wohnungsfrage; hier habe man die Möglichkeit hältnisse der städtischen Arbeiter nach den vorliegenden spezialisierten der Errichtung eines Wohnungsamtes, eines Wohnungs- Anträgen vorzunehmen und die dazu erforderlichen Mittel in den nachweises, einer städtischen Wohnungsinspektion, die Stat 1909 einzuseßen". Förderung des Kleinwohnungsbaues- sei es durch die Für unser Vorgehen war maßgebend, daß im Jahre vorher Stadt felbst, sei es durch Unterstützung von Genossenschaften, die eine dirette Petition der städtischen Arbeiter an den Magistrat Pflege der kommunalen Boden- und Verkehrspolitik zu damit beantwortet worden war, daß die Anträge auf Erhöhung des erörtern. Ein weiteres wichtiges Feld sei die Arbeiter Arbeitslohnes usiv. durch die Feststellung des Etats pro 1908 ihre politit. Dahin gehören Besprechung der Arbeitsordnung Erledigung gefunden" hätten, und daß der Magistrat ,, nicht in für städtische Arbeiter, die Frage des Arbeitsnachweises, der Lage sei, zurzeit in eine erneuete Prüfung der Anträge einzu­des Arbeitslosenproblem 3. Bei dieser wichtigen Frage, treten". Bestimmend für uns war ferner, daß unseren Vertretern, die gerade jetzt wieder so energisch an die Tür klopfe, hätte der die bei der Statsberatung für Lohnregelungen eintreten, stets er­Ausschuß zunächst das statistische Material zu verarbeiten, die widert wurde, man könne so tief einschneidende Maßregeln nicht Erfolge der Versuche mit der Arbeitslosigkeitsversiche im Drange der Etatsfeststellung erledigen. In den einzelnen Ver­rung in anderen Gemeinden und Ländern zu prüfen, die Be- waltungsdeputationen aber, nun, einer unserer Redner sagte schaffung von Arbeit im Winter und schlimmstenfalls von aus eigener Erfahrung heraus:" Es ist ein großer Unterschied, ob Notstandsarbeiten zu erwägen. die Frage hier behandelt wird oder in den Deputationen. In den Deputationen fehlt die Resonnanz der Oeffentlichkeit.( Burufe.) Ja, das sage ich mit voller Ueberlegung. Da werden sehr viele Ausdrücke gebraucht und Ausführungen gemacht, die die Herren nicht wagen würden, hier in der Oeffentlichkeit vorzubringen.( Sehr richtig! und Unruhe.)" Häufig genug aber heißt es auch in einer Deputation, man dürfe in einer einzelnen Verwaltung nicht einseitig vorgehen; so war der von uns beschrittene Weg der ge­botene. Der Antrag forderte: In allen kontinuierlichen Betrieben Festseßung der Arbeitszeit auf 8 Stunden, wie es bereits in den Gaswerfen fei, im übrigen die 9stündige Arbeitszeit. Unser Redner konnte sich darauf berufen, daß die Forderungen außerordenlich mäßige feien. Der Neunstundentag ist in der Berliner Induſtrie allgemein üblich, zudem hätten wir anerkannt, daß es Betriebe gäbe, die nicht ohne weiteres zum 9stündigen Arbeitstag übergehen fönnten. Darum seien Ausnahmen für das Badepersonal und für das Küchen- und Pflegepersonal der Pflegeanstalten vorgesehen. Dagegen werde vor allen Dingen für das Pflegepersonal der Fort­fall des Logiszwvanges verlangt. Bezüglich der Löhne wurden zwei Forderungen gestellt. Einmal Einführung von Wochenlöhnen an Stelle der Tages- und Stundenlöhne, wie sie bereits in Staats­betrieben( Bayern ) und einer Reihe deutscher Städte bestehen; so­

