Ausfertigung desselben bei der Hand waren, ist die Zurücknahmeerspart geblieben.Am 30. Oktober erhielten die zwei Wirte von L e i m b a chden UkaS zugestellt, während die Zentralstreikleitung schon tagsvorher erfahren hatte, daß der Landrat telephonisch beim Regie-rungSpräsidenten die Herabsetzung der Polizeistunde auf 8 Uhrfür eine Reihe Lokale, ganz besonders aber für daS Gasthaus„ZumGrafen von ManSfeld" am Bahnhof Mansfeld, wodie Streikleitung wohnt(!), beantragt habe. Dieses Gasthaus liegtmehr als eine Viertelstunde von den Bergmannsdörfern entfernt,wird von Bergleuten fast gar nicht besucht, sondern von dem reisen-den Publikuni. Dennoch sollte die jetzt schon auf 10 Uhr fest-gesetzte Polizeistunde auf 8 Uhr herabgesetzt werden, um dadurchdie Streikleitung nochmals an die frische Luft zu setzen. Esist nicht so weit gekommen, weil der Oberpräsident auf einedringende Beschwerde hin den Leinchachern Wirten die Polizei-stunde auf 11 Uhr heraufgesetzt hat.Der Herr Amtmann von Kreisfeld, Herr v. Doettn-chen, der eine Frauenversammlung nur bis 5 Uhr„genehmigteswar mit der Ausstellung des UkaseS nicht so fix wie Herr Z i e g l e rvon Leimbach, und so erlebte er, daß er mit der Ausstellung auchsofort die Zurücknahme verfügen mußte. Am Mittwoch, den3. November, erhielten die Wirte in seinem Amtsbezirk, in Z i e g e I-rode und Alsdorf die Verfügung, um 8 Uhr zu schließen,worauf die Wirte sich an den Landrat»vandten und von diesem dieAufhebung des Ulajes versprochen erhielten. Der eine Wirt be-gab sich nun zum Herrn Amtmann und bat um die sofortige Zurück-nähme des Erlasses. Er hörte, wie der Herr Amtmann sich mitfeinem Sekretär darüber unterhielt:„Welche Begründung sollen wir der Zurücknahme denn nungeben!? Wir blamieren uns ja, wenn wir nichteine entsprechende Begründung finden."Dem Wirt ließ man die Aufhebung des Schankverbots um8 Uhr mündlich mitteilen, jedoch werde die schriftliche Begründung erfolgen. Wir und jedenfalls die ganze Ocffcntlichkeit sind'gespannt darauf, lvclche Begründung der Amtmann von Toetinchcnzu der Aufhebung dncS Polizeierlasses„finden" wird, dener zwei Stunden vorher zur Rettung des Staates ausgefertigthatte. Er wird kaum jemand überzeugen, daß die Herabsetzungder Polizeistunde notwendig war.» �»Wie verschiedenen Blättern gemeldet wird, trafen inManSfeld der Oberpräsident der Provinz Sachsen und derNegierungsrat von Merseburg ein. Unter dem Beisein derGendarmerieoffiziere und im Beisein des Militärkommandosfand im Nathanse eine Konferenz statt.—Line Schandtat der rumänischenliiegiening.Vor zwei Jahren hat die rumänische Regierung unserenGenossen N a k o w s k i ausgewiesen. Rakowski ist Bulgarevon Nationalität, aber da er in der Dobrudscha geboren,rumänischer Staatsangehöriger. Doch dashinderte die Regierung an seiner Ausweisung durchaus nicht;hat ja die rumänische Regierung, entgegen den klaren Be-stinimungen des Berliner Kongresses, es schon immer als ihrRecht beansprucht, ihre jüdischen Staatsangehörigen als„Fremde" zu erklären und auszuweisen. Seit die sozialdemo-tratische-Bewegung auch in Rumänien ihren Einzug gehaltenhat. hat die Regierung diese rechtswidrige Praxis einfachauch auf die Sozialdemokraten übertragen, und zu den erstenOpfern dieser Nichtswürdigkeit gehörte Rakowski. Dabei warnicht etwa seine Staatsangehörigkeit je zweifelhaft. War erdoch längere Zeit Gemeinderat in seiner Vaterstadt. Jedochfeine hervorragende Beteiligung an der Rettung