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zu spät gefällt wurde, da dem Bolen unterdessen die Belehrung zu- gegangen ist, dag er dasVolksblatt" ohne diese obrigkeitliche Ge- nchmigung auszutragen habe. Auch der folgende Vorgang zeigt, was Mansfelder   Behörden können. Ein junger Bergmann meldet sich freiwillig zum Militär, zu welchem Zwecke er ein Führungsattest seiner Ortsbehörde beibringen muß. Der Amtmann Lüdicke in Polleben   stellte dem Manne folgendes Führungsattest aus: Polleben  , den 4. November 1909. Führungsattest. Dem Bergmann F. K., geboren am 23. September 1890 zu Siersleben  , wird auf seinen Antrag zum Zwecke des Ausweises zur Erlangung eines Meldescheines hiermit amtlich bescheinigt, daß derselbe vom Januar 1904 bis zum heutigen Tage in Augs- dorf gewohnt und sich während dieser Zeit gut geführt hat. Bestraft ist der P. K. ausweislich des diesseitigen Straf- rcgisters nicht. Er beteiligte sich als Mitglied des Bochumer Bcrgarbeiterverbandcs an ordnungsfeind- I i ch e n Bestrebungen. Der Amtmann. Lüdicke." Ter Bergaroeiter känipft dafür, daß ein seit 42 Jahren in Deutschland   bestehendes gesetzliches Recht endlich auch der Mansfelder Bergarbeiterschaft zugestanden wird. Und das nennt ein Amtmann, der die Gesetze schützen soll,ordnungsfeind- liche Bestrebunge n". Man kann daraus crmessen, wie MansfelderOrdnung" aus- sieht. Internationales sozialistisches Bureau. Brüssel  , 7. November.  (Gig. Ber.) Die Sitzung wird von Genossen Vandervelde   eröffnet. Anwesend sind folgende Delegierte: Singer, Molke nbuhr (Deutschland  ); Dr. A d l e r(Oesterreich  ); Baillant.Guesde (Frankreich  ); Van Kol, Troelstra  (Holland  ); R u b a u o- >0 i t s ch, Lenin  (Rußland  ); G a z a m i(Ungarn  ); Hansen, K n u d s e n(Dänemark  ); B r a n t i n g(Schweden  ); V a n d e r- Velde, Anseele(Belgien  ); Queich  , Keir Hardie  , Roberts(England); Berger, Kretlow(Vereinigte Staaten  ); C a m b i e r(Argentinien  ); LLronsky, Diamand(Polen  , P. P. S.); W a r s k i)(Litauen  ); L a n k o f f(Bulgarien  ); F a b r a R i b a s(Spanien  ). Als erster Gegenstand der Tagesordnung wird bestimmt: Die Organisation des Jntcrnationalrn Kongresses in Kopenhagen  . Als Datum des Kongresses wird die Woche vom 28. August bis 4. September vereinbart. Es folgt die Diskussion über die Tagesordnung. Nach längerer Diskussiou, in der sich V a i l l a n t, Molken- buhr, Branting, Dr. Adler und W r o n s k i gegen die Aufnahme des Punktes Agrarfrage aussprechen, während Keir Hardie   lind Queich dafür sind, wird folgende Tagesordnung angenomnien: 1. Beziehungen zwischen der Partei und den Genossenschaften. 2. Internationale Schiedsgerichte. 3. Internationale Hilfeleistung. 4. Arbeitslosenfrage. 5. Kundgebung gegen die Todesstrafe, vor- nehmlich auf politischem Gebiet. 0. Internationale Beziehungen zwischen den Parteien und dem Bureau. V a i l l a n t hatte in der Debatte vorgeschlagen, den Parteien vorbereitendes Studium der Agrarfrage zu empfehlen, damit die Frage auf dem zweitnächsten Kongreß verhandelt werden könne. Darin hatten ihm Branting. Dr. Adler und Singer bei- gestimint. Nachmittags-Sitzung. Nach Annahme von Solida ritäts- und Sympathie- erklärun gen für die spanischen   und die schwedischen Genossen und von P r o t e st e n gegen das Verfahren der rumänischen Regierung wider R a k o w s k i sowie gegen die russischen und spanischen Greuel ersucht Fabra Ribas um Unterstütz n ng der lata- l o n i sch e n G e n o s s e n. die das