Nr. 111.
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für 1898 unter Nr. 6708.
Vorwärts
10. Jahrg.
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Eernsprech- Anschlu Amt 1, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
An die Wähler!
Es ist Pflicht jedes Wählers, sich durch Einsicht in die Wählerliste davon zu überzeugen, daß sein Name in der Liste steht. Die Wählerlisten liegen vom 18. Mai ab in den noch bekannt zu machenden Lokalen zu jedermanns Prüfung aus. Wer bis zum Wahltage, dem 15. Juni, das 25. Lebensjahr vollendet, also spätestens am 15. Juni 1868 geboren ist, ist wahlberechtigt, hat aber schon während der Zeit, wo die Wählerliste ausliegt, dafür zu sorgen, daß er in die Wählerliste eingetragen werde. Dies geschieht am besten in der Weise, daß man gegen Vorweis einer Legitimation in dem Lokal, wo die Wählerliste ausliegt, von dem zu diesem Zwecke dort stationirten Beamten seine Aufnahme in die Wählerliste protokollarisch feststellen läßt. Gewählt wird in dem Be zirke des Wahlkreises, wo man zur Zeit der Aufstellung der Wählerliste wohnt.
Damit der Sache der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit möglichst wenig Stimmen verloren gehen, ist es un= umgänglich nöthig, daß aus den Fabriken, Werkstätten und sonstigen Betrieben Vertrauensmänner der Arbeiter sich der Mühe unterziehen, für alle verhinderten Kameraden nachzusehen, ob deren Namen in die Wählerlisten eingetragen find. Versäume niemand, diesen Anforderungen pünktlich und gewissenhaft nachzukommen.
Auf der Fahrt nach dem Schlaraffenlande
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Sonnabend, den 13. Mai 1893.
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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Man war sich noch nicht recht klar darüber, was man in der sofort zur unproduktiven Arbeit", womit der Widerspruch Zeit zwischen dem Schulabgange und dem Beschäftigungs- mit dem Mary'schen Programm besiegelt erscheint. Allein anfange mit den jungen Leuten anstellen sollte. ist nian in der Jegt es ist klar, daß Marr nicht gegen die gewerbliche UnterEvolution" bereits soweit gediehen, der Schule, nur Schule, sondern daß man hierüber genau Bescheid weiß. Die jungen weisung in gegen eine Abschließung Leute sollen in der Boltsschule geistig und körperlich" weiter reaktionäre der Kinder Dom gewerb lernen, ftaatsbürgerliche Renntnisse neu lernen" und in die lichen Leben überhaupt Front machen wollte. Die gewerbTheorie der Technit und Gewerbe eingeführt werden". Budem liche Unterweisung in der Volksschule kann und muß eben sollen sie unproduktive Handarbeit verrichten. Nachdem man die Arbeit produktiv anwenden, besser, als die Ausbeuter hierüber Klarheit gewonnen, ist nunmehr, wie das offizielle die Kinderarbeit. Die Pariser écoles professionelles, die Partei Organ mittheilt, jene Forderung des Abg. Heine als fich an die Volksschule anschließen und den Schüler bis zum fozialdemokratischer Parteigrundsay anerkannt worden. Man 16. oder 17. Jahre behalten, liefern bereits theilweise fieht, auf der Fahrt nach dem Schlaraffenlande haben es die solche produktive Arbeit für Zwecke der Schulverwaltung Sozialdemokraten schon ziemlich weit gebracht. Während sie
