auf Umwegen zu demselben Ergebnis, indem es den an- geblich beleidigenden Charakter der Flugblätter und die nach Ansicht des Gerichts gegen die guten Sitten verstoßende Art der Boykottverhängung und Boykottdurchführung als Stütze des Schadenersatzanspruches zuläßt. Das ist aber ein arger Verstoß gegen das Gesetz. Ist jemandem durch Beleidigung oder durch einen Verstoß gegen die guten Sitten ein Schaden zugefügt, so steht ihm ein Anspruch auf Ersatz des hierdurch verursachten Schadens zu. Der Schaden, der ihm durch den Boykott zugefügt ist. ist aber ein anderer. Wenn bei Gelegenheit eines Boykotts eine zum Schadenersatz verpflichtende Handlung begangen ist, so läßt sich der Schluß nicht rechtfertigen: es ist auch der durch den Boykott zugefügte Schaden zu ersetzen. Das ist ebenso ver- fehlt, als der Schluß: weil bei Gelegenheit einer Straf- Vollstreckung oder einer Pfändung eine Beleidigung vor- genomnien ist, ist der Beleidiger zum Ersatz des durch die Strafvollstreckung oder die Pfändung herbeigeführten Schadens verpflichtet. Der Nachprozeß, der über die Höhe des Schadens anzustellen ist, wird dem Reichsgericht Gelegenheit geben, sein Erkenntnis in dieser Weise zu deklarieren. Das ergangene Er- kenntnis ist mit der seitherigen Rechtsprechung' und dem Gesetz unvereinbar. Auch der Teil des Urteils ist auffallend, der das Kartell für Handlungen dritter verantwortlich macht. Wir behalten uns vor, auf das seltsame Urteil noch- mals einzugehen, sobald sein Wortlaut vorliegt. Hus Induftnc und Handel Uebervortcilende Händler. Man schreibt uns: In Ihrem letzten„Wirtschaftlichen Wochen- Bericht" haben Sie da« Thema von den betrügenden Händlern an- geschnitten und Bemerkungen dazu gemacht, die den Nagel auf den Kops treffen. Eine Gattung unreeller Händler, die es mit der Uebervorteilung durch Mindergelvicht am ärgsten treibt, und die in- folgedesien in erster Linie genannt werden muß, haben Sie leider nicht angeführt: das sind die Butterhändlerl Bei denen be- kommt man tvohl selten volles Gewicht, was ich durch Nachwiegen der Butter seit langer Zeit festgestellt habe. Obwohl ich wiederholt Beschwerde bei den Geschäftsinhabern und Verkäuferinnen erhoben habe, ist ein Wandel zum bessern nicht eingetreten, weshalb ich mit Recht die Behauptung ausstellen kann: in sehr vielen Butterhandlungen wird der Käufer sortgesetzt mit Ueberlegung betrogenl Zu dem Minder- gewicht der Ware kommt noch da« Gewicht des Papiers, auf dem'die Butter eingewogen wird, das bei einem halben Pfunde 12— tS Gramm wiegt und das der Käufer als Butter bezahlen muß. Auch in den meisten Buttergeschäften sind die Wagen hinter aufgestapelten Waren aufgestellt, so daß der Konsument das Abwiegen nicht genügend beobachten kann, und selbst vor den Augen der Kunden wird der Betrug geübt, indem die Verkäuferin die Schale aus die Ware lagert, mit dem kleinen Finger niederdrückt. Sehr unreell find viele Straßenhändler. Ein Pfund Obst verabfolgen sie in Tüten, die oft aus drei Zeilungsbogen hergestellt sind, also ein Gewicht von zirka 5» Gramm haben; häufig bleibt dazu einzelnes Obst in der tiefen Schale der Wage liegen und wiegt immerfort mit, ohne daß der Käufer eS erhält. Was ist gegen solchen Betrug zu tun? Die Polizei versagt hier, wie Sie ganz richtig in Ihrem Artikel bemerken. Bleibt die Selbst- Hilfe. Eine einzelne Hausfrau ist hier machtlos. Die Masse der Konsumenten muß in Aktion treten, den Händlern scharf auf die Finger sehen und jeden Betrug unnachfichtlich zur Anzeige bringen. Selbstverständlich sind auch die als unreell erkannten Geschäfte streng zu meiden. Ein weiteres Mittel gegen den Betrug ist der Eintritt der Hausfrauen in die Konsumvereine. Die