ehedem vermißte Zusammen- arbeiten von Partei und Gewerkschaft erreicht haben und besonders eine Presse benötigen. Auf Antrag AdlerS wird ein Zirkular über die Angelegenheit an die Parteien ergehen. Die Engländer beantragen eine häufigere Tagung des Bureaus, doch wird beschlosien, es beim bisherigen Ber  - fahren zu lassen, ivonach jährlich eine Konferenz und weitere im Bedarfsfalle mit Zustimmung der Mehrheit der Sektionen stattfinden sollen. Hierauf werden Anschlußfragen erledigt. Das Ansuchen derSocialist Labour Party of Great-Britain". die vom Sekretariat an die britische   Sektion gewiesen worden ist, wird im gleichen Sinne erledigt, nachdem Q u e l ch noch auf die Bedeutungslosigkeit dieser Gruppe hingewiesen hat. ES gelangt die holländische Frage zur Debatte. Zu der vom Exekutivkomitee beschlossenen Der- iv e r f u it g des A» s ch l u ß a n s u ch e n S der S. D. P. führt Singer ans: Wir sind für den U e b e r g a n g zur Tages- Ordnung über das Ansuchen der S. D. P., weil wir es nicht für die Aufgabe der Internationale halten, sich in die Streitigkeiten der einzelneu Länder einzumengen. Wir können unsere guten Dienste für eine Vermittelung anbieten, aber wir dürfen weder als Kon- ferenz, noch als Kongreß, als Schiedsrichter fungieren. Wofern aber der Antrag einen Ausschluß der der neuen Partei augehörenden Genossen beabsichtigt, stimmen wir nicht jj». Wir wollen die DiS- kussion auf diese formale Seite beschranken, aber nicht auf die Sache selbst eiiigehen. Dr. Adler:' Ich bin im Prinzip mit Singer einverstanden. Das Bureau kann und soll keine Appellinstanz sein. Es scheint mir aber, daß Singer eine Verwechselung_ unterläuft. Es handelt sich nicht um eine Ausschließung, die niemand verlangt, sondern um eine neue Partei, die zugelassen werden soll. Würden wir in allen Ländern solche Verhältnisse haben, daß wir nur die Partei an- erkennen, die die Masse der Arbeiter hinter sich hat, und dürsten wir ein Urteil fällen, würden wir mit unserer Meinung nicht zurückhalten, daß wir die Abspaltung verurteilen. Als Bureau aber haben wir dieses Recht nicht. Wenn wir in Rußland  Parteien anerkeimen, die prinzipiell viel weiter von einander entfernt sind als die beiden holländischen Fraktionen, können wir wohl der neuen holländischen Partei keine Stimmen zuerkennen, aber wir können nicht leugne», daß ihre Mitglieder Sozialisten find. Wir können die Sache nicht durch einen bloßen Uebergang zur Tagesordnung erledigen. Wir müssen sie zum Kongreß zulassen, aber welche Ver- tretung sie bekommen sollen, müssen wir der holländischen Partei überlassen. Troelstra legt die Gründe dar, warum der Vorstand der holländischen Partei einstimmig die Delegierten beauftragt habe, für die Nichtgenehmigung des Zulassungsgesuchs einzutreten. Er bemerkt, daß der Vorstand aus Vertretern beider Richtungen bestehe. Auch von den sogenannten Marristen sind fast alle in der S- D. A. P. verblieben, so Frau Rolaud-Holst. Wibaut u. a. Gegen Adler bemerkt der Redner, daß man die separatistischen HoLattver mcht anders behandeln könne als die Engländer, gegen 11,011 locbcn ihre numerische Geringfügigkeit geltend ge- macht habe. Baillant glaubt gleich den deutschen Genossen, daß man nicht den Ausschluß alter Genossen verfügen könne. Wir wünschen die Wiederberstellung der Einigkeit. Die holländische Partei solle der neuen Organiiation schon jetzt Stimmen auf dem Kongreß zuweisen. Die Holländer erklaren, diesen Borschlag nicht anzunehmen. Leuin ist der Ansicht, daß