derMatrosen des„Potemkin" und besonders, daß er währendder letzten A g r a r b e w e g u n g für die massakriertenBauern sich furchtlos einsetzte, erregte die Wut der BukaresterGewalthaber, �nd deshalb die Ausweisung. Das geschahvor zwei Jahren. Als Rakowski jetzt den Versuch machte,zurückzukehren, wurde er verhaftet.Ueber die weiteren Vorgänge meldet der„Adeverul":Rakowski wurde an der Grenzstation Cajeni den u n g a r i-scheu Behörden übergeben. Da Rakowski jedoch kategorischerklärte, er sei rumänischer Untertan und wolle sein Landnicht verlassen, erklärten die ungarischen Beamten, niemandenzu einem unfreiwilligen Aufenthalt in Ungarn zwingen zukönnen. Nun erklärte Ministerpräsident B r a t i a n u, daßer unter keinen Umständen zulassen werde, daß Rakowskivor den Gerichten Rumäniens erscheine. Eher werde er w i eMaura in Spanien handeln und sodanndeinissionieren. Bratianu hat den Polizeiinspektor B r a-j e s c u und vierzig Gendarmen nach Cajeni entsendet, welcheRakowski fesselten und forteskortierten.Ueber seinen Aufenthalt ist bisher keine Nachrichteingetroffen. Der„Adeverul" verständigte telegraphischRakowski, daß drei der hervorragendsten rumänischenAdvokaten, darunter des ehemalige Justizminister D i s e s c u,sicki bereit erklärten, die Verteidigung Rakowskis zu über-nehmen. Das betreffende Telegramm kam mit dem Vermerkzurück, daß Rakowski unbekannten Aufenthaltssei. Das Blatt teilt weiterhin mit, daß auch von den vierzigGendarmen bisher kein einziger in Bukaresteingetroffen sei, und erklärt, daß das SchicksalRakowskis ungewiß sei. In Bukarest herrsche diegrößte Aufregung.Und diese Aufregung ist nur allzusehr berechtigt, undwas zu befürchten ist, zeigt die Drohung des Bratianu nurallzu deutlich.In B u k a r e st veranstalteten Dienstag die Sozialdemo»kraten eine P r o t e st v e r s a m m l u n g gegen die Aus»Weisung. Als die Teilnehmer das Lokal verließen, wurdensie von dcn Schutzleuten aufs brutalste ange»griffen. An die hundert Menschen wurdenVerwundet. Das Volkshaus mußte in ein Spital ver-wandelt werden. Die Arbeiter in B r a i l a und G a l a tz,wo Rakowski vorwiegend sein? Tätigkeit entfaltet hatte, be-absichtigen, den allgemeinen A u s st a n d zu organi-sieren.Aber die Schandtat, die an Rakowski begangen wurde,wird auch außerhalb Rumäniens den schärf st en Protestwachrufen müssen. Das politische System der Gewalttätig-keit und Korruption, das die rumänischen Bojaren überdas unglückliche Land verhängt haben, länger zu dulden,wäre eine Schande für alle, die in Europa noch ein Ge-fühl für Freiheit und Recht sich bewahrt haben. Schon längstwären die Großmächte, die den Berliner Vertrag unter-zeichnet haben, verpflichtet gewesen, gegen die fortwährendefreche Verletzung des Völkerrechts durch die rumänische Regierung Einspruch zu erheben. Es ist Zeit, daß die Re-gierungen energisch an diese ihre Pflicht gemahnt werden.Ler deatschnatloiiale LumiMniiMl.Der Zentralverband der Handlungsgehilfen hatte am V. September eine Versammlung nach den Arininhallen einberufen. Eswar zur Zeit, wo die Triolenaffäre des Herrn Sckmck in derOeffenllichkeit lebhaft erörtert wurde. Obwohl das Thema derPersammlung:„Hohe Steuern. niedrige Gehälter" nichtdarauf schließen ließ, daß von der triolen Brunst desHerrn Schuck gesprochen werden könnte, hatte der deutschnalionaleHandluugsgehilfen-Verband seine Anhänger in die Versammlungbeordert mit dein Auftrage, zu verhindern, daß überdie Schack-Affäre