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auf der einen Seite in den Forderungen für einen Normal- selber. Ihre Lehrer sind praktische Arbeiter. Die ersten arbeitstag vielfach bereits bei zwei Stunden angelangt find, Schritte zur staatlichen Bildung der Kinder auch in ge= gehen sie ann hr auch in der Beschäftigungsbeschränkung bewerblicher Beziehung sind außerhalb Frankreichs ebenfalls treffs des Lebensalters vor. Sie werden auch hier weiter schon mehrfach gethan. Freilich hat man überall mit dem Formen nd wenn sie erst den zweistündigen Norinalarbeitstag Widerstande dre Unternehmer zu kämpfen, die ein Ausund das Verbot der Beschäftigung vor dem 25. Lebensjahre, beutungsobjekt nicht so leicht fahren lassen. Aber Bueck, bis zu vel bem ja wohl das Wachsthum des Menschen sich er- Schweinburg und Genossen war es vorbehalten, mit bezug strecken soll, hason werden, werden sie einigermaßen dem ihnen auf diese Kulturbestrebungen von einer" Fahrt nach dem vorschwebenden Ideal von der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse
näher gekommen fein. In einfichtsvollen Kreisen weiß man Schlaraffenlande" und einer„ Evolution" der Sozialdemokratie längst, daß die Sozialdemokratie, um sich bei den Massen zu zu sprechen. Man sieht, daß die Vertreter unseres Unterhalten, immer neue Versprechungen aufstellen nuß. Man wird nehmerthums immer dieselben bleiben; jeder Gingriff in deshalb much den Grund für die neueste Forderung wohl zu wür ihre Ausbeutungsfreiheit macht sie wüthend bis zum Undigen verstehen. Betrübend aber ist es, daß sich die Sozialdemokratie verstand. mit cinem Schein von Recht bei dieser ihrer Forderung auf Was dann die Arbeitszeit der findlichen und jugenddie moderne Hygiene berufen fann. Es giebt thatsächlich ichen Arbeiter angeht, so hat, wie wir oben sahen, schon Hygieniter, welche am liebsten jede förperliche Arbeit in der Matz ihre strenge Regelung nach den verschiedenen AltersZeit der Entwicklung des Körpers verboten sehen möchten, als ob die deutsche Bevölkerung nicht auch vor der modernen Stufen" gefordert. Im Einzelnen können hier die Meinungen industriellen Entwickelung sofort nach dem Verlassen der Schule auseinander gehen. Schon 1885 hat unsere Partei in ihrem haben wir uns befunden, als wir jüngst dem Ausbeuterzum allergrößten Theile zur Handarbeit übergegangen und das beiterschuß Gefehentwurfe das Verbot der Kinderarbeit anwalt in der Magdeburger Zeitung" auf die Finger bei in Geschlecht groß geworden wäre, das an förperlicher bis zu vierzehn Jahren, die Beschränkung der Arbeitszeit Klopften, der den jugendlichen Fabritarbeitern in aller Form Züchtigkeit feinem anderen nachstand!" jugendlicher Arbeiter von 14-16 Jahren auf acht Stunden Rechtens die regelmäßigen Arbeitspausen eskamotiren wollte. Diese tombinirte Bueck- Schweinburgiade muß eine täglich gefordert und verlangt, daß Unternehmer, denen Wer's nicht glaubt, lese es in den Berl. Pol. Nachrichten", Musterleist ng genannt werden in jeder Beziehung, in bezug die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, Lehrdem Reptilienorgan der Herren Schweinburg, Bueck und auf unwissenheit und Verständnißlosigkeit für gewerbliche linge und jugendliche Arbeiter überhaupt nicht beschäftigen Genossen nach dort steht es schwarz auf weiß zu lesen, Bildung. Die Sozialdemokratie muß auch hier wieder ein dürfen. Genosse Meister hat in der Reichstagssigung vom die reaktionäre Presse hat es getreulich nachgedruckt und die mal Kulturaufgaben vertreten, für welche die Besitzenden 8. Juni 1887 erklärt, daß er sogar für ein Verbot der Hamb . Nachr.", das Organ des großen Ausbeuters in feinen Sinn mehr haben. Kinderarbeit bis zum 16. Jahre sei, und Genosse Harm Friedrichsruhe, haben sich den Artikel sogar per