bis Zuweisung der Stimmen der holländischen Sektion überlassen bleiben solle, mit Vorbehalt des Berufiingsrechts an das Bureau. Hnysinans verliest einen Brief der Genossin Roland-Holst  , worin sich diese für die Zulassung der neuen Partei aus- spricht. Van Kol will die Bedeutungslosigkeit der neuen Partei an von der S. P. erreichten Wahlresultatcn nachweisen. Vandervelde   erklärt, daß hier-nur das Verfahren diskutiert werde. Eine neugebildete Partei habe sich zur Aufnahme an die betreffende nationale Sektion zu wenden. Die Zulassung zum Kongreß unterliege der Entscheidung des Kongresses selbst. (Huys'nianS: Wir sind bisher auf den Kongressen nicht so ver- fahren.) Singer stimmt Vandervelde   zu. Gegen Adler veinerlt er, daß es sich doch darum handle, ob eine Partei, die allen Zulnsiungs bediilgungen entspreche, ausgeschlossen werden solle. Der Redner legt nachstehenden Antrag vor: Das internationale Bureau beschließt: Die unter dem Namen Neue sozialdemokratische Partei" in Holland   gegründete Partei ist auf Grund ihrer Zustiininung zu den für die internationalen Kongresse geltenden Zulassungsbestimmungen zu diesen zuzu- lassen. lieber die Beteiligung an den internationalen Bureau- s i tz u n g e n und über die aus dem Kongreß dieser Gruppe im Rahmen der holländischen Sektion zustehende» Stimmen ent- scheidet, wenn zwischen den holländischen Genossen keine Einigung erfolgt, der Kongreß zu Kopenhagen  . Singer. Molkenbuhr. Adler: Wir haben hier nicht die Kompetenz zu erklären: Wir schließen die Mitglieder der neuen Partei aus, noch: wir nehmen sie auf. Ein solches' Recht haben wir nur durch die holländische Sektion. Ich bin gegen die Ausschließung, aber ich will, daß wir nicht ver- heimlichen, daß die Akte, die zur Absplitterung geführt haben, unsere entschiedene Mißbilligung finden und daß wir ihre Wiederholung an auderen Orten nicht wünschen. Der Redner legt folgende Resolution vor: Der Antrag der S. D. P. wird an die holländische Sektion verwiesen. Wenn eine Einigung nicht erfolgt, steht ihr die Berufung andaS internationale Bureau offen. GueSde: Die Spaltung ist heute eine Tatsache. Ich frage nicht nach der Quantität der einen und der anderen Fraktion. Die Genoffen, die zu beiden gehören, haben gestern zur Internationale gehört und gehören ihr heute ebenso an. Troelstra tritt für Annahme der Adlerschen Resolution ein. Die S. D. P. hat ihre Aufnahme ins Bureau beantragt, nicht in den noch nicht existierenden Kongreß. Singer will diesem die Entscheidung zlllveisen. Die Mandatsstreitigkeile» nehmen aber so viel Zeit in Anspruch, daß wir in London   beschlossen haben, sie im Bureau zu erledigen. Singer, der jetzt schon dem Kongreß die Sache zuteilen will, geht tatsächlicki über daZ formale Verfahren hinaus. GueSde wiederholt, daß es sich hier nicht um eine Neubildung, sondern um eine Spaltung, wenn auch in ungleiche Stücke handle. Beide Teile seien im Rahinen der Inten, ationale geblieben. Nicht eine Aufnahme, sondern eine A us s ch li e ß un g sei in Frage. Anseele tritt für die Resolution Adlers ein: Die Mitglieder der neuen Partei sind nicht ausgeschlossen worden, sondern selbst gegangen. (GueSde: Aus der Internationale? Niemals!) Gortcr(der als Journalist zugelassene Vertreter der S. P. P.) bemerkt gegen Troelstra  , daß die neue Partei ihre Aufnahme ins Bureau, aber nicht die Zulaffung von Delegierten beantragt habe: Als eine Partei von S00 Leuten verlangen wir keine Vertretung, aber die Zugehörigkeit zur