Gürtelbahn um Berlin , die zur Entlastung der Ringbahn von dem gesamten Durchgangsgüterverkebr um die Stadt herum- führen soll, wird jetzt auf ihrer Südstrecke, zwischen Michendorf an der Bahn Berlin — Belzig und Niederlehme an der Strecke Königs- Wusterhausen— Storkow, in Angriff genommen. Allgemeine ElcktrizitätSgescllschast. DaS Geschäftsjahr vom t. Juli lvvS bis SO. Juni 1909 hat nach Abzug von Unkosten, Steuern, ObligationKzinsen und Abschreibungen aus dem Fabrikations« und Wareiwerkaufsgefchäft 10 384 571,82 M. st. V. 15 931 211,93 M.) Reingewinn erbracht. Daraus sollen 13 Proz. Dividend« st. V. 12 Proz.) auf das Grundkapital von 100 Millionen Mark verteilt loerdeiu Außer den Abschreibungen soll den, Rückstellungskonto behufs Erhöhung der Reserven auf 20 Millionen Mark der Betrag von 1 207 252.23 M. zugeführt werden. Die Verrechnung namhafter Gewinne aus Begebung von Effekten soll im laufenden Jahre erfolgen. Es ist eine Lust, Aktionär zu sein. Kampf gegen die Vierverteuerung in Bayer«. In Münch«» beschäftigte sich eine vom Landesvorstand der bahe- rischen Sozialdeniolratie einberufen« Konferenz von Vertretern der Landtagsfraktion. der GewerlschaftSzenlrale, der Vorstände der Ge- werksäiafien, der Zentralvorstände des Brauereiarbeilerverbandes, de« freie» Gastwirteverbandes und der gesamten bayerischen Parteipresse mit der Bierpreisfrage. Eine siebenglicdrige, aus Teilnehmern der Konferenz gewählte Konnnisfion wurde beauftragt. mit den Landesvertretern und der LandtagSfrattion di«se Abwehr zu organj- sieren. Die Beschlüsse wurden nach eingehender Diskussion ein- stimmig gesaßt, und«S bestand keine Meinungsverschiedenheit darüber. daß jeder Bierprei«erhöh»ng mit aller Entschiedenheit entgegen« getreten werden müss«. Die Kommission soll Vorschläge ausarbeiten, die einer neuen, ebenso zusammengesetzten Konferenz zur endgültigen Beschlußfassung und gleichmäßigen Durchführung m ganz Bayern vorgelegt werden sollen._ Land- und forstwirtschaftliche Betriebsstatistik. Bei der Zählung am 12. Juni 1907 sind 2730 082 landwirt- schaftliche Betriebe mit einer Gesamtfläche von 43 100 48S Hektar und einer landwirtschaftlichen Fläche von 31 834 874 Hektar, darunter 2 430 030 s-, 42,2 Proz.) Haupibelriebe mit einer Gesomlfläche von 88 518 101 Hektar(--- 89,4 Proz.) mid einer landwirtschastlichen Fläche von 23 002 080 Hektar(= 90,0 Proz.) ermittelt. Am 14. Juni 1895 waren dagegen 5 553 317 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Gelaunfläche von 43 234 742 Hektar und einer landmirtschasllicheu Fläche von 32 217 941 Hektar festgestellt worden. Es hat somit die Zabl der Betriebe eine Zunahme von 177 702 l---- 3,2 Proz.), die Gesamtfläche eine Abnahme von 178 220 Hektar (= 0,4 Proz.) und die landwirtscholiliche Fläche ebenfalls eine Ab- »ahme von 083 007 Hektar(--- 2,1 Proz.) erfahren. Die Bewirlschaflung eigenen Landes bildet nach wie vor die weit überwiegende Wirtschaftsreform in Deutschland . 30.1 Proz. der Gesamtfläche(genau wie 1895) war Eigentum ihrer Betriebsleiter. 12,8 Proz. war Pachtlaud und 1,1 Proz. sonstiges Land. Kapitaliftische Moral. Die Prager Eisenindiistriegesellschaft. die in Wirklichkeit einen Stahltrust darstellt, wollte vor kurzem die Böhmische Montangesellichafl, dere» Aktien sie bereits größtenteils besaß, mit dem eigenen Unternehmen verschmelzen. Um die hohen UcbertragnngS- !