Telegraph" Zunächst hat die Sozialdemokratie von jeher den führte in der Sitzung vom 16. März 1887 ganz richtig aus Berlin geleistet. Gedanken vertreten, daß die Volksschulpflicht möglichst aus:„ Wenn die Kinder so frühzeitig der Volksschule entFreilich die Estamotage an den Arbeitspausen der erweitern und der Volksunterricht durch die Ver- rissen werden, um in Fabriken zu arbeiten, so lernen sie jugendlichen Fabrikarbeiter hat Herr Bueck, der General bindung mit der praktischen gewerblichen Erziehung und dort wohl arbeiten, aber was weiter bei den Einflüssen sekretär des Zentralverbandes deutscher Industrieller, der Bildung zu bereichern sei. Karl Marx spricht zwar ihrer Umgebung aus ihnen wird, davon schweigt des offenbar hinter dem Artikel steht, als aussichtslos erkannt. in seiner Kritik des Gothaer Programms, die Engels Sängers Höflichkeit... Daher halten wir dafür, daß Er giebt sie auf und erwähnt den Unternehmer- Anwalt der bekanntlich in Nr. 18 IX. Jahrg. I. Band der„ Neuen Zeit" Kinder unter 16 Jahren überhaupt nicht fabrikmäßig be Magdeburger Zeitung" garnicht der ist also abgethan, aus dem Nachlaß veröffentlicht hat, neben strenger schäftigt werden dürfen." Einen offiziellen Parteigrundsatz" und unsere Auseinandersegung ist nicht umsonst gewesen. Regelung der Arbeitszeit nach den verschiedenen Alters- uns natürlich hierfür nicht geben. Endgiltig werden Dafür hängt er uns die Fahrt nach dem Schlaraffenlande" stufen und sonstigen Vorsichtsmaßregeln zum Schuße der wir stets die Hygiene über das Verbot der Fabritarbeit an; das ist seine Rache. Man höre: Kinder" von der frühzeitigen Verbindung produktiver Ar- bestimmen lassen, und und da ist es nun freilich ein
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Als vor mehreren Jahren von einem sozialdemokratischen beit mit Unterricht" als einem der mächtigsten Umwand- großer Schmerz für die Bueck, Schweinburgund Abgeordneten, wenn wir nicht irren, vom Abg. Heine, der lungsmittel der heutigen Gesellschaft", und es könnte Genossen, die betrübende" Thatsache konstatiren Antrag zur Gewerbe Ordnung eingebracht wurde, die Beschäftigung in Fabriken für junge Lente bis zum 16. Lebens- fcheinen, als verdamme er ebenfalls die Aufnahme der ge- zu müssen, daß es thatsächlich Hygieniker giebt, jahre allgemein zu verbieten, unterstützte man denselben inner- werblichen Arbeit in das Volksschul- Programm. Bueck- welche am liebsten jede törperliche Arbeit in der Zeit halb der sozialdemokratischen Fraktion selbst nicht gerade start. Schweinburg stempeln denn auch den Arbeitsunterricht der Entwicklung des Körpers verboten sehen möchten." Nur
Feuilleton.
Nadbrudt verboten.)
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Die Laufbahn eines Nihilisten.
Von S. Stepniat.
Nicht ganz! Die Finger zitterten, obgleich nicht viel.
„ Warum?" fragtr Andrej treuherzig, während er weiter Einige Minuten später erhob er sie wieder und fand, ging, um so weit als möglich vorzubringen. daß er über volle Ruhe und Kraft verfügte.
Er war völlig bereit und wartete ruhig. Einige Minuten vergingen, und er sah Sasepin's große Figur in seiner Richtung näher kommen. Andrej erhob sich, um ihm auf halben Wege entgegen zu gehen. Sasepin war der Träger des letzten Losungswortes, welches ihn auf den Kampfplatz bringen sollte.
Safepin sah traurig aus. Als fie dicht bei einander standen, heftete er auf Andrej einen bedeutungsvollen Blick, und nickte bejahend, so daß es einer Verbeugung glich. Sprich!" sagte Andrej.