Jnter- nationale. Gegenüber Anseele bemerke ich: Die Tür zur Partei steht uns leider nicht offen, so lange wir nicht das Recht haben, unsere eigene Meinung und unsere eigenen Organe zu haben. Die Abstimmung ergibt die Annahme der Reso- lution Adler mit 16 Stimmen gegen 11, die für die Singersche abgegeben werden. Für die Adlersche Reso- lution stimmen außer Holland   u. a. Belgien  , Ungarn  , England, Schweden  , für die Singersche Frankreich  . Von den Vertretern von Rußland  , Polen  , Dänemarl und den Vereinigten Staaten   stimmt je einer für eine und je einer für die andere. Eine Beschwerde der argentinischen Partei gegen Genossen F e r r i wird zur Kenntnis genommen. V a i l l a n t befürwortet die Zulassung einer Organisation in Saloniki als Untersektion der noch nicht bestehenden ottomanischen Sektion. Berg er setzt die Forderung der amerikanischen   S. L. P. auseinander, die die Zu- erkeiinuna beider Delegiertenstimnien fordert, da sie 97 Proz. der Mitgliedschaft beider Parteien umfaßt. Mit einigen Dankesworten schließt der Vorsitzends die arbeits- reiche Konferenz.___ politische(leberllckt. Berlin  , den 3. November 1309. MajestätS- und Kanzler-Beleidigung. Die A l l g. E v a n g.- L u t h. K i r ch e n- Z t g.". das Organ der preußischen Orthodoxie, hält es für angemessen, den Spuren des braven Januschauers zu folgen und gleich- falls gegen die Einlösung des königlichen Versprechens einer Wahlrcform zu eifern. Das Blatt schreibt: Jedenfalls wird aber der Kanzler, so wie wir ihn kennen, sich hüten, allzu eifrig den Wechsel ein- z u l ö s e n, den Fürst B ü l o w in der Wahlrechtsfrage der Linken ausgestellt hat.Aber der Kaiser hat sein Wort dafür verpfändet I" schreiben die Blätter der Linken. Je nun, die Thronrede die ist gemeint ist ein Re- gierungLakt, kein persönliches Wort; sie wird vom preußi- scheu Staats Ministerium verfaßt und vom König bloß verlesen; und in der Praxis ist es so gewesen, daß der Ministerpräsident Fürst Bülow   mit dem fertigen Entwurf in der Tasche zu seinen Kollegen kam, ihn nach kurzer Beratung annehmen ließ und dann sich eine ungemein günstige Wirkung von dieserliberalen Tat" versprach. Die Wirkung in der Presse ließ in seinem Sinne auch nichts zu wünschen übrig, aber man darf eben die Presse nicht für das genaue Spiegelbild des Volkswillens halten, denn die Linke hat im Verhältnis weit mehr große publizistische Organe, als wirk- liche Resonanz in den Wählermassen. Wäre das Verhältnis keine Täuschung, so müßten wir ja im Reichstage mindestens hundert freisinnige Abgeordnete haben. Geplant ist nun in Preußen, der vorjährigen Thronrede zufolge, ein Wahlrecht, das ebenso wie das neue sächsische aus dem Mchrstimmensystem beruht; aber che Pläne Wirklichkeit werden, ehe man auch nur über die Enqueten" hinaus ist. vergehen vielleicht Jahr- S e h n t e und inzwischen hat man Zeit, sich zu beruhige«. Eine Wahlrechtsreform, wenn Preußen überhaupt eine bekommt, wird sicherlich nicht mehr in Bethmann Hollwegs Amtszeit fallen. Er per- sönlich hat eine Verbeugung vor der Linken in diesem Falle nicht nötig und insgeheim wird die Linke selbst ihn dafür segnen." Die Rolle, die in diesem Erguß dem König zugemutet wird, ist wirklich allerliebst. Wenn der König durch eine Thronrede sein Wort verpfändet, so braucht er dies Wort nicht einzulösen, denn sein feierliches Ver- sprechen war janur" ein Regier» ugsakt! Ver­spreche«, die das preußische Staatsmini st e- r i u m gibt, brauchen erst recht nicht eingelöst zu