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Ein drittes großes Gebiet läge in der Sorge für die Jugend bis zum schulpflichtigen Alter, das Gebiet der Säuglings­fürsorge sei eben erst betreten, und hiermit müsse die Schwan geren- und Wöchnerinnen fürsorge und des weiteren die Kinderhorte, die Krippen und die kindergärten ber­knüpft werden. Auf diesen Gebieten sei noch alles der Privat­tätigkeit überlassen, die abgesehen von anderen Nachteilen. auf keinen Fall ausreiche. Freilich unterstüße die Stadt auch Vereine, die sich mit diesen und anderen sozialpolitisch wichtigen Gegen­ständen beschäftigten, durch alljährliche Zuwendungen. Aber wenn man auch nicht weitergehen wolle, so sei ein ständiger Ausschuß, der mit der Zeit ein großes Maß von Erfahrung und einen weiten leberblick gewinnen müsse, nötig, um die Verteilung dieser Gelder awedmäßig zu gestalten und an gewisse Bürgschaften bietende Be­Singungen zu knüpfen. Aber die Aufzählung aller dieser Aufgaben, denen noch andere angereiht waren, bermochte das Schicksal des Antrages nicht abzuwenden. Im Plenum wie im Ausschusse wurden nur recht wenig stichhaltige Gegengründe angeführt, da wurde bezweifelt, ob die Städteordnung einen solchen Ausschuß zuließe(!), Sa wurden Kompetenzkonflikte zwischen diesem Ausschuß und den einzelnen Verwaltungen befürchtet. Da wurde angeführt, daß ein

Kleines feuilleton.

Ein Zeitungsjubiläum. Dreihundert Jahre sind in diesem Jahre vergangen, feit 1609 die erste regelmäßige Zeitung in Deutschland erschien. Bis zu diesem Zeitpunkte existierten nur private Relationen"( Mitteilungen), die sich die Fürsten und Kaufleute durch ihre Korrespondenten aus verschiedenen, für sie wichtigen Gegenden zugehen ließen. Sowohl die privaten Re­lationen der Kaufleute als auch die später einsehenden öffent lichen Zeitungen wurden ins Leben gerufen durch die Interessen des Handelskapitals, das sich damals zu entfalten begann. Ent­deckungen und Erfindungen waren gemacht worden, Handelsstraßen und Stapelpläke hatten sich herausgebildet, kurz: das Aufblühen des Handels verlangte eine bessere Informierung über die Zu­stände in den Bezugs- und Absatzgebieten, über Krieg und Frieden, Pest und Hunger usw.

Dem Straßburger Buchdrucker Johann Carolus gebührt das Verdienst, die erste öffentliche Zeitung herausgebracht und der erste deutsche Zeitungsverleger gewesen zu sein. Die Straßburger Zeitung des Johann Carolus wurde durch folgenden Kopf geziert:

Relation

Allen Fürnem­

men und gedenkwürdigen Historien/ so sich hier vnd wider

in Hoch und Nieder Teutschland/ auch in Frankreich , Italien , Schotts vnd Engelland Hispanien/ Hungarn/ Polen , Siebenbürgen / Wallachey/ Moldav / Türkey/ usw. Im diesem 1609. Jahr verlauffen

vnd zutragen möchte. Alles auf das trevlichst wie

ich solche bekommen vnd zu wegen bringen mag, in Truck ver­fertigen will.

Nun, wir hoffen, daß auch jest nach Jahresfrist die Arbeiter des Vorgehens der Majorität gedenken und Mann für Mann dafür sorgen, daß die sozialdemokratischen Kandidaten mit überwältigen­den Stimmenzahlen gewählt werden.

Die Stadt Berlin ist nicht nur als Unternehmer Arbeitgeberin, sie ist es auch indirekt, da vielfach Arbeiten an Unternehmer ver­geben werden. Wir erinnern nur an die zahlreichen Bauten und ihre innere Einrichtung. Betreffs der Vergebung solcher Arbeiten brachte unsere Fraktion noch im Oktober 1907 zwei Anträge ein: den Magistrat zu ersuchen, 1. mit der Versammlung in gemischter Deputation darüber zu beraten:

in welchem Umfange die gegenwärtig an Privatunternehmer vergebenen städtischen Arbeiten in eigener Regie der Gemeinde­verwaltung ausgeführt werden können";

2. die Vorschriften über das städtische Submissionswesen einer Neuregelung zu unterziehen und hierbei festzusehen, daß die Lieferungen und Arbeiten für die Stadt öffentlich aus­geschrieben werden, und daß den Submittenten die Verpflichtung auferlegt wird, für die mit der Ausführung städtischer Aufträge beschäftigten Arbeiter die von den gewerkschaftlichen Organisa­tionen ihres Berufes vereinbarten Lohn- und Arbeitsbedingungen anzuerkennen".