gesprochen werde und Beleidigungen, diegegen Schock erhoben werden sollten, festjiistelle». EineAnzahl Deutsch nationaler mit ihren FührernThomas und Walz an der Spitze, waren der Anffordernngnachgekominen und bemühten sich, durch fortwährende, gar nicht zurSache gehörende Zwischenrufe den Vortrag des ReferentenStröbel zn stören. Durch derartige Zwischenrufe provoziert, machteStröbel eine auf Schucks Trioleu Verhältnis bezügliche Be-merklmg. Darauf erhob sich der deutschnationnle Führer Thomasund rief dem Referenten Ströbel zn:«Sie sind ein g e-meiner L n m p 1" Die Freunde des Herrn Thomas erhöbenein wüstes Gdchrei. Infolgedessen enlüand ein allgemeinerLärm. Der Vorsitzende der Bersammlung forderte Thomasauf. den Saal zu verlasseit. Daraus zog Thomas mirseinem Anhang unter lautem Rufen und Singen langsamnach dem Ausgange. Ii» der Nähe der Saaltür und aus derTreppe kam cL zu Rempeleien zwischen Dnitichnationalenund Anhängern des ZentralverbandeS. die dadurch verursacht ivaren,daß die Deutschnationalen dcn Ausforderungen der Ordner desZentralverbandeS, dcn Saal zu räumen, mir zögernd und wider-willig nachkamen, zum Teil sogar mit hoch erhobenen Stöcken undSchirmen drohten.— Fünf Personen, die in dem lärmendenHaufen an der Saaltüre verwickelt waren, mußten am Freitag alsAngeklagte vor der 120. Abteilung des Schöffengerichts Berlin-Mitte erscheinen. Die Angeklagten Bändel, Hofs mann,Lucatis, Duhm und Feder sind teils der Beleidigung,teils der Körperverletzung beschuldigt, die sie, auf Seite desZentralverbandeS stehend, gegen Anhänger der Deutschnationalen be-gangen haben sollen.Am schwersten wird Ho ff mann durch die Anklage beschuldigt.Er soll einen Deutichnationalen mit einein Gummiknüppel geschlagenhaben. Richtig ist zwar, daß Hosfniann, als der Sladau in vollemGange war, einen Gummiknüppel in der Hand hatte, aber, wie vorGericht durch einwandfreie Zeugen festgestellt wurde, ist dieserGummiknüppel deutsch nationaler Herkunft. EinMann, dessen Persönlichkeit leider nicht festgestellt werden konnte,der sich ober durch kräftige„Heil"- Rufe als Freund der HerrenSchack und Thomas zn erkennen gab, schwang den Gunimi»knüppel gegen Anhänger des Zentralverbandes. Der An-geklagte H o f f>n a ii n und ein Zeuge entwandendein deutsch nationalen Knüppelhelden die Waffe,die nun in der Hand Hoffnianns verblieb, der sie triumphierend indie Höhe hielt. Der deutschuationalc Führer Thomas nutzte dieseSituation aus. indem er unter Hinweis auf Hoffmann seinenFreunden zurief:„Haltet dcn Mann mit dem Gninmiknüppel, denwollen wir feststellen." Durch dies Manöver scheint in der Phantasieder überhitzten deutschnationalen Gemüter die Auffaffung entstandenzu sein, daß Hoffinaiin mit dem Knüppel geschlagen habe. EinZeuge auS dem Lager der Deutschnationalen will auch einen nichtsehr schmerzhaflen Schlag von Hoffmann erhalten haben, wa« dieserjedoch entschieden bestritt. Von einem anderen Zeugen wurde mitSicherheit bekundet, daß die D e u t s ch n a t i o n a l e n mit Stöckenund Schirmen geschlagen haben.Die übrigen Angeklagten wurden durch sehr un-bestimmte Zeugenaussagen beschuldigt, in dem allgemeinen Radaubeleidigende Aeußerungen gemacht oder auch einen Deulschnatioimlengestoßen zu haben.Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, der drei derAngeklagten verteidigte, beantragte die Freisprecht, na seinerKlienten, da gegen sie»ichtS erwiesen sei. Festgestellt sei dagegen.daß die Deutschnationalen die Versammlung besucht hätten in derAbsicht, sie zu stören, während die Angeklagten bestrebt gewesenseien, die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Nach dem Ergebnisder BeweiSoufnahme milsse gesagt werden: es find dieUn rechtenauf die Anklagebank gekommen. Der Mann, der mitden» Gummiknüppel bewaffnet in die Versammlung ging und denGummiknüppel gegen seine Gegner schwang, hätte auf die Anklage-dank gebracht werden müssen.In ähnlichem Sinne plädierte auch Rechtsanwalt Sieg-b e r t L ö w y für die Freisprechung dcS von ihm verteidigten An-geklagien Feder.Da? Urteil des Gerichts erging dahin: Hinsichtlich der Ange-klagten L u c a t i S und Duhm ist nicht erwiesen, daß sie sich derBeleidigung oder Körperverletzung schuldig gemacht haben. Er»wiesen ist. daß derGummiknüppel zuerst in denHänden eineSDeutsch nationalen war und daß ihmHofsmann den Knüppel weggenommen hat. Da ei»Zeuge mit Bestimmtheit belundet hat, Hoffmann habe ihn mit demKnüppel geschlagen, so mutzte Hoffmann wegen Körperverletzungmittels gefährlichen Werkzeuges verurteilt werden, es sind ihm abermildernde Umstände zugebilligt worden. Dem Angeklagten F e d e rist nachgewiesen, daß er einen Anhänger der Deutsch-nationalen geschüttelt und ihm dadurch ein körperliche«Mißbehagen verursacht, also eine Körperverletzung begangen hat.Die Verhandlung gegen den Angeklagte» Bändel wird vertagt.weil ein wichtiger Zeuge ausgeblieben ist. Hoffmann undFeder werden jeder zu zehn Mark Geldstrafe verurteilt,Duhm und Lucatis werden freigesprochen.Die Verhandlung hat klar erwiesen, daß die Deutsch-nationalen, ihr Führer Thomas voran, die Versammlungdurch Radau und Beleidigungen gestört haben, unddaß zun: mindesten ein Deutschnationaler mit einem Gummi-knüppel— sicher nicht in der Absicht, damit zu dem Thema„Hohe Steuern, niedrige Gehälter" zu sprechen— sich zurVersammlung begeben hat. Und gegenüber diesem Sach-verhalt hat diese Triolengruppe des Reichsverbandeszur Bekämpfung der Sozialdemokratie sich erdreistet, inhaufenweise am Tage nach der Versammlung verbrettetenFlugschriften die Wirklichkeit ans den Kopf zu stellen undsich als die armen Opfer der von ihnen Ueberfallenen hinzustellen. Wird das Wölfische Telegraphenbureau, daS gleicheUnwahrheiten nach der Versammlung in die Welt hinausposaunte, seine unrichtige Nachricht nunmehr widerrufen?Dieser Thatbestand ist, wiewohl eine Verurteilung vonzwei Angeklagten erfolgt ist, unumstößlich festgestellt. DieNerurteUiiiigen dürsten in der Berufungsinstanz aufgehobenwerden müfien. Denn selbst wenn ein Deutschnationaler geschüttelt oder mit dem seinem Freunde entwundenen Knüppelberührt ist, liegt unter den erwiesenen Umständen hierin keineBeleidigung, denn auch der einzelne Versammlungsbesucherhat das Recht, sich gegen radau», störungs- und schlaglustigeHausfriedensbrecher zu schützen. Die Deutschnationalen,welche mit Gummiknüppeln die Versammlung besuchten, dieBersammlung durch Beleidigungen und Radau störtenund durch wüstes Geschrei die Fortsetzung der Versamm-lung verhindern wollten, haben durch ihr Eindringenin die Versammlung gemeinschaftlichen Haus-friedensbruch begangen. Sie. nicht die Angeklagten,gehörten auf die Anklagebank. Uns wäre eS gleichgültig, ob,nachdem der Tatbestand gerichtlich festgestellt ist, gegen sienunmehr von Amtswegen Anklage erhoben werden wird, lvennes uns gleichgültig wäre, daß die Gerechtigkeit blind ist. wennes sich um Straftaten handelt, die