werden, selbst dann nicht, wenn sich der König zum persönlichen Ver- tun der dieser Versprechungen hergibt, wenn er die ministeriellen Versprechungen als T?ronre!?e ltt die Welt gehen läßt! Wenn man diese cvangelisch-lutherischM Auslegungen von den Ehren- und Amtspflichten eines preußischen Königs in klares Deutsch übertragen wollte, würden sie also lauten: Was ein König als König verspricht, hat kein" Gültigkeit, ist in den Wind gesprochen, kann trotz aller Thronreden jederzeit ausgelöscht werden! In der Tat: eine erhabene Auffassung von der Königswürde! Sonst wäre zur Sache noch zu bemerken, daß nicht nur Wilhelm II.  , sondern auch Bethmann Hollweg   durch die Thronrede gebunden ist. Gehörte doch auch er jenem Staatsministerium an, das dem König eni Pfahl, durch einen Regierungsakt, durch die Thronrede, dw preu­ßische Wahlreforni als die w i ch t i g st e innere Aufgabe Preußens zu bezeichnen! Die Zumutungen des orthodoxen Pfaffenblattes sind s o beleidigend, daß man bei der berüchtigten Findigkeit unserer Staatsanwälte eigentlich annehmen müßte, daß sich sofort ein Staatsanwalt fände, der das Blatt wegen Majestäts- und Kanzlerbcleidigung in An- klagezustand versetzte!_ 1 DieKreuz-Zeitung  " als Beftirworterin des Proportionalwahlsystems. Die konservativen Blätter, voran das edle Organ der Geistes- und Gesinnungsgenossen des seligen HainmersteinS, die ehrsameKreuzztg.". fordern seit den badischcn und sächsischen Landtagswahlen täglich, baß nicht nur Preußen das lächerliche Drciklassenwahlsystem erhalteir bleibt, sondern daß auch an der das Uebergewicht der ländlichen Bevölkerung garantierenden, veralteten Wahlkreisordnung nicht gerüttelt werden dürfe. Als Grund für die Erhaltung des Dreiklassen Wahlsystems führt die konservative Presse nicht etwa an, daß dieses System den Machtbestrebungen der Agrarkonservativcn ani günstigsten ist, sondern daß eine Reform des preußischen Landtagswahlrechts den inneren Frieden gefährden, die Un- moral fördern, Preußens Machtstellung schädigen, die ruhige EntWickelung stören würde usw. usw. Welche erbärmliche Heuchelei darin steckt, beweist nicht nur die Tatsache, daß die­selben Blätter von derKreuzztg." haben wir das erst kürzlich im Leitartikel der Nr. 246 desVorwärts" nachge- wiesen früher, als sie sich davon Nutzen für ihre Partei bestrebungen versprachen, das allgemeine, gleiche Wahlrecht über das Drciklassensystem stellten, sondern daß sie auch heute noch die Einführung des allgemeinen gleichen direkten Wahl- rechts und sogar des Proportionalsystems in jenen Ländern empfehlen, wo sie von solcher Reform eine Stärkung des konservativen Elements erhoffen. So äußert sich zum Beispiel dieKreuzztg." in einer Pariser   Korrespondenz ihrer letzten Sonntagsnummer über die Wahlreformbestrebungen! in Frankreich  : Die Beseitigung ber Proportionalwahl: darum dreht sich für die Radikalen heute alles, und sie setzen Himmel und Erde in Bewegung, um die Reformer, denen sie keine sachlichen Gründe entgegensetzen können, dadurch aus dem Felde zu schlagen, daß sie alles unter ihre Fahnen rufen, was die Er- Haltung des eigenen Mandats als das oberste Gesetz aller Politik ansieht. Die Zahl dieser Deputierten ist nicht gering und wie glauben, der Ausgang des Kampfes um die Wahlreform wird heute oder in den nächsten Tagen den Sieg der Anhänger des Arrondissementssystems sein. Die Radikalen werden indes mit platonischen Liebeserklärungen für Listenskrutinium und Pro- portionalwahl aufwarten, um bei den