In der Diskussion, die am 24. Oftober 1907 stattfand, vers wahrten sich die Redner der Majorität namentlich gegen die Uebers nahme neuer Arbeitsgebiete in städtische Regie; alle privatkapita listischen Register wurden gezogen; namentlich wurde entgegen aller Erfahrung behauptet, daß die Stadt viel teurer arbeite und daß es daher höchst bedenklich sei, den der Stadt verantwortlichen Unter nehmer auszuschalten. Immerhin wurden beide Anträge einem Ausschuß überwiesen. In diesem wurde der erste Antrag schnell erledigt", der denn auch am 16. Januar 1908 im Plenum glatt abgelehnt wurde, obgleich unser Redner immer wieder betonte, daß es sich zunächst doch nur um eine Untersuchung handele.

Die Beratung des zweiten Autrages hatte der Ausschuß vertagt,

*) Jn das Gebiet der unfreiwilligen Komik gehört dagegen eine Bemerkung, die Herr Cassel in einer wutschnaubenden Erwiderung auf die Ausführungen unserer Redner und des Dr. Preuß mit Anspielung auf die französische Revolution machte: Wir wollen nicht die Stadtverordnetenverwaltung zu einer Art Konvent ge­stalten, der die gesamte Verwaltung an sich reißt.

weil mit solchen Zeitungen öfters große unrichtigkeit vorgehet". Sauld an dem großen Breissturz trägt die Billigkeit des Vanillins, Hier bekundet sich also zum erstenmal das Mißtrauen, womit die deffen Preis, anfangs 400 M. für ein Kilogramm, durch Verbesses Behörden durch die Jahrhunderte hindurch die Preffe verfolgt rung der Erzeugungsmethoden nach und nach bis auf 30 m ge­haben. Ehe in Leipzig der Plan verwirklicht werden konnte, er- funken ist. Es wiederholt sich nun auch hier das alte Schauspiel: schien vom Jahre 1651 ab in Köln die Postzeitung", borerst auch die bisherigen Produzenten wollen den durch wissenschaftliche Re­nur wöchentlich, später änderte sie ihren Titel in Kays.- Röm. fultate erzielten Fortschritt durch Steuereingriffe hemmen, zu dem Reichs- Oberpostzeitung", und ist jetzt noch unter dem Titel öl- einzigen Zwecke, um ihr bisheriges Monopol aufrechtzuerhalten. nische Zeitung" als nationalliberales Blatt bekannt. Am 1. Januar Die französischen Vanillepflanzer, die sich genau so für unentbehr 1860 fonnte man in Leipzig die erste deutsche Tageszeitung er lich halten wie die deutschen Agrarier, verlangen daher eine Steuer scheinen lassen. Sowohl die Kölnische als auch die Leipzigerin für das Banillin, das zur Grundlage die Intensität des Riechstoffs erschienen in einer deutschen und einer lateinischen Ausgabe mit hat. Man hat nun gefunden, daß das Vanillin hundertmal so stark Rücksicht auf die verschiedenen Abonnenten. Zu Anfang des folgen- riecht wie Vanille. Sie wünschen daher, daß die Steuer auf den Jahrhunderts tauchten dann in den meisten größeren Städten Banillin hundertmal so groß sei wie auf Vanille; letztere beträgt Beitungen auf, so 1710 der Hamburger unparteiische Courrier", mur 2,08 Frank für das Kilo. Indessen hat die französische Regie­1721 die spätere Bossische Zeitung" in Berlin , 1730 die" Magde- rung diesen unerhörten Forderungen nur teilweise Rechnung ge burgische Zeitung", 1742 die Schlesische Zeitung", 1751 die" Königs- tragen. Sie hat in dem Statsvoranschlag für 1910 eine Steuer berg. Hartungsche Zeitung". von 60 Frank für das Kilo Vanillin vorgeschlagen, wozu noch

Notizen.

Die Herstellung der damaligen Blätter mittelst Flachdruck war 15 Frank für solches Vanillin tritt, das von fremden Ländern nach ziemlich umständlich, ebenso der Nachrichtendienst, der durch Boten, Frankreich eingeführt wird. Der Siegeszug des Vanillin wird sich Staffettenreiter und auch Ertraposten bewerkstelligt wurde. Das dadurch natürlich nicht aufhalten lassen. große Format einzelner Blätter war eine Anlehnung an das englische Beitungswesen. Dort mußte pro Bogen ein Stempelgeld bezahlt werden, daher suchte man die Bogen möglichst groß zu machen. Das vielfach gebrauchte Worte Gazette" für die Zeitung stammt von einer fleinen venezianischen Münze, für die dort im 16. Jahrhundert Nachrichtenblätter verkauft wurden. Seitdem hat sich das Zeitungswesen riesig entfaltet. Wenn der ehrbare Meister Johannes Carolus einen Blid in das moderne Zeitungsgebäude unserer Zeit mit seinen Rotations- und Sehmaschinen, seinen aus­gedehnten Offizinen und dem entwickelten Nachrichtendienst werfen fönnte, er würde Augen machen. Am meisten würde ihm wohl der eiserne Kollege" imponieren, der heute vieler Hände Arbeit über­flüssig macht.