>ebllhrcn zu ersparen, inszenierte sie eine„freiwillige" Ver- teigerung des Besitzes. Da die Gesellschaft durch verschiedene Verträge ganz an die Prager Gesellschaft gebunden war, konnte eine wirkliche Konkurrenz bei dem Berlauf auch gar nicht stattfinden. In der Tat wurde die Böhmische Montangesellschaft, deren � Besitz mit 19>/z Millionen Kronen zu Buch steht und in Wirklichkeit noch weit wertvoller ist, für nur 8 Millionen Kronen an die Prager Eisenindustriegesellschaft ver- steigert. In der Sitzung des Budgetausschusses erklärte nun der Finanzminister, daß dieses Geschäft der öffentlichen Moral zuwiderlaufe. Er habe deshalb den I u st i z m i n i st e r dar« auf hingewiesen, daß die öffentliche Bersteigerung ein Schein- Manöver sei. Der Justizminister habe jedoch keinen Einfluß auf die Angelegenheit ausüben können. Der Finanzininister würde aber einer Vermehrung des Altienkopitals des Käufers, der Prager Eisen- industriegesellschaft, nicht mehr zustimmen. Der Kaufpreis solle ferner als Grundlage der Gebührenbemessung nicht anerkannt werden. Auch werde die Prager Eiseniudustriegesellschaft nach Gesetz- werdung der neuen Dividenden st euer bedeutend höher belastet werden. Hus der frauenbewegung« Alt die Arbeiterfrauen und Mütter. Genossinnen! Bereits im vergangenen Jahre hatten Berliner Genossinnen sich bemüht, Erzeugnisse der Sonneberger Spielwarenindustrie, die von den Acrmsten der Armen, den Heimarbeitern, unter Mithilfe von Weib und Kind, hergestellt werden, an die hiesige Arbeiter- schaft abzugeben, um so den Sonneberger Heimarbeitern eine etwas größere Einnahme und damit ein frohes Weihnachtsfest zu verschaffen. Nachdem eS bekannt geworden, daß im Gewerkschaftshause, Engelufer 15, Sonneberger Spielwaren: Püppchcn. Pferdchen und Wagen. Trommeln, Tiere der verschiedensten Gattung unv vieles andere mehr zu kaufen seien, war der Andrang ein so großer, daß alsbald ausverkauft war und sehr viele Käufer um- kehren mußten. In der bestimmten Erwartung, daß die Genossinnen auch in diesem Jahre die schwer um ihre Existenz ringenden Sonnebergcr Heimarbeiter dadurch unterstützen werden, daß sie ihren Bedarf an Spielwaren im Gewerkschaftshause decken, hat die Genossin F a h r e n w a l d, die die Regelung des Verkaufs in die Hand genommen, sich jetzt ein bedeutend größeres Quantum gut sortierter Spielwaren senden lassen als im vorigen Jahre. ES ist nun eine weit größere Auswahl an Puppen und Spiel- fachen der verschiedensten Art vorhanden. Die Ausstellung und der Verkauf der Waren beginnt am Sonntag, den 5. Dezember, wiederum im Gewerkschaftshause. Es bedarf sicher nur dieses Hinweises und die bewährte, sprich- wörtlich gewordene Solidarität unserer Berliner Genossinnen wird sich auch in diesem Jahre wiederum glänzend bewähren, sinte- malen sich niemand ein finanzielles Opfer auferlegt, wenn er im Gewerkschastshause Weihnachtseinkäufe macht, im Gegenteil die Spielsachen billiger erhält als im Warenhause, und gleichzeitig den Sonneberger Genossen und Genossinnen eine prächtige Weih- nachtsfreude bereitet. Vereine und Gewerkschaften, die eine Weihnachtsbescherung zu veranstalten gedenken, seien gleichfalls gebeten, ihre Einkäufe im Gewerkschaftshause zu machen, oder, wenn sie schon vor dem 5. Dezember einkaufen wollen, sich an die Genossin Fahren- Wald, Tilsiter Straße 77. zu wenden. Im Berein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse hielt Genosse Heinrich Schulz seinen zweiten Vortrag aus dem Zyklus über Theorie und Praxis der Erziehung. Der Vor- tragende geht nun zur eigentlichen Pädagogik über. Die Pädagogik ist zunächst einzuteilen in theoretische und praktische Pädagogik. Die theoretische wiederum in die Geschichte der Erzichungelehre und die Theorie im engeren Sinne; die praktische in private und öffentliche Pädagogik. Die Theorie im engeren Sinne ist nach zwei Seiten zu betrachten, einmal nach der teleologischen, dann nach der methodologischen, d. h. wir müssen erstens nach den Zwecken und