Frühjahrswahlen die immer weiter um sich greisende Bewegung für die Reform nicht zu einer ausgesprochen antiradikalen werden zu lassen. Es fragt sich nur. ob dies Manöver gelingen wird. Finden die all-. gemeinen Wahlen wirklich um die Proportionalfrage statt. dann verlieren die Radikalen nach rechts an die reformfreund- lichen Progressisten und nach links an die gleichfalls reform- freundlichen Sozialisten." Besser können die hohenethischen" Gründe, mit denen das feudale Blatt die preußische Wahlreform bekämpsr. kaum bloßgestellt werden, als durch diese Notiz. Für Preußen will das Blatt selbst von der geringsten Aenderung der fossilen.Wahlkreiseinteilung nichts wissen, für Frankreich  empfiehlt es das Proportionalwahlsystem. Warum? Ledig- lich weil es davon eine Stärkung der rechtsstehenden Parteien erwartet. Nur der eigene Nutzen entscheidet. Der Zechenverband und seine Arbeitsnachweiszentrale. In derSozialen Praxis" wirft in einem Artikel über die ArbeitsnachweiSzentrale des ZechenverbandeS Dr. Walter Zimmei- mann die Frage auf. weshalb gerade jetzt die großen Unternehmer- verbände den Arbeitsnachweis zu zentralisieren trachten, obgleich doch die von ihnen gerügten sogenanuten Mißstände schon seit Jahr- zehnten beständen, und er gelangt zu dem Ergebnis, daß es sich für die Uuternehmerorganisationen lediglich darum handelt, die jetzig- traurige Lage des ArbeitsmarlteS dazu auszunutzen, den Arbeiter noch mehr als bisher von dem Belieben der Unternehmer abhängig zu machen. Wörtlich heißt es in dem Artikel: Warum werden so viele treue Arbeitgcherstellennachweisc gerade jetzt, in den Zeiten deS schlechten Geschäftsganges, wo dort, die vorhandenen Arbeitsnachweise gewiß genug geeignete Arbeit:- kräfte den nachfragenden Industriellen vermitteln können, ins Leben gerufen? Auch diese Tatsache wirft ein bezeichnendcS Licht aus die Zwecke, die die Arbeitgeber mit ihren Arbeitsnachweisen verfolgen. Ihnen ist eS nicht so sehr um die Ordnung von Arbeitsangebot und -nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu tun, als darum. den Arbeiter in eine unlösliche Abhängigkeil und Botmäßigkeit gegenüber der organisierte!t Eabrikherre n macht zu bringen. Und dazu ist eben die risis auf dem Arbeitsmarkt, die den Arbeiter widerstandsunfähig macht, der geeignete Zeitpunkt. Auf der letzten VorstandSsitzung der wirtschaftlichen Vereine an der Saar  , die ebenfalls eineir Arbeitsnachweis durch ihren Arbeitgeberverband für die südwesi- lichen Bergbaubezirke, für das Saargebiet und Lothringen   planen. bekundete der Spiritus rsotor dieses Planes offenherzig: Am besten richte nian solche Nachweise in der Niedergangszeit ein, während der sich die Lohnarbeiter an seine Benutzung am leichtesici: gewöhnen I Aus diesem Grunde hat denn auch der Zechenverband jetzt seinen Arbeitsnachweisplan verwirklicht. Nicht weil die von ihm in der Begründungsschrift geschilderten Mißstände im Anwerben und Stellungsantritt der Grubenarbeiter sich gerade jetzt besonders ungünstig entwickelt hätten. Diese Mßstände sind schon alt und hätten die Ausführung deS ArbeitSnachweiSplaneS. der� in dcn Reihen der Zechenbesitzer ja seit Jahren umgebt, schon längst ge- fordert. Aber um die bloße Gesundung der Arbeilsmartlverhält- nisse war es den Zechen wohl kaum so ernst zu tun. Der Verfasser verweist dann darauf, daß, als bor einigen Jahren, als der Verband westfälischer ArbeitSnach- weise und der Verein zur Förderung deS Arbeits- nachweise? im Regierungsbezirk Düsseldorf   sich