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- Kunstabende. Der Dichterabend des Schiller­Theaters, Charlottenburg , der am Sonntag stattfindet, ist Heinrich Heine gewidmet, Den einleitenden Vortrag hält Theodor Kappstein. Am 5. November findet im Mozartsaal eine Thoma Feier statt, die von der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege veranstaltet wird. Professor Thode- Heidelberg hält die Festrede. Schillers Werte für eine Mart. Der Schwäbische Schillerverein gibt zum 150. Geburtstage Schillers( am 10. Now bember) des Dichters Gedichte und Dramen in einer Auflage von 110 000 Gremplaren heraus. Der 594 Seiten starte, gebundene Band kostet 1 M. Bestellungen find an das Schatzmeisteramt des Schwäbischen Schillervereins, Stuttgart ( Königstr. 31 B) zu richten. Vanille und Banillin. Seitdem die wissenschaftliche Chemie Vorträge. Die norwegische Jbsendarstellerin Agnes namentlich in Deutschland so gewaltige Fortschritte gemacht und der Symra trägt am 29. Oftober im Choralionsaal Peer Auf beiden Seiten dieser Anpreisung befanden sich von Künstler- chemischen Industrie die Mittel und Wege gezeigt hat, wie sie ge- Gynt" von Jbsen in deutscher Sprache vor. Ein Wettflug von Paris nach Brüssel . Der hand gezeichnete Randleisten mit Blumenmotiven. Diese Zeitung wisse Stoffe billiger herstellen kann, als sie sonst durch Anbau und hat nachweislich bis zum Jahre 1679 existiert; ein ganzer Jahr Bearbeitung von Planzen zu erlangen sind, ist manche Pflanzen- Französische Automobilklub hat beschlossen, eine Wettfahrt mit gang sowie auch der Druckereitaufvertrag des Meisters Carolus fultur fast ganz eingegangen. Wir erinnern nur an die Indigo- Flugmaschinen von Paris nach Brüssel zu organisieren, die wahr­Die fulturen. Neuerdings ist auch der Vanille ein großer Konkurrent scheinlich im nächsten Frühjahr während der Eröffnungswochen der befinden sich in der Heidelberger Universitätsbibliothek . Straßburger Zeitung war ein Wochenblatt. Der zunehmende in dem auf chemischem Wege erzeugten Vanillin entstanden. Die Internationalen Brüsseler Ausstellung stattfinden wird. Verkehr sowie die Berwickelungen, die durch die damaligen Kriegs- Banille ist eine Zwischenkultur, deren Pflanzung in unseren Schuß- Terrain bietet keine ernsthaften Schwierigkeiten und man nimmt händel verursacht wurden, hatten bald das Bedürfnis nach einer gebieten noch ziemlich im Anfange steht; in der Hauptsache wird an, daß die Entfernung in vier Flügen von je einer Stunde wird Tageszeitung wachgerufen. Insbesondere in Leipzig , als einem fie in Merito und in den französischen Kolonien gewonnen. In zurückgelegt werden können. Es sollen pier Landungsstationen fest. Dem Gewinner würde auch der englische Preis bedeutenden Mittelpunkt des Handels, wurde bald der Ruf nach diesen leben gegen 40 000 Personen von ihrer Kultur. Aber der gesetzt werden. ciner solchen laut. Der dortige Buchdrucker Peter Bauer wandte Wert der berühmten französischen Vanille, die in die ganze Welt von 20 000 M. zufallen, der für die größte mit der Flugmaschine fich, um das Privilegium zur Herausgabe einer Beitung zu er verschickt wird, ist so tief gefunden, daß die Pflanzer eifrig nach zurückgelegte Entfernung zwischen dem 15, August 1909 und dem halten, an die hohe Obrigkeit, die ihm dieses jedoch verweigerte, künstlichen Mitteln suchen, um den Preis wieder zu heben. Die 15. August 1910 ausgefekt ist.

Das