Autorisirte Uebersetzung. Frei ins Deutsche übertragen von Bertha Braun. Er ging deshalb langsamer. Als er in eine kleine Gasse neben dem Balaste einbog, in der Watajko auf ihn wartete, sah er gefaßt und ruhig aus, doch trug er Tod und Verzweiflung in seiner Seele. Er konnte nicht länger in solch' gewichtigem Momente wollte er nicht durch Zeichen, zweifeln, daß der ganze Plan seinetwegen mißlungen war; er las das aus dem verstörten Gesichte seines Genossen. " Nun, ich tomme zu spät?" fragte er stammelnd, nur zu sicher der Antwort.
" Nein," sagte Watajko. Ich fürchtete es aber. Der Zar hat heute wegen des schönen Wetters seinen Spaziergang etwas ausgedehnt."
Andrej seufzte erleichtert auf. Watajko's Worte hatten ihn erfrischt und wieder hergestellt und die Müdigkeit, welche mehr der geistigen als förperlichen Spannung zu zuschreiben war, fast ganz verscheucht.
" It was Besonderes vorgefallen, das Dich zurückhielt?" fragte Watajko.
,, Gar nichts," sagte Andrej. Ich will hier auf dieser Bank warten," fügte er hinzu, auf einen Steinsiz am Fuß
Er verstand, daß die Botschaft eine günstige war, doch sondern auch durch Worte verständigt werden.
" Der Herr geht seinen gewöhnlichen Weg," flüsterte Sasepin.
Andrej nickte zum Zeichen des Einverständnisses und schritt voran, indem er Sappin dnrch einen Wink bedeutete, sich vom Schauplatze zu entfernen.
Jezt war die Reihe an ihm. Er war noch einige hundert Meter vom Palastplage entfernt, als er sich auch schon unter den Geheimpolizisten und Aufsehern des Zaren fah. Diese bewachten stehend und auf- und abgehend alle Personen, welche sich dem Wege des Zaren näherten, um sie fern zu halten und beim leisesten Argwohn jeden, sei es Mann oder Weib, zu verhaften.
Einer von ihnen ein grauhaariger, ehrwürdiger Herr, den Andrej nie für einen Spion gehalten hätte wege deutend. Geh' und bring' die Leute in Bewegung." fam sofort auf ihn zu. Als Andrej allein war, hob er die rechte Hand zum" Haben Sie die Güte," sagte er höflich aber eindringHimmel. Er wollte sehen, ob sie sicher genug war. lich, einen anderen Wea zu nehmen."
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" Es ist jedermann streng verboten, diesen Weg zu gehen," sagte der alte Herr und folgte ihm auf den Fersen. Gehen Sie, bitte, sofort zurück, oder Sie werden Unannehmlichkeiten haben!"
Andrej zuckte mit den Achseln. Es ist aber nichts in der Straße, was davon abhalten könnte, sie zu durchschreiten!" sagte er mit verstellter Verwunderung und ging immer weiter.
Der alte Herr machte eine Handbewegung und zwei große Gestalten in Zivilkleidung, die einige dreißig Meter entfernt standen, liefen auf Andrej zu mit der augenscheinlichen Absicht, Hand an ihn zu zu legen. Er befand sich in sehr kritischer Lage. Er blieb und wollte, wenn es ginge, mit den Geheimpolizisten in Wortwechsel treten, um so wenigstens einige Minuten zu gewinnen.
Der
Die Verschworenen hatten aber ihre Bewegungen wohl berechnet; in demselben Momente erschienen Mündung der Straße die Hunde des Zaren und die Spione verschwanden. Der Zar mußte in einer Minute kommen und da mußte der Weg für ihn frei sein.
Andrej ging langsam weiter und erreichte unbehelligt die Ecke der Straße. Der Zar befand sich in diesem Moment vor dem Standbild Alexanders I., welches dem Palaste gegenüber steht.
Von dem Fenster eines gegenüberliegenden Hauses blickten zwei junge Leute mit pochenden Herzen auf das tommende Zusammentreffen.
Gregor war einer von ihnen. Er hatte gesehen, wie Andrej mit den drei Spionen zusammenstieß und hatte ihn