zweiten« nach den Mitteln der Erziehung fragen. Welches sind nun die Zwecke der Erziehung, warum erziehen wir? Diese Frage hängt zusammen mit der Frage alles Sein«. Die Philosophie hat sich jahrtausendelang bemüht, diese Frage zu be- antworten, aber noch bis zur Stunde gibt es keine befriedigende Lösung. Existiert denn überhaupt ein für alle Zeiten gültiges sittliches Ideal? Di« bürgerliche Philosophie suchte eine Lösung dieser Frage in absolutem Sinne zu finden, während der historische Materialismus nachzuweisen versucht, daß die Vor- steillung de? sittlichen Ideals mit den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen wechselt, wie daS auch Kautsly in seiner.Ethik" «ingehend ausführt. Unser Erziehungsideal hängt natürlich mit unseren sittlichen Vorstellungen zusammen, eS wechselt aber wie diese in den ver- schiedenen Zeiten. So war bei dem hohen Kulturstand im alren Griechenland die Erziehung auf die Ausbildung einer freien viel- seitigen Persönlichkeit gerichtet; dabei legte man auch hohen Wert auf die Körperkultur, das Nackte galt als das natürliche. Ein völlig verändertes Bild bietet sich uns in der christlichen Welt. An Stelle der Sinnenfreude tritt die ASkes«. Der Mensch wird zum Ebenbilde Gottes, d. h. zum gefügigen Untertan der Kirche. Ihren Höhepunkt erreicht diese Anschauungsweise im Katholizismus, während spater nach der Reformation staatliche Zwecke mit den religiösen in der Erziehung Hand in Hand gehen, und der Mensch nicht nur zum Diener GotteS, sondern auch zum gehorsamen Staatsbürger gebildet wird. Die Aufklärungsphilosophie des achtzehnten Jahrhunderts brachte einen gänzlichen Umschwung in der Auffassung der Pädagogik, die in Rousseau ihren ausgeprägtesten Vertreter fand. Rousseau lehnt sein Erziehungssystem an die Natur an, der Mensch al« Produkt der Natur müsse seine Lebenserfahrungen auch aus dieser schöpfen. Die Philantropinisten fußten auf Rousseau , schoben aber ein hausbackenes Nützlichkeitsprinzip mehr in den Vordergrund. Erst Pestalozzi tat einen großen Schritt darüber hinaus. Seine Erziehung will nicht nur Einzelmenschen, sondern wertvolle Mitglieder des sozialen Ganzen bilden. Im neunzehnten Jahrhundert überwiegt aber noch das individualistische Erzichungsprinzip, theoretisch vertreten durch Herbert; in der Zelt der politischen Reaktion(nach 1848) erfährt dieses Prinzip eine besonders starre Formulierung durch Ziller, einen Schüler Herbert». Gegen diese individualistische Methode wendet sich neuerdings Natorps gedankenreiches Buch über die„Sozialpädagogik". Gr sieht den Einzelnen al» Glied de« Ganzen an. Seine Auffassung kommt der sozialistischen nahe, nur können wir nicht gleich ihm ein ab- solutes Sittengesetz anerkennen. Die pädagogische Auffüssung des historischen Materialismus erklärt das jeweilige Erziehungsideal für ein zeitlich begrenztes Produkt der jeweiligen wirtschaftlichen und sozialen Faktoren und Tendenzen. Die theoretische Grundlage der Methodik der Erziehung ist die Wissenschaft der Psychologie, die heute noch sehr unentwickelt ist. Die physiologische Psychologie sucht nachzuweisen, daß auch unsere seelische Tätigkeit bedingt ist von körperlichen Funktionen. Was kann die Erziehung leisten? Kant und andere legten dem erzieherischen Einfluß einen sehr bedeutenden Wert bei. während andere Philosophen behaupten, daß die Erziehung wenig nütze, die Natur des Menschen sei unveränderlich. Wir sind der Meinung, daß dem Menschen durch Anlage und Vererbung zwar eine bestimmte Entwickelungsbasi» gegeben sei, daß auf st« aber mit erzieherischen Mitteln erfolgreich im guten oder bösen ein- gewirkt werden könne. Allerdings hänge hierbei wieder viel von