Sozialdemokraten gegen-über begangen sind. Eine Nichterhebung der Anklage recht-fertigt noch mehr als bisher für Sozialdemokraten die An-Wendung der Notwehr.Welcher anständige Mensch vermag, nachdem dasVerhalten der Führer des deutschnationalen Verbandes sosonnenklar erwiesen ist, den, Trioleuverband weiter angehören,ohne Scham zu empfinden?politifcde ClebevNdrt.Berlin, den 5. November 1909.Tie Sparsamkeit im Neichsschatzamt.In einem Teil der bürgerlichen Presse wurde vor einigen Tagenberichtet, der NeichSschatzamtSsekretär Mermuth solle bei der Auf-stelluug deS neuen NeichSetalS auf möglichste Sparsamkeit gedrungenund von den Forderungen einzelner SiessorlS bcrrächtliche Smumeu— im ganzen an 180 Millionen Mark— abgestrichen haben, undzwar wären beim Hcereshaushalt die größten Abstriche vorgenommenworden.Diese Nachricht hat ans leicht begreiflichen Gründen in gewissenKreise» der Großindustiielle», besonders bei den Stahlindustriellen,viel Verdruß hervorgerufen; denn an den Lieferungen für Heer undFlotte wird gul„verdient". Um diese Verstimmung abzuschwächen,bringt die„Rhein.-Westf. Ztg.", das Blatt, das bisher am meistenfür Flolteurüstungeu schwärmte, folgende, allem Anscheinnach offiziöse Beschwichtigungsnotiz:„Daß der neue Machthaber im Neichsschatzamt bei seiner grüud-licheu Spartätigkeit keiiieu sehr erheblichen Widerstand fand,ist teils darauf zurückzuführen, daß er den Kanzler mitseiner vollen Zustimmung und Unterstützung hinter sichwußte, andererseits aber besonders beim HeereshaushaltS-plan, der bekanntlich stets eine besondere Nolle spielt, Generalv. Heringen als Neuling wohl noch nicht sattelfest genug ist, umjede einzelne Forderung«rlämpseu zu können. Hoffentlichist aber gerade hiertiichtam unrechten Endege«spart worden. Daß es aber überhaupt möglich war, so un»geheure Sunimen einfach auszumerzen, läßt doch die Vermutungauskommen, daß a ir»r a» ch e n Orten der Sinn fürrichtige Einteilung der wirklich vorhandenenBedürfnisse noch recht schwach e n t iv i ck e l t ist. ESwäre deS Deutschen Reiches durchaus unwürdig, seiner augeublicklichimmer noch bestehenden bedrängien Fiiiauzlagc wegen Abstriche zumachen, die direkte Schädigungen an, Organismusdes Heeres oder der Flotte herbeiführe» könnten,oder Deutschland gar hinderte», seinen kulturellen Ber»Pflicht ungen als führende Großmacht gerechtzu werden. Wie man uns aber versichert, handelt cS sich beiden 130 Millionen um Dinge, die ihrer Beschaffenheit nach ent-weder einen Aufschub recht wohl vertragenkönnen oder in der Tat überflüssig sind. Wir glaubendaher, daß daö deutsche Volk die stille ersprießliche Täligleit de»Reichsschatzamtes voll anerkennen wird. Diese Art, Abstriche zumachen, ist entschieden dem Gezänk im Reichstage um jedeneinzelnen Pfennig vorzuziehen."In Wirklichkeit dürfte es sich bei der Ausstreuung der Nachricht,der neue ReichSschatzsekretär hätte auS übertriebenen SparsamkeilS-rücksichten beim ReichshauShaltSetat bereits größere Abstriche vor»genoniinen, als sich eigentlich mit Deutschlands Großmachlstellungverträgt, nur um eine auf die Naivität so manche? ZeitungSleserSspekulierende geschickte Mache zu handeln. Man fürchtet offenbar inden RegierungSkreisen, daß in Anbetracht der schlechten Reichs«finanzlage der Reichstag von den Etatssordeningen erhebliche Summenstreichen könnte, und dem sucht mau vorzubeugen, indem man ver»sichert, der RcichSschatzsekretär hätte schon selbst die Forderungen dereinzelnen Ressorts dermaßen beschnitten, daß für dm Reichstagnichts mehr zum Abstreichen übrig bleibe.Kommunaltvahlsiege.Die erste preußische Gemeinde mit sozialdemokratischerStadtverordnetenmehrheit.Solingen, B. Oktober.