Ar. 262. 26. Jahrgang.1. KtilU des Jonsärts" Knlim Jolkslilntt.Dir«stliz, 9. HoMlrttt 1909.Der smerilisoische„Rekijsserband".In Nr. 5 der„Neuen Zeit" setzt Kautsky seine Angriffe gegenuns wegen des Empfanges des Nizepräfidenten des angeblichenamerikanischen„Reichsverbandes" fort. Unsere Feststellungen, daßGompers lediglich als Präsident des amerikanischen Gewerkschaft�buNdes zu den deutschen Gewerkschaften kam und als solcher vonihnen empfangen wurde, erwähnt Kautsky nicht. Vielmehr läßt eraus dem Zitat, das er unseren Ausführungen in Nr. 42 vom16. Oktober entnimmt, diese ihm unbequemen Zeilen verschwindenDiese von Kautsky ausgeschaltete Feststellung lautet:„Wir haben uns nicht veranlaßt gesehen, auf diese Verdrehnngen der tatsächlichen Verhältnisse zu antworten. DieGeneraliommission und die deutschen Gewerkschaften haben es inGompers lediglich mit dem Vorsitzenden des amerika-nischen Gewerkschaftsbundes zu tun. Gompers istVorsitzender einer gewerkschaftlichen Zentralorganisation, der rund2 Millionen organisierter Arbeiter angehören. Als deren Abge-sandter und Vertreter kam er nach Deutschland, als solcher wurdeer hier empfangen. Ueber seine persönliche politische und gewerkschaftliche Tätigkeit ist er der amerikanischen Arbeiterschaft Rechen-schaft schuldig, nicht uns.Soweit die Gründe, die uns über die Angriffe in der Partei-presse hinwegsehen lassen..Nur die zwei ersten in Fettdruck hier wiedergegebenen Zeilenfand Kautsky des Zitiercns wert. Die Begründung, weshalb wirauf die„Verdrehungen der tatsächlichen Verhältnisse" nicht geantwartet hatten, brauchen seine Leser nicht zu wissen. Er hätte dannallerdings nicht sagen dürfen, wir hätten lediglich die sozialistischenKritiker Gompers'„in Amerika und Deuschland beschimpft".Die gleiche Zitatenkunst betätigt Kautsky auch in einemzweiten unserem Artikel entnommenen Absätze. Wir hatten bezüglich der Civic Federation geschrieben:„Wie steht es nun mit dem amerikanischen„Reichsverbande"?Ist er wirklich gleich dem deutschen Reichsverbande zur Bekämpfung der Sozialdemokratie zu diesem Zweck gegründet worden?Erfüllt er die gleichen Zwecke wie dieser, der Wanderredner gegendie Sozialdemokratie und die Gewerkschaften und Partei durcheine systematische Bearbeitung der bürgerlichen Presse verleumdet?Gompers müßte ja ein Idiot sein, würde er einerOrganisation angehören oder gar deren Vize-Präsident sein, die den amerikanischen Gewerk-schaften in gleicher Weise entgegentreten würde,wie der deutsche Reichsverband es macht. Oderglaubt man vielleicht, die amerikanischen Ge-werkschaften würden sich das von ihrem verant-wörtlichen Beamten gefallen lassen!"Die hier in Sperrdruck wiedergegebenen Sätze hat Kautsky ein-fach überschlagen. Sie besagen nämlich, daß die amerikanischenGewerkschaften noch nichts davon bemerkt haben können, daßGompers der Vizepräsident eines sie bekämpfendenReichsverbandes ist. Da aber die internationale Gewerkschaftsbewegung aus wohlerwogenen Gründen Verbindung mit denamerikanischen Gewerkschaften wünscht, muß derenStellungnahme gegenüber ihrem ersten Vorsitzenden für uns zunächst schon im gewerkschaftlichen Interesse selbstverständlich maßgebend sein.Zur Frage der Eivic Federation hatten wir rein sachlich fest-gestellt, daß diese Organisation nicht wesensgleich ist mit demdeutschen Reichsverbande zur Bekämpfung der Sozialdemokratie.Sie ist vielmehr eine Organisation mit im wesentlichen den gleichenAufgaben wie etwa die Gesellschaft für soziale Reform in Deutschland. Wir wiesen ferner darauf hin, daß wir schon im Jahre 1902unsere Auffassung über diese Organisation im„Corrcspondenzblatt" dargelegt