den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen ab. von denen die Erziehung abhängig sei; um so höher seien die Entwickelungs- Möglichkeiten, je besser die sozialen Zustände. Als Hilfsmittel der Wissenschaft der Erziehung nennt der Redner die Gesundheitslehre, die Pathologie zur Aufklärung der seelischen und körperlichen Krankheitserscheinungen, die Sozial- Politik, die in sich alle Einrichtungen zum Schutze des Kindes birgt. Auch die Kunst ist ein wesentliches Hilfsmittel der Erziehung, insofern die Sinne des Kindes sich an künstlerischen Eindrücken aller Art bilden. Gerade in unserer Zeit ist wieder ein größerer pädagogischer Eifer zu spüren, wie das immer ist. wenn eine Gesellschaftsklasse sich aus alter Gebundenheit löst. Schon die utopistischen Sozialisten sind warme Befürworter der Erziehungswissenschaft gewesen; aber auch der wissenschaftliche Sozialismus hat die Be- deutung der Erziehung klar erkannt, so daß es verständlich ist, daß auch die heutige Arbeiterklasse ein lebhaftes Interesse für alle Erziehungsprobleme bekundet und betätigt. Sie hat erkannt, daß die Sorgfalt, die man auf die Erziehung der Jugend verwendet, die beste Saat ist, um die guten Früchte für die Zukunft zu ernten. Die gut besuchte Versammlung nahm mit lebhaftem Jnter- esse diese Ausführungen entgegen. Am 24. November ist die Fortsetzung de? Zyklus mit- dem Thema:„Die häusliche Erziehung". Am 17. November, nachmittags 3 Uhr, im Neuen Klubhause, Kommandantenstraße 72: Vortrag des Herrn Dr. Alfred Gutt- mann:„Von Jolzaim Sebastian Bach bis Richard Strauß ", eine Einführung in die drei Konzerte, deren erstes am 21. November, nachmittags 3� Uhr im Choralion-Saal, Bellevuestr. 4, stattfindet. Billetts a 50 Pf. sind zu haben im Verein, bei Frau Jordan, Lübecker Straße 43, Frau Klotzsch, Fichtestr. 1, Frau Kulicke, Prinzenstr. 102. Versammlungen— Veranstaltungen. Sind die Dienstboteu gegen Mißhaudluugeu schutzlos? Heute, Donnerstag, den 11. November, abends 8 Uhr, findet im Dresdener Kasino, Dresdener Str. 90, eine öffentliche Versammlung statt. Genosse Artur Stadthagen referiert über das Thema:„Sind Dienstboten gegen Mißhandlungen schutzlos Wir erwarten zahlreichen Veüich auch der Ärbeiterscdafl. Die Arbeiter« schaft ist es, die ihre Kinder in Dienst gibt. Sie hat deshalb ein großes Interesse an obigem Thenia. Die unerhörten Vorkommnisse in letzter Zeit inachen es notwendig, daß sich sowohl Dienstboten wie Arbeiterschaft mit der Frage des MißhandlungSrechtes be- schästigen. Deshalb erscheint alle l Seriebrs-Teitung. Ein Scheckdicbstahl bei der„Stralauer Glashütte A.-G." bildete den Gegenstand' einer Verhandlung vor der 1. Strafkammer des Landgerichts III. Wegen Diebstahls bezw. Betruges, schwerer Urkundenfälschung und Anstiftung dazu waren angeklagt: der 19jährige Buchhalter Willi Brenz, der 20jährige Korrespondent Max Brenz und der 20jährige Handlungslchrling Herbert Milch aus Halensee . Die beiden Angeklagten Gebrüder Brenz waren bei der Stralauer Glashütt« A.-G. als Buchhalter angestellt. Am 22. Juli d. I. wurde aus dem Geldschrank der Firma ein Scheck. buch mit vier bereits von dem Direktor unterzeichneten Schecks über je 5000 M. gestohlen. Der Diebstahl ivurde erst eine Woche später von einem anderen Buchhalter bemerkt. Der Verdacht rich- tete sich sofort gegen die Angeklagten Brenz , die in dem Räume. in welchem der Geldschrank stand, zu tun hatten und sich am 22. Juli krank gemeldet hatten. ES wurde festgestellt, daß bereits an diesem Tage einer der Schecks b«i der Bank für Handel und Industrie eingelöst und mit dem Namen„Wilhelm Schäfer" quittiert worden war. Es ergab sich ferner, daß die Angeklagten Brenz spurlos verschwunden