(Privatdepesche deS„Vorwärts".)In H o ch s ch e i d(oberer Kreis Solingen) hat heute die Sozial»demokratie die Mehrheit im Stadtvcrordnetcnkollegium erobert. Inder zweiten Abteilung wurde Genosse Redalteur Deiselvon der„Bergischen Arbeiterstimme" mit 76 gegen 29 bürgerlicheStimmen zum Stadtverordneten gewählt. Die Sozialdemo-Iratie besitzt jetzt 13 von den 24 Mandaten des Hochscheider Stadt-verordnetenkollegiums.•Die Siege in Altona.Wie schon telegraphisch gemeldet, halten auch am zweiten Tageunsere A l t o n a e r Genossen einen glänzenden Sieg überdas vereinigte Spießertum errungen. Bis zum Jahre 1003 glaubtesich die Bourgeoisie, die sich durch besondere Rückständigkeit inkommunalen wie sozialpolitischen Dingen auszeichnet, in ihrerKommunalherrschaft durch das reaktionär« Wahlrecht— 1200 Mark-Zensus und öffentliche Stimmabgabe— in ihrer Herrschaft gesichert. Als aber im Vorjahre unsere Partei einen gewaltigenVorstoß machte, indem sie gegen die vorherige Wahl über 1000Stimmen gewann, wurden die Prominenten, die stets im engstenKreise die Wahlen„machten", aus ihrer Lethargie cmporgeschrcckt.Hannibal ante portas I hieß eS, Bürger, wahrt Eure heiligstenRechte! lautete die Kampfparole gegen die Sozialdemokratie. Dieskandalöse Oberbürgermeisteraffäre, die vielen kommunalpolitischcnSünden bewirkten, daß viel« weiterblickende Bürger sich der Wahlder Roten freuen, von deren Eintreten für einen gesunden kommu-nalen Fortschritt sie eine Wendung zum Besseren erwarten. Indiesen Erwartungen wird man sich nicht täuschen, die fünf Hechteim bürgerlichen Karpfenteich werden für die nötige Bewegungsorgen.Am ersten Wahltage erhielten unsere Kandidaten 8984 bczw.392B, die Bürgerlichen 2895 bezw. 2919 Stimmen, am zweitenWahltage, an dem drei Stadtverordnete zu wählen waren,musterten unsere Kandidaten 4064 bczw. 4058 und 4055, die Bürger-lichen 3357 bezw. 3324 und 8165 Stimmen. Gegen das Vorjahrist unsere Stimmenzahl um rund 2200 gewachsen, hat sich alsomehr als verdoppelt. Von den über 17 000 Wählern übten etwasüber 40 Proz. ihr Wahlrecht aus. Die Bedeutung dieser Wahltritt um so schärfer hervor, wenn man in Betracht zieht, daß nurderjenige wahlberechtigt ist, der 39 M. Steuern bezahlt oder imBesitze eines Hauses ist. Und trotzdem haben unsere GenossenBresche gelegt in daS mit Privilegien doppelt umwallte Rathaus!Riesige Steigerung der sozialdemokratischen Stimmen in Köln.Bei der Stadtverordnetenwahl in Köln, dieam Donnerstag zu Ende ging, erhielten in der dritten Lwteilung:Sozialdemokratie 19 669, Zentrum 18 796 und die freisinnig-nationalliberale Liste 4000 Stimmen. Bei der letzten Wahl vorzwei Jahren hatten Sozialdemokratie 8460, Zentrum 11 170 undLiberale 2530 Stimmen. Durch die Ausdehnung des Wahlrechtsauch auf die Bürger, die zu einem Einkommen von 660— 900 M.veranschlagt sind(die veranlagt« Steuer wird nicht erhoben), hattesich die Zahl der Wahlberechtigten von 49 000 auf 70 000 vermehrt,Die Wahlbeteiligung stieg von 35 auf 48 Proz., ein Beweis, mitwelcher Energie diesmal gekämpft worden ist. Die Zahl der Wahl»berechtigten war um 41 Proz. gestiegen; die sozialdemokratischenStimmen aber nahmen nm 208 Proz. zu, während das Zentrumseine Stimmen nur um 68 Proz. und die Liberalen nur um 54