haben. Viel früher als die„Neue Zeit" hatte das„Corrcspondenzblatt" zu dem Zusammenwirken der Arbeiterführermit den Kapitalisten in der Civic Federation Stellung genommen.und zwar schon gleich bei der Errichtung des Jndustrial Deport-ments, in unserer zweiten Januarnummer 1992, während die„Neue Zeit" erst sieben Monate später sich aus Slew Uork einenArtikel über das.Haager Schiedsgericht in den VereinigtenKleines feuilleron.Eine Thoma-Fcier veranstaltete am Freitagabend die BerlinerFreie Lebrervcremigung für Kunstpflege. Die Festrede hielt ProfessorHenryThode. Der bekannte und viel angefeindete Kunsthistoriker,der jedenfalls der erste Tboma-Kenner und Thoma-Verehrer inDeutnbland ist, gab zunächst einen kurzen Ueberblick über den äußerenLebensgang des Künstlers und entwickelte dann seine eigenen Ansickitenvom Wesen der Kunst und des künstlerischen Schaffens, um uachzu-weisen, daß man in Hans Thoma den bedeutendsten zeitgenössischenVertreter der„deutschen" und der„eckten" Kunst zu verehren habe.Die mit großer Lebhaftigkeit vorgetragenen Ausflihrungen knüpftenan die Weltanschauung der alten deutschen Mystik an und ge-langten zu Resultaten, die im großen und ganzen mit denLehren der Schopenhauerschen Acsthetik übereinstimmten. Ichfürchte, daß die Majorität des im Mozart-Saal versammeltenAuditoriums, die sich aus den Zöglingen der höheren Töchterpensionatevon Berlin W\V zusammensetzte, von diesem theoretischen Teil derFestrede wenig verstanden hat. Ungleich plastischer und farbenreichergestaltete sich der zweite Teil, der eine eindrucksvolle und in derForm ganz eigenartige Schilderung de« Thomaschen Kunstschaffensgab. Thode führte uns in das badische Heimatdorf des Künstlersund ließ uns einen Tag des heranwachsenden Knaben miterleben.Dabei bekamen die bekannten Gemälde Thomas, die uns dann inLichtbildern vorgeführt wurden, intime Beziehungen zum Leben undErleben ihres Schöpfers, und die Zuhörer fühlten sich alsbald indem eigenartigen Ideen- und Empfindungskreise völlig heimisch, derdem deutschen Publikum noch vor kurzem ein Buch mit sieben Siegelnwar. Ich stehe nicht an, die von Thode gewählte Form der An-leitung zum Verständnis des Künstlers für schlechthin meister- undmusterhaft zu erklären, und es wäre zu wünschen, das; dieser Teildes Vortrags nebst den Lichtbildern auf irgend eine Weise auch demBerliner Arbeiterpublikum zugänglich gemacht würde, das von derVercuistalrung der Lehrervereinigung durch die allzu hohen Eintritts-preise leider ferngehalten wurde. J, S.Daö älteste deutsche Literaturdenkmal. Aegypten bleibt dasLand der Ueberraschungcn. Niemand wundert sich mehr, wenn jähr-aus jahrein neue griechische Klassiker aus dem schirinenden Sandedes Fayum herausgeholt werden, ober wer hätte gedacht, daß dortauch ein Denkmal der ältesten deutschen Sprache zu Tage kommenkönnte! Wie die„Frankst Ztg." mitteilt, erwarb die GießenerUniversitätsbibliothek mit anderen kleinen Papyrus- und Pergament-resten unlängst ein unscheinbares Perganientstück, ein Doppelblattaus einem Kodex, dessen Wert zunächst niemand ahnte. Unschwerließ sich feststellen, daß die rechten Seiten beider Blätter einenlateinischen Bibeltext, Verse des Lukasevangeliums enthielten.Dann entdeckten aber die Herren Privatdozent Lic. Glaneund Prof. Hestn, daß neben dem lateinischen Text auf den beidenlinken Seiten ein gotischer Text, Stücke der berühmten Bibel-Übersetzung dcS Ulfila(gestorben um 381 n. Chr.) steht. DaS Buchwar also eine gotisch-lateinische Bibelausgabe, deren Zeit und Ver-fasser zu ermftteln Herrn Glane mit glücklichem Scharfsinn gelüngen�Staaten" senden lieh. Kautsky wird daraus ersehen, daß es beiuns gar nicht erst seiner„Anregung" bedurfte, eine uns verfehlterscheinende Einrichtung abzulehnen. Verfehlt ist auch sein Ver-such, einen Gegensatz zwischen dem„Correspondenzblatt" von da-mals und dem von heut« zu konstruieren. In unserem Hinweisauf die damalige Stellungnahme liegt für jeden Unbefangenen dieBestätigung, daß wir die Sache heute genau so beurteilen.Trotzdem bringt Kautsky die Unterstellung fertig, wir legenuns„für die Civic Federation ins Zeug!" Und„es sei eine böswillige Verleumdung, wenn ich diese ehrwürdige, fricoltebendeKörperschaft dem Reichsverbande gleichsetze!"Eine„böswillige Verleumdung" haben wir das nicht genannt,wie wir auch nicht von einer„ehrwürdigen, friedliebenden Gesell-schaft" gesprochen haben. Wohl aber ist die Gleichsetzung der CivicFederation mit dem Reichsverbande eine Verdrehung der tatsäch-lichen Verhältnisse. Dabei muß es bleiben. Daran ändert dasZitat aus einem Aufsatze der„Civic Federation Review" zum ame-rikanischen Flaggentag, der sich in unflätiger Weise gegen die ame-rikanischen Sozialisten wendet, nichts. Kautsky hätte aus dergleichen Nummer des betreffenden Blattes aber auch einen langenredaktionellen Aufruf gegen die Erdrosselung derRede- und Preßfreiheit und des Boykottrechtesdurch die amerikanische Justiz anführen können, die soeben mehrereamerikanische Gewerkschaftsführer, darunter auch Gompers, zulangen Gefängnisstrafen wegen ihres Eintretens für das Boykott-recht verurteilt hatte. Gegen dieses Urteil wendet sich das ge-nannte Blatt scharf; es fordert die gleichen Rechte für die Arbeiterwie für die übrigen Volksschichten.Für den Reichsverbandscharakter der Civic Federation besagtdas zweite von Kautsky angeführte Zitat aus einem persönlichenZirkular Aug. Bclmonts. Vorstandsmitglied der Civic Federation,ebensowenig, wie das Zitat aus dem Artikel„Flag Day". Einamerikanischer Kautsky könnte nach der gleichen Methode aus denReden des früheren deutschen Ministers Freiherrn v. Berlepsch, be-sonders seinen Ministerreden zum§ 163 der Gewerbeordnung, einegroße Zahl von Zitaten entnehmen. Da v. Berlepsch sich wieder-holt äußerst scharf gegen die Sozialdemokratie ausgesprochen hat.wäre einfach daraus zu schließen, dieser Mann sei der Generalissi-mus der deutschen Reichsverbandsagitation. Dieser selbe Freiherrv. Berlepsch hat aber im vorigen Jahre als Vorsitzender der Schlich-tungskommission im Holzgewerbe fungiert, ohne daß von Arbeiter-scite jemand daran Anstoß nahm. Und er hat nach Schluß derschwierigen Verhandlungen öffentlich in der„Sozialen Praxisseine größte Hochachtung vor der Tätigkeit der Gewerkschaftsführerausgesprochen, v. Berlepsch ist der Vorsitzende der Gesellschaft fürsoziale Reform, die ebenfalls eine scharfe Gegnerin der Sozial-demokratie ist. Dennoch wird es keinem vernünftigen Menscheneinfallen, die Gesellschaft für soziale Reform dem Reichsverbandedes Herrn Liebert gleichzusetzen. Durch seine krampfhaften Bemühungen, die Identität der Civic Föderation mit dem deutschenReichsverbande nachzuweisen, verrät Kautsky lediglich, daß ihm derwirkliche Charakter des Reichsverbandes bisher nicht recht klar geworden ist.—Kautsky macht uns weiter zum Vorwurf, wir hätten aus einem„bürgerlichen Buche"(!) ein Zitat gebracht,„in dem die CivicFederation in den Himmel gelobt wird". Das Zitat selbst bringtKautsky nicht, seine Leser würden daraus lediglich ersehen können,wie unberechtigt der ganze Vorwurf ist. Aus dem Zitat ist nur dieUnfähigkeit der amerikanischen Behörden und Gesetzgebung erficht-lich, der Lage auf dem Gebiete der Arbeitskämpfe gerecht zu wer-den. Weil ein öffentliches Einigungswesen nicht vorhanden ist,fand die Civic Federation hier eine ihrer wesentlichsten Aufgaben.Das erklärt schließlich auch das Interesse der amerikanischen Ge-werkschasten für diese Körperschaft.Wir waren indes, wie Kautsky anzunehmen scheint, durchausnicht auf das„bürgerliche Buch" angewiesen, um diesen Cha-rakter der Civic Federation nachzuweisen. Wir konnten uns ebensogut oder noch besser auf europäische Sozialdemokraten be-ziehen, die aus eigener Anschauung sich über diese Frage aus-ist. Da der Text in den Anfang des 6. Jahrhunderts gehört, ist erdas älteste Literaturdenkmal in deutscher Sprache und trotz seinesgeringen llmfanges unschätzbar. Die beiden Entdecker Glane undHelm lverden ihren Schatz demnächst der wissenschaftlichen Weltvorlegen.(Ob das neugefundene Bruchstück älter ist als der silberneKodex in Upsala, der den größten Teil der Ulsilaschen Bibelüber-etzung in einer Handschrift aus dem 6. bis 6. Jahrhundert enthält,und die übrigen Reste der gothischen Literatur, müssen wohl erstgenauere Untersuchungen erweisen. Insofern ist eö verfrüht, vondem ältesten Literaturdenlnial zu reden.)Theater.Berliner Theater.„Hohe Politik", Schwank von RichardSkowronnek. Dem Schwank verhalf die humoristische, bei allenUebertreibungen des PoffenstilS in der Grundfärbung dochlebenswahr anmutende Figur des Phantasie- und reklame-gewandten Kommissionärs JonaS aus Rakel, der in den Tagenseiner Jugendschönheii einst als Hamlet auftrat, zu einem behäg-lichen und wohlverdienten Erfolge. Herrn Meinhards urwüchsigrasseechte Darstellung, die schon mit einer bloßen Augenverdrehung,mit einer malerischen Armbewegung stürmische Heiterkeit entfesselte,vermied feinsinnig taktvoll doch jedes grobe Karikieren und gewann,indem sie in der Komik überall den Unterton liebenswürdig warmerMenschlichkeit durchklingen ließ, dem drolligen Kauz sofort die Herzen.So lang' er auf der Bühne zu agieren hatte, und er verschwand nur aus-nabmsweise, vergaß man, durch den lebendig ausdrucksvollen Nuancen-reichtun, seines Spiels gespannt, das drum und drann der vielen Un-Möglichkeiten in dem Stück. Die Verwickelungen, durch die HerrJonas in die„hohe Politik" eines Fürsten tümchens hineingezogenwird und, erfolgreicher als der Minister, die flatterhafte Hoheit indie Ehefalle lockt, sind ohne sonderlich schwankmäßige Schlagkraft.um so lustiger wirkte die heißersehnte Ordensdekorierung desverdienten Maimcs und das gewaltige Anschwellen seinesStolzes. Sehr hübsch in einer Weise, die sich dem Stileeiner wirklichen Charakterkomödie nähert, ist das Verhältnisvon Jonas zu der jungen Malerin, für deren Bilder er begeistertdie Reklametromniel rührt, skizziert: wie er mit väterlicher Sorg-ält über ihre Ehre wacht, von hinter her durch findige List das ge-ährlicke Rendezvous vereitelt und sich dann von der Undankbarenzeduldig schweigend noch obendrein als aufdringlichen Gesellen aus-chelten läßt. Herrn Meinhard sekundierten die anderen Darsteller:Herr C l e w i n g als elegante Hoheit, die Damen Serba undMendt in den Rollen der abenteuerlustigen Malerin und des naiv-heiratslustigen Backfisch-Prinzeßchcn uüt Temperament und Lauue.dt.Schiller-Theater Charlottenburg. DeS Dichterswürdig, von dem es den Namen führt, hat das Schiller-Theateram Sonnabend aus der gewaltigen Wallenstein- Trilogie das„Lager" und„Die P i c c o l o m i n i" herausgebracht. Wohlwar es eine starke Geduldprobe für die Zuschauer, da die Vor-stellimg erst kurz vor �12 Uhr zum Ende kam; allein hierbei zeigtesich wieder einmal des Dichters bezwingende Macht auf die Ge-gesprochen haben. Im Jahre 1992 besuchte eine Anzahl englischerGewerkschaftsführer zu Studienzwecken Amerika, darunter auch dieGenossen Barnes und Flynn, beide englische Sozialdemo-kraten. In dem Bericht über diese Reise, der unter dem Titel„Reports of the Mosely Jndustrial Commission" 1993 erschien, sinddie Antworten zu den an die Mitglieder gestellten die Civic Fede-ration betreffenden drei Fragen wiedergegeben. Die Fragen lau-tetcn:1. Billigen Sie die Arbeit der Civic Federation?2. Könnte eine Organisation auf gleicher oder etwas abgeän-dcrter Grundlage in England errichtet werden?3. Befürworten die Delegierten, daß Schritte unternommeftwerden, um eine ähnliche Organisation in England ins Lc-ben zu rufen?Darauf antwortete Genosse Barnes folgendermaßen:„Ich werde diese Fragen zusammenfassen. Die gewerblick�Abteilung(Jndustrial Department) der Civic Federation bestehterst seit zwei Jahren oder etwas weniger. In diese Zeit fallenzwei große wirtschaftliche Kämpfe in den Vereinigten Staaten. DieAbteilung bestand kaum zur Zeit des Streiks in der Stahlindustrie.und sie war einigermaßen organisiert, als der Kohlenarbeiterstreikausbrach. In letzterem Falle bot sie ihre Dienste an, doch wurdendiese von den Bcrgwerksbesitzern oder den Arbeitern zurückgewiesen.doch macht sie Anspruch darauf, und ich glaube mit Recht, einigeschlimmere Folgen, die aus diesem Streik hätten entstehen können,verhindert zu haben, und sie hat, so glaube ich, während jener Ze:t.einen inneren wirksamen Einfluß auf das ameri-kanische öffentliche Leben und die öffentlicheMeinung ausgeübt. Natürlich hatte ich vollauf Gelegenheit,soweit diese sich während einer dreitägigen Anwesenheit bei derenJahresversammlung möglich macht, die Leute an ihrer Spitzekennen zu lernen. Es sind die Vertreter der amerikanischen organi»siertcn Arbeiterschaft, der Unternehmer, organisiert und nicht or-ganisiert, sowie der besten Elemente(Kräfte) im öffentlichen LebenAmerikas. Ich sah und sprach viele von ihnen und hatte alle Ur-fache, deren Fähigkeit und Ehrlichkeit anzuerkennen. Es gibt jedochhöchstens ein Element, von dem ich annehme, daß es keine Kraft-quelle sein wird, nämlich den Politiker. Ich glaube, daß eineCivic Federation überall eine gute Einrichtung ist, wenn sie aufdem Prinzip der freien öffentlichen Zusammenkunft und Ausspracheaufgebaut ist, und zwar von Männern, die ehrlich einen Auswegaus den wirtschaftlichen und sozialen Ucbeln zu finden versuchen,vorausgesetzt aber auch, daß sie in keiner Weise die Organisationenschwächt. Auseinandersetzungen und Oeffentlichkeit können keinenSchaden anrichten, können dagegen auf der anderen Seite viel tun,um Mißbrauch und Verschwendung von Kraft, sei es die einzelneroder von Vereinigungen, zu verhüten. Eine Organisation der hiervorgeschlagenen Art in diesem Lande(England) würde jedenfallsdie besten Elemente der öffentlichen Meinung vereinigen und sadazu führen, die Parteien zusammenzubringen und die Kluftzwischen Mann und Mann überbrücken helfen, die bis dahin eineBegleiterscheinung der modernen Industrie infolge größerer Organi-sationen und Werke gewesen ist. Was nun die Schritte anbetrifft.evenwell eine solche Organisation zu gründen, so mutz ich daraufhinweisen,' daß die Vertreter der Arbeiter- und Gewerkschafts-bewegung dieses Landes insgesamt schon früher sichim Prinzip dafür ausgesprochen haben. HerrRitchie hat übrigens einen Vorschlag, der ähnliches enthielt, vordrei oder vier Jahren unterbreitet, der auch vom ParlamentarischenKomitee des Gewerkschaftskongresses angenommen, von den Unter-nehmern insgesamt jedoch mit der Motivierung abgelehnt wurde,daß sie der Einmischung Dritter abhold seien. Die Arbeiter sinddaher in einer eigentümlichen Lag«. Ihre Stellung dazu ist günstig,und auch dafür bekannt, und es sollte daher scheinen, daß an dieUnternehmer herangetreten werden müßte, wenn eine solche Ver-einigung entstehen soll. Wenn eine einflußreiche Persönlichkeitbeide Teile aufsuchen würde, würde ich den Vorschlag begünstige»und, mit Hilfe meiner Wähler, würde ich auch an der Federationmitwirken, wenn sie zustande käme."Und Flynn, Delegierter des Verbandes der Schneider, er«klärt zu der Tätigkeit der Civic Federation noch vorbchaltSloser:„Nach meiner Ansicht erzeugt die von der Civic Federationunternommene Arbeit dauernde Wohltaten für die Allgemeinheit.Auf solcher Grundlage hat die Civic Federation ein endloses Tätig-keitsgebiet vor sich. Das Vertrauen der Arbeiterklasse wird nichtmüter. AlleS harrte in sichtbarer Spannung bis zum Schlüsseaus, um dann nochmals in tosenden Beifallsstürmen jcd-wedeS Dankgefühl zu entladen. Die Regie hat keine Mühegescheut, das„Lager" mit allen: drum und dran von Kostümen,derbem sprühenden Humor, Soldaten-, Bürger- und Bauern-voll usw. äußerst farbig und lebensvoll zu gestalten. Imeinzelnen wäre ja manches zu tadeln, als Ganzes aber klapptees. In den„Piccolomini" bot die Versammlung derWalleinsteinschen Truppenführer, sodann das Zechgelage einglänzende« Bild voll schlagkräftiger Wirkung. Max Pateggwar hinsichtlich der Erscheinung und Energie ein guterWollenstem; den mystischen Einschlag vermochte er wenigerglaubhaft zu machen. Georg P ä s ch k e fiel höchst angenehm aufdurch die schön« Sprache. Sein Max war eine von warmerEmpfindung und idealem Schwünge getragene Leistung, die mfrappanter Steigerung emporstieg. Elise W a s a gab die Theklamit Lieblichkeit und Eindringlichkeit. Bei der Fülle von Gestaltenmüssen tvirS mit einer fast alle Mitwirkenden umspannenden An-erkennung genug sein lassen. Jeder und jedes war dem Geiste desDichters Untertan. o. lc.Humor und Tatire.Ist der Polizeihund ein königlicher Beamter?Der„Dresdener Anzeiger", das gewichtige Amtsblatt der sächsischengiesidenz— es wird alljährlich als eines der schwersten im ganzenDeutschen Reiche registriert und übrigens auch vom Oberbürgermeisterin Person gewissermaßen als Oberchefredakteur geleitet— bat sichdieser Tage auch einmal einen Witz geleistet und, wenn das etwaschon zn viel gesagt ist, jedenfalls einen noch weit besserendadurch herbeigesiihrt. DaS Blatt gab einen Bericht über eineDortmunder Landgerichtsverhandlung über die Frage wieder:„Werzahlt daö Schmerzensgeld, wenn jemand von einem Polizeihundgebissen wird?" und bemerkte im Anschluß hieran, daß die Fragewohl noch mehr die Gerichte beschäftigen dürfte. Besonders inDresden sei sie schwer zu entscheiden, lvo es neben den Polizeihunden der kgl. Polizeidfteltion auch noch„Hilfsarbeiter" gebe, diesich einzelne Gendarmen halten. Und noch anzüglicher wurde diesespitze Note durch ihre Spitzmarke:„Ist der Polizeihund ein königlicherBeamter?" Der Verein sächsischer Nichter und Staatsanwälte hates nun für nötig erachtet, im„Dresdener Anzeiger"„gegen dieseimpassende Vergleichung eines Polizeihundes«nd königlichen BeamtenVerwahrung einzulegen".Notizen.— Musikchronik. Die Berliner Erst-Auffühning der kürzlich entdeckt eis Wiener Tänze Beethovens findet in einerMatinee statt, die Fritz Jacobsohn am 14. November im Klindworth-Scharwenka-Saal veranstaltet.— Literaturchronik. Ludwig Ganghofer wird den zweitenTeil seiner LebcnSerinnerungen wie den ersten, der reich war anköstlichen und lebendig erzählten Szenen, in den»Süddeutsche»Monatsheften" veröffentlichen.