waren und anscheinend in. der Welt herum- reisten. Sie wurden schließlich am 30. Juli verhaftet. Zugleich wurde auch der Angeklagte Milch festgenommen, der im Auftrage der Gebrüder Brenz einen Scheck eingelöst und dabei mit dem falschen Namen, quittiert hatte. Für diese Gefälligkeit hatte er von dem Raube einen Anteil von 200 M. erhalten, die aber noch bei ihm vorgefunden und der geschädigten Firma zurückgegeben wur- den. Der Staatsanwalt beantragte gegen die Angeklagten Brenz je 1 Jahr Gefängnis. Das Urteil lautete auf eine Gefängnisstrafe von je 10 Monaten. Das Verfahren gegen den Angeklagten Milch wurde abgetrennt, da dieser erst auf seinen Geisteszustand unter- sucht werden soll. Bersäumung der Nachsitzestunbe als strafbar« Schulversäumnis. Herr Nemec in Saarbrücken hatte seinen Sohn davon abge- halten, eine ihm wegen UnfleißeS zudiktierte Nachsitzestunde wahr- zunehmen. N. wurde darauf in zweiter Instanz vom Landgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Kammergericht ver>»ars dieser Tage seine Revision mit folgender Begründung: Auch Nachsitze- stunden gehörten zu den durch daS Gesetz geschützten Schulstunden. Wenn ihre Versäumung durch die Mchlässigkeit der Eltern erzielt werde, machten diese sich strafbar. Angeklagter habe gewußt, daß der Sohn nachsitzen sollte und habe ihn auf dessen Aeußerung, daß er sich nicht schuldig fühle, einfach eigenmächtig davon dispensiert. Das sei unstatthaft._ Schamloser Erprrssungsversuch. Zu dem am 9. d. M. mitgeteilten Bericht über Erpressungen teilt uns der Verurteilte, Metallschletfer Trum pol, mit, der Erpressungsversuch sei gegen seinen außerehelichen Vater begangen, der sich der eingeklagten Alimentenforverung zu entziehen gewußt habe. Von seiner Mutter habe er nie 100 M. verlangt. Sie sei bereits im vergangenen Jahre gestorben. Auch das Schreiben an den außerehelichen Erzeuger enthalte keine strafbare Handlung. Miclczyn und Blohmesche Wildnis machen Schule. In einer Beleidigungsklage, die vor dem Darmstadter Schöffen- gericht stattfand, wurde festgestellt, daß in der Zwangserziehung«- anstatt Oblystift bei Gräfenhausen , ivie der Vorsteher der Anstalt zugab, ein Junge halbnackt von den Aufsehern mit einem Strick um den Leib in eine Dunggrubc getaucht worden war. Der Zögling sollte einen Waschlappen und eine Zahnbürste, die er vorher dort hineingeworfen hatte, wieder herausholen. Ferner ist eS öfters vorgekommen, daß sechzehnjährige Jungrus im Stall auf Stroh schlafen mußten, um die Aufseher aus ihren Betten zu holen, wenn die Kühe kalbten. In der Klag« selbst wurde der Vater eines dort untergebrachten Knaben mit 12 3)1. Geldstrafe wegen Beleidigung bedacht, weil er einen Aufseher mit einem Revolver bedroht und beleidigt hatte, um seinen Sohn aus der Anstalt zu befreien. Vom polnischen Kriegsschauplatz. Vom Landgericht Bochum ist am 2. Juli der Redakteur eines polnischen Blattes, Stanislaus Kunca, wegen Aufreizung verschied«- ner Bevölkerungsklassen zu Gewalttätigkeiten gegeneinander, be- gangen durch die Presse, zu 200 M. Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte seinen Lesern als Geschenk ein polnisches Liederbuch zu- gehen lassen. Nach Ansicht des Gerichts haben 11 von den 50 Lie- der» des Buches einen aufreizenden Charakter. Es ist nicht nur von Russen- und Türkenkriegcn darin die Rede, sondern auch von der deutschen Herrschast. Die Revision des Angeklagten wurd« heute voni Reichsgericht verworfen. Und für«ine Gesellschaftsordnung, die in solcher Meise gegen polnische Lieder vorgeht, hat die polnische Fraktion 200 Millionen Steuern aus den Taschen der«